Definitionen II

gareth

Mitglied
Gesundschreiben

ge|sund|schrei|ben

(ugs.): 1. jemanden seine Arbeitsfähigkeit schriftlich bescheinigen [Arzt]; 2. die Notwendigkeit, zukünftig für seinen eigenen Lebensunterhalt arbeiten zu müssen und damit die Problematik des Ge|sund|schrei|bens nach 1. vermeiden, durch Veröffentlichung umfangreicher, pseudowissenschaftlich formulierter, unlesbarer Stammtischparolen [Sarrazin]
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
ha,

dünnes Eis, gareth. Hast Du das Buch von Sarazin wirklich gelesen und überprüft, ob er Stammtischparolen verbreitete?

Der Text leidet unter diesem Namensbezug. Ich habe zumindest genügend kritische Auseinandersetzungen mit dem Buch gelesen, um derartig simples Bashing unwürdig zu finden.

Um im Bild zu bleiben könnte man eher behaupten, das gesundschreiben das Gegenteil von sarazinschem krankschreiben ist.

cu
lap
 
H

Heidrun D.

Gast
Hallo Gareth,
ich finde den Text auch ein wenig kurz gegriffen, er fühlt sich so an, als wolle man Nietzsche auf "Wenn du zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht" reduzieren ...

Wird ja auch gern gemacht.

Grüßle
Heidrun

Die Form deiner Darstellung gefällt mir allerdings gut. Sehr sogar.
 

gareth

Mitglied
Gut, gut, lapismont,

lass mich aber wenigstens mal beanspruchen, die ersten 50 Seiten gelesen und den Inhalt der restlichen 350 durch die Lektüre der erwähnten kritischen Auseinandersetzungen abgedeckt zu haben.

Entscheidend für meine radikal ablehnende Haltung ist: wenn man sich auch nur ansatzweise einmal mit der nationalsozialistischen Denkweise der Rassenhygiene und ihrer Folgen beschäftigt hat, muss man nicht alle Statistiken dieses Buches studiert haben um es als tendenziös und schädlich einstufen zu können.

Mir fällt auch jetzt noch kein treffenderer Name ein, auf den ich Bezug nehmen könnte. Mag also das Niveau meiner wenigen Zeilen darunter leiden.

p.s
wenn ich mich ausnahmsweise einmal gelinde zur Wehr setzen darf, würde ich anraten, lieber lap, den Gebrauch des Begriffs "Bashing" für eine Weile auszusetzen.

Aber nach all den Rechtfertigungen erst mal danke Euch beiden, lapismont und Heidrun D., dass ihr euch überhaupt mit meiner kleinen Polemik beschäftigt habt.

Ich hab schon verstanden, was gemeint war.

gareth
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
nee gareth,

ist ja schon richtig. Sarazin war schon immer tendenziös. Vielleicht bin ich als Berliner auch schon lange darüber hinaus, mich über seine Schnellschüsse aufzuregen.

Was mich stört und mir als (Achtung, opulente Begriffsersetzung!) Dislike-Wave Unbehagen bereitet, ist der Automatismus, mit dem die demografischen Probleme negiert werden, nur weil sie Sarazin zusammenschrieb.

Oder um noch einmal in Deinem Text zu bleiben:
Gesundschreiben ist auch das Wegwünschen der Erkrankung.

Das Thema nationalsozialistische Rassenhygiene wird im Zusammenhang mit Sarazins Buch oft verwendet. Die (erwünschten) negativen Implikationen stellen Sarazin direkt in die faschistoide Ecke. Und damit auch seine sympatisierenden Leser.
Du verwendest den NS-Zusammenhang ziemlich lax in Deinem Kommentar um zu begründen, warum Dir Sarazins Buch suspekt ist.
Meine Deutung:
- Weil ich Ahnung von NS-Demagogie habe, stehe ich nicht auf Bevölkerungsstatistk -
 

gareth

Mitglied
nee, lapismont,

....- Weil ich Ahnung von NS-Demagogie habe, stehe ich nicht auf Bevölkerungsstatistk -...

so rum geht es nicht. So rum geht es:

Wenn ich Bevölkerungsstatistik lesen will, les ich sie nicht bei Sarrazin.

und auch das nächste geht so rum nicht:

Was mich stört [...] ist der Automatismus, mit dem die demografischen Probleme negiert werden, nur weil sie Sarazin zusammenschrieb.

Ich sehe die demografischen Probleme und negiere sie nicht (hab ja auch eine Tochter in Berlin studieren). Ich lehne es nur ab, bei einem Demagogen und nachgewiesenen Menschenverächter darüber zu lesen.

Das sollte einleuchten, oder? Es spielt nämlich, so unangenehm das ist, sehr wohl eine Rolle, wer es ist, der ein vorhandenes Datenmaterial analysiert und interpretiert.

Und, Schlusssatz:

Ein eindeutiger Hang zu rassenhygienischen Überlegungen, Argumentationen und Rechtfertigungen bei einem Autor, verbunden mit einem ausgesprochen starken Trieb, dieses Gedankengut in die Bevölkerung zu tragen, ist eben kein laxes Argument im "NS- Zusammenhang", lapismont, sondern ein objektiver und guter Grund, diesen Autor nicht zu lesen und sich stattdessen bei anderen Autoren über die Sachverhalte zu informieren.

So sehe ich das.

p.s. für Heidrun D. für den Fall, dass sie je nochmal hier vorbei kommt: bei aller kalten Intelligenz, die ich Herrn Sarrazin nicht absprechen will, so gibt es bei ihm doch keine Philosophie zu reduzieren.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Moin gareth,

Du schreibst:

Ein eindeutiger Hang zu rassenhygienischen Überlegungen, Argumentationen und Rechtfertigungen bei einem Autor,[...]
sondern ein objektiver und guter Grund, diesen Autor nicht zu lesen und sich stattdessen bei anderen Autoren über die Sachverhalte zu informieren.
Verzeih, wenn ich das merkwürdig finde. Wie willst Du diesen Hang postulieren, wenn Du den Autor gar nicht liest?

Eugenik will ja in erster Linie Leben verhindern. Bestimmte Gene aussortieren. Sarazin, soweit ich ihn interpretiere, _warnt_ vor einer Veränderung der deutschen Bevölkerungsstruktur. In seinen Lösungsideen steht nichts von Mord oder Sterilisation.
Oder ist Dir da anderes bekannt?

Mir will es einfach nicht gefallen, dass man eine kritische Stimme so schnell und leichtfüßig abstempelt. Das klingt für mich nach "Sarazin ist der neue Hitler, bringt ihn lieber gleich um, bevor er KZs baut."
 

gareth

Mitglied
Das hatten wir schon, lapismont,

es ist natürlich schon eine berechtigte Frage, wie man den Inhalt eines Buches kennen lernen kann, das man sich nicht kaufen will, um nicht an der Bereicherung des Autors mitzuwirken. Aber wir hatten beide anfänglich schon geklärt, dass wir uns da teilweise oder überwiegend sekundär informiert haben. Ich hab das jedenfalls getan. Deshalb betrachte ich Deine Frage:

Wie willst Du diesen Hang postulieren, wenn Du den Autor gar nicht liest?

mehr rhetorisch. Sie ist bereits beantwortet und muss nicht noch einmal diskutiert werden.

Kaum jemand liest heute noch die alten Philosophen im Original. Schon gar nicht in der Originalsprache. Wir dürfen da aber durchaus auf die Qualität der heute verfügbaren Sekundärliteratur vertrauen. Das ist auch bei Sarrazin der Fall, der allerdings nichts weniger ist als ein Philosoph. Es gab viele Rezensionen in vielen Zeitungen und viele öffentliche Diskussionen z.B. in Talkshows im Fernsehen.

Der Aspekt sollte damit seine Merkwürdigkeit verloren haben.

Ich verstehe, dass Dir gewisse Dinge nicht gefallen wollen, aber auch mir will manches nicht so recht gefallen. Dazu gehört z.B. der verniedlichende Begriff kritische Stimme einerseits und die überzogene Behauptung, man (oder ich) würde Sarrazin zum neuen Hitler erklären, andererseits. Nichts gegen angewandte Rhetorik, muss man aber in der Form nicht machen.

Für mich ist Sarrazin keine kritische Stimme, auch kein Aufklärer und auch kein neuer Hitler, sondern ein engstirniger, rechthaberischer Egomane, der Ängste und Vorurteile der Bevölkerung bedient, statt aktiv an deren Beseitigung mitzuwirken. Für diese viel anspruchsvollere Aufgabe fehlt ihm das Format. Es ist eben einfacher, Tabellen zusammenzustellen und Leute zu zitieren (und sich erforderlichenfalls auch wieder von ihnen zu distanzieren), die über Judengene faseln und über angeborene, stammesgeschichtliche Minderwertigkeit bestimmter Rassen.

Nein, nein, lapismont, ich fürchte, Du wirst mich nicht davon überzeugen können, dass ich zu wenig über sein Buch oder über ihn selbst weiß, um ihn kritisieren zu dürfen. Ich habe ihn schon in seiner Zeit als Finanzsenator in Berlin intensiv wahrgenommen und das reicht jetzt auch.

Nächtliche Grüße nach Berlin
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Na klar kannst Du ihn kritisieren und Deine Meinung äußern. Sarazin ist ohne Zweifel derselbe kleingeistige Piefke geblieben, der er schon als Senator war und auch sein Buch ist aus dieser Haltung heraus entstanden.

Mir ging es nicht darum ihn zu vor Urteilen zu schützen.

Für mich ist er ein Kritiker, der Dinge anspricht, die einen Teil der Bevölkerung im Kopf herumgehen. Nur geht man damit leider nicht konstruktiv um.
Man nimmt sich des Problems nicht wirklich an, sondern schreibt den Patienten gesund.

Da sind wir wieder im Text.

:D

cu
lap
 

gareth

Mitglied
Gesundschreiben

ge|sund|schrei|ben

(ugs.): 1. jemanden seine Arbeitsfähigkeit schriftlich bescheinigen [Arzt]; 2. die Notwendigkeit, zukünftig für seinen eigenen Lebensunterhalt arbeiten zu müssen und damit die Problematik des Ge|sund|schrei|bens nach 1. vermeiden, durch Veröffentlichung umfangreicher, populistischer Texte mit rassenhygienischer Tendenz [Sarrazin]
 



 
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