Der Bau (gelöscht)

N

nobody

Gast
Allein von der bildhaften Schilderung war ich sehr angetan. Was die Bedeutungsebene (das Dahinter/darüber) angeht (und es muss doch eine geben, denke ich mir), komme ich in Verlegenheit. Es geht mir dabei wie vor mehr als einem halben Jahrhundert, wenn unter dem Text einer Klassenarbeit stand: Interpretieren Sie diesen Text!

Leider bin ich überhaupt nicht bibelfest. Pfingsten, Haus der Häuser - irgendwie habe ich das noch im Ohr, und in der Nase Weihrauchduft. Ich muss also ein leeres Blatt abgeben oder warten, bis mir Banknachbarn in der Lelu auf die Sprünge helfen. Oder soll da überhaupt nichts "interpretiert" werden? Vielleicht nur "wirken"?

Eine Passage, die mich irritiert:
Ich dachte, dies sei das Haus der Häuser. Und in diesem Zimmer will ich wohnen. Warum darf ich meine Augen nicht aufmachen?
Worauf spielt das an, ist es ein Bibelzitat? Bedeutet "Haus der Häuser" ein Haus, das für alle da ist?

Trotzdem: War schön, den Text zu lesen und sich damit zu beschäftigen.

Gruß Franz
 
B

bluefin

Gast
so ungefähr klangen die märchen kurz nach der russischen revolution, im china der 60er jahre des vorigen jahrhunderts oder in einem anderen reich des bösen - wenn sie im westen erzählt wurden. mag sein, dass kim il sung noch so ein comic im giftschrank hat, und auch der fidel, vielleicht: bauaufbauauf, bauaufbauauf...

tipp, lieber @ofterdingen: schreib zeitgemäßer. heute ruiniert sich die arbeitsbiene nicht mehr selbstlos, sondern weiß von anfang an, dass sie ausgebeutet wird. und die kirche ist nur was für die ganz alten, die sich vorm sterben fürchten - von denen holt sich der papst aber schon längst nicht mehr die arbeit ab, sondern lieber das sparbüchl.

der moderne faschismus ist ein ökologischer. er dreht dir die glühbirne aus der fassung, krümmt die gurke oder streckt sie dir wieder, macht dir angst vor der schweinegrippe und verlangt einen gebäudepass.

amüsierte grüße aus münchen

bluefin
 

Ofterdingen

Mitglied
Im Jahr 1945 erschien George Orwells Animal Farm (Farm der Tiere). Es war das letzte Buch, auf das Bluefins Kommentar zutreffen könnte, doch damit war im Westen der real existierende Sozialismus als literarisches Thema durch.

Ich war ehrlich gesagt platt, als ich sah, wohin der sonst so orientierungssichere Wal Bluefin diesmal geschwommen ist, nämlich in die Ostsee und dort schnurstracks auf die Küste zu. Auf einem von deren Stränden liegt er jetzt, japst nach Luft und zeigt mit seiner Fluke anklagend auf mich. Aber bin ich denn wirklich schuld, dass er ausgerechnet dort gelandet ist? Steht so ein krauser Befehl zum Auftauchen wirklich in meinem Text?

Platt bin ich auch deswegen, weil er mit leerem Maul und Magen dort angekommen ist, denn beim letzten Mal blieben doch Feinheiten meines Textes in seinen Barten hängen, nicht nur Wörter, sondern Teile des Rückgrats und nicht wenige Schichten Fleisch. Diesmal findet sich da nur Sand von seinem Havarieort. Mich drängt es, meine Unschuld zu beteuern, aber was hilft´s? Ich glaube, niemand weiß wirklich genau, was so einen Wal antreibt, wenn er sich ins Flachwasser wirft.

Natürlich stehe ich jetzt ratlos am Strand, denn der Wal Bluefin ist in eine fürchterliche Geschichte geraten, aber da ich sie nicht geschrieben habe, habe ich auch keine Ahnung, wie er da wieder heraus und in tieferes Wasser zurück kommen könnte. Ist denn keiner da, der mal mit anfasst? Wir können ihn doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen.

Unser Freund Franz ist da schon auf einem besseren Weg, trotz oder vielleicht sogar wegen seines Deutschlehrers. Aber er hat sich die Wegweiser nicht genau angeschaut und findet deshalb nicht weiter. Beispielsweise wird der Bau in einer Flussebene errichtet, die Pyramiden jedoch stehen mitten in der Wüste, also haben die schon mal nichts mit der Geschichte zu tun; zudem ließe sich unter anderem zum mutwillig eingestreuten Wort Pfingsten von Ägypten aus wohl kaum irgendeine Art von Verbindung herstellen.

Der Verfasser wird auch diesmal keine Interpretation liefern, aber doch einen groben Hinweis zur Struktur: In diesem Text wurden mehrere Geschichten ineinander gefaltet, wodurch sich diverse Bedeutungsebenen ergeben, doch wird der Leser nirgends markierte Wege finden, sondern ist eingeladen, seiner Phantasie freien Lauf zu lassen, aber natürlich immer auf eigene Verantwortung (siehe bluefin). Brecht wurde mal gefragt, welches Buch er am häufigsten gelesen habe und antwortete: „Sie werden lachen – die Bibel“. Ich würde sagen, dass man mit dem genannten Buch in der Hand auch in meiner Geschichte weiter kommt als mit bloßem Wissen über Kapi-, Sozi- oder sonstige Ismen.

Liebe Grüße, besonders an Bluefin und Franz,
Ofterdingen
 
N

nobody

Gast
Ja mei, lieber Ofterdingen,
wenn du auf einen Absatz in meinem Kommentar antwortest, den ich voreilig abgesandt, aber kaum eine Minute nach dem Schreiben wieder gelöscht hatte, dann muss ich annehmen, dass du genau in diesem kurzem Zeitraum online warst. Wo sind in meinem "spontanen Leseeindruck" Pyramiden?

Tatsächlich waren in dem gelöschten Absatz die Pyramiden erwähnt und Brecht und die Vermutung, dass es sich um eine Parabel handeln könnte. Aber man wird sich doch mal irren dürfen, dafür gibt es schließlich die kurzfristige Korrekturmöglichkeit von Kommentaren.
Unter "Wegweisern", die du erwähnst, stelle ich mir allerdings etwas präzisere Angaben vor. "Hier geht es NICHT zu den Pyramiden" hilft mir nicht weiter.

Trotzdem, und immer noch: ein interessanter Beitrag.

Gruß Franz
 
B

bluefin

Gast
mein lieber ofterdingen,

"schachteln" können wir auch - nur schreiben wir walfische nicht aus der bibel (oder babel) ab, sondern improvisieren frei: wasser hat keine balken. unterschätze mir nicht das schwimmvermögen der wale!

den hint mit dem papst hast du ganz offensichtlich überlesen - der deckt alle klerikalen wohntürme ab. statt den armen orwell zu bemühen, solltest du dir eine mao-bibel besorgen: da steht auch drin, wie man eine gesellschaft formt, unter aufsicht sich am hintern kratzender politruks.

von "diversen bedeutungsebenen", lieber freund, entdecke ich diesmal leider nichts. nur einen törichten mörtelträger, der an ein plansoll glaubt und erst, als es zu spät ist, spannt, dass er umsonst gerackert hat: ein mehr als alter hut.

nochmal der tipp: bleib in der zeit. erzähl keine biblischen und und keine sozialistischen märchen nach (es sind die gleichen), sondern neu davon, woher z. b. der (subventions)wind weht, der die elektromühlen im watt antreibt und woher der saft kommt, wenn's nächtens flaute wird.

das wär fein. du könntest es, da bin ich ganz sicher!

liebe grüße aus münchen

bluefin

p. s.: übrigens - einen turm wie den von dir geschilderten haben wir hier schon lang: http://kulturzentrum-gasteig.mux.de/images/client/6597/ks3jzxhsegth.jpg. bis jetzt steht er noch...
 

Ofterdingen

Mitglied
Franka schrieb eine hübsche Geschichte, die erscheint einem Leser zunächst rätselhaft und unverständlich, aber sobald man das Wort „Sonne“ einsetzt, lösen sich alle Unklarheiten auf einen Schlag auf wie Nescafé im heißen Wasser und der Leser ist hochzufrieden wie ein Geheimdiensttüftler, der den Code des Gegners geknackt hat. Die Lust des Lesers dieser Geschichte liegt meiner Meinung nach darin, dass da zuerst ein Riesenproblem ist, das wird aber gelöst und nicht nur einigermaßen entwirrt, sondern komplett aufgelöst, zum Verschwinden gebracht. Man giert nach solchen schönen, ja geradezu zauberhaften Erfahrungen, weil es für die Probleme des wirklichen Lebens meist keinen einfachen Schlüssel gibt. Oft sind Seelen- und Lebenslagen sogar so, dass sie sich umso mehr verwirren, je mehr man sich mit ihrer Lösung beschäftigt. Es sind aber gerade solche komplexen Situationen, die mich anziehen, und deswegen kann ich es dem Leser nicht leicht machen, sondern muss hoffen, dass er einen persönlichen Hintergrund mit einbringt, der sich zum Teil in meinem Text spiegelt, auf eine Art, dass selbiger Leser die Dinge und sich selber zwar wiedererkennt, aber doch in einem neuen Licht betrachtet.

Vielleicht sieht er/sie ja sich selber, wie er oder sie an seinem/ihrem eigenen Leben herumbaut, vielleicht erkennt er eigenes Getriebensein zu irgendetwas, das ihn so ausfüllt, dass er Essen und Schlafen darüber vernachlässigt, vielleicht nimmt er den je nach Sichtweise im Vorder- oder Hintergrund dargestellten Turm von Babel als traditionelle Metapher für Sprachverwirrung, das Bild von Leuten, die zwar scheinbar die gleiche Sprache sprechen, aber aneinander vorbeireden. Verbindet womöglich dieses Bild (sehnsüchtig oder auch nicht) mit Pfingsten, einem Tag, an dem das genaue Gegenteil passierte: Leute völlig verschiedener Sprachen verstanden sich plötzlich mühelos. Vielleicht denkt einer ja an das Babylon am Hudson und zum Beispiel, dass ausgerechnet einer der Türme dieses Babylon Ziel eines Anschlags wurde und welche Bedeutung Türme überhaupt haben, entdeckt nebenbei, dass sie viel zu groß sind, als dass man sie, wie von Bluefin vorgeschlagen, unter Priesterröcken verstecken könnte. Vielleicht sieht er sich ja auch in einem Literaturforum wie der Leselupe, wo alles turmhoch wächst und wuchert, wo jeden Tag viel Neues dazukommt, jeder selber seine Steine vermauert, wo die Administratoren zum Teil etwas hilflos reagieren, wo man sich aber auch was einfangen kann, wenn man sich nicht an die Nettiquette hält. Möglichkeiten gibt es genug. Nur einen Wunsch hätte ich: Wie immer ihr an meine Geschichte herangeht, bleibt dabei nicht allzu eindimensional.

Franka hat erwähnt, dass ihr Text bei einem Schreibwettbewerb entstanden ist. Der Leser liest´s und sagt sich, aha, jetzt habe ich alles verstanden. Hat er aber nicht. Ist zwar nett, wenn man liest, dass Schiller den Geruch fauler Äpfel brauchte, um Schreiben zu können, und dergleichen mehr, aber für die Rezeption eines Textes sind solche Entstehungsumstände eher unerheblich. Franka hätte auch sagen können, dass die Oma ihre Kreuzworträtsel alle gelöst hatte und wegen der unchristlichen Uhrzeit oder weil Feiertag war kein neues Rätselheft kaufen konnte und deswegen sagte: Franka, mein Kind, erzähl mir doch nochmal so eine Geschichte wie neulich, weißt du noch? Für die Erschließung des Textes hätte das alles aber nicht wirklich geholfen.

Mich interessiert noch nicht einmal, welche kinderschänderischen Phantasien Lewis Carroll hatte, bevor oder während er Alice in Wonderland schrieb oder welches Streitgespräch Kafkas mit seinem Vater oder einer Frau zum Auslöser für seinen „Landarzt“ wurde. Die Texte erschließen sich mir, dem Leser, erst dann, wenn ich bereit bin, mich im Märzhasen zu entdecken oder im eklen Pferdeknecht oder dem Knaben mit der Wunde in der Seite. Und ich bin, ehrlich gesagt, froh, dass heute keiner mehr weiß, was der Autor des Nibelungenlieds vor der Abfassung des Textes gefrühstückt hat oder ob Chrétien de Troyes die Idee zu Parzival und dem Gral kam, nachdem ihm sein Onkel eine Tasse an den Kopf geworfen hatte oder was auch immer.

Natürlich könnte auch ich sagen, was mich auf die Idee brachte, diese Geschichte zu schreiben, welche Situation(en) des wirklichen Lebens das alles auslöste(n), welche Assoziationen hinzukamen und aus welchen Quellen sie stammen und überhaupt über welche tiefgründige und weit ausgreifende Bildung der großartige Verfasser mit spielerischer Leichtigkeit verfügen kann. Schon möglich, dass dann der eine oder andere das liest und sagt, aha, jetzt habe ich alles verstanden. Aber auch hier gilt das bereits Gesagte: Wirklich helfen würde es dem Leser nicht, weil er den Text letztlich nur aus sich selber erschaffen kann oder gar nicht.
 
hallo ofterdingen!

so unverständlich ist dein kleiner text doch gar nicht! warum ihn im nachhinein noch verrätseln? ich find ihn gut geschrieben. es entstehen bilder.

zu den deutungen:
wenn die geschichte aus dem leser erwachsen soll, würde es dann nicht reichen, wenn du schriebest: ich hab da mal so ´nen turm gebaut. punkt. ?
ich meine, der autor ist schließlich derjenige, der den rahmen absteckt. er leitet (zumindest ein stück weit) den kognitiven prozess des lesers . wenn du die interpretation dennoch frei stellst, ist letztlich doch auch bluefins deutung/assoziation nachvollziehbar. oder?

lg C.
 
B

bluefin

Gast
lieber @ofterdingen, hier zählt nur der text, aber nicht, wie er zustande gekommen ist. wer bei frankas g'schichterl nicht sofort auf die sonne kommt, hat eben pech gehabt und ist ein bisserl fantasielos. ob ihr text gegenstand eines wettberwerbes war oder nicht, kümmert keinen.

deine aufgehübschte babel-story ist so evident, dass man darüber ja nicht wirklich zu grübeln braucht - sie wiederholt alle klischees, die im alten testament auch schon drin sind. ob die sackratte am ende ein prophet oder was anderes ist, kann dahinstehen - man begegnet ihr seit ein paar tausend jahren überall auf der welt und in allen gesellschaften.

ich halte es nicht für sinnvoll, orwell, kafka oder den parsifal-erfinder zu zeugen dafür aufzurufen, wie schwierig und kunstvoll doch die errichtung dieses kurzprosa-baus gewesen sei. der babelsche turm ist als einschlägige metapher endgültig und abschließend; er war damals schon zeitlos und lässt sich auf jedem beliebigen terrain errichten. er reckt sich in jedem kirchenjahr mindeststens einmal empor; jeder dorfpfaff gebraucht ihn als synonym für irgendwas. allerdings nimmt der klerus immer direkten bezug auf die quelle (in der liturgie nennt man das "lesung"), bevor er zu quasen beginnt.

mein geschätzter @ofterdingen, ich glaube, bluefins kritik war pluralisitscher als dein traditioneller ansatz. vielleicht hast du (neben anderem) das mit dem "bauaufbauauf" übersehen? gemeint war damit das da: http://www.youtube.com/watch?v=-lSnH1qdhMg und bis 0.30 laufen lassen - ein klassischer, babylonischer rohrkrepierer, wie wir inzwischen alle wissen!

nochmals der tipp: mach was anderes aus dem alten testament als eine weitere von drei millionen schon längst vorhandenen nacherzählungen. versuch z. b. herauszubekommen, welches genie diesen turm damals so cool in die luft gesprengt hat. nicht bin laden, sondern...?

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
eine

fantasievolle geschichte, egal, wie man sie interpretiert. bei mir wandelte sie sich zu dem palast des chronos, obwohl ich erst mal an den turm zu babel dachte.

bluefin, was hast du gegen das aufbaulied? sind in westdeutschland etwa die ruinen stehen gelassen worden?
nebenbei - der turmbau zu babel ist als parabel sehr wohl zeitgemäß. wie oft verstehen wir einander nicht oder halten unsere ansicht für allgemeingültig, wie oft fehlt es uns an toleranz!
lg
 
B

bluefin

Gast
ich habe nichts gegen aufbauende lieder, liebe @flammarion. nur gegen das wiederkäuen von ideologien, die stinken wie die in dem lied besungene.

was hier fantasievoll sein soll, verschließt sich mir. sorry - ich erkenne im gengeständlichen text ofterdingens keine solche, sondern halte ihn nach wie vor für eine bemüht ausgestaltete und gleichwohl schlichte nacherzählung.

...*bubbles*...

bluefin
 

Lesemaus

Mitglied
Hallo Ofterdingen, leider haben mir die Freude am Lesen gleich am Anfang einige Unstimmigkeiten verdorben.

"Der Arbeiter Marad wischt sich mit der Hand über die Stirn und schiebt sich mit der anderen ein Stück Gemüsekuchen in den Mund, im Gehen, versteht sich, lädt dann einen Stapel Steine auf und kehrt damit an seinen Platz zurück."

Ich versuche mir das bildlich vorzustellen. Wo lädt er einen Stapel Steine auf? Sich auf den Arm oder was?

"Ein Arbeitsplatz, der mit großer Geschwindigkeit aufsteigt aus der Flussebene."

Wie kann ein Arbeitsplatz aufsteigen? Noch dazu mit großer Geschwindigkeit? Und wie soll man sich das vorstellen? Das Bild hinkt gewaltig, finde ich.

"Monatelang hat Marad seine Frau nicht gesehen, legt sich höchstens mal zu einer der Dirnen im Stockwerk darunter,"

Worunter?

Auch das Ende finde ich nicht wirklich gelungen/befriedigend.

LG Lesemaus
 
B

bluefin

Gast
der text bemüht die biblische geschichte und schmückt sie mit allerlei firlefanz, mit quiche(!), bögelchen und erkern. das kann, wie schon gesagt, jeder dorfpfaffe besser. leider erteilt unser braver @ofterdingen dem wackeren aufbauer am ende keinen segen, sondern macht ihm angst. auch da sind die priester geschickter - immerhin stellen sie in aussicht, dass man der gnade teilhaftig wird, auch wenn die bruchbude am ende einstürzen sollte.

amüsierte grüße aus münchen

bluefin
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo Bluefin,

Als ich den ersten Kommentar von dir las (es ging da um einen Hinweis auf Auschwitz in der Straßenbahn)(ein Werk von dir kenne ich nicht, noch nicht), da dachte ich: Der tickt wie ich, mit dem möchte ich gern zu tun haben. Das dachte ich auch noch nach dem zweiten Kommentar, dem dritten, und bis heute hat sich daran gar nichts geändert. Wenn ich mal einen Kommentar daneben fand, dachte ich, dem geht´s eben wie mir: Wer viel schreibt, schreibt natürlich auch mal Mist. Dass wir im Augenblick unterschiedlicher Meinung sind, finde ich nicht weiter tragisch. Ich nehm´s einfach hin, hake es ab und freue mich auf unsere nächste Begegnung. Zu dem Thema habe ich bereits alles gesagt, was ich zu sagen habe; ich werde mich nicht wiederholen. Von Erkern und von Quiche ist in meinem Text übrigens nicht die Rede. Das würde nicht passen. Was Bögen betrifft: Die stellten sich beim Turmbau von Babel auch schon diverse andere vor, zum Beispiel der hier:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e1/Brueghel-tower-of-babel.jpg
oder
http://de.wikipedia.org/wiki/Turmbau_zu_Babel_(Brueghel)#Wiener_Version

LG,
Ofterdingen
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo Eeenemenetekel,

"zu den deutungen:
wenn die geschichte aus dem leser erwachsen soll, würde es dann nicht reichen, wenn du schriebest: ich hab da mal so ´nen turm gebaut. punkt. ?"

Nein. Um beim oben genannten Beispiel zu bleiben: Ich würde es dem Verfasser des Landarztes mehr als verübeln, wenn er nur geschrieben hätte: Ein Arzt fuhr noch spät Abends zu einem Kranken. Punkt.

Damit hier keine Unklarheiten entstehen: Ich kann und will mich nicht mit dem erwähnten Autor vergleichen, finde lediglich das Beispiel für die hier angeschnittene Rezeptionsfrage besonders anschaulich.

"ich meine, der autor ist schließlich derjenige, der den rahmen absteckt. er leitet (zumindest ein stück weit) den kognitiven prozess des lesers."

Kein Widerspruch. Völlig einverstanden.

"wenn du die interpretation dennoch frei stellst, ist letztlich doch auch bluefins deutung/assoziation nachvollziehbar. oder?"

Jeder kann und wird jeden Text so interpretieren, wie er es will, da kann ihm niemand dreinreden. Das gilt für "bluefins deutung/assoziation" und das gälte auch dann, wenn mir einer sagte, er sehe in meinem Text von Anfang bis Ende eine Beleidigung von Straßenbahnfahrern beziehungsweise von Eseltreibern und sonst nichts, wobei zwischen Eseltreibern und Straßenbahnfahrern kein Unterschied sei. Ich muss jede Deutung akzeptieren. Eine ganz andere Frage ist es, ob ich sie nachvollziehen kann.

Liebe Grüße an dich und an Flammarion, der ich für ihren Kommentar herzlich danke,

Ofterdingen
 
B

bluefin

Gast
du schweifst ein wenig ab, mein lieber @ofterdingen. es geht hier nur um deinen text, den ich, wie ich schon sagte, deshalb nicht so dolle finden kann, weil er nur einen aufguss aus alttestamentarischen teebeuteln darstellt, leider ohne wirklich eigene idee - wenn man von dem
absieht, den wir im zeitalter der fernsehküchen unter die rubrik "quiche" einzuordnen gelernt haben.

wenn du, geschätzter, wissen möchtest, was unter einem eigenen turm zu verstehen sei, dann versuch herauszubekommen, was es mit schwitters "merzbau" auf sich hatte. dem haben sie ihm übrigens auch angezündet; vor ein paar jahren war in münchner hausderkunst aber eine replika zu bewundern.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
na,

endlich wird es klar - der bluefin lebt schon seit dem turmbau zu babel. woher sollte er sonst wissen, dass der gemüsekuchen ne pizza ist?
und den arbeiter marad kannte er gewiss auch. in meiner bibel ist er nicht verzeichnet . . .
belustigte grüße aus berlin
 
B

bluefin

Gast
o je, liebe @flammarion - wer den dürren hefeteig-boden einer pizza platterdings mit dem aus mürbteig gebackenen, im herkunftsland "quiche" genannten gemüsekuchen verwechselt, hat im kochunterricht der mittelstufe entweder nicht aufgepasst oder geschwänzt. oder er ist ein schlichter gourmand - jedenfalls aber kein feinschmecker.

ob man einen namens marad kennen muss, weiß ich nicht. ich kenn nur herrn marat. der schnörkel, den unser freund @ofterdingen hier macht, darf gern auch josef, adolf oder erich heißen.

der letzte satz im vorigen posting muss natürlich
de[red]n[/red] haben sie ihm übrigens auch angezündet; vor ein paar jahren war in münchner hausderkunst aber eine replika zu bewundern.
lauten. sosorry.

amüsierte grüße aus münnchen

bluefin
 
D

Dominik Klama

Gast
Diejenigen, die sich nicht registriert haben in der Leselupe sehen hier wohl nicht viel stehen. Die Mitglieder jedoch bekommen eine Latte von "spontanen Eindrücken" angezeigt, die, wenn man sie erst mal nacheinander aufgeklickt hat, sich im Wesentlichen darin erschöpfen, dass der Autor Ofterdingen und sein Kritiker Bluefin aus München sich ziemlich gekonnt angiften. Beide Herren scheinen vormals so etwas wie "Fans" von der Schreibe des jeweiligen Anderen gewesen zu sein, doch das Verhältnis scheint mittlerweile einigermaßen erkaltet und wird sich durch den Ton in den hiesigen Äußerungen bestimmt nicht in ein freundschaftliches zurückverwandeln. Worum es ging, kann der Außenstehende nicht nachvollziehen, denn leider hat der Autor seinen Text zurückgenommen.

Von nun an sage ich nur noch Quatsch, der außerdem unwichtig ist und nichts mit dem Obigen zu tun hat. Man kann also aufhören zu lesen.

Nämlich: Meine "spontane Textassoziation" hakte an der Stelle ein, wo Ofterdingen erwähnte, die wie immer auch gearteten kinderschänderischen Wunschträume des Lewis Carroll seien für ihn ganz unerheblich, ihm komme es nur auf die Qualität des literarischen Werkes "Alice im Wunderland" an.

Dieses Werk, also nur "Alice im Wunderland", nicht "Alice hinter den Spiegeln", habe ich vor einiger Zeit mal gelesen, obwohl es mich nicht sonderlich interessiert hat, wie ich vorausschicken möchte. Damit ging es mir nun so: Ich kapier da was einfach nicht. Ich kapier nicht, warum das ein so tolles Werk sein soll. Mir ging das gewaltig auf den Geist, das Ding! Und ganz offensichtlich irre ich mich da und liege ganz falsch mit meiner Einschätzung. Denn "Alice" ist nun mal legendär in der gesamten englischsprachigen Welt, super populär und extrem weit verbreitet und gemeinhein ganz hoch angesehen und geliebt von Jung und Alt. Ein Mann wie John Lennon fand das toll und hat sich davon reichlich inspirieren lassen, um nur mal einen zu nennen, den ich für einigermaßen zurechnungsfähig halte.

Aber nun tut der Autor mit diesem Werk doch von vorn bis hinten so, wie Verliebte eigentlich immer tun, wenn sie gut Wetter machen wollen bei "ihrem Mädchen". Das ist wichtig, dass das ein Mädchen, eine weibliche Person, ist, gar nicht mal so wichtig scheint mir, dass es eine so extrem junge weibliche Person ist. Er macht sich dran, eine gewaltige Arbeit zu leisten, die er "nur für dich" leistet, die er als Liebesgabe seiner Geliebten darbringen kann. Diese Arbeit ist hier ein sprachliches Kunstwerk, aber nicht irgendeins über irgendwas, sondern eines, in dem die Geliebte als Heldin im Mittelpunkt steht. Nun flirtet dieser Autor endlos mit seiner eigenen Figur. Unablässig lässt er ihr Anzeichen dafür zukommen, wie überaus einzigartig sie doch sei. Rund um sie herum erfindet er eine Art kindlicher Abenteuerwelt, von der er augenscheinlich der Meinung ist, die Adressierte werde von dieser Welt in helles Entzücken versetzt. Da gibt es zwar eine Königin, aber die wahre Königin von all dem Nettigkeits- und Verspieltheits- und Merkwürdigkeits-Gebimmel ist letzlich Alice, welche niemand anders ist, als die erste Leserin, die zu beeindrucken das Werk unternommen wurde. Oder dann halt jede weitere Leserin, die auch so einen Ritter des Federkiels um sich (und nur sich, um keine Andere so) werben sehen möchte.

Daraus entnehme ich die alte heterosexuelle Flirter-Weisheit, die mir an irgendeiner Stelle seines gewaltigen Werkes mal der verehrte Eckhard Henscheid mitgeteilt hat: "Es ist am Ende keine Einzige so wenig dumm, dass sie nicht auf die allerdümmsten und unverschämtesten Komplimente und Schmeicheleien hereinfallen täte." Mir scheint, das hat bis heute millionenfach funktioniert: Mit "Alice" flirtet der Schreiber mit seinen Leserinnen. Und es gefällt ihnen, dass sie ihm gefallen, wie ihnen dieses Buch ja beweist.

Wie gesagt: gehörte gar nicht hierher.
 



 
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