Der Fluch / 2 – Kapitel 5/1

jon

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*** Kapitel 5 / 2006 ***

Mike Henson wirbelte als Vampirjäger über den Bildschirm und bediente fast jedes Klischee, das man in so einem Film erwarten konnte. Sam drehte den Ton leiser und schüttelte den Kopf. Der Kerl war zu gut für so was.
[ 3]Sam setzte sich im Schneidersitz auf seine Couch und nahm den Laptop auf den Schoß. Er loggte sich im History-Chat ein und las ein Weilchen mit. Er wollte sich schon wieder abmelden, als der Netname Boudicca auftauchte. Carola - auf sie hatte er gewartet.
[ 3]„Hallo, Caro! Wie geht's?“
[ 3]„Hallo, Sam! Danke für die Tipps über Boudicca. Woher weißt du so viel über sie?“
[ 3]„Ich spiele grade in einem Stück über den Boudicca-Aufstand“, tippte Sam. „Nicht gut, aber dem Publikum gefällt es. Aber ich hab dir bestimmt nichts Neues sagen können, stimmts?“
[ 3]„Über das Stück?“
[ 3]„Über die Königin. Du weißt mehr über Boudicca als jeder hier.“
[ 3]„Mehr als Tacitus und Cassius Dios? * lach * Nein im Ernst: Alles ausgedacht. Aber könnte doch gewesen sein, oder?“
[ 3]„Ich glaube nicht, dass sie die Rädelsfüherer an die Römer verraten hätte.“
[ 3]„Hat sich ja auch nicht, aber sie hat vermutlich drüber nachgedacht. Der Aufstand hat viele Leben gekostet, sie hätte das verhindern können.“
[ 3]„Nein, glaube ich nicht. Sie hat für die Freiheit ihres Volkes gekämpft.“
[ 3]„Wer sagt denn, dass sie Keltin war? Die Quellen wissen nichts über ihre Herkunft. Sie könnte Römerin gewesen sein. Oder was ganz anderes. Und vielleicht wusste sie, dass der Aufstand keine Chance hatte.“
[ 3]Sam grinste. „Vielleicht“, tippte er. „Vielleicht kam sie aus der Zukunft und wollte ein bisschen Geschichte machen.“
[ 3]„Neeee! * energisch den Kopf schüttel * Nicht, wenn sie halbwegs bei Verstand war. Apropos Geschichte: Was ist mit dem Filmangebot, von dem du letztens erzählt hast?“
[ 3]„Das klappt.“
[ 3]„Was war das? Fernsehen?“
[ 3]„Ja.“
[ 3]„Kommt das dann auch in Deutschland?“
[ 3]„Keine Ahnung.“
[ 3]„Dann musst du mir eine DVD schicken.“
[ 3]„Klar“. Die Türglocke forderte Sam Aufmerksamkeit. „Entschuldige, ein Freund kommt gerade.“
[ 3]„Ok. Ich schreib dir eine e-Mail.“
[ 3]„Bis dahin!“ Er loggte sich aus und ging die Tür öffnen. „Hallo Weller!“
[ 3]Douglas Weller, Sams Bühnenkollege im aktuellen Stück, musterte ihn. „Hey“, sagte er statt einer Begrüßung, „du bist ja noch nicht mal umgezogen. Wir müssen uns beeilen.“ Er trat an Sam vorbei ein und machte eine antreibende Handbewegung. „Na los, na los, ein bisschen fix jetzt!“
[ 3]„Wieso, wo wollen wir hin?“
[ 3]Weller nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank. „Premierenparty?“, bot er an.
[ 3]„Ich hasse Comic-Verfilmungen“, erwiderte Sam und schloss die Wohnungstür.
[ 3]„Tust du nicht. Und außerdem …“, das Bier zischte beim Öffnen, Weller hielt es so weit von sich weg, wie er konnte, „… sollst du dir den Streifen nicht ansehen, du sollst nur mit zur Party kommen.“
[ 3]„Das ist pervers“, meinte Sam und ging ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen.
[ 3]„Ich weiß“, rief ihm Weller hinterher, „deshalb müssen wir auch jetzt schon los. Die Show beginnt pünktlich um acht.“ Er ließ sich auf die Couch fallen und klappte den Laptop auf.
[ 3]„Finger weg“, rief Sam durch die offene Tür.
[ 3]„Was denn? Ich mach doch gar nichts!“
[ 3]„Finger weg vom Rechner“, wiederholte Sam.
[ 3]Weller schob den Laptop auf die Mitte des Tisches. „Wieder im Chat mit dieser Deutschen?“, rief er. „Macht ihr es per Internet? Cybersex oder so?“
[ 3]„Du spinnst, Weller.“
[ 3]Weller zuckte die Achseln und murmelte: „Ist nicht so schlecht wie's klingt.“
[ 3]Sam steckte den Kopf durch die Tür. „Was?“
[ 3]„Ich hab bei Fallon unterschrieben.“
[ 3]„Francis Fallon?“ Er verzog sich wieder. „Glückwunsch!“
[ 3]„Du solltest zu ihm wechseln, er hat gute Kontakte zum Film.“
[ 3]„Ich weiß. Ich bin zufrieden, dort wo ich bin.“
[ 3]„Quatsch! Niemand ist zufrieden bei Masterson. Der tut so wenig, dass man allein besser da steht.“
[ 3]„Ich weiß.“ Sam kam ins Wohnzimmer zurück.
[ 3]Weller runzelte die Stirn. „So willst du gehen?“
[ 3]Sam sah an sich herunter. Er trug seine neue Designerjeans, ein stahlblaues Hemd und ein schwarzes Jackett. „Was stimmt damit nicht?“
[ 3]„Das ist eine Premierenfeier.“
[ 3]„Und?“
[ 3]„Du siehst aus wie der Typ aus der Provinz. Wann wirst du es lernen, Eindruck zu schinden?“
[ 3]Sam grinste und klopfte Weller auf die Schulter. „Wenn ich es mal nötig habe, Alter. Also: Gehn wir?“

Es gab Standing Ovations, die Sam nur zum Teil nachvollziehen konnte. Zum Glück saßen sie sehr weit hinten und sehr weit außen, so dass es nicht weiter auffiel, dass Sam den Kinosaal schon verließ, während noch der Abspann lief. Draußen atmete er erst einmal kräftig durch und versuchte, die in ihm gärende Wut unter Kontrolle zu bringen. Der Film mochte gehobene Mittelklasse sein, Mike Henson war brillant gewesen.
[ 3]„Hey Alter“, sprach ihn Weller von hinten an und kam herum. Er sah Sam ins Gesicht. „Alles in Ordnung?“
[ 3]Sam nickte. Er kämpfte noch immer.
[ 3]Weller grinste. „Weißt du, wie du grade aussiehst? Wie Henson, als er diesem Typen … diesem … na wie hieß der noch? … na dem Schurken eben eine rein gehauen hat.“
[ 3]Sam versuchte, nicht zu explodieren.
[ 3]„Cool Mann!“, freute sich Weller. „Du hast das echt drauf! Hey, du willst Henson doch nicht etwa Konkurrenz machen?“
[ 3]Sam starrte Weller an. Der fand offenbar, dass er einen guten Witz gemacht hatte, und grinste. Die Situation war so absurd, dass Sam ebenfalls grinsen musste. Seine Wut verrauchte und er klopfte Weller auf die Schulter. „Klar! Aber verrate es niemandem, ich bin nämlich schon für die Fortsetzung gebucht.“
[ 3]Weller lachte meckernd. Die Premierengäste, die eben aus dem Saal zu strömen begannen, warfen ihm missbilligende Blicke zu. Vielleicht lag es auch daran, weil sie sich um die beiden herumschlängeln mussten.
[ 3]„Ich glaube, wir stehen im Weg“, stellte Sam fest und trat zur Seite. „Komm, lass uns mal schauen, was die Bar zu bieten hat. Du hast mir übrigens noch immer nicht verraten, wer dir die Karten besorgt hat und warum ich unbedingt mitkommen musste.“
[ 3]Weller sah sich aufmerksam die Getränkeliste an.
[ 3]„Muss ich erst ein Bittgesuch an dich schreiben, damit du es mir verrätst?“
[ 3]Weller schaute gequält auf.
[ 3]„Ok, du solltest mich herbringen, ich bin hier. Du kannst es mir also ruhig sagen. Oder denkst du, ich laufe schreiend weg?“
[ 3]Weller lächelte matt. „Schon möglich.“
[ 3]„Wieso, beehrt uns der große Mike doch mit seiner Anwesenheit?“
[ 3]Weller war irritiert. „Der wer?“
[ 3]Sam ging nicht darauf ein. „Na komm schon, mach es nicht so spannend!“
[ 3]„Fallon.“
[ 3]„Fallon …“
[ 3]„Fallon. Er will dich.“
[ 3]„Mich? Wozu? Er hat doch Henson.“
[ 3]Jemand tippte Sam von hinten an. Er fuhr herum. „Was?!“
[ 3]Weller zog ihn zur Seite. „Junge“, raunte er, „ich weiß nicht, was du für ein Problem mit Fallon hast, aber er ist so scharf auf dich, dass du alles von ihm kriegen kannst.“
[ 3]„Scharf?“
[ 3]„Du weißt, was ich meine, Mann. Du bist verrückt, wenn du sein Angebot ablehnst! Das weißt du doch, oder?“
[ 3]„Douglas, du hast keine Ahnung, worum es geht!“
[ 3]„Dann sag's mir, Mann!“
[ 3]Sam setzte zu einer Antwort an, wandte sich dann aber ab und ging. Weller folgte ihm. „Thompson, wenn ich dein Talent hätte, würde ich Fallon um einen Vertrag anbetteln!“
[ 3]Sam warf ihm einen müden Blick zu.
[ 3]„Ok, wenn ich dein Talent hätte, würde er mich anbetteln“, räumte Weller ein. „Aber ich würde ja sagen. Ich meine, ich hab ja auch ja gesagt. Egal. Jedenfalls: Es geht um Kino, Thompson! Hollywood!“
[ 3]Sam blieb stehen und drehte sich zu Weller um. „Es würde nicht funktionieren.“
[ 3]„Warum nicht?“
[ 3]„Weil …“ Er winkte ab. „Lass es einfach, ok?“
[ 3]„Hat es was mit Tricker zu tun?“
[ 3]Sam erstarrte. „Mit wem?“
[ 3]Weller war über die Reaktion offensichtlich überrascht. „Tricker?“, wiederholte er vorsichtig.
[ 3]„Was ist mit ihm?“
[ 3]„Eh…“ Weller hob die Schultern. „Keine Ahnung. Der Name fiel irgendwie.“
[ 3]„Bei Fallon?“
[ 3]Weller nickte.
[ 3]„Was hat er gesagt?“
[ 3]„Wer?“
[ 3]„Fallon! Was hat er über Tricker gesagt?“
[ 3]„Eh … ich weiß nicht mehr. Der Name fiel eben irgendwie.“
[ 3]Sam packte Weller wie aus Spaß am Kragen. „Der Name Tricker fällt nicht irgendwie, also was zum Teufel hat Fallon gesagt?!“
[ 3]„Dass es Trickers Idee ist?“, bot Weller an.
[ 3]Sam ließ ihn los. „Was? Mich unter Vertrag zu nehmen?“
[ 3]Weller nickte. „Hab ich so verstanden.“
[ 3]Sam streckte erneut die Hand aus, Weller wich zurück. Sam atmete tief durch und strich Wellers zerknautschten Kragen glatt. „Weißt du, Douglas, so eben läuft das nicht. Wenn Tricker diese Idee hat, dann spricht er mit mir darüber, nicht mit Fallon.“
[ 3]„Offenbar nicht immer, mein lieber Samuel“, kam ein Stimme von hinten.
[ 3]Sam drehte sich um.
[ 3]„Guten Abend, Mr. Fallon“, sagte Weller.
[ 3]Fallon nickte ihm kurz zu und wandte sich sofort wieder an Sam. „Er vermutete schon, dass Sie mir nicht glauben würden, also gab er mir das hier für Sie.“ Er fingerte einen kleinen Briefumschlag aus seiner Tasche.
[ 3]Sam öffnete den Brief. Er enthielt einen Zettel. Sam entfaltete ihn. „Zwei verschiedene Personen“, las er. „Das ist von John?“, fragte er und sah Fallon an.
[ 3]„Ja natüüürlich! Ich werde Sie doch nicht belügen! Warten Sie, er sagte noch …“, Fallon starrte in die Luft, „… wie war das doch gleich? Ach ja!“ Er tippte Sam auf die Brust. „Ich soll Ihnen noch ausrichten, dass auch das mit dem Erbe jetzt geklärt ist.“
[ 3]Sam verstand nicht. „Mit dem Erbe?“
[ 3]„Erbe? Ach nein, er sagte Vererbung. Oder? Nein, nein, es war noch was anderes. Gene? Kann es das sein? Gene?“
[ 3]„Gene …“, wiederholte Sam.
[ 3]„Nicht? Doch. Doch, er sagte Gene. Das mit den Genen ist geklärt. Sie wüssten dann schon.“
 

jon

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*** Kapitel 5 / 2006 ***

Mike Henson wirbelte als Vampirjäger über den Bildschirm und bediente fast jedes Klischee, das man in so einem Film erwarten konnte. Sam drehte den Ton leiser und schüttelte den Kopf. Der Kerl war zu gut für so was.
[ 3]Sam setzte sich im Schneidersitz auf seine Couch und nahm den Laptop auf den Schoß. Er loggte sich im History-Chat ein und las ein Weilchen mit. Er wollte sich schon wieder abmelden, als der Netname Boudicca auftauchte. Carola - auf sie hatte er gewartet.
[ 3]„Hallo, Caro! Wie geht's?“
[ 3]„Hallo, Sam! Danke für die Tipps über Boudicca. Woher weißt du so viel über sie?“
[ 3]„Ich spiele grade in einem Stück über den Boudicca-Aufstand“, tippte Sam. „Nicht gut, aber dem Publikum gefällt es. Aber ich hab dir bestimmt nichts Neues sagen können, stimmts?“
[ 3]„Über das Stück?“
[ 3]„Über die Königin. Du weißt mehr über Boudicca als jeder hier.“
[ 3]„Mehr als Tacitus und Cassius Dios? * lach * Nein im Ernst: Alles ausgedacht. Aber könnte doch gewesen sein, oder?“
[ 3]„Ich glaube nicht, dass sie die Rädelsfüherer an die Römer verraten hätte.“
[ 3]„Hat sich ja auch nicht, aber sie hat vermutlich drüber nachgedacht. Der Aufstand hat viele Leben gekostet, sie hätte das verhindern können.“
[ 3]„Nein, glaube ich nicht. Sie hat für die Freiheit ihres Volkes gekämpft.“
[ 3]„Wer sagt denn, dass sie Keltin war? Die Quellen wissen nichts über ihre Herkunft. Sie könnte Römerin gewesen sein. Oder was ganz anderes. Und vielleicht wusste sie, dass der Aufstand keine Chance hatte.“
[ 3]Sam grinste. „Vielleicht“, tippte er. „Vielleicht kam sie aus der Zukunft und wollte ein bisschen Geschichte machen.“
[ 3]„Neeee! * energisch den Kopf schüttel * Nicht, wenn sie halbwegs bei Verstand war. Apropos Geschichte: Was ist mit dem Filmangebot, von dem du letztens erzählt hast?“
[ 3]„Das klappt.“
[ 3]„Was war das? Fernsehen?“
[ 3]„Ja.“
[ 3]„Kommt das dann auch in Deutschland?“
[ 3]„Keine Ahnung.“
[ 3]„Dann musst du mir eine DVD schicken.“
[ 3]„Klar“. Die Türglocke forderte Sam Aufmerksamkeit. „Entschuldige, ein Freund kommt gerade.“
[ 3]„Ok. Ich schreib dir eine e-Mail.“
[ 3]„Bis dahin!“ Er loggte sich aus und ging die Tür öffnen. „Hallo Weller!“
[ 3]Douglas Weller, Sams Bühnenkollege im aktuellen Stück, musterte ihn. „Hey“, sagte er statt einer Begrüßung, „du bist ja noch nicht mal umgezogen. Wir müssen uns beeilen.“ Er trat an Sam vorbei ein und machte eine antreibende Handbewegung. „Na los, na los, ein bisschen fix jetzt!“
[ 3]„Wieso, wo wollen wir hin?“
[ 3]Weller nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank. „Premierenparty?“, bot er an.
[ 3]„Ich hasse Comic-Verfilmungen“, erwiderte Sam und schloss die Wohnungstür.
[ 3]„Tust du nicht. Und außerdem …“, das Bier zischte beim Öffnen, Weller hielt es so weit von sich weg, wie er konnte, „… sollst du dir den Streifen nicht ansehen, du sollst nur mit zur Party kommen.“
[ 3]„Das ist pervers“, meinte Sam und ging ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen.
[ 3]„Ich weiß“, rief ihm Weller hinterher, „deshalb müssen wir auch jetzt schon los. Die Show beginnt pünktlich um acht.“ Er ließ sich auf die Couch fallen und klappte den Laptop auf.
[ 3]„Finger weg“, rief Sam durch die offene Tür.
[ 3]„Was denn? Ich mach doch gar nichts!“
[ 3]„Finger weg vom Rechner“, wiederholte Sam.
[ 3]Weller schob den Laptop auf die Mitte des Tisches. „Wieder im Chat mit dieser Deutschen?“, rief er. „Macht ihr es per Internet? Cybersex oder so?“
[ 3]„Du spinnst, Weller.“
[ 3]Weller zuckte die Achseln und murmelte: „Ist nicht so schlecht wie's klingt.“
[ 3]Sam steckte den Kopf durch die Tür. „Was?“
[ 3]„Ich hab bei Fallon unterschrieben.“
[ 3]„Francis Fallon?“ Er verzog sich wieder. „Glückwunsch!“
[ 3]„Du solltest zu ihm wechseln, er hat gute Kontakte zum Film.“
[ 3]„Ich weiß. Ich bin zufrieden, dort wo ich bin.“
[ 3]„Quatsch! Niemand ist zufrieden bei Masterson. Der tut so wenig, dass man allein besser da steht.“
[ 3]„Ich weiß.“ Sam kam ins Wohnzimmer zurück.
[ 3]Weller runzelte die Stirn. „So willst du gehen?“
[ 3]Sam sah an sich herunter. Er trug seine neue Designerjeans, ein stahlblaues Hemd und ein schwarzes Jackett. „Was stimmt damit nicht?“
[ 3]„Das ist eine Premierenfeier.“
[ 3]„Und?“
[ 3]„Du siehst aus wie der Typ aus der Provinz. Wann wirst du es lernen, Eindruck zu schinden?“
[ 3]Sam grinste und klopfte Weller auf die Schulter. „Wenn ich es mal nötig habe, Alter. Also: Gehn wir?“

Es gab Standing Ovations, die Sam nur zum Teil nachvollziehen konnte. Zum Glück saßen sie sehr weit hinten und sehr weit außen, so dass es nicht weiter auffiel, dass Sam den Kinosaal schon verließ, während noch der Abspann lief. Draußen atmete er erst einmal kräftig durch und versuchte, die in ihm gärende Wut unter Kontrolle zu bringen. Der Film mochte gehobene Mittelklasse sein, Mike Henson war brillant gewesen.
[ 3]„Hey Alter“, sprach ihn Weller von hinten an und kam herum. Er sah Sam ins Gesicht. „Alles in Ordnung?“
[ 3]Sam nickte. Er kämpfte noch immer.
[ 3]Weller grinste. „Weißt du, wie du grade aussiehst? Wie Henson, als er diesem Typen … diesem … na wie hieß der noch? … na dem Schurken eben eine rein gehauen hat.“
[ 3]Sam versuchte, nicht zu explodieren.
[ 3]„Cool Mann!“, freute sich Weller. „Du hast das echt drauf! Hey, du willst Henson doch nicht etwa Konkurrenz machen?“
[ 3]Sam starrte Weller an. Der fand offenbar, dass er einen guten Witz gemacht hatte, und grinste. Die Situation war so absurd, dass Sam ebenfalls grinsen musste. Seine Wut verrauchte und er klopfte Weller auf die Schulter. „Klar! Aber verrate es niemandem, ich bin nämlich schon für die Fortsetzung gebucht.“
[ 3]Weller lachte meckernd. Die Premierengäste, die eben aus dem Saal zu strömen begannen, warfen ihm missbilligende Blicke zu. Vielleicht lag es auch daran, weil sie sich um die beiden herumschlängeln mussten.
[ 3]„Ich glaube, wir stehen im Weg“, stellte Sam fest und trat zur Seite. „Komm, lass uns mal schauen, was die Bar zu bieten hat. Du hast mir übrigens noch immer nicht verraten, wer dir die Karten besorgt hat und warum ich unbedingt mitkommen musste.“
[ 3]Weller sah sich aufmerksam die Getränkeliste an.
[ 3]„Muss ich erst ein Bittgesuch an dich schreiben, damit du es mir verrätst?“
[ 3]Weller schaute gequält auf.
[ 3]„Ok, du solltest mich herbringen, ich bin hier. Du kannst es mir also ruhig sagen. Oder denkst du, ich laufe schreiend weg?“
[ 3]Weller lächelte matt. „Schon möglich.“
[ 3]„Wieso, beehrt uns der große Mike doch mit seiner Anwesenheit?“
[ 3]Weller war irritiert. „Der wer?“
[ 3]Sam ging nicht darauf ein. „Na komm schon, mach es nicht so spannend!“
[ 3]„Fallon.“
[ 3]„Fallon …“
[ 3]„Fallon. Er will dich.“
[ 3]„Mich? Wozu? Er hat doch Henson.“
[ 3]Jemand tippte Sam von hinten an. Er fuhr herum. „Was?!“
[ 3]Weller zog ihn zur Seite. „Junge“, raunte er, „ich weiß nicht, was du für ein Problem mit Fallon hast, aber er ist so scharf auf dich, dass du alles von ihm kriegen kannst.“
[ 3]„Scharf?“
[ 3]„Du weißt, was ich meine, Mann. Du bist verrückt, wenn du sein Angebot ablehnst! Das weißt du doch, oder?“
[ 3]„Douglas, du hast keine Ahnung, worum es geht!“
[ 3]„Dann sag's mir, Mann!“
[ 3]Sam setzte zu einer Antwort an, wandte sich dann aber ab und ging. Weller folgte ihm. „Thompson, wenn ich dein Talent hätte, würde ich Fallon um einen Vertrag anbetteln!“
[ 3]Sam warf ihm einen müden Blick zu.
[ 3]„Ok, wenn ich dein Talent hätte, würde er mich anbetteln“, räumte Weller ein. „Aber ich würde ja sagen. Ich meine, ich hab ja auch ja gesagt. Egal. Jedenfalls: Es geht um Kino, Thompson! Hollywood!“
[ 3]Sam blieb stehen und drehte sich zu Weller um. „Es würde nicht funktionieren.“
[ 3]„Warum nicht?“
[ 3]„Weil …“ Er winkte ab. „Lass es einfach, ok?“
[ 3]„Hat es was mit Tricker zu tun?“
[ 3]Sam erstarrte. „Mit wem?“
[ 3]Weller war über die Reaktion offensichtlich überrascht. „Tricker?“, wiederholte er vorsichtig.
[ 3]„Was ist mit ihm?“
[ 3]„Eh…“ Weller hob die Schultern. „Keine Ahnung. Der Name fiel irgendwie.“
[ 3]„Bei Fallon?“
[ 3]Weller nickte.
[ 3]„Was hat er gesagt?“
[ 3]„Wer?“
[ 3]„Fallon! Was hat er über Tricker gesagt?“
[ 3]„Eh … ich weiß nicht mehr. Der Name fiel eben irgendwie.“
[ 3]Sam packte Weller wie aus Spaß am Kragen. „Der Name Tricker fällt nicht irgendwie, also was zum Teufel hat Fallon gesagt?!“
[ 3]„Dass es Trickers Idee ist?“, bot Weller an.
[ 3]Sam ließ ihn los. „Was? Mich unter Vertrag zu nehmen?“
[ 3]Weller nickte. „Hab ich so verstanden.“
[ 3]Sam streckte erneut die Hand aus, Weller wich zurück. Sam atmete tief durch und strich Wellers zerknautschten Kragen glatt. „Weißt du, Douglas, so eben läuft das nicht. Wenn Tricker diese Idee hat, dann spricht er mit mir darüber, nicht mit Fallon.“
[ 3]„Offenbar nicht immer, mein lieber Samuel“, kam ein Stimme von hinten.
[ 3]Sam drehte sich um.
[ 3]„Guten Abend, Mr. Fallon“, sagte Weller.
[ 3]Fallon nickte ihm kurz zu und wandte sich sofort wieder an Sam. „Er vermutete schon, dass Sie mir nicht glauben würden, also gab er mir das hier für Sie.“ Er fingerte einen kleinen Briefumschlag aus seiner Tasche.
[ 3]Sam öffnete den Brief. Er enthielt einen Zettel. Sam entfaltete ihn. „Zwei verschiedene Personen“, las er. „Das ist von John?“, fragte er und sah Fallon an.
[ 3]„Ja natüüürlich! Ich werde Sie doch nicht belügen! Warten Sie, er sagte noch …“, Fallon starrte in die Luft, „… wie war das doch gleich? Ach ja!“ Er tippte Sam auf die Brust. „Ich soll Ihnen noch ausrichten, dass auch das mit dem Erbe jetzt geklärt ist.“
[ 3]Sam verstand nicht. „Mit dem Erbe?“
[ 3]„Erbe? Ach nein, er sagte Vererbung. Oder? Nein, nein, es war noch was anderes. Gene? Kann es das sein? Gene?“
[ 3]„Gene …“, wiederholte Sam.
[ 3]„Nicht? Doch. Doch, er sagte Gene. Das mit den Genen ist geklärt. Sie wüssten dann schon.“

(Weiter bei Kapitel 5 Teil 2)
 



 
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