Der Besen

anemone

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Es war einmal ein Besen, dem alle Haare zu Berge standen. Er fegte, was er fegen sollte und sei es der größte Schmutz. Sein Benutzer war meistens ein mittelalterlicher Mann, der ihn als Straßenbesen bezeichnete.

So geschah es eines Tages, dass dieser Mann keine Lust mehr hatte, die Straße zu fegen. Er ließ den Straßenbesen in der Ecke stehen. Seine Frau sah ihn griesgrämig an und beschwerte sich darüber bei ihm. Doch der Mann wollte davon nichts hören. „Ich fege nur noch, wenn es mir Spaß macht!“ behauptete er „und heute macht es mir keinen Spaß!“rief er dabei mürrisch aus.

„Er wird seine Tage haben!“ behauptete sein Weib und störte sich weiter nicht an ihn. Doch der Mann, der Anton hieß, hatte für die Zeit etwas besseres vor. Er begab sich ins Wirtshaus und bestellte sich ein Bier.

„Nun bin ich schon so lange auf der Welt, da werde ich doch wohl mal machen können, was ich will!“ gab er dem Wirt zu verstehen. Natürlich verstand das der Wirt und ganz besonders verstand er, dass Anton sein Bier bei ihm trank und nicht nebenan.

Anton wollte an dem Tag überhaupt nicht mehr nach Hause und als er sich am späten Abend dann doch aufmachte und vor seiner Tür ankam, war die Straße immer noch nicht gefegt.
Anton trat gegen eine leere Coladose, lallte ein paar Worte und ließ sich von seiner Frau die Tür öffnen.

Fortsetzung
 

anemone

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Der Besen 2

Müde fiel Anton in sein Bett und seine Frau zog ihm die Schuhe aus. Er schnarchte, dass die Lampe wackelte. Am nächstem Morgen nach dem Weckerklingeln wollte Anton sich gerade in seinen Wagen setzen, um loszufahren und Brötchen holen, als ihm auffiel, dass die Straßenrinne blitzblank sauber gefegt war. Er dachte, er traue seinen Augen nicht und lief in die Garage, um den Besen zu suchen. Dieser stand allerdings artig in der Ecke, dort wo er ihn tags zuvor abgestellt hatte.

Noch während der Fahrt musste Anton immer wieder an dieses Sauberkeitswunder denken.
Bald kam er mit den Brötchen zu Hause an, stand kopfschüttelnd vor der Straßenrinne und frühstückte in aller Ruhe mit seiner Familie. Nein, auch von ihnen hatte keiner die Straßenrinne gefegt. Er machte sich auf den Weg zu seiner Arbeitsstelle und schien doch recht vergnügt zu sein. „Es geschehen noch Zeichen und Wunder!“ brubbelte er in seinen Bart.

Als der Lehrling auf seiner Arbeitsstelle mit dem Besen erschien, um den Platz zu fegen, empfahl er ihm, das doch den Besen allein machen zu lassen. Der Lehrling hielt Anton für verrückt und machte eine entsprechende Handbewegung. Anton hielt den Besen in die Höhe und besah ihn sich ganz genau. „Was ist an diesem Besen anders, als an meinem?“ fragte er. Der Lehrling hielt ihn jetzt für vollends übergeschnappt. Aber da Anton schon älter war, wagte er ihm nichts zu erwidern. Er fegte, was das Zeug hielt.

Anton nahm sich vor, seinen Besen zu Hause noch einmal einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Und so geschah es, der erste Weg nach Feierabend war der Weg in seine Garage.+
 

anemone

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letzte Folge

Zu Hause angekommen begab Anton sich gleich in die Garage. Der Besen stand noch immer an seinem alten Platz. Anton warf ihn mit Schwung auf die Werkbank und besah sich jedes einzelne Härchen. Es war ein Besen wie jeder andere, nichts an ihm schien außergewöhnlich zu sein und somit beförderte er ihn wieder an seinen Platz.

Nachdenklich kam er bei seiner Frau an. Er grübelte lange darüber nach.
„Hast du immer noch deine Tage?“ wollte seine Frau von ihm wissen, die diesen nachdenklichen Mann so nicht kannte, doch er schüttelte nur still den Kopf. Sie machte eine wegwerfende Handbewegung und ging ihm vorsichtshalber lieber aus dem Weg. Doch auf einmal machte er den Mund auf und fragte: „Wer mag denn nur die Straße gefegt haben?“
„Sicher waren es die Heinzelmännchen!“ gab sie ihm spontan zur Antwort und er sah in ihr Gesicht. War das etwa ihr Ernst? Glaubte sie echt daran? Doch dann sah er ihr Grinsen im Gesicht. Es war also ein Scherz von ihr, doch ihm ging diese Möglichkeit jetzt durch den Kopf.

Wenn es der Besen nicht von selbst war, dann musste es jemand anderen geben, der ihn benutzte und ihn fein säuberlich wieder abstellte. Er nahm sich vor, die Straße im Auge zu behalten. Adele, seine Frau hatte inzwischen mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass ihr Mann den ganzen Tag brav zu Hause hockte um aus dem Fenster zu starren. Sie fragte jedoch nicht, wollte ihn nicht an die Kneipe erinnern, besser sie ließ ihn hocken.

Kurz nur hatte er seinen Fensterplatz verlassen, um seinen Feldstecher zu holen, damit er auch eventuelle kleine Wesen erkennen könnte, klingelte es an der Tür. Seine Frau öffnete und herein kam der Nachbar mit einem Blumenstrauß. Er wollte einen Krankenbesuch machen, da er den fleißigen Feger von nebenan vermisst hatte.

Er hätte schon die Straße für ihn mitgefegt, da er so etwas nicht gewohnt sei.
Der Nachbar verstand gar nicht, warum Anton ihn so fröhlich begrüßte und ihm gleich um den Hals fiel. Es war doch wirklich nicht der Rede wert gewesen!
 

Deminien

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Hi anemone,

"Benutzer war meistens ein mittelalterlicher Mann..."

"Er begab sich ins Wirtshaus und bestellte sich ein Bier."

Durch diese Sätze entstand bei mir der Eindruck, daß die Geschichte sich in mittelalterlicher Umgebung abspielt. Daher erscheint dann die "Coladose" etwas ungewöhnlich. Vielleicht solltest Du aus dem mittelalterlichen - einen Mann mittleren Alters machen.


Ansonsten war ich, als jemand der sich vor nicht allzu langer Zeit über einen schneefreien Gehsteig gewundert hat, sehr amüsiert.
 

anemone

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Danke für den Tipp, Deminien

Ich werde den Text im Original ändern. Es sollte tatsächlich in früheren Zeiten spielen, da es ja heute Kehrmaschinen gibt und das Staßefegen sich erübrigt hat, doch Coladosen existieren hier schon lange.
 



 
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