Das Zimmer

Peethulhu

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Das Zimmer


"Ich saß wie jeden Abend in meiner Melancholie gefangen, ohne ein Gefühl der Wärme. Nur die Kerze, die immer flackerte, ohne einen Einfluss, schien die Kälte, die mich umgab, zu wärmen. Wieder war es passiert. Mittlerweile das dritte Mal starb jemand aus meiner Familie. Es ist, als würde etwas oder jemand durch die Generation meiner Eltern und Großeltern mit einem Besen fegen, um meine Vergangenheit auszulöschen oder meinen Zugriff darauf zu entfernen.

Alles begann mit meinem Großvater, der seit sieben Jahren mit dem Krebs kämpfte und dann an einem Morgen verlor. Als die Bestatter ihn in diesen Sack legten, um ihn abzutransportieren, zog sich in mir alles zusammen. Ich hielt die Hand meiner Großmutter, die zusehen musste, wie sie langsam den Reißverschluss des Sacks schlossen und der Mann, der mich 26 Jahre begleitet hatte und mehr Vater für mich war als mein richtiger, herausgetragen wurde.

Einige Wochen vergingen, und bei der Beerdigung seiner Urne wurde er an der Stelle begraben, an der seine kleine Enkelin, die nicht einmal einen Tag alt geworden war, bestattet lag. Er wollte bei ihr sein, wenn er einst gehen sollte. In meinen Gedanken drehte sich alles im Kreis, und ich verfiel in eine dunkle Stimmung. Selbst die anstrengende Arbeit sollte es nicht schaffen, mich abzulenken, und es sollte nicht lange dauern, bis der nächste Schlag mich traf.

Als ich so darüber nachdachte, flackerte die Kerze so heftig, dass ich schon glaubte, sie würde ausgehen. Ich sagte nur in die Dunkelheit: "Mama, es ist schön, dass du da bist." Das Flackern hörte auf, und ich sah, wie die Nachricht mich wie ein Pfeil in mein Herz traf. Denn keine Woche war vergangen, als mein Großvater unter der Erde lag, da bekam ich die Nachricht, dass man bei meiner Mutter einen Krebs entdeckt hatte, der die Leber befallen hat und sie nur noch 2 Wochen leben würde.

Ich wusste nicht mehr, wie ich atmen sollte, aber die Chemotherapie, die sie meiner Mutter gaben, schlug an und sollte ihr noch einmal 2 Jahre auf dieser Welt geben. Diese zwei Jahre fühlten sich wie ein Geschenk an, doch dann kam auch der Tag, an dem ich gerade Feierabend hatte und ich dann erfuhr, dass auch sie von dieser Erde gegangen war. Schlag auf Schlag, ohne Rücksicht, schlug das Schicksal zu. Es dröhnte in meinem Schädel und riss mich noch tiefer in die Dunkelheit meines Seins.

Mit einem Schlag sollte ich die Basis meiner Vergangenheit verlieren, denn auch meine Großmutter, geschlagen von dem Schicksal des Verlustes des Mannes und des eigenen Kindes, sollte etwa 2 Jahre später diese Welt verlassen. In einer dunklen Ironie sagte ich zu mir, dass, wenn ich noch einmal eine Frau kennenlernen sollte, sie keine Angst haben muss, meine Familie kennenzulernen, denn sie sind ja schon alle tot.

Jedoch diese Angst, keinen Rückzugsort mehr zu haben oder das Gefühl, nicht mehr seine Mutter anrufen zu können, drückte auf mein Herz. Ich schaute auf mein Handy und habe an dem Tag, an dem meine Mutter starb, alles gelöscht, weil ich nicht an diese Zeit des Krebses mehr denken wollte, sondern an die schöne Zeit als Kind, wo sie gesund war. Einen Brief, den sie mir noch 2 Monate vor ihrem Tod geschrieben hatte, las ich in meinem dunklen Zimmer vor, und die Flamme der Kerze wurde größer, als würde sie mir sagen wollen, dass ich nicht allein bin.

Doch das Gefühl, diese Kerze zu haben und dieses Zimmer, in dem meine verstorbenen Angehörigen zu mir finden und mich besuchen können, war die Opfer wert, die ich dafür erbringen musste..."
 

Bo-ehd

Mitglied
Ein ergreifender Text, der jeden mitnimmt, der Ähnliches schon einmal erlebt hat. Man feixt gern herum, dass die Einschüsse immer näher kommen, aber für den, der betroffen ist, ist so etwas ein Horror. Schaut man sich die Bevölkerungspyramide an, ist es schwerlich zu übersehen, wie dicht jeder von uns am Geschehen ist.
Gruß Bo-ehd
 
Sicher, ein beeindruckender Text. Leider wird dieser Eindruck durch diverse schiefe, ungenaue Bilder und Wendungen gestört. Schon der zweite Satz weist solche Stolperstellen auf: "Nur die Kerze, die immer flackerte, ohne einen Einfluss, schien die Kälte, die mich umgab, zu wärmen."
Kälte kann man nicht wärmen. Dann ist es keine mehr. Gibt es keinen Einfluss auf die Kerze? Flackert sie etwa aus spirituellen Gründen? Wäre nicht eine Formulierung wie "ohne einen spürbaren Luftzug" oder "trotz der unbewegt stehenden Luft" treffender? Hätte man das bei einem zweiten Durchlesen nicht so oder ähnlich korrigiert: "... Kälte, die mich umgab, zu mildern"?

Dann das starke Bild mit dem Besen und dem Auslöschen der Vergangenheit, welches allerdings gleich wieder mit der Wendung "... Zugriff darauf zu entfernen" gestört wird, einer Formulierung, die ich eher in einem Computerhandbuch erwarten würde. Warum nicht einfach "... Erinnerung daran ..."

Kurz gesagt: Hier fehlt eine gründliche Überarbeitung!

Freundliche Grüße
Binsenbrecher
 

lietzensee

Mitglied
Hallo Peethulhu,
es freut mich sehr, dass ein Lovecraft-Fan den Weg ins Forum gefunden hat. Die barocke Sprache und Erzählweise sind nicht jedermanns Sache, aber ich finde, du triffst den Lovecraft Sound gut.
An einigen Stellen sollte man die Formulierungen noch polieren, da hat Binsenbrecher schon Hinweise gegeben.


Gestört hat mich der letzte Absatz:
Doch das Gefühl, diese Kerze zu haben und dieses Zimmer, in dem meine verstorbenen Angehörigen zu mir finden und mich besuchen können, war die Opfer wert, die ich dafür erbringen musste..."
Ich verstehe nicht, worauf sich das "Doch" bezieht. Der vorherige Absatz/Gedanke scheint kein passender Bezugspunkt.

Mir ist auch unklar, in welchem Sinne der Erzähler für Kerze und Zimmer Opfer bringen musste. Wie ist das gemeint?

Viele Grüße
lietzensee
 

Peethulhu

Mitglied
"Beim Schreiben meiner Texte verliere ich mich oft in den Beschreibungen, da mir die Emotionen des Protagonisten besonders am Herzen liegen. Meinen Kurzgeschichten habe ich bisher keine umfassendere Überarbeitung gegönnt, was sicherlich auffällt. Dennoch möchte ich eine Einschätzung der Rohfassung erhalten, um zu verstehen, wie sie ankommt. Das hilft mir, besser abzuwägen, was ich ändern oder verbessern könnte. Vielen Dank für eure Zeit und eure Kommentare dazu. Mit freundlichen Grüßen, Peethulhu"
 



 
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