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Seit ein paar Wochen hat sich etwas verändert, im Zusammenleben von Dieter Schwickel, dem EU-Rentner aus dem kleinen Dorf im Rheinland und dem Glibber-Alien Grijkshnak. Letzteres bleibt nämlich neuerdings meist daheim, wenn der Dieter aus seinem winzigen Haus geht, das sie gemeinsam bewohnen.
Zuerst hat es Dieter ja schon ein bisschen genervt, dass Grijkshnak "zum Verbleib" bei ihm aufgetaucht war, aber nach und nach hat er jede Menge nützlicher Dinge entdeckt, die man mit dem grünen Ding anstellen kann. Wie wir bereits wissen hat diese Sorte Weltraum-Fauna die wunderliche, aber nicht weniger wunderbare Eigenschaft, sich von Müll zu ernähren. Und sie scheiden danach den ultimativen Werkstoff aus, das "BrrmKeln" dessen Struktur den zuletzt verdauten Gegenständen entspricht.

So weit, so gut, was Dieter und der Rest der Menschheit bisher nicht gewusst haben, ist, dass die Grijkshnak (das ist übrigens, wie er nun auch weiß, kein Eigenname, sondern die Bezeichnung für die Rasse) auch lernen können, statt des einfachen "BrrmKeln" komplette, funktionstüchtige Duplikate der zur Ernährung genutzten Gegenstände oder Reste zu erzeugen. Sie brauchen dazu jeweils zwei der Dinge und eine Funktionsbeschreibung.
Und genau hier hakt es, denn Grijkshnak kann nicht lesen. Doch der Dieter ist zwar EU, aber nicht doof. Er hat das Alien im Online-Kurs "Deutsch für Fremdsprachler" angemeldet und ihm einen billigen Tablet-Computer gekauft, den er ihm mit dem eindringlichen Verbot überreicht hat, ihn etwa ... in "BrrmKeln" umzuwandeln. Nun lernt Grijkshnak lesen und das ist der Grund, warum es ihm nicht mehr treudoof hinterher glibbert, sobald er das Haus verlässt.

Der Dieter hingegen ist nun täglich unterwegs und sammelt Dinge. Im Nachbardorf gibt es einen Elektronikschrott-Container, in den die Leute ihre Elektro-Leichen verklappen. Den besucht der Dieter häufig und schleppt auch immer wieder eine Ladung Ausrangiertes nach Hause. Er hat den kleinen Schuppen ausgeräumt, der hinten schief am Haus lehnt und eigentlich fast genau so groß ist, wie der Wohn-Teil. Grijkshnak erinnert sich noch an das "Festmahl", das leider, aufgrund der Materialvielfalt kein brauchbares "BrrmKeln" hervorgebracht hat. Wie hat Dieter aber gestaunt, als Grijkshnak einfach das "Schrott-BrrmKeln" wieder gefressen hat und anschließend ... gewachsen ist! Aus den ursprünglichen sieben Zentimetern sind inzwischen knapp fünfzig geworden. Das ist noch lange nicht so groß, wie Dieters erstes Grijkshnak, aber dennoch beachtlich.

Vielleicht ist nun die Zeit, einen Umstand zu erwähnen, der für den weiteren Fortgang unserer Geschichte unverzichtbar ist? Der Dieter, der ist nämlich nur ein ziemlich kleines bisschen ... ordentlich. Das hat sich zwar gebessert, seit Grijkshnak seine Kamelhaar-Pantoffeln verdaut hat, die es neben dem Mülleimer im Bad gefunden- und gedacht hat, die hätten nur nicht hinein gepasst, aber bis zum gut organisierten Mitbürger wird es für den Dieter wohl ein langer Weg sein.

Heute ist wieder ein Sammeltag. Dieter wandert, mit seinem Rucksack auf dem Rücken, in dem die beiden riesigen Supermarkt-Einkauf-Heimschlepp-Beutel einer gleichfälligen Füllung harren, über die Landstraße. Ein Auto hat er nicht, nicht mehr, denn der alte Golf II hat letztes Jahr zum letzten Mal geschnauft. Die Reparatur hätte sieben Renten gekostet (das ist die Einheit, in der Dieter teurere Angelegenheiten bewertet), was einem Todesurteil - und zwar für den Golf - gleichkam.
Herbert Herbert, der Schrottmann aus dem übernächsten Ort, hat ihm sogar noch eine halbe Rente für den Verstorbenen gezahlt, als Dieters Nachbar Bernhard die Leiche dort hingeschleppt hat. Immerhin sind einige Teile ja doch noch brauchbar gewesen.

Aber wir schweifen ab. Sammeltag!
Als Dieter den Container öffnet, findet er doch zwei Laptops darin, zwei fast identische! Eigentlich sind die, technisch, sogar komplett gleich, auf dem einen klebt aber ein großer Einhorn-Sticker und auf dem anderen Darth Vader (also ein Sticker, der den zeigt). Dieter bewegt sich so schnell, dass man es ohne Zeitlupenaufnahme-Technik gar nicht recht verfolgen kann. Es "flupst" zweimal, dann sind die beiden Geräte im Rucksack verschwunden, wo sie mit den Supermarkt-... Beuteln kuscheln.

Dieter ist nun total aufgeregt. Was wird Grijkshnak aus den Dingern machen? Er erinnert sich noch der beiden Haartrockner, die an das Alien "verfüttert" hat, das daraufhin einen neuen solchen ausschied, der - anders als die "verdauten" Geräte, komplett in Ordnung war. Wenn das mit den Computern auch klappen sollte, wird Dieter künftig seinen Aktionsradius ausweiten (er hat ja auch die Rentner-Monatskarte) und nur noch nach Pärchen suchen ...
Er beschließt, für heute nicht weiter zu sammeln, sondern so schnell wie möglich nach Hause zu laufen.

Wie ein Profi-Walker eilt er dahin, überwindet die viereinhalb Kilometer in persönlicher Rekordzeit.
Schon beim Betreten des Wohn-Schlafzimmers ruft er: "Grijkshnak" He, Grijkshnak!"
Es dauert einen Moment, ehe das Glibberwesen heranschleimt und zwar aus der Schrank-Ecke, wo Dieter auch ...

Ein Gedanke brennt sich durch Dieters Hirn. Das Ding wird doch nicht ...?
Trotz der Aufregung schafft es er, den Rucksack vorsichtig abzulegen. Anschließend rast er wie ein Verrückter der Ecke zu, in der er unter anderem auch alle seine Behördenschreiben und Rechnungen aufbewahrt.
... hatte, muss man sagen, denn was er dort findet, ist ein Stapel Öko-Grau weißer und außerdem komplett leerer Blätter!
Dieter ist fassungslos. Vor seinem inneren Auge taucht der "Haufen" von Dokumenten, Anschreiben und offiziellen Mitteilungen auf, der sich heute Morgen noch hier befunden hat. ALLES WEG!

Grijkshnak kommt hinterher geschlabbert und verharrt stolz aufgerichtet neben ihm.
"Das hab ich aus dem Müll gemacht, der hier lag", blubbert das Alien, "Hat gut geschmeckt."
 
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