Fredy Daxboeck
Mitglied
Das höchste Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde,
das höchste Glück der Pferde, liegt der Reiter auf der Erde.
"Hallo Pferd! Bist du aber eine Schönheit. Sieh dir nur diese großen Augen an. Der schmale Kopf und diese schönen Formen. Sieh dir diese Beine an. Hast du schon einmal so vollendete Fesseln gesehen. Wie hoch sie den Schweif trägt. Und sie hat Temperament! Ich glaube, ich habe mein Traumpferd gefunden. Abgesehen davon liebe ich Falben."
"Also, ich sehe nur Zähne und Krallen an diesem Pferd." Ungläubig schüttelte Sabine, meine Freundin, den Kopf und hielt mich am Ärmel meiner Jacke zurück, als ich noch einen Schritt näher treten wollte.
Die falbfarbene Stute, die kurz angebunden vor den Stallungen dieses großen altehrwürdigen Reitstalls mit den schönen Bogengängen und dem überdachten Brunnen im Hof stand, den Kopf zornig nach vorn gestreckt, Zähne entblößt, Ohren eng angelegt, verharrte reglos. Nur ein Zittern lief gelegentlich über ihre Schultern. Der Schweif peitschte böse. Die linke, uns zugewandte Hinterhand hob sich mit vor Wut verkrampften Muskeln in rhythmischem Gleichklang mit meinen Bewegungen, bereit bei der geringsten Gelegenheit auszufeuern. Als Fleisch gewordene Warnung, ihr nicht zu nahe zu kommen. Ein grollendes Abbild eines der gutmütigsten, anmutigsten und ehrlichsten Geschöpfe der Natur, auf´ s übelste von Menschenhand verdorben.
"Hallo Pferd!" Behutsam trat ich noch einen Schritt näher; im Vertrauen an eine festgezurrte Leine.
"Vorsicht! Kommen sie ihr nicht zu nahe." hörte ich hinter mir eine Stimme, und im nächsten Augenblick das böse Klacken zuschnappender Kiefer, die nur Zentimeter neben meinem abgewandten Gesicht in die Luft bissen. Die Leine hatte ein kleines Stück nachgegeben; und mir beinahe den halben Kopf gekostet.
"Wow, sie hat Temperament, oder wie immer du das bezeichnest!" murmelte Sabine neben mir und betrachtete mich verdutzt; mit großen ängstlichen Augen in denen leises Erschrecken spiegelte.
"Vertrauen sie ihr nie, sie ist heimtückisch und gemein." belehrte mich ihr Noch-Besitzer, ein großer untersetzter Mann in blank geputzten Reitstiefeln und wuchtete einen Sattel auf den Balken an dem das Pferd angebunden war, aber außer Reichweite der Stute.
"Wage es nicht!" zischte er in ihre Richtung und trat neben sie, um ihr im nächsten Augenblick mit voller Wucht die Faust in die Nieren zu schlagen.
"Ich habe dich gewarnt." zischte er wieder. Das Pferd tänzelte nervös zur Seite und feuerte kraftvoll nach hinten aus.
"Komm schon, komm!" Grob zwängte der Mann das Gebiß, eine Kandare mit bleistiftdünnem Mundstück und langen Aufzügen, zwischen die Zähne der Stute und grinste uns mit Todesverachtung an. "Ich bin der einzige im Stall, den sie näher als fünf Meter an sich heranlässt."
"Warum wollen sie ihre Stute verkaufen?" quetschte ich die Frage hervor, die wohl jeden Käufer als erstes unter den Nägeln brennt, und ignorierte den heißen Zorn, der in meinem Bauch zu rumoren begann. Ich mag es nicht, wenn jemand Pferde schlägt oder auch nur rücksichtslos behandelt. Sie haben es nicht verdient. In keinem Fall.
"Weil sie nicht zu reiten ist", erstaunt sah er mich an. "Habe ich das am Telefon nicht erwähnt?"
"Oh doch, oh doch", beeilte ich mich zu versichern. "Nur habe ich das nicht wirklich ernst gemeint." War dies doch die Frage, die sicherlich nur in den seltensten Fällen ehrlich beantwortet wird.
"Nein, nein" meinte der Mann ziemlich selbstbewusst und mit abfälligem Unterton in der Stimme. "Sie ist nicht zu reiten, vertrauen sie mir. Ich erzähle ihnen keinen Scheiß, wenn ich das sage. Sie ist nicht nur ein Miststück, wie es im Buche steht – nein, sie hat den Teufel im Leib!"
Verblüfft betrachtete ich erst diesen Kerl und dann die Stute. Das sie den sprichwörtlichen Teufel im Leib hatte, glaubte ich ihm auf´ s Wort. Obwohl mich diese Tatsache erst reizte.
Aber dass er so ohne weiteres zugab, die Stute nicht reiten zu können, das verwunderte mich doch sehr. Aus langer und leidvoller Erfahrung weiß ich, dass zuallererst immer dem Pferd die Schuld untergejubelt wird, wenn´ s mal mit dem Reiten nicht so klappt.
Kurz und gut; nachdem niemand in diesem Reitstall zu bewegen war, die Stute zu reiten oder auch nur zu führen oder zu longieren, habe ich mich dazu entschlossen, entgegen meinen sonstigen Gepflogenheiten, sie zu reiten. Es ging mir nicht darum zu beweisen, dass ich sie reiten könnte; na ja vielleicht ein kleiner schelmischer Wunsch im Hinterkopf, sondern ich wollte ihre Bewegungen sehen oder spüren.
Und das war dann schließlich auch der Fall. Im allerwörtlichsten Sinn. Sie ließ mich ca. fünf Minuten spüren, dann gewann die Fliehkraft die Oberhand und ich saß im Dreck. Danach durfte ich sie noch einen Augenblick in voller Aktion bewundern, ehe sie auf mich losging und ich mich mit einem Hechtsprung und einer seitlichen Rolle aus dem eingezäunten Viereck in Sicherheit brachte.
"Na, was hab´ ich ihnen gesagt?" und: "He, so sportlich und schnell kenne ich dich gar nicht?" waren die einzigen Kommentare die ich im nächsten Augenblick zu hören bekam und auf die ich auch leicht hätte verzichten können. Mit einem gequälten Grinsen rappelte ich mich hoch und sah zu Sabine hinüber. "Sag nichts, ich kann ´s mir denken", nickte sie mir zu und schüttelte den Kopf. Sie wusste, dass unsere freie Zeit in den nächsten Wochen einer falbfarbenen Stute gehören würde.
Drei Tage später zog die Stute in unserem Stall ein. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ihr vorheriger Besitzer als Abschiedsgruß nur den Kopf schüttelte und irgend etwas von "selber schuld" murmelte.
Ich habe meinen Entschluss damals, diese Stute zu kaufen, niemals bereut. Wenn ich es auch manchmal, aber nur die ersten Tage und sehr leise und nur für mich, in Frage gestellt habe.
Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
das höchste Glück der Pferde, liegt der Reiter auf der Erde.
"Hallo Pferd! Bist du aber eine Schönheit. Sieh dir nur diese großen Augen an. Der schmale Kopf und diese schönen Formen. Sieh dir diese Beine an. Hast du schon einmal so vollendete Fesseln gesehen. Wie hoch sie den Schweif trägt. Und sie hat Temperament! Ich glaube, ich habe mein Traumpferd gefunden. Abgesehen davon liebe ich Falben."
"Also, ich sehe nur Zähne und Krallen an diesem Pferd." Ungläubig schüttelte Sabine, meine Freundin, den Kopf und hielt mich am Ärmel meiner Jacke zurück, als ich noch einen Schritt näher treten wollte.
Die falbfarbene Stute, die kurz angebunden vor den Stallungen dieses großen altehrwürdigen Reitstalls mit den schönen Bogengängen und dem überdachten Brunnen im Hof stand, den Kopf zornig nach vorn gestreckt, Zähne entblößt, Ohren eng angelegt, verharrte reglos. Nur ein Zittern lief gelegentlich über ihre Schultern. Der Schweif peitschte böse. Die linke, uns zugewandte Hinterhand hob sich mit vor Wut verkrampften Muskeln in rhythmischem Gleichklang mit meinen Bewegungen, bereit bei der geringsten Gelegenheit auszufeuern. Als Fleisch gewordene Warnung, ihr nicht zu nahe zu kommen. Ein grollendes Abbild eines der gutmütigsten, anmutigsten und ehrlichsten Geschöpfe der Natur, auf´ s übelste von Menschenhand verdorben.
"Hallo Pferd!" Behutsam trat ich noch einen Schritt näher; im Vertrauen an eine festgezurrte Leine.
"Vorsicht! Kommen sie ihr nicht zu nahe." hörte ich hinter mir eine Stimme, und im nächsten Augenblick das böse Klacken zuschnappender Kiefer, die nur Zentimeter neben meinem abgewandten Gesicht in die Luft bissen. Die Leine hatte ein kleines Stück nachgegeben; und mir beinahe den halben Kopf gekostet.
"Wow, sie hat Temperament, oder wie immer du das bezeichnest!" murmelte Sabine neben mir und betrachtete mich verdutzt; mit großen ängstlichen Augen in denen leises Erschrecken spiegelte.
"Vertrauen sie ihr nie, sie ist heimtückisch und gemein." belehrte mich ihr Noch-Besitzer, ein großer untersetzter Mann in blank geputzten Reitstiefeln und wuchtete einen Sattel auf den Balken an dem das Pferd angebunden war, aber außer Reichweite der Stute.
"Wage es nicht!" zischte er in ihre Richtung und trat neben sie, um ihr im nächsten Augenblick mit voller Wucht die Faust in die Nieren zu schlagen.
"Ich habe dich gewarnt." zischte er wieder. Das Pferd tänzelte nervös zur Seite und feuerte kraftvoll nach hinten aus.
"Komm schon, komm!" Grob zwängte der Mann das Gebiß, eine Kandare mit bleistiftdünnem Mundstück und langen Aufzügen, zwischen die Zähne der Stute und grinste uns mit Todesverachtung an. "Ich bin der einzige im Stall, den sie näher als fünf Meter an sich heranlässt."
"Warum wollen sie ihre Stute verkaufen?" quetschte ich die Frage hervor, die wohl jeden Käufer als erstes unter den Nägeln brennt, und ignorierte den heißen Zorn, der in meinem Bauch zu rumoren begann. Ich mag es nicht, wenn jemand Pferde schlägt oder auch nur rücksichtslos behandelt. Sie haben es nicht verdient. In keinem Fall.
"Weil sie nicht zu reiten ist", erstaunt sah er mich an. "Habe ich das am Telefon nicht erwähnt?"
"Oh doch, oh doch", beeilte ich mich zu versichern. "Nur habe ich das nicht wirklich ernst gemeint." War dies doch die Frage, die sicherlich nur in den seltensten Fällen ehrlich beantwortet wird.
"Nein, nein" meinte der Mann ziemlich selbstbewusst und mit abfälligem Unterton in der Stimme. "Sie ist nicht zu reiten, vertrauen sie mir. Ich erzähle ihnen keinen Scheiß, wenn ich das sage. Sie ist nicht nur ein Miststück, wie es im Buche steht – nein, sie hat den Teufel im Leib!"
Verblüfft betrachtete ich erst diesen Kerl und dann die Stute. Das sie den sprichwörtlichen Teufel im Leib hatte, glaubte ich ihm auf´ s Wort. Obwohl mich diese Tatsache erst reizte.
Aber dass er so ohne weiteres zugab, die Stute nicht reiten zu können, das verwunderte mich doch sehr. Aus langer und leidvoller Erfahrung weiß ich, dass zuallererst immer dem Pferd die Schuld untergejubelt wird, wenn´ s mal mit dem Reiten nicht so klappt.
Kurz und gut; nachdem niemand in diesem Reitstall zu bewegen war, die Stute zu reiten oder auch nur zu führen oder zu longieren, habe ich mich dazu entschlossen, entgegen meinen sonstigen Gepflogenheiten, sie zu reiten. Es ging mir nicht darum zu beweisen, dass ich sie reiten könnte; na ja vielleicht ein kleiner schelmischer Wunsch im Hinterkopf, sondern ich wollte ihre Bewegungen sehen oder spüren.
Und das war dann schließlich auch der Fall. Im allerwörtlichsten Sinn. Sie ließ mich ca. fünf Minuten spüren, dann gewann die Fliehkraft die Oberhand und ich saß im Dreck. Danach durfte ich sie noch einen Augenblick in voller Aktion bewundern, ehe sie auf mich losging und ich mich mit einem Hechtsprung und einer seitlichen Rolle aus dem eingezäunten Viereck in Sicherheit brachte.
"Na, was hab´ ich ihnen gesagt?" und: "He, so sportlich und schnell kenne ich dich gar nicht?" waren die einzigen Kommentare die ich im nächsten Augenblick zu hören bekam und auf die ich auch leicht hätte verzichten können. Mit einem gequälten Grinsen rappelte ich mich hoch und sah zu Sabine hinüber. "Sag nichts, ich kann ´s mir denken", nickte sie mir zu und schüttelte den Kopf. Sie wusste, dass unsere freie Zeit in den nächsten Wochen einer falbfarbenen Stute gehören würde.
Drei Tage später zog die Stute in unserem Stall ein. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ihr vorheriger Besitzer als Abschiedsgruß nur den Kopf schüttelte und irgend etwas von "selber schuld" murmelte.
Ich habe meinen Entschluss damals, diese Stute zu kaufen, niemals bereut. Wenn ich es auch manchmal, aber nur die ersten Tage und sehr leise und nur für mich, in Frage gestellt habe.
Aber das ist wieder eine andere Geschichte.