Carl Dominik Spies
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Empfohlener Beitrag
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Da stand er, der unbeirrte Eremit, mit seinem starren Blick, und ließ sich in seine alten, braunen Augen schauen. Die Adern, die sich durch das Weiß seiner Bindehaut zogen, sahen aus wie leuchtende, rote Würmer, die sich, beginnend an den Seiten einer mit geronnener Milch gefüllten Schüssel, zu deren Mitte vorfraßen. So langsam, dass man ihre Bewegungen nicht wahrnehmen konnte, aber stetig und unaufhaltsam. Dazu diese eingefallenen, fast schon schwarzen Augenränder. Ich mag sein Gesicht nicht. Dieser hängende Ausdruck, der die Tristesse stinkend und wabernd als dickflüssigen Schweiß aus seinen Poren herausdrückt und einem dabei doch gar nichts sagt. Früher konnte ich viel in seinem Gesicht sehen. Damals gab es keine Furchen, die sich um die Augen ausbreiteten, wie die Dürre, die den Boden austrocknet und Stück für Stück aufsprengt. Damals waren die Furchen, die sich sorgenvoll über seine Stirn legten, nur angedeutet - aber sie waren nicht in die Haut gemeißelt, unwiderrufbar, wie sie es heute waren. Ich sah vereinzeltes, dünnes, graues Haar, das ihm aus den Ohren wuchs und mit den länger werdenden Zauseln aus der Nase mithalten konnte. Es war, um ehrlich zu sein, fast schon ein leichter Ekel, der mich überkam. Jahre hatte er zu viel Zeit alleine verbracht, zu viel Zeit, um das Mauern zu meistern, das er sich einst aus der Angst, weiter verletzt zu werden, aneignete. Das Schlimmste ist, wenn man weiß, wie es ist, Freunde zu haben; wenn man meinte, zu viele davon zu haben, und sich selbst zu wenig war, bis man selbst der Einzige ist, der einem bleibt.
Leider geht es mir genauso mit ihm. Früher hätte ich alles für ihn gemacht, doch wenn einer anfängt, den anderen zu vernachlässigen, begibt man sich in eine Teufelsspirale, die einem in absolut wahnsinniger Geschwindigkeit aus den Händen gleitet.
Ich würde ihm gerne helfen. Würde probieren, ein Grinsen in seine dämliche traurige Visage zu zaubern; aber Mauern, die so dick und hoch gebaut wurden, müssen erst einmal eingerissen werden. Lange habe ich darüber nachgedacht, ob ich ihm überhaupt helfen kann, ob er es wert ist, aber ich denke, dass das jeder von uns irgendwie ist. Ich sage mir zumindest, dass ich ihm helfen werde und ich denke, dass genau das der erste Schritt ist. Ich sollte jetzt sagen, dass ich es heute noch angehe, aber das wäre gelogen. Wahrscheinlich wird es auch in nächster Zeit nicht passieren. Dafür widert er mich immer noch zu sehr an, nach alldem, was zwischen uns liegt - und manchmal ziehen graue Schleier durch den Kopf, vernebeln den Tag und die Sicht auf das, was hinter dem Nebel auf uns wartet. Dann dauert es, bis ich mich daran erinnern und einen neuen Versuch starten werde. Aber nicht heute – heute kann ich mein dummes Spiegelbild nicht mehr sehen.
Leider geht es mir genauso mit ihm. Früher hätte ich alles für ihn gemacht, doch wenn einer anfängt, den anderen zu vernachlässigen, begibt man sich in eine Teufelsspirale, die einem in absolut wahnsinniger Geschwindigkeit aus den Händen gleitet.
Ich würde ihm gerne helfen. Würde probieren, ein Grinsen in seine dämliche traurige Visage zu zaubern; aber Mauern, die so dick und hoch gebaut wurden, müssen erst einmal eingerissen werden. Lange habe ich darüber nachgedacht, ob ich ihm überhaupt helfen kann, ob er es wert ist, aber ich denke, dass das jeder von uns irgendwie ist. Ich sage mir zumindest, dass ich ihm helfen werde und ich denke, dass genau das der erste Schritt ist. Ich sollte jetzt sagen, dass ich es heute noch angehe, aber das wäre gelogen. Wahrscheinlich wird es auch in nächster Zeit nicht passieren. Dafür widert er mich immer noch zu sehr an, nach alldem, was zwischen uns liegt - und manchmal ziehen graue Schleier durch den Kopf, vernebeln den Tag und die Sicht auf das, was hinter dem Nebel auf uns wartet. Dann dauert es, bis ich mich daran erinnern und einen neuen Versuch starten werde. Aber nicht heute – heute kann ich mein dummes Spiegelbild nicht mehr sehen.