Languedoc
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Der Banktermin
Ich saß in Frau B.s schickem Büro. Gemeinsam schauten wir auf den bunten Monitor voller Informationen über mein Bankkonto, die Frau B. mit geübtem Mausgeklicke aufrief. Plötzlich sagte sie, gemäß Systemanforderungen sei es notwendig, sofort alle Belege beginnend mit dem Jahr 2005, also seit der Kontoeröffnung, auszudrucken und von mir unterzeichnen zu lassen. Dasselbe müsse auch für Herrn Knapps Konto gemacht werden, das die Bank seit 1999 führt, und da Herr Knapp persönlich abwesend sei, müsse ich heute nicht nur meine, sondern auch seine Belege unterschreiben. Immerhin verfügte ich über dessen Konten als Generalbevollmächtigte.
Ich wehrte höflich ab, ein Ausdrucken der Belege sei nicht erforderlich, weil ich seit jeher jedes Monat alle aktuell angefallenen Belege bei mir daheim am Computer über den Online-Banking-Server ausgedruckt hätte, um meine Buchhaltung gemäß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zeitnah und vollständig zu erledigen. Diese Vorgehensweise gehöre bekannterweise zum Handwerk der gewissenhaften Buchhalterin.
Das sei unerheblich, entgegnete Frau B., meine Bankberaterin, das System verlange meine Unterschrift und zwar jetzt vor ihren Augen hier im Büro. Sie drückte die ENTER-Befehlstaste. Unverzüglich fing der Drucker auf dem Beistelltisch an zu surren und ein bedrucktes Blatt Papier nach dem anderen auszuspucken: Kontoauszüge, Kreditkartenabrechnungen, Zinsberechnungen für die Festgeldanlagen, Aktienkauf- und -verkaufsbestätigungen, Dividendengutschriften, Währungswechsel, Tod und Teufel – ich erinnerte mich an jeden einzelnen Beleg, schließlich hatte ich sie alle für die Buchhaltung kontiert und in die Archivordner abgeheftet.
Ich sah den Papierstapel im Druckerfach in Windeseile wachsen und höher werden und fragte höflich, ob nicht meine Paraphe genüge, so gehe es rascher mit dem Abzeichnen der vielen Blätter.
„Nein“, beschied Frau B., und ihre Augenlider flatterten, „die rechtsgültige Unterschrift bitte sehr, hier auf den Dokumenten rechts unten.“ Ergeben fing ich an, meinen Namen zu schreiben.
Frau B. blickte sogleich prüfend auf mein Werk und runzelte die Stirn. „Das stimmt so nicht“, rügte sie. „Sehen Sie,“ – und sie drehte den Monitor frontal zu meinem Gesicht – „Ihre Unterschrift hat genau so auszusehen wie auf diesem Unterschriftenprobeblatt hier. Sie müssen Ihren zweiten Vornamen ausschreiben. Keine Abkürzungen bitte.“
Am Monitor las ich das eingescannte Faksimile: Maria Magdalena Kirchbenker. Mir sagte der Name nichts. Wer war Maria Magdalena Kirchbenker? Sollte das ich sein?
Frau B.s Augenlider flatterten mich bedrohlich an. Sie schob mir den nächsten Kontoauszug zu. Ich beugte mich darüber und krakelte mit schweißnassen Fingern: Maria Magdalena Kirchbenker. Das letzte r war kaum auf dem Papier, als mir Frau B. das Blatt unterm Kugelschreiber wegzog und das nächste unterschob.
„Bitte“, sagte sie genervt, „wir wollen doch um 17.00 Uhr fertig sein. Es sind noch 4.348 Dokumente.“ Ich legte los und schrieb und schrieb, Maria Magdalena Kirchbenker, immer schneller, das Handgelenk begann zu schmerzen, ich schrieb und schrieb, die Buchstaben flirrten, ich schrieb und schrieb, die Finger krampften, es tat so weh, …
Da wache ich auf. Wo bin ich? Ich liege bäuchlings in meinem Bett und keuche. Das rechte Handgelenk schmerzt. Es steckt verdreht eingeklemmt unter meinem Hüftknochen. Vorsichtig ziehe ich meinen Arm unter dem Bauch hervor, schüttle die Finger und massiere das Gelenk, bis die Durchblutung halbwegs wieder im Gange ist.
Es ist Sonntagmorgen. Ich höre das vertraute Glockengeläute der nahen Kirche und ziehe die Daunendecke hoch bis über die Ohren. Ich sollte noch eine Runde schlafen.
Ich saß in Frau B.s schickem Büro. Gemeinsam schauten wir auf den bunten Monitor voller Informationen über mein Bankkonto, die Frau B. mit geübtem Mausgeklicke aufrief. Plötzlich sagte sie, gemäß Systemanforderungen sei es notwendig, sofort alle Belege beginnend mit dem Jahr 2005, also seit der Kontoeröffnung, auszudrucken und von mir unterzeichnen zu lassen. Dasselbe müsse auch für Herrn Knapps Konto gemacht werden, das die Bank seit 1999 führt, und da Herr Knapp persönlich abwesend sei, müsse ich heute nicht nur meine, sondern auch seine Belege unterschreiben. Immerhin verfügte ich über dessen Konten als Generalbevollmächtigte.
Ich wehrte höflich ab, ein Ausdrucken der Belege sei nicht erforderlich, weil ich seit jeher jedes Monat alle aktuell angefallenen Belege bei mir daheim am Computer über den Online-Banking-Server ausgedruckt hätte, um meine Buchhaltung gemäß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zeitnah und vollständig zu erledigen. Diese Vorgehensweise gehöre bekannterweise zum Handwerk der gewissenhaften Buchhalterin.
Das sei unerheblich, entgegnete Frau B., meine Bankberaterin, das System verlange meine Unterschrift und zwar jetzt vor ihren Augen hier im Büro. Sie drückte die ENTER-Befehlstaste. Unverzüglich fing der Drucker auf dem Beistelltisch an zu surren und ein bedrucktes Blatt Papier nach dem anderen auszuspucken: Kontoauszüge, Kreditkartenabrechnungen, Zinsberechnungen für die Festgeldanlagen, Aktienkauf- und -verkaufsbestätigungen, Dividendengutschriften, Währungswechsel, Tod und Teufel – ich erinnerte mich an jeden einzelnen Beleg, schließlich hatte ich sie alle für die Buchhaltung kontiert und in die Archivordner abgeheftet.
Ich sah den Papierstapel im Druckerfach in Windeseile wachsen und höher werden und fragte höflich, ob nicht meine Paraphe genüge, so gehe es rascher mit dem Abzeichnen der vielen Blätter.
„Nein“, beschied Frau B., und ihre Augenlider flatterten, „die rechtsgültige Unterschrift bitte sehr, hier auf den Dokumenten rechts unten.“ Ergeben fing ich an, meinen Namen zu schreiben.
Frau B. blickte sogleich prüfend auf mein Werk und runzelte die Stirn. „Das stimmt so nicht“, rügte sie. „Sehen Sie,“ – und sie drehte den Monitor frontal zu meinem Gesicht – „Ihre Unterschrift hat genau so auszusehen wie auf diesem Unterschriftenprobeblatt hier. Sie müssen Ihren zweiten Vornamen ausschreiben. Keine Abkürzungen bitte.“
Am Monitor las ich das eingescannte Faksimile: Maria Magdalena Kirchbenker. Mir sagte der Name nichts. Wer war Maria Magdalena Kirchbenker? Sollte das ich sein?
Frau B.s Augenlider flatterten mich bedrohlich an. Sie schob mir den nächsten Kontoauszug zu. Ich beugte mich darüber und krakelte mit schweißnassen Fingern: Maria Magdalena Kirchbenker. Das letzte r war kaum auf dem Papier, als mir Frau B. das Blatt unterm Kugelschreiber wegzog und das nächste unterschob.
„Bitte“, sagte sie genervt, „wir wollen doch um 17.00 Uhr fertig sein. Es sind noch 4.348 Dokumente.“ Ich legte los und schrieb und schrieb, Maria Magdalena Kirchbenker, immer schneller, das Handgelenk begann zu schmerzen, ich schrieb und schrieb, die Buchstaben flirrten, ich schrieb und schrieb, die Finger krampften, es tat so weh, …
Da wache ich auf. Wo bin ich? Ich liege bäuchlings in meinem Bett und keuche. Das rechte Handgelenk schmerzt. Es steckt verdreht eingeklemmt unter meinem Hüftknochen. Vorsichtig ziehe ich meinen Arm unter dem Bauch hervor, schüttle die Finger und massiere das Gelenk, bis die Durchblutung halbwegs wieder im Gange ist.
Es ist Sonntagmorgen. Ich höre das vertraute Glockengeläute der nahen Kirche und ziehe die Daunendecke hoch bis über die Ohren. Ich sollte noch eine Runde schlafen.