der Geist

der Geist braucht Futter, Alter
er braucht Probleme
Aufgaben
Dramen

sonst wirst du zu seinem Fressen
er durchbohrt dich
zerfleischt dein Inneres
nimmt jede Sekunde deiner Vergangenheit
zwischen seine stinkenden Zähne
lässt dich glauben
dass dein Leben schäbig ist
dass du nichts erreicht hast

er reißt alte Wunden auf
die du längst vergessen wolltest
und sagt dir:
„sieh her, das bist du“

er reibt dir Gesichter unter die Nase
die längst weitergezogen sind
aber in deinem Kopf wohnen geblieben
er fragt dich jeden Abend:
„wozu bist du eigentlich noch da?“

gib ihm etwas Echtes
gib ihm Feuer
eine Idee
einen Traum
eine Aufgabe
die größer ist als du selbst

und er wird dir dienen, Alter,
wie der beschissene Dschinn aus der Flasche
ein Hund, der auf das Stöckchen wartet
zitternd vor Gier nach Richtung

er wird zum Werkzeug
zur Kraft
der Schlüssel für das himmlische Tor
oder der sichere Weg durch die Hölle

aber führ ihn, Bruder
lass ihn nicht alleine in deinem Schädel hocken
wie ein eingesperrter König ohne Reich​