Lieber Bernd,
es geschieht selten - aber dieses Gedicht hat mich persönlich berührt.
Mein Vater ist mit zwei Kumpels desertiert in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs, nicht ganz 16 Jahre alt noch an die Front geschickt. Das einzige, was die Jungs an Ausrüstung behalten haben, war eine Handgranate pro Kopf - um sich mit den Häschern in die Luft zu sprengen, falls sie erwischt würden. (Man stelle sich vor, sie waren noch Kinder...) Und das Denkmal, das er sich setzte? Er hat überlebt - und als meine Mutter sich einen Sohn wünschte, sagte er, sie würde von ihm nur Töchter bekommen, weil er kein Kanonenfutter zeugen wolle. (Nach drei Töchtern sah's dann auch meine Mutter ein.) Ein Held ist er für mich als Tochter, mein Vorbild an pazifistischer Zivilcourage, Mut und Menschlichkeit. (Nie hat er einem Menschen auch nur eine Ohrfeige gegeben, immer alles vernünftig gelöst, so schwer sein Leben auch manchmal dadurch war.) Als ich Teenager war, ging er mit mir mit auf Friedensmärsche gegen die Aufrüstung, gegen die Unkenrufe meines faschistisch geprägten Großvaters, seines Schwiegervaters. Nun ist er Rentner und ich gönne ihm jedes friedliche Jahr, das er noch hat auf dieser Welt.
(Zu meiner momentanen Stimmung passt das Chanson 'Le deserteur' von Boris Vian, Text kann ich gerne liefern.)
Chrissie