Der Feigling

Als Kevin K. am Freitag den 13. um 23 Uhr sich von seinem Büro auf dem Weg nach Hause machte, wusste er noch nicht, dass er binnen einer Woche, zum meist gehassten Mann der Welt werden würde.
Kevin K., ein guter, aufrichtiger Mann, mit dem Herzen am rechten Fleck, verließ sein Bürogebäude, um sich auf dem Weg zu seinem Auto zu machen. In der Tiefgarage angekommen hörte er die Worte „haltet die Schlampe fest!“ Es kam ihm wie aus der Szene in einem Film vor, als er um die Ecke ging und eine Frau, umzingelt von vier großgewachsenen Männern, sah. Kevin K. ging einen Schritt zurück und versteckte sich hinter der Wand. Was hatte er da bloß gesehen, fragte er sich selbst und wagte einen zweiten Blick. Sein Herz stockte. Die Frau wurde dazu genötigt sich auszuziehen, während sich einer der Männer ebenfalls auszog. Von den anderen drei waren zwei bewaffnet. Kevin K. konnte die Pistole und das Messer in deren Händen erkennen. Tiere, Tiere, Tiere, dachte sich Kevin K. und holte sein Handy aus der Jackentasche, um der Polizei das Verbrechen zu melden. Und als er die Nummer eintippte, sah er, dass er kein Netz hatte, was wohl damit zusammen lag, dass er sich in einer Tiefgarage befand. Was sollte er jetzt tun? Sein erster Gedanke war nach draußen zu laufen, um dort telefonieren zu können, wenn da nur nicht seine Beine wären. Diese schienen sich in Blei verwandelt zu haben, denn trotz aller Mühen, konnte er sie nicht bewegen.

Reiß dich zusammen und sei ein Mann, dachte er und zählte von drei bis eins runter. „Na, geht doch“, sagte er zu sich selbst, als sich sein rechter Fuß vom Boden löste. Was er jedoch zu spät bemerkt hatte, war, dass er all seine Kraft auf seine Beine gerichtet hatte, sodass er förmlich vergaß, etwas für seine Hände aufzubewahren. Sein Handy fiel zu Boden und augenblicklich sagte einer der Männer „habt ihr das auch gehört“?
„Schaut euch um, nur um ganz sicherzugehen“, sagte eine andere Stimme und die beiden bewaffneten Männer setzten sich in Bewegung. Panisch sah sich Kevin K. um und um sein Leben fürchtend, entschied er sich, sich unter einem Auto zu verstecken.

Es war spät nachts und um diese Uhrzeit kamen oder verließen nur selten Menschen die Tiefgarage. Kevin K., immer noch unter dem Auto versteckt, dachte über mögliche Schritte nach, die er unternehmen könnte. Doch er verstand schnell, dass ihm die Hände gebunden waren. Jedes Szenario, dass er sich ausmalte, endete mit seinem Tod und bei dem Gedanken seines Ablebens kam ihm ein Schauer über den Rücken. Nicht seinetwegen, sondern seiner Tochter wegen. So verbrachte er etwa eine halbe Stunde unter dem Auto. Das Verbrechen, das an der jungen Dame verübt wurde, konnte er nicht aufhalten. Als die vier Männer fertig waren, verließen sie die Tiefgarage. Kevin K. hatte ihre Gesichter nicht erkennen können und das Erste, woran er dachte, war nicht die Polizei zu rufen, sondern nach der Frau zu sehen. Er rannte zu ihr hin, sprach ihr zu und versicherte ihr, dass er ihr helfen wolle. Verständlicherweise war sie sehr verängstigt und antwortete auf keine seiner Fragen. Fürsorglich zog er ihr ihre Kleidung an, hievte sie hoch, ging mit ihr zu seinem Auto und fuhr sie ins nächstgelegene Krankenhaus. Dort wurde die Polizei benachrichtigt. Noch am selben Abend machte Kevin K. eine Aussage, dann fuhr er nach Hause.

Am darauffolgenden Samstag, das Wöchentliche gemeinsame Essen stand an, saß Kevin K. im Wohnzimmer und schauten Fernseher. Zu seiner Überraschung wurde in den Landesweiten Nachrichten, über das Verbrechen, dessen Zeuge er war, berichtet. Anfangs wusste er nicht recht, wie er sich dabei fühlen sollte, dass darüber berichtet wurde, doch er verstand schnell, dass es in dem Bericht nicht um das Verbrechen selbst ging, sondern „um die Unfähigkeit des Zeugens, das Verbrechen zu verhindern“. Sein Name wurde in dem Beitrag nicht genannt, aber sein Herz geriet doch heftig ins Stocken. Er schaltete den Fernseher aus, nahm seine Tochter in die Arme und küsste sie herzlich. In dem Moment bestand sein Glück darin am Leben zu sein.

Am Dienstag dann platzte die Bombe. In einer Landesweiten Debatte wurde sein Name genannt. Eine Spitzenpolitikerin hatte ihn als ein Symptom des Frauen vernichtenden Mannes in der Deutschen Gesellschaft bezeichnet. „Das wahre Verbrechen, dass in der Nacht des 13.12 verübt wurde, ist nicht die Vergewaltigung einer Frau, sondern dass dieser Mann“, sein Foto wurde gezeigt, „dass dieser Mann untätig zu gesehen hat. Wenn sie sich fragen, wer zu Rechenschaft gezogen werden muss, dann ist es in erster Linie der Voyeur und erst dann die Verbrecher. Sehen Sie“, fuhr sie fort und strich sich die Haare aus dem Gesicht, „das ist alles was übriggeblieben ist: die einen Männer Vergewaltigen und die anderen schauen bloß zu. Wir Frauen sind es allmählich satt und es wird sich was ändern, das verspreche ich. In 50 Jahren wird die Menschheit auf diesen Tag zurückblicken, denn dieser Freitag ist der Tag, an dem wir Frauen erkennen mussten, dass nur wir selbst etwas ändern können, und wir werden es! Da auf das andere Geschlecht kein Verlass ist. Hiermit sage ich es und diese Worte werden sie noch oft hören: WIR HABEN GENUG!“ Die Ansprach der Politiker fand nicht nur landesweit Gehör und Zustimmung, sondern auch weltweit. Ein kurzes Video ihrer Ansprache, mit dem Titel „WIR HABEN GENUG!“, kursierte im Internet und brach alle Zuschauerrekorde. Und über einer Nacht, von Dienstag auf Mittwoch, wurde Kevin K. zu einem Internet-Meme, das Gesicht, dass den Fortschritt aufhalte; das Gesicht, des bösen weißen Mannes; das Gesicht eines feigen Tyrannen. Und obwohl Kevin K. keines der angesprochenen Punkte verneint hätte, musste er diese Bürde ganz allein tragen, ohne jemals zu Wort gekommen zu sein.

Als Kevin K. dachte, dass es schlimm um ihn stand, er aber womöglich mit der Offenlegung seiner Perspektive zeigen könnte, dass er zwar nicht heroisch gehandelt hatte, aber doch kein Bösewicht war, wie es für andere schien, kam es schlimmer. Am Freitag, genau eine Woche nach dem Verbrechen, trat dieselbe Politikerin ein weiteres Mal im Fernseher auf. Sie erzählte von einem Ereignis in dem Kevin K. verwickelt war. Es war ein Ereignis, auf das er immer stolz gewesen war, auch wenn es in einer Anzeige resultiere. Als er noch jünger war, kam es zu einer Handgreiflichkeit zwischen ihm und einer Dame. Er hatte beobachtet wie diese ihren Hund mehrere Male getreten und bespuckt hatte. Als er sie dann darauf ansprach, bespuckte sie ihm auch und trat dann noch einmal demonstrativ gegen den Kopf ihres Hundes. Die Dame hatte er daraufhin geschubst und unglücklicherweise hatte sie sich verletzt. Er nahm die Anzeige dankend an, er war damals überzeugt das Richtige getan zu haben. Doch jetzt wurde sein Handeln in ein anderes Licht gerückt. „Sie sehen, dass dieses abscheuliche Verlangen danach, Frauen zu unterdrücken in diesem Unmenschen, diesem Unwesen, diesem Kevin K. schon immer verworren war. Wir dürfen so etwas nicht mehr tolerieren. Ich sagte es einmal und gerne noch weitere einhundert Mal: WIR HABEN GENUG!“ Sie sprach weiter, bis Sie irgendwann Mal ihre Kandidatur für die kommende Bundestagswahl bekannt gab. Sie forderte jede Frau und jeden Mann auf, der sich für Fortschrittlich hielt, sie zu wählen. Wer sie nicht wählte, zeigte damit eindeutig, dass er das Verhalten eines Tyrannen unterstütze. Als Kevin K. das hörte, brummte ihm der Kopf. Er selbst wusste nicht mehr, was Richtig und was Falsch war. War er wirklich der Übeltäter gewesen? Er war am sprichwörtlichen Ende seiner Nerven.

Am Freitag wurde er dann von seinen Vorgesetzten mit sofortiger Wirkung entlassen. Sie sagten ihm, dass, auch wenn er stets ein guter Arbeiter gewesen ist, tatsächlich einer der Besten, Sachzwänge sie dazu veranlasste diesen Schritt zu gehen. Dass jede Firma von der öffentlichen Wahrnehmung abhängig sei und ihn zu halten, wirtschaftlicher Selbstmord sei. Niedergeschlagen fuhr Kevin K. nach Hause, wo er sich in einer leeren Wohnung wiederfand. Seine Frau hatte ihn verlassen und deren Tochter mitgenommen. Sie hatte einen Brief geschrieben, der mit den Worten begann: „Lara braucht ein Vorbild, nachdem sie sich orientieren kann, aber du Kevin, du bist feige.“
 
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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Christopher Wallace,

ich sage mal so: Die Geschichte ist nicht schlecht, aber gut ist sie auch nicht.

Die Idee dahinter gefällt mir: Ein völlig unbescholtener Mann gerät in eine für ihn ausweglose Situation und verliert so ziemlich alles, was sein Leben ausmacht.

Was nicht gut ist: die vielen Fehler, die das Lesen (und Verstehen!) schmälern.

Z.B.

nach Hause

oder

haltet die Schlampe fest!“
Großschreibung!

in Brei


Kleinschreibung!

und noch viele mehr.

Das ist mir bei deinen Texten immer aufgefallen: sie strotzen leider vor Rechtschreib- und Kommafehlern.

Bitte setze ein Programm zur Korrektur ein.

Inhaltlich sind auch ein paar Schwächen vorhanden. Aus Kevin K wird vielleicht zu schnell ein "böser, weißer Mann". Das wirkt ein bisschen unglaubwürdig.

Mit Gruß

DS
 
Hallo Christopher Wallace,

stilistisch könnte man zwar feilen, aber ansonsten finde ich die Geschichte klasse. Wäre fast schon etwas für eine Satire: Die Frauenbeauftragte (würde ich vorschlagen statt Spitzenpolitikerin) macht einen Unbeteiligten am Verbrechen für alles verantwortlich:

wahre Verbrechen, dass in der Nacht des 13.12 verübt wurde, ist nicht die Vergewaltigung einer Frau, sondern dass dieser Mann“, sein Foto wurde gezeigt, „dass dieser Mann untätig zu gesehen hat. Wenn sie sich fragen, wer zu Rechenschaft gezogen werden muss, dann ist es in erster Linie der Voyeur und erst dann die Verbrecher
Du hast sagenhaft gute Einfälle für deine Geschichten. Nur handwerklich müsstest du noch eines drauf setzen.

LG SilberneDelfine
 
Hallo SilberneDelfine,

ich danke dir für deine ehrlichen und positiven Worte. Grundsätzlcih sehe ich es genauso, ich habe zwar Ideen, aber solange diese nicht in einem saubern Text umgesetzt werden, bringen mir all diese Ideen auch nichts. Schleißlich bin ich auch aus diesem Grund hier und freue mich über jedes Feedback, das ich bekomme. Mein Ziel ist es erst Mal einen Text so hinzubekommen, dass ein erfahener Leser wenig bis nichts auszusetzten hat. :)

LG Christopher Wallace
 



 
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