Der Handel

Soulstorm

Mitglied
„Mr. Finnigan, ich muss Ihnen leider sagen, dass ich keine Verwendung mehr für Sie habe.“
„Sie wollen mich doch nicht ernsthaft…“
„Doch, das will ich. Verlassen Sie bitte heute noch Ihr Büro. Ich werde Ihren Posten an Mr. Morrisson vergeben.“
„Morrisson? Einem ahnungslosen Greenhorn wie ihm wollen Sie meinen Posten geben? Ich bitte Sie. Er gerade gut genug, um den Kaffeeautomaten im Aufenthaltsraum zu bedienen. Seine Werbekonzepte sind so beschissen wie die öffentlichen Toiletten am Bahnhof. Machen Sie keinen Fehler, Mr. King.“
„Sie sind gefeuert, das ist mein letztes Wort und jetzt raus!“
Josh musterte seinen ehemaligen Chef, dessen Blick keinen weiteren Widerspruch duldete.
„Wenn das ihr letztes Wort ist. Der Job hier ist sowieso zum Kotzen. Ich habe es nicht nötig für ein Arschloch, wie Sie es sind, weiterhin den Handlanger zu spielen. Sie können mich kreuzweise.“
Mit diesen Worten erhob Josh sich grinsend und verließ das Büro. Er rieb sich die Hände. King würde es früher oder später bereuen einen solch fähigen Mitarbeiter wie ihn entlassen zu haben. Morrisson war ein Loser. Ihm fehlte nicht nur das nötige Know-How, sondern auch das gewisse Etwas. Er war ein Langweiler, dessen Präsentationen man nicht länger als zehn Minuten folgen konnte, ohne in einen komatösen Tiefschlaf zu fallen.
„Finnigan… ich möchte Ihnen meinen Dank aussprechen. Sie haben einen großartigen Job gemacht. Sie haben wirklich gezeigt was Einsatz bedeutet.“
Josh verdrehte die Augen, als sein Nachfolger Victor Morrisson ihm mit siegessicherem Lächeln in den Weg trat und auf die Schulter klopfte. Der Designer- Anzug ließ ihn wie ein verwöhntes Muttersöhnchen mit Adelstitel wirken. Die zurück gekämmten Haare, die von einer dicken Gelschicht überzogen glänzten und die Nickelbrille auf seiner Nase verliehen ihm das Bild eines strebsamen, wohlerzogenen Schuljungen, nicht aber eines Geschäftsmannes. Dieses Jüngelchen konnte ihm, Josh Finnigan, bei weitem nicht das Wasser reichen. „King Slogans“ brauchte einen Exoten, wie er es war. Einer, der immer einen flotten Spruch auf den Lippen hatte, der sich ab und an mit Hawaii- Hemden und Sandalen ins Büro traute.
Josh entrang sich ein freundliches Lächeln und schob die Hand seines Gegenübers von der Schulter.
„Victor, ich will Ihnen nicht den Mut nehmen, aber Sie werden nicht viel Freude an Ihrer neuen Stellung haben.“
„Soll das eine Drohung sein, Finnigan?“
Josh wandte sich zum Gehen.
„Das ist keine Drohung, sondern eine Tatsache.“ sagte er und ließ Morrisson ohne ein weiteres Wort zurück.
Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und schlenderte den Flur fröhlich pfeifend entlang. Es würde nicht lange dauern, bis er eine neue Anstellung finden würde, dessen war er sich gewiss.
Josh beschleunigte seine Schritte. Am Ende des Ganges auf der rechten Seite lag sein Büro, das er schließlich, einen lauten Seufzer ausstoßend, betrat.
Es war ein kleiner, in sterilem Weiß, gehaltener Raum. Eine schlechte Kopie von Monets Seerosen zierte die Wand zu Joshs Linken. Zu seiner Rechten stand ein lang gezogener, von Papieren überfüllter Eckschreibtisch, hinter dem sich Morrisson bald abmühen würde.
Die Sonne tauchte das Büro in gleißende Helligkeit. Josh trat an das Fenster heran und blickte auf die Skyline von New York. Ein atemberaubender Anblick aus dem sechzigsten Stock.
Sollte King der Fettsack doch mit dem Grünschnabel glücklich werden. Josh feixte. Im Staub bettelnd würde der Alte angekrochen kommen und ihn anflehen wieder einzusteigen. Das war nur eine Frage der Zeit.
Apropos Zeit. Er blickte auf seine Armbanduhr. Mittag. Es klopfte an der Tür. Eine gut aussehende Frau, mit braunen, langen Locken und einem ausgesprochen schönen Körperbau kam herein.
Josh ging zur Tür hinüber und schloss sie ab.
„Hallo Mary.“ Sagte er dann, während die Frau die Knöpfe ihrer Bluse öffnete und ihr blanker Busen zum Vorschein kam.
Josh zog sie zu sich heran und fuhr mit der Hand über ihren durchtrainierten Hintern. Dann hob er sie hoch, um sie auf dem Schreibtisch abzusetzen.
Mary stöhnte auf, als er ihre Brüste berührte.
Josh lachte in sich hinein. Auch wenn dieser Tag der beschissenste seit Langem war. Mary Morrisson verstand es ihn abzulenken.

Sechs Monate später

„Jimmy, noch ein Bier.“
„Hast du nicht schon genug gehabt, Josh?“
„Weißt du wovon ich genug habe? Von diesem scheiß Leben.“
Jimmy schüttelte den Kopf und begann zu zapfen. Währenddessen starrte Josh auf den Fernsehbildschirm. Die Spätnachrichten liefen gerade.
„Die Werbeagentur „King Slogans“ hat ein neues Gesicht an der Spitze. Aufgrund eines Herzinfarktes den Christopher King erlitt wurde Victor Morrisson heute als neuer Geschäftsführer vorgestellt. Ob Christopher King in sein Unternehmen zurückkehrt ist noch unklar.“
Ungläubig schüttelte Josh den Kopf. Dieser verdammte Grünschnabel!
Jimmy stellte das Bierglas vor ihm ab.
„Sag mal, ist das nicht der Typ für den du abserviert wurdest?“
„Ja der Typ, dessen Frau mich unwiderstehlich fand.“
„Auch mit diesen Stoppeln?“
Josh fuhr mit der Hand über seinen Drei- Tage- Bart. Warum sollte er sich rasieren? Es gab keinen Grund dafür gepflegt auszusehen. Sämtliche seiner Affären hatten sich von ihm abgewandt, als er den Job verloren hatte und das große Geld ausblieb. Es hatte Zeiten gegeben in denen jede von ihm vernascht werden wollte, eine Trophäe in seiner Sammlung werden wollte. Diese Tage waren nun gezählt. Ein für alle Mal.
Nebenjobs mit mickrigen Bezahlungen hielten ihn über Wasser. Zurzeit übernahm er die Frühschicht in einem Supermarkt. Es war eine verfluchte Schinderei, aber besser als ein Leben auf der Straße verbringen zu müssen.
Sein Loft über den Dächern der Stadt hatte er vor vier Monaten aufgeben müssen und lebte nun in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung, die sich in einem Häuserblock mit 30 Parteien befand. Knallende Türen, Schreie und Schüsse sorgten dafür, dass man um den Schlaf gebracht wurde.
Josh verfluchte mittlerweile seine Überheblichkeit, die ihm zum Verhängnis geworden war. Wie ein Lauffeuer hatte sich herumgesprochen, dass der große Josh Finnigan nicht länger Teil von „King Slogans“ war. Jede seiner Bewerbungen, bei renommierten Werbeagenturen wurden abgeschmettert.
Von einem Tag auf den nächsten war er zu einem Loser geworden.
Mit einem Zug trank Josh sein Bier leer und legte einen 20 Dollar Schein auf den Tresen.
„Mach’s gut, Jimmy. Bis morgen.“
Der Barkeeper nickte brummend.
Josh trat hinaus. Die kühle Nachtluft schlug ihm entgegen. Das Geräusch von Polizeisirenen wurde über die Häuserschluchten zu ihm herüber getragen. New York war ein gefährliches Pflaster und er musste sich wie so oft eingestehen, dass er seinen Chauffeur vermisste, der ihn sicher durch das Nachtleben der Stadt brachte. In dieser Nacht waren nur noch wenige Menschen auf den Straßen unterwegs. Wankend schlug Josh den Weg Richtung Central Park ein, eine Abkürzung, die ihm zehn Minuten einsparte.
Nachdem er zwei Häuserblocks hinter sich gelassen hatte, stellte sich ihm ein Mann mit Bulldoggengesicht in den Weg. Mit seinen breiten Schultern, den Muskel bepackten Oberarmen und seinem bulligen Körper, der in einem verblichenen Anzug steckte, erweckte er den Eindruck der Türsteher einer Diskothek zu sein. Die Glatze ließ ihn noch gefährlicher wirken, als er es ohnehin zu sein schien.
„Ist was?“ blaffte Josh ihn an. Er fürchtete sich nicht vor diesen Straßenbanditen, die jede Sekunde eine Waffe hervorziehen konnten. Der Tod konnte nicht schlimmer sein, als dieser ereignislose Alltagstrott, den er Tag für Tag erlebte.
„Ich glaub es nicht. Sie sind Josh Finnigan.“ rief die Bulldogge mit Reibeisenstimme aus.
„Danke für die Info.“ entgegnete Josh. Genervt umrundete er seinen unerwünschten Gesprächspartner und stapfte schnell, aber torkelnd, weiter und erreichte außer Atem den Park.
„Warten Sie, Sir.“
„Nein. Suchen Sie sich jemand anderes für einen Plausch. Es wird Zeit, dass ich nach Hause komme. Ich muss morgen früh raus.“
Die Bulldogge holte ihn ein.
„Mr. Finnigan, es ist still um Sie geworden.“
Josh blieb stehen.
„Was wollen Sie von mir?“
„Gehen wir ein Stück zusammen?“
Josh zögerte, nickte dann aber stumm. Gemeinsam spazierten die beiden Männer schweigend durch den Central Park, bis das Bulldoggengesicht sich auf eine Bank setzte.
Josh tat es seinem Begleiter nach.
„Entschuldigen Sie, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe, Mr. Finnigan. Mein Name ist Vincent Farrel. Ich bin Geschäftsmann, genau wie Sie. Nur in einer, sagen wir mal, zwiespältigeren Branche. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie nach Ihrer Entlassung bei „King Slogans“ keinen Fuß mehr fassen konnten. Deshalb habe ich Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen.“
Josh hob überrascht die Augenbrauen.
Woher wusste der Typ nur so viel? Hatte er es etwa mit einem durchgeknallten Stalker zu tun?
„Und was für ein Geschäft soll das sein?“
Für einen kurzen Augenblick glaubte er ein rotes Glühen in Farrels Augen zu sehen. Er schüttelte sich. Die Sinne spielten ihm wohl einen Streich. Scheiß Alkohol!
Vincent Farrel lächelte freundlich.
„Sie können Ruhm und Reichtum erlangen. Es gibt allerdings etwas, was Sie dafür tun müssen.“
Josh lachte bitter auf.
„Ja, ich muss einen lukrativen Job finden. Soll ich Ihnen etwa meine Bewerbungsunterlagen zusenden?“
Ein Kichern entrang sich Farrels Kehle und schwoll zu einem Furcht erregenden Gelächter an. Unruhig rutschte Josh auf der Bank hin und her. Hilfe suchend blickte er sich um. Doch er war allein im Central Park. Allein mit einem armen Irren.
„Gib mir die Frau deines Lebens und du wirst morgen einen Anruf von Victor Morrisson erhalten. Er wird dich anflehen zurückzukommen und dir das doppelte Gehalt anbieten.“
Die Reibeisenstimme von Farrel klang nun verzerrt und dunkel.
Das sollte alles sein? Josh lächelte. Die Frau seines Lebens hergeben? Die würde nie existieren. Frauen waren für ihn eine nette Abwechslung und so würde es immer sein.
Mit dem Teufel persönlich hätte er verhandelt, um wieder sein altes Leben führen zu können.
Nach einer kurzen Bedenkpause streckte er Vincent Farrel seine Hand entgegen.
„Wir sind im Geschäft, Mr. Farrel.“
Farrel schlug ein. Für einen kurzen Moment durchzuckte Josh ein undefinierbarer Schmerz. Es fühlte sich an, als hätte er seine Hand zu lange über eine Flamme gehalten. Als Farrel seine Hand losließ begutachtete Josh die Innenfläche. Sie war vollkommen unversehrt. Sein Gesprächspartner stand auf.
„Vergessen Sie unseren Vertrag niemals.“
Josh begann breit zu grinsen. Es gab keinerlei Zeugen für diese Unterredung. Also konnte er den Abschluss des Geschäftes im Ernstfall, zu dem es ohnehin nie kommen würde, abstreiten.
„Das werde ich nicht. Darauf können Sie sich verlassen.“

Sechs Jahre später

Josh gähnte herzhaft. Dieser elendige Empfang langweilte ihn. Doch um neue Kontakte innerhalb der Werbebranche zu knüpfen war er unumgänglich. Farrel hatte Wort gehalten. Am Tag nach dem Deal mit dem dubiosen Bulldoggengesicht hatte Morrisson ihn darum gebeten den alten Job aufzunehmen.
Seitdem verband die beiden Männer eine gute Freundschaft, was Josh davon abhielt die Affäre mit Mary wieder aufleben zu lassen. Stattdessen versüßte ihm seine äußerst attraktive Privatsekretärin die Mittagspausen.
Josh beobachtete wie Victor sich den Weg, durch die geladenen Gäste bahnte.
„Finnigan, ich muss dir unbedingt jemanden vorstellen. Eine absolute Ikone.“
„Mir ist gerade nicht danach, Victor.“
„Komm schon.“ sagte Morrisson und fügte leise hinzu. „Sie hat obendrein auch noch ein heißes Fahrgestell. Genau das Richtige für dich.“
Victor wandte sich ab und ging den Weg, den er gekommen war zurück, während Josh ihm folgte.
Eine blonde Schönheit rückte in ihr Blickfeld. Sie trug ein dunkelblaues Trägerkleid aus Satin und geizte auch nicht gerade mit ihren Reizen. Jeder Mann hätte davon geträumt ihre große Oberweite eingehend zu inspizieren. Joshs Blick huschte über ihre schlanke Taille und die langen Beine. Dann wanderten seine Augen wieder hinauf zu ihrem Gesicht. Sie hatte grüne katzenhafte Augen. Ihre Lippen waren betörend voll und in zartes Rosé getüncht. Das lange blonde Haar lag in Wellen um ihre Schultern. Sie lächelte. Es war ein Lächeln, das jedem Mann den Verstand geraubt hätte.
„Darf ich vorstellen Josh? Das ist Jenny Cole. Ihre Werbekonzepte sind einfach fantastisch. Das hier ist meine rechte Hand Josh Finnigan.“
„Guten Abend, Mrs. Cole. Es ist mir eine Freude Sie kennen zu lernen.“ Der Duft von Rosenblüten stieg Josh in die Nase. Am liebsten hätte er diese Frau sogleich verführt. Aber er wollte den nötigen Anstand bewahren, um sie nicht in Verlegenheit zu bringen. Als er Jennys Hand berührte traf es ihn wie ein Blitz. Es vergingen einige Sekunden in denen sie sich nur ansahen, ohne ein weiteres Wort zu sprechen.
„Die Freude ist ganz meinerseits.“ Unterbrach Jenny das Schweigen. „Nennen Sie mich doch bitte Jenny.“
„Gern.“
Victor blickte auf seine Uhr.
„Ach herrje, es ist schon so spät? Entschuldigt mich, ich habe morgen in aller Frühe einen wichtigen Termin.“
„Du kannst doch jetzt nicht einfach gehen.“ brachte Josh zwischen den Zähnen hervor, nachdem er Morrisson unsanft ein Stück zur Seite gezerrt hatte.
„Warum nicht?“
„Worüber soll ich denn mit ihr reden?“
Victor klopfte ihm auf die Schulter.
„Du wirst schon alles richtig machen. Genieß den Abend.“ sagte er und zwinkerte.
Josh stellte sich wieder neben Jenny. Er starrte sie für eine Weile an.
„Was ist, Josh?“ fragte sie schließlich.
„Möchten Sie einen Sekt?“
„Sehr gerne.“ antwortete sie.

Sechs Wochen später

Zufrieden lächelnd stieg Josh in die Limousine ein. Die letzte Nacht würde ihm noch lange im Gedächtnis bleiben. Jenny Cole war nämlich nicht nur in der Werbebranche eine Ikone sondern auch im Bereich der Verführungskunst. Sie und Josh waren aus gewesen und mit heißen Küssen hatte sie ihm ihre wahre Absicht unmissverständlich deutlich gemacht. In ihrem Appartement hatten sie anschließend, nach einem guten Essen in einem Nobelrestaurant, noch einige Gläser Rotwein getrunken, um am Ende eine leidenschaftliche Nacht zu verbringen.
Josh musste sich eingestehen, dass er das erste Mal seit vielen Jahren nervös gewesen war. Er blickte aus dem Fenster des Wagens, beobachtete wie die Häuser der Stadt vorübersausten und hing seinen Gedanken nach. Diese Frau! Sie verdrehte ihm so dermaßen den Kopf, wie es noch keine zuvor getan hatte. Es verging keine Sekunde, in der er nicht an sie dachte, in der sie ihm nicht fehlte. Ein Leben ohne sie war für ihn nicht mehr vorstellbar. Nie hätte er es für möglich gehalten, sich eines Tages zu verlieben und von seiner Rolle als Verführer Abschied zu nehmen. Jenny hatte das Unmögliche möglich gemacht. Die Beziehung mit ihr machte ihn so glücklich, dass er das Gefühl hatte sie würde ihm Flügel verleihen.
Es dauerte eine Weile, bis die Häuserblocks sich lichteten und pompösen Villen wichen. Der Chauffeur folgte dem Straßenverlauf, um schließlich vor einem schwarzen Tor Halt zu machen. Er stieg aus und gab einen Zahlencode ein. Das Tor schwang auf. Der Fahrer setzte sich wieder in die Limousine und lenkte den Wagen auf das Anwesen. Der gepflasterte, breite Weg führte bis zur Haustür der riesigen Villa. Doch Josh war danach sich noch ein wenig die Beine in der kleinen Parkanlage zu vertreten.
„Halten Sie hier, Richard, den Rest des Weges möchte ich zu Fuß gehen.“
„Sehr wohl, Mr. Finnigan.“
Richard hielt an, stieg aus und öffnete Josh die Tür.
„Vielen Dank.“ Josh griff in die Hosentasche und nahm eine Geldbörse hervor, aus der er eine hundert Dollar Note zog. Er drückte sie seinem Fahrer in die Hand und zwinkerte.
„Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Sonntag. Richten Sie ihrer Frau schöne Grüße aus.“
Richard nickte und lächelte selig, als er sich wieder in den Wagen setzte und davon fuhr.
Josh trat auf den Kiesweg der durch den Park führte. Seine Gärtner hatten gute Arbeit geleistet. Die bunten Blüten, der liebevoll angelegten Beete ließen einem das Herz aufgehen und verbreiteten ein sommerliches Flair.
Vor einigen Tagen hatte Josh Jenny zu einem kleinen Picknick eingeladen. Ihr fröhliches Lachen und Wortfetzen der guten Gespräche hallten ihm jetzt noch im Ohr wider.
Zufrieden sog er die frische Morgenluft ein.
Es verstrichen zwanzig Minuten, bis er die Haustür erreichte. Er schloss sie auf und schon schlug ihm die Kühle in dem Haus entgegen. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihm breit. Hier stimmte etwas ganz gewaltig nicht. Das spürte er.
Langsam tappte er durch die Eingangshalle, zum Salon hinüber. Als er hinein trat zuckte er unwillkürlich zusammen. Ein altbekanntes Gesicht erwartete ihn. Es war Vincent Farrel, der sein Gegenüber süffisant lächelnd musterte.
„Hat es dich also doch erwischt.“
„Was hat mich erwischt? Wovon reden Sie?“
„Von der blonden Schönheit, die du umgarnst. Hat dich wohl um den Verstand gebracht.“
„Was wollen Sie?“
„Was ich will?“ Farrel brach in das Selbe schallende Gelächter aus wie sechs Jahre zuvor auf der Parkbank. „Die eigentliche Frage sollte wohl eher lauten was du willst. Willst du den Vertrag brechen oder hältst du dich an unsere Vereinbarung?“
Josh grinste. Nun traf also doch der Ernstfall ein.
„Ich weiß nichts von einem Vertrag.“
„Glaubst du tatsächlich mich zum Narren halten zu können?“
Farrel hob seine linke Hand, so dass die Innenfläche zu Josh zeigte. Dieser spürte denselben sengenden Schmerz, den er schon bei ihrem damaligen Treffen gespürt hatte. Ein feuriges Emblem erschien in Farrels Hand und als Josh hinab in seine Hand schaute erkannte er das gleiche Emblem. Erschrocken wich er vor seinem Gegenüber zurück, stolperte durch die Tür des Salons hinaus in die Eingangshalle, die ihm nun dunkel und bedrohlich vorkam.
Farrels Gesicht wurde von einem diabolischen Grinsen verzerrt.
„Nun wirst du einsehen müssen, dass es keinen Ausweg mehr gibt.“ sagte er.
„Ich werde den Vertrag nicht erfüllen. Ich bin das erste Mal seit vielen Jahren wieder glücklich.“
„Es tut mir leid, dass ich dein Glück zerstören muss.“
Josh schluckte und hob beschwichtigend die Hände.
„Okay, okay. Mach was du willst mit mir, aber lass Jenny aus dem Spiel.“
Farrel lachte erneut. Danach schwieg er für einige Minuten. Anscheinend schien er Gefallen an dem Vorschlag seines Vertragspartners zu finden.
„Nun gut. Die Frau soll leben.“
Ein Meer aus Flammen erstrahlte in der Eingangshalle. Es kreiste Josh und Farrel ein. Josh schmerzten die Augen von dem hellen Schein des Feuers und von der Hitze die es ausstrahlte.
„Was geschieht hier?“
Farrell grinste breit.
„Ich rufe meinen Herrn herbei. Wir werden uns beraten, was wir mit dir anstellen.“
Und kaum hatte er den Satz beendet trat ein gehörnter Kerl mit rötlicher Haut aus den Flammen.
„Vincent, weshalb rufst du mich? Ich habe zu tun.“
„Nun, unser Freund hier möchte nicht, dass seiner Liebsten etwas zustößt, dafür dürfen wir mit ihm anstellen was immer wir wollen. Ich möchte Euch die Entscheidung überlassen, Meister.“
„Du tust gut daran.“ entgegnete der Gehörnte zufrieden, „dann lass uns doch mal überlegen.“
Er musterte Josh von oben bis unten. Es verging eine Weile, bis er schließlich nickte und ein Lächeln über seine schwarzen Lippen huschte.
Er wandte sich seinem Handlanger zu und begann mit ihm zu flüstern.
Jetzt oder nie.
Josh nahm die Beine in die Hand.
Vincent machte Anstalten ihm zu folgen, doch sein Meister hielt ihn zurück.
„Lass ihn laufen. Seine gerechte Strafe wird er ohnehin erhalten.“



Josh stellte seinen Wagen auf dem Firmenparkplatz ab. Die Nacht hatte er in dem alten Chevrolet verbracht. Ein unbequemes Vergnügen, wie er feststellen musste. Der Teufelsdiener und dessen Herr hatten ihn glücklicherweise nicht mehr behelligt. Womöglich waren sie so überrascht von seiner plötzlichen Flucht gewesen, dass sie es aufgegeben hatten ihm etwas anzutun. Zumindest hoffte er das. Pfeifend betrat Josh die Eingangshalle von dem Bürogebäude und stieg in den Fahrstuhl, mit dem er in die sechzigste Etage fuhr. Dort angekommen steuerte er sogleich das Büro von Victor an. Er musste ihm unbedingt von seinem ungebetenen Besuch erzählen. Als er eintrat sah sein Geschäftspartner ihn eindringlich an.
„Ich habe schon auf dich gewartet, Finnigan.“ sagte er und verschränkte seine Arme vor der Brust.
„Was ist denn los? Ist etwas passiert?“ fragte Josh überrascht.
Victor sprang auf.
„Was los ist möchtest du wissen? Ich frage mich was das hier zu bedeuten hat.“
Er zeigte Josh ein Foto, auf dem er in eindeutiger Pose mit Mary zu sehen war.
„Wo hast du das her?“
„Das lag heute Morgen auf meinem Schreibtisch. Sag mir eins, wie lange treibst du es schon mit meiner Frau?“
„Ich… ich…“ Josh schluckte, „ich habe schon langer nicht mehr mit ihr…“
„Und das soll ich dir glauben?“
„Ich schwöre es. Zwischen mir und Mary ist nichts mehr. Seit Jahren nicht mehr.“
„Seit Jahren nicht mehr, wie beruhigend.“
„Bitte, sag Jenny nichts davon.“ brachte Josh kleinlaut hervor.
Victor feixte.
„Das werde ich wohl nicht mehr machen müssen. Jemand hat ihr einen hübschen Abzug unter der Tür her geschoben.“
„Was? Das kann doch nicht wahr sein.“
„Darüber hättest du früher nachdenken sollen, alter Freund. Ich müsste dich eigentlich feuern, wenn ich schlau wäre, aber das werde ich nicht tun. Dafür wirst du allerdings nicht länger in der Führungsspitze dieses Unternehmens tätig sein. Ich habe dich versetzt. Du wirst dich in Zukunft mit unseren kleineren Kunden herumschlagen müssen.“
„Ist das dein letztes Wort?“ fragte Josh.
„Das ist es und jetzt geh mir aus den Augen.“ zischte Victor.
Geknickt verließ Josh das Büro von Morrisson. Er trottete den Gang entlang. Als er sein Büro betrat erwartete Jenny ihn bereits.
„Schatz, ich kann dir das erklären.“
„Du brauchst mir nichts mehr zu erklären. Wie konntest du das nur tun?“
„Es ist doch schon so lange her.“
„Spar dir deine fadenscheinigen Ausreden.“ schrie Jenny außer sich und ehe Josh sich versah verpasste sie ihm eine saftige Backpfeife.
„Lass dir eines gesagt sein. Ich will dich nie wieder sehen, du Schwein.“
Dann stürmte sie aus dem Raum und schmiss die Tür hinter sich zu.
Josh fuhr sich durch sein schwarzes, schulterlanges Haar. Er begann zu applaudieren.
„Gute Arbeit, Teufelsbrut. Ihr habt es geschafft.“ sagte er.
Dann setzte er sich auf seinen Chefsessel und legte seinen Kopf auf die Tischplatte.
In diesem Moment schwor er sich nie wieder ein Geschäft mit einem dubiosen Typen abzuschließen, selbst wenn ihm das Wasser bis zum Hals stand.
 

Soulstorm

Mitglied
„Mr. Finnigan, ich muss Ihnen leider sagen, dass ich keine Verwendung mehr für Sie habe.“
„Sie wollen mich doch nicht ernsthaft…“
„Doch, das will ich. Verlassen Sie bitte heute noch Ihr Büro. Ich werde Ihren Posten an Mr. Morrisson vergeben.“
„Morrisson? Einem ahnungslosen Greenhorn wie ihm wollen Sie meinen Posten geben? Ich bitte Sie. Er ist gerade gut genug, um den Kaffeeautomaten im Aufenthaltsraum zu bedienen. Seine Werbekonzepte sind so beschissen wie die öffentlichen Toiletten am Bahnhof. Machen Sie keinen Fehler, Mr. King.“
„Sie sind gefeuert, das ist mein letztes Wort und jetzt raus!“
Josh musterte seinen ehemaligen Chef, dessen Blick keinen weiteren Widerspruch duldete.
„Wenn das ihr letztes Wort ist. Der Job hier ist sowieso zum Kotzen. Ich habe es nicht nötig für ein Arschloch, wie Sie es sind, weiterhin den Handlanger zu spielen. Sie können mich kreuzweise.“
Mit diesen Worten erhob Josh sich grinsend und verließ das Büro. Er rieb sich die Hände. King würde es früher oder später bereuen einen solch fähigen Mitarbeiter wie ihn entlassen zu haben. Morrisson war ein Loser. Ihm fehlte nicht nur das nötige Know-How, sondern auch das gewisse Etwas. Er war ein Langweiler, dessen Präsentationen man nicht länger als zehn Minuten folgen konnte, ohne in einen komatösen Tiefschlaf zu fallen.
„Finnigan… ich möchte Ihnen meinen Dank aussprechen. Sie haben einen großartigen Job gemacht. Sie haben wirklich gezeigt was Einsatz bedeutet.“
Josh verdrehte die Augen, als sein Nachfolger Victor Morrisson ihm mit siegessicherem Lächeln in den Weg trat und auf die Schulter klopfte. Der Designer- Anzug ließ ihn wie ein verwöhntes Muttersöhnchen mit Adelstitel wirken. Die zurück gekämmten Haare, die von einer dicken Gelschicht überzogen glänzten und die Nickelbrille auf seiner Nase verliehen ihm das Bild eines strebsamen, wohlerzogenen Schuljungen, nicht aber eines Geschäftsmannes. Dieses Jüngelchen konnte ihm, Josh Finnigan, bei weitem nicht das Wasser reichen. „King Slogans“ brauchte einen Exoten, wie er es war. Einer, der immer einen flotten Spruch auf den Lippen hatte, der sich ab und an mit Hawaii- Hemden und Sandalen ins Büro traute.
Josh entrang sich ein freundliches Lächeln und schob die Hand seines Gegenübers von der Schulter.
„Victor, ich will Ihnen nicht den Mut nehmen, aber Sie werden nicht viel Freude an Ihrer neuen Stellung haben.“
„Soll das eine Drohung sein, Finnigan?“
Josh wandte sich zum Gehen.
„Das ist keine Drohung, sondern eine Tatsache.“ sagte er und ließ Morrisson ohne ein weiteres Wort zurück.
Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und schlenderte den Flur fröhlich pfeifend entlang. Es würde nicht lange dauern, bis er eine neue Anstellung finden würde, dessen war er sich gewiss.
Josh beschleunigte seine Schritte. Am Ende des Ganges auf der rechten Seite lag sein Büro, das er schließlich, einen lauten Seufzer ausstoßend, betrat.
Es war ein kleiner, in sterilem Weiß, gehaltener Raum. Eine schlechte Kopie von Monets Seerosen zierte die Wand zu Joshs Linken. Zu seiner Rechten stand ein lang gezogener, von Papieren überfüllter Eckschreibtisch, hinter dem sich Morrisson bald abmühen würde.
Die Sonne tauchte das Büro in gleißende Helligkeit. Josh trat an das Fenster heran und blickte auf die Skyline von New York. Ein atemberaubender Anblick aus dem sechzigsten Stock.
Sollte King der Fettsack doch mit dem Grünschnabel glücklich werden. Josh feixte. Im Staub bettelnd würde der Alte angekrochen kommen und ihn anflehen wieder einzusteigen. Das war nur eine Frage der Zeit.
Apropos Zeit. Er blickte auf seine Armbanduhr. Mittag. Es klopfte an der Tür. Eine gut aussehende Frau, mit braunen, langen Locken und einem ausgesprochen schönen Körperbau kam herein.
Josh ging zur Tür hinüber und schloss sie ab.
„Hallo Mary.“ Sagte er dann, während die Frau die Knöpfe ihrer Bluse öffnete und ihr blanker Busen zum Vorschein kam.
Josh zog sie zu sich heran und fuhr mit der Hand über ihren durchtrainierten Hintern. Dann hob er sie hoch, um sie auf dem Schreibtisch abzusetzen.
Mary stöhnte auf, als er ihre Brüste berührte.
Josh lachte in sich hinein. Auch wenn dieser Tag der beschissenste seit Langem war. Mary Morrisson verstand es ihn abzulenken.

Sechs Monate später

„Jimmy, noch ein Bier.“
„Hast du nicht schon genug gehabt, Josh?“
„Weißt du wovon ich genug habe? Von diesem scheiß Leben.“
Jimmy schüttelte den Kopf und begann zu zapfen. Währenddessen starrte Josh auf den Fernsehbildschirm. Die Spätnachrichten liefen gerade.
„Die Werbeagentur „King Slogans“ hat ein neues Gesicht an der Spitze. Aufgrund eines Herzinfarktes den Christopher King erlitt wurde Victor Morrisson heute als neuer Geschäftsführer vorgestellt. Ob Christopher King in sein Unternehmen zurückkehrt ist noch unklar.“
Ungläubig schüttelte Josh den Kopf. Dieser verdammte Grünschnabel!
Jimmy stellte das Bierglas vor ihm ab.
„Sag mal, ist das nicht der Typ für den du abserviert wurdest?“
„Ja der Typ, dessen Frau mich unwiderstehlich fand.“
„Auch mit diesen Stoppeln?“
Josh fuhr mit der Hand über seinen Drei- Tage- Bart. Warum sollte er sich rasieren? Es gab keinen Grund dafür gepflegt auszusehen. Sämtliche seiner Affären hatten sich von ihm abgewandt, als er den Job verloren hatte und das große Geld ausblieb. Es hatte Zeiten gegeben in denen jede von ihm vernascht werden wollte, eine Trophäe in seiner Sammlung werden wollte. Diese Tage waren nun gezählt. Ein für alle Mal.
Nebenjobs mit mickrigen Bezahlungen hielten ihn über Wasser. Zurzeit übernahm er die Frühschicht in einem Supermarkt. Es war eine verfluchte Schinderei, aber besser als ein Leben auf der Straße verbringen zu müssen.
Sein Loft über den Dächern der Stadt hatte er vor vier Monaten aufgeben müssen und lebte nun in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung, die sich in einem Häuserblock mit 30 Parteien befand. Knallende Türen, Schreie und Schüsse sorgten dafür, dass man um den Schlaf gebracht wurde.
Josh verfluchte mittlerweile seine Überheblichkeit, die ihm zum Verhängnis geworden war. Wie ein Lauffeuer hatte sich herumgesprochen, dass der große Josh Finnigan nicht länger Teil von „King Slogans“ war. Jede seiner Bewerbungen, bei renommierten Werbeagenturen wurden abgeschmettert.
Von einem Tag auf den nächsten war er zu einem Loser geworden.
Mit einem Zug trank Josh sein Bier leer und legte einen 20 Dollar Schein auf den Tresen.
„Mach’s gut, Jimmy. Bis morgen.“
Der Barkeeper nickte brummend.
Josh trat hinaus. Die kühle Nachtluft schlug ihm entgegen. Das Geräusch von Polizeisirenen wurde über die Häuserschluchten zu ihm herüber getragen. New York war ein gefährliches Pflaster und er musste sich wie so oft eingestehen, dass er seinen Chauffeur vermisste, der ihn sicher durch das Nachtleben der Stadt brachte. In dieser Nacht waren nur noch wenige Menschen auf den Straßen unterwegs. Wankend schlug Josh den Weg Richtung Central Park ein, eine Abkürzung, die ihm zehn Minuten einsparte.
Nachdem er zwei Häuserblocks hinter sich gelassen hatte, stellte sich ihm ein Mann mit Bulldoggengesicht in den Weg. Mit seinen breiten Schultern, den Muskel bepackten Oberarmen und seinem bulligen Körper, der in einem verblichenen Anzug steckte, erweckte er den Eindruck der Türsteher einer Diskothek zu sein. Die Glatze ließ ihn noch gefährlicher wirken, als er es ohnehin zu sein schien.
„Ist was?“ blaffte Josh ihn an. Er fürchtete sich nicht vor diesen Straßenbanditen, die jede Sekunde eine Waffe hervorziehen konnten. Der Tod konnte nicht schlimmer sein, als dieser ereignislose Alltagstrott, den er Tag für Tag erlebte.
„Ich glaub es nicht. Sie sind Josh Finnigan.“ rief die Bulldogge mit Reibeisenstimme aus.
„Danke für die Info.“ entgegnete Josh. Genervt umrundete er seinen unerwünschten Gesprächspartner und stapfte schnell, aber torkelnd, weiter und erreichte außer Atem den Park.
„Warten Sie, Sir.“
„Nein. Suchen Sie sich jemand anderes für einen Plausch. Es wird Zeit, dass ich nach Hause komme. Ich muss morgen früh raus.“
Die Bulldogge holte ihn ein.
„Mr. Finnigan, es ist still um Sie geworden.“
Josh blieb stehen.
„Was wollen Sie von mir?“
„Gehen wir ein Stück zusammen?“
Josh zögerte, nickte dann aber stumm. Gemeinsam spazierten die beiden Männer schweigend durch den Central Park, bis das Bulldoggengesicht sich auf eine Bank setzte.
Josh tat es seinem Begleiter nach.
„Entschuldigen Sie, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe, Mr. Finnigan. Mein Name ist Vincent Farrel. Ich bin Geschäftsmann, genau wie Sie. Nur in einer, sagen wir mal, zwiespältigeren Branche. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie nach Ihrer Entlassung bei „King Slogans“ keinen Fuß mehr fassen konnten. Deshalb habe ich Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen.“
Josh hob überrascht die Augenbrauen.
Woher wusste der Typ nur so viel? Hatte er es etwa mit einem durchgeknallten Stalker zu tun?
„Und was für ein Geschäft soll das sein?“
Für einen kurzen Augenblick glaubte er ein rotes Glühen in Farrels Augen zu sehen. Er schüttelte sich. Die Sinne spielten ihm wohl einen Streich. Scheiß Alkohol!
Vincent Farrel lächelte freundlich.
„Sie können Ruhm und Reichtum erlangen. Es gibt allerdings etwas, was Sie dafür tun müssen.“
Josh lachte bitter auf.
„Ja, ich muss einen lukrativen Job finden. Soll ich Ihnen etwa meine Bewerbungsunterlagen zusenden?“
Ein Kichern entrang sich Farrels Kehle und schwoll zu einem Furcht erregenden Gelächter an. Unruhig rutschte Josh auf der Bank hin und her. Hilfe suchend blickte er sich um. Doch er war allein im Central Park. Allein mit einem armen Irren.
„Gib mir die Frau deines Lebens und du wirst morgen einen Anruf von Victor Morrisson erhalten. Er wird dich anflehen zurückzukommen und dir das doppelte Gehalt anbieten.“
Die Reibeisenstimme von Farrel klang nun verzerrt und dunkel.
Das sollte alles sein? Josh lächelte. Die Frau seines Lebens hergeben? Die würde nie existieren. Frauen waren für ihn eine nette Abwechslung und so würde es immer sein.
Mit dem Teufel persönlich hätte er verhandelt, um wieder sein altes Leben führen zu können.
Nach einer kurzen Bedenkpause streckte er Vincent Farrel seine Hand entgegen.
„Wir sind im Geschäft, Mr. Farrel.“
Farrel schlug ein. Für einen kurzen Moment durchzuckte Josh ein undefinierbarer Schmerz. Es fühlte sich an, als hätte er seine Hand zu lange über eine Flamme gehalten. Als Farrel seine Hand losließ begutachtete Josh die Innenfläche. Sie war vollkommen unversehrt. Sein Gesprächspartner stand auf.
„Vergessen Sie unseren Vertrag niemals.“
Josh begann breit zu grinsen. Es gab keinerlei Zeugen für diese Unterredung. Also konnte er den Abschluss des Geschäftes im Ernstfall, zu dem es ohnehin nie kommen würde, abstreiten.
„Das werde ich nicht. Darauf können Sie sich verlassen.“

Sechs Jahre später

Josh gähnte herzhaft. Dieser elendige Empfang langweilte ihn. Doch um neue Kontakte innerhalb der Werbebranche zu knüpfen war er unumgänglich. Farrel hatte Wort gehalten. Am Tag nach dem Deal mit dem dubiosen Bulldoggengesicht hatte Morrisson ihn darum gebeten den alten Job aufzunehmen.
Seitdem verband die beiden Männer eine gute Freundschaft, was Josh davon abhielt die Affäre mit Mary wieder aufleben zu lassen. Stattdessen versüßte ihm seine äußerst attraktive Privatsekretärin die Mittagspausen.
Josh beobachtete wie Victor sich den Weg, durch die geladenen Gäste bahnte.
„Finnigan, ich muss dir unbedingt jemanden vorstellen. Eine absolute Ikone.“
„Mir ist gerade nicht danach, Victor.“
„Komm schon.“ sagte Morrisson und fügte leise hinzu. „Sie hat obendrein auch noch ein heißes Fahrgestell. Genau das Richtige für dich.“
Victor wandte sich ab und ging den Weg, den er gekommen war zurück, während Josh ihm folgte.
Eine blonde Schönheit rückte in ihr Blickfeld. Sie trug ein dunkelblaues Trägerkleid aus Satin und geizte auch nicht gerade mit ihren Reizen. Jeder Mann hätte davon geträumt ihre große Oberweite eingehend zu inspizieren. Joshs Blick huschte über ihre schlanke Taille und die langen Beine. Dann wanderten seine Augen wieder hinauf zu ihrem Gesicht. Sie hatte grüne katzenhafte Augen. Ihre Lippen waren betörend voll und in zartes Rosé getüncht. Das lange blonde Haar lag in Wellen um ihre Schultern. Sie lächelte. Es war ein Lächeln, das jedem Mann den Verstand geraubt hätte.
„Darf ich vorstellen Josh? Das ist Jenny Cole. Ihre Werbekonzepte sind einfach fantastisch. Das hier ist meine rechte Hand Josh Finnigan.“
„Guten Abend, Mrs. Cole. Es ist mir eine Freude Sie kennen zu lernen.“ Der Duft von Rosenblüten stieg Josh in die Nase. Am liebsten hätte er diese Frau sogleich verführt. Aber er wollte den nötigen Anstand bewahren, um sie nicht in Verlegenheit zu bringen. Als er Jennys Hand berührte traf es ihn wie ein Blitz. Es vergingen einige Sekunden in denen sie sich nur ansahen, ohne ein weiteres Wort zu sprechen.
„Die Freude ist ganz meinerseits.“ Unterbrach Jenny das Schweigen. „Nennen Sie mich doch bitte Jenny.“
„Gern.“
Victor blickte auf seine Uhr.
„Ach herrje, es ist schon so spät? Entschuldigt mich, ich habe morgen in aller Frühe einen wichtigen Termin.“
„Du kannst doch jetzt nicht einfach gehen.“ brachte Josh zwischen den Zähnen hervor, nachdem er Morrisson unsanft ein Stück zur Seite gezerrt hatte.
„Warum nicht?“
„Worüber soll ich denn mit ihr reden?“
Victor klopfte ihm auf die Schulter.
„Du wirst schon alles richtig machen. Genieß den Abend.“ sagte er und zwinkerte.
Josh stellte sich wieder neben Jenny. Er starrte sie für eine Weile an.
„Was ist, Josh?“ fragte sie schließlich.
„Möchten Sie einen Sekt?“
„Sehr gerne.“ antwortete sie.

Sechs Wochen später

Zufrieden lächelnd stieg Josh in die Limousine ein. Die letzte Nacht würde ihm noch lange im Gedächtnis bleiben. Jenny Cole war nämlich nicht nur in der Werbebranche eine Ikone sondern auch im Bereich der Verführungskunst. Sie und Josh waren aus gewesen und mit heißen Küssen hatte sie ihm ihre wahre Absicht unmissverständlich deutlich gemacht. In ihrem Appartement hatten sie anschließend, nach einem guten Essen in einem Nobelrestaurant, noch einige Gläser Rotwein getrunken, um am Ende eine leidenschaftliche Nacht zu verbringen.
Josh musste sich eingestehen, dass er das erste Mal seit vielen Jahren nervös gewesen war. Er blickte aus dem Fenster des Wagens, beobachtete wie die Häuser der Stadt vorübersausten und hing seinen Gedanken nach. Diese Frau! Sie verdrehte ihm so dermaßen den Kopf, wie es noch keine zuvor getan hatte. Es verging keine Sekunde, in der er nicht an sie dachte, in der sie ihm nicht fehlte. Ein Leben ohne sie war für ihn nicht mehr vorstellbar. Nie hätte er es für möglich gehalten, sich eines Tages zu verlieben und von seiner Rolle als Verführer Abschied zu nehmen. Jenny hatte das Unmögliche möglich gemacht. Die Beziehung mit ihr machte ihn so glücklich, dass er das Gefühl hatte sie würde ihm Flügel verleihen.
Es dauerte eine Weile, bis die Häuserblocks sich lichteten und pompösen Villen wichen. Der Chauffeur folgte dem Straßenverlauf, um schließlich vor einem schwarzen Tor Halt zu machen. Er stieg aus und gab einen Zahlencode ein. Das Tor schwang auf. Der Fahrer setzte sich wieder in die Limousine und lenkte den Wagen auf das Anwesen. Der gepflasterte, breite Weg führte bis zur Haustür der riesigen Villa. Doch Josh war danach sich noch ein wenig die Beine in der kleinen Parkanlage zu vertreten.
„Halten Sie hier, Richard, den Rest des Weges möchte ich zu Fuß gehen.“
„Sehr wohl, Mr. Finnigan.“
Richard hielt an, stieg aus und öffnete Josh die Tür.
„Vielen Dank.“ Josh griff in die Hosentasche und nahm eine Geldbörse hervor, aus der er eine hundert Dollar Note zog. Er drückte sie seinem Fahrer in die Hand und zwinkerte.
„Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Sonntag. Richten Sie ihrer Frau schöne Grüße aus.“
Richard nickte und lächelte selig, als er sich wieder in den Wagen setzte und davon fuhr.
Josh trat auf den Kiesweg der durch den Park führte. Seine Gärtner hatten gute Arbeit geleistet. Die bunten Blüten, der liebevoll angelegten Beete ließen einem das Herz aufgehen und verbreiteten ein sommerliches Flair.
Vor einigen Tagen hatte Josh Jenny zu einem kleinen Picknick eingeladen. Ihr fröhliches Lachen und Wortfetzen der guten Gespräche hallten ihm jetzt noch im Ohr wider.
Zufrieden sog er die frische Morgenluft ein.
Es verstrichen zwanzig Minuten, bis er die Haustür erreichte. Er schloss sie auf und schon schlug ihm die Kühle in dem Haus entgegen. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihm breit. Hier stimmte etwas ganz gewaltig nicht. Das spürte er.
Langsam tappte er durch die Eingangshalle, zum Salon hinüber. Als er hinein trat zuckte er unwillkürlich zusammen. Ein altbekanntes Gesicht erwartete ihn. Es war Vincent Farrel, der sein Gegenüber süffisant lächelnd musterte.
„Hat es dich also doch erwischt.“
„Was hat mich erwischt? Wovon reden Sie?“
„Von der blonden Schönheit, die du umgarnst. Hat dich wohl um den Verstand gebracht.“
„Was wollen Sie?“
„Was ich will?“ Farrel brach in das Selbe schallende Gelächter aus wie sechs Jahre zuvor auf der Parkbank. „Die eigentliche Frage sollte wohl eher lauten was du willst. Willst du den Vertrag brechen oder hältst du dich an unsere Vereinbarung?“
Josh grinste. Nun traf also doch der Ernstfall ein.
„Ich weiß nichts von einem Vertrag.“
„Glaubst du tatsächlich mich zum Narren halten zu können?“
Farrel hob seine linke Hand, so dass die Innenfläche zu Josh zeigte. Dieser spürte denselben sengenden Schmerz, den er schon bei ihrem damaligen Treffen gespürt hatte. Ein feuriges Emblem erschien in Farrels Hand und als Josh hinab in seine Hand schaute erkannte er das gleiche Emblem. Erschrocken wich er vor seinem Gegenüber zurück, stolperte durch die Tür des Salons hinaus in die Eingangshalle, die ihm nun dunkel und bedrohlich vorkam.
Farrels Gesicht wurde von einem diabolischen Grinsen verzerrt.
„Nun wirst du einsehen müssen, dass es keinen Ausweg mehr gibt.“ sagte er.
„Ich werde den Vertrag nicht erfüllen. Ich bin das erste Mal seit vielen Jahren wieder glücklich.“
„Es tut mir leid, dass ich dein Glück zerstören muss.“
Josh schluckte und hob beschwichtigend die Hände.
„Okay, okay. Mach was du willst mit mir, aber lass Jenny aus dem Spiel.“
Farrel lachte erneut. Danach schwieg er für einige Minuten. Anscheinend schien er Gefallen an dem Vorschlag seines Vertragspartners zu finden.
„Nun gut. Die Frau soll leben.“
Ein Meer aus Flammen erstrahlte in der Eingangshalle. Es kreiste Josh und Farrel ein. Josh schmerzten die Augen von dem hellen Schein des Feuers und von der Hitze die es ausstrahlte.
„Was geschieht hier?“
Farrell grinste breit.
„Ich rufe meinen Herrn herbei. Wir werden uns beraten, was wir mit dir anstellen.“
Und kaum hatte er den Satz beendet trat ein gehörnter Kerl mit rötlicher Haut aus den Flammen.
„Vincent, weshalb rufst du mich? Ich habe zu tun.“
„Nun, unser Freund hier möchte nicht, dass seiner Liebsten etwas zustößt, dafür dürfen wir mit ihm anstellen was immer wir wollen. Ich möchte Euch die Entscheidung überlassen, Meister.“
„Du tust gut daran.“ entgegnete der Gehörnte zufrieden, „dann lass uns doch mal überlegen.“
Er musterte Josh von oben bis unten. Es verging eine Weile, bis er schließlich nickte und ein Lächeln über seine schwarzen Lippen huschte.
Er wandte sich seinem Handlanger zu und begann mit ihm zu flüstern.
Jetzt oder nie.
Josh nahm die Beine in die Hand.
Vincent machte Anstalten ihm zu folgen, doch sein Meister hielt ihn zurück.
„Lass ihn laufen. Seine gerechte Strafe wird er ohnehin erhalten.“



Josh stellte seinen Wagen auf dem Firmenparkplatz ab. Die Nacht hatte er in dem alten Chevrolet verbracht. Ein unbequemes Vergnügen, wie er feststellen musste. Der Teufelsdiener und dessen Herr hatten ihn glücklicherweise nicht mehr behelligt. Womöglich waren sie so überrascht von seiner plötzlichen Flucht gewesen, dass sie es aufgegeben hatten ihm etwas anzutun. Zumindest hoffte er das. Pfeifend betrat Josh die Eingangshalle von dem Bürogebäude und stieg in den Fahrstuhl, mit dem er in die sechzigste Etage fuhr. Dort angekommen steuerte er sogleich das Büro von Victor an. Er musste ihm unbedingt von seinem ungebetenen Besuch erzählen. Als er eintrat sah sein Geschäftspartner ihn eindringlich an.
„Ich habe schon auf dich gewartet, Finnigan.“ sagte er und verschränkte seine Arme vor der Brust.
„Was ist denn los? Ist etwas passiert?“ fragte Josh überrascht.
Victor sprang auf.
„Was los ist möchtest du wissen? Ich frage mich was das hier zu bedeuten hat.“
Er zeigte Josh ein Foto, auf dem er in eindeutiger Pose mit Mary zu sehen war.
„Wo hast du das her?“
„Das lag heute Morgen auf meinem Schreibtisch. Sag mir eins, wie lange treibst du es schon mit meiner Frau?“
„Ich… ich…“ Josh schluckte, „ich habe schon langer nicht mehr mit ihr…“
„Und das soll ich dir glauben?“
„Ich schwöre es. Zwischen mir und Mary ist nichts mehr. Seit Jahren nicht mehr.“
„Seit Jahren nicht mehr, wie beruhigend.“
„Bitte, sag Jenny nichts davon.“ brachte Josh kleinlaut hervor.
Victor feixte.
„Das werde ich wohl nicht mehr machen müssen. Jemand hat ihr einen hübschen Abzug unter der Tür her geschoben.“
„Was? Das kann doch nicht wahr sein.“
„Darüber hättest du früher nachdenken sollen, alter Freund. Ich müsste dich eigentlich feuern, wenn ich schlau wäre, aber das werde ich nicht tun. Dafür wirst du allerdings nicht länger in der Führungsspitze dieses Unternehmens tätig sein. Ich habe dich versetzt. Du wirst dich in Zukunft mit unseren kleineren Kunden herumschlagen müssen.“
„Ist das dein letztes Wort?“ fragte Josh.
„Das ist es und jetzt geh mir aus den Augen.“ zischte Victor.
Geknickt verließ Josh das Büro von Morrisson. Er trottete den Gang entlang. Als er sein Büro betrat erwartete Jenny ihn bereits.
„Schatz, ich kann dir das erklären.“
„Du brauchst mir nichts mehr zu erklären. Wie konntest du das nur tun?“
„Es ist doch schon so lange her.“
„Spar dir deine fadenscheinigen Ausreden.“ schrie Jenny außer sich und ehe Josh sich versah verpasste sie ihm eine saftige Backpfeife.
„Lass dir eines gesagt sein. Ich will dich nie wieder sehen, du Schwein.“
Dann stürmte sie aus dem Raum und schmiss die Tür hinter sich zu.
Josh fuhr sich durch sein schwarzes, schulterlanges Haar. Er begann zu applaudieren.
„Gute Arbeit, Teufelsbrut. Ihr habt es geschafft.“ sagte er.
Dann setzte er sich auf seinen Chefsessel und legte seinen Kopf auf die Tischplatte.
In diesem Moment schwor er sich nie wieder ein Geschäft mit einem dubiosen Typen abzuschließen, selbst wenn ihm das Wasser bis zum Hals stand.
 
A

Architheutis

Gast
Hallo Soulstorm,

ein Herzliches Willkommen von mir an dieser Stelle.

Ich habe deinen Text gelesen und bin direkt hier hängen geblieben:

„Mr. [red]Finnigan[/red], ich muss Ihnen leider sagen, dass ich [red]keine Verwendung[/red] mehr für Sie habe.“
„[red]Finnigan[/red]… ich möchte Ihnen meinen Dank aussprechen. Sie haben einen [red]großartigen Job[/red] gemacht.
Finnigan/Morrisson verwechselt.

„Wenn das ihr letztes Wort ist. Der Job hier ist sowieso zum Kotzen. Ich habe es nicht nötig für ein Arschloch, wie Sie es sind, weiterhin den Handlanger zu spielen. Sie können mich kreuzweise.“
Mit diesen Worten erhob Josh sich grinsend und verließ das Büro. Er rieb sich die Hände. King würde es früher oder später bereuen einen solch fähigen Mitarbeiter wie ihn entlassen zu haben. Morrisson war ein Loser.
Direkte Sprache:
"Chef, Sie Arschloch, der Job hier ist zum Kotzen. Ich bin fähig."

Der Erzähler:
"Morrisson war ein fähiger Mitarbeiter". "Morrisson war ein Loser".

Das sagst du (in geschrumpfter Version). Was denn nun? Das klingt sehr widersprüchlich.

Der Designer- Anzug ließ ihn wie ein verwöhntes Muttersöhnchen mit Adelstitel wirken.
Das ist mir zu direkt formuliert. Ich schrieb es:

"Das Söhnchen trug einen Designeranzug mit Rüschen."

Du lässt dem Leser so mehr Raum zu eigenen Bildern, denn die "Rüschen" implizieren den Adelstitel, das "Söhnchen" das Mutterkind. Du willst dagegen komplett beschreiben.

Seine Werbekonzepte sind so beschissen wie die öffentlichen Toiletten am Bahnhof.
Das ist ein toller Satz!

Warum? Warum ist der Muttersöhnchenvergleich schlecht ("wie ein Mutter...) und dieser Vergleich so brillant?

-> Weil dieser Wie-Vergleich dem Leser einen neuen Horizont öffnet.

Jeder kennt Muttersöhne mit Rüschen und Wattebausch, das ist ein gängiges Bild. Ein Vergleich langweilt daher.

Die Wertigkeit eines Werbekonzepts mit öffentlichen Toilletten zu vergleichen ist hingegen neu. Der Leser kann hier nicht auf ein gängiges Klischee zurückgreifen, sondern muss es sich kraft eigener Vorstellung ausmalen.

DAS ist Literatur.

Ich hoffe, da kommt noch so einiges von dir in dieser Hinsicht. Den Rest ordnen wir mal als nützliche Übung ein. ;-)

Lieben Gruß,
Archi


PS: Kommas geschlabbert. Unschön. ;-)
 

Soulstorm

Mitglied
Hallo Architheutis!

Erst einmal muss ich dir einen Dank aussprechen, dass du dich mit dieser Geschichte beschäftigt hast, obwohl sie recht lang ist.

Ich denke einige Dinge sind nicht ganz folgerichtig von dir erfasst worden.

„Mr. Finnigan, ich muss Ihnen leider sagen, dass ich keine Verwendung mehr für Sie habe.“
Mr. King feuert Josh, weil er einen schlechten Job gemacht hat.

Finnigan… ich möchte Ihnen meinen Dank aussprechen. Sie haben einen großartigen Job gemacht.
An dieser Stelle tritt Morrisson auf und ist natürlich ziemlich schadenfroh gegenüber Josh, der ihm eine bessere Stellung verschafft hat. Also ist sein "Lob" eher als ironischer Kommentar zu verstehen.

Direkte Sprache:
"Chef, Sie Arschloch, der Job hier ist zum Kotzen. Ich bin fähig."

Der Erzähler:
"Morrisson war ein fähiger Mitarbeiter". "Morrisson war ein Loser".

Das sagst du (in geschrumpfter Version). Was denn nun? Das klingt sehr widersprüchlich.
Ist mir nicht ganz verständlich worauf du an dieser Stelle hinaus willst. Mit dem fähigen Mitarbeiter meint Finnigan sich selbst. Er stempelt Morrison als Verlierer ab.

[red]Mit diesen Worten erhob Josh sich grinsend und verließ das Büro. Er rieb sich die Hände. King würde es früher oder später bereuen einen solch fähigen Mitarbeiter wie ihn entlassen zu haben.[/red] [blue]Morrisson war ein Loser.[/blue]

Das ist mir zu direkt formuliert. Ich schrieb es:

"Das Söhnchen trug einen Designeranzug mit Rüschen."
So wäre es allerdings nicht mein Fall. Es soll schon direkt klingen und nicht zart umschrieben.

Josh verdrehte die Augen, als sein Nachfolger Victor Morrisson ihm mit siegessicherem Lächeln in den Weg trat und auf die Schulter klopfte. Der Designer- Anzug ließ ihn wie ein verwöhntes Muttersöhnchen mit Adelstitel wirken.
So wirkt er auf Josh und der ist ein sehr direkter Zeitgenosse, also habe ich auch eine direkte Formulierung gewählt.

Es ist auch sehr wertend und soll den Leser schon ein wenig auf Joshs Seite ziehen. Der coole Typ und der schleimige (der von vielen Menschen nicht gemocht wird).

Warum? Warum ist der Muttersöhnchenvergleich schlecht ("wie ein Mutter...) und dieser Vergleich so brillant?

-> Weil dieser Wie-Vergleich dem Leser einen neuen Horizont öffnet.
Grundsätzlich hast du natürlich recht. Interessante, neue Vergleiche in eine Geschichte einfließen zu lassen ist schon die halbe Miete.
Und ich werde versuchen daran zu arbeiten.

Kommas geschlabbert. Unschön. ;-)
Ja, das ist so eine Schwachstelle von mir.

Vielen Dank für deine Kritik.

Soulstorm
 

Soulstorm

Mitglied
Der Handel

„Mr. Finnigan, ich muss Ihnen leider sagen, dass ich keine Verwendung mehr für Sie habe.“
„Sie wollen mich doch nicht ernsthaft…“
„Doch, das will ich. Verlassen Sie bitte heute noch Ihr Büro. Ich werde Ihren Posten an Mr. Morrisson vergeben.“
„Morrisson? Einem ahnungslosen Greenhorn wie ihm wollen Sie meinen Posten geben? Ich bitte Sie. Er ist gerade gut genug, um den Kaffeeautomaten im Aufenthaltsraum zu bedienen. Seine Werbekonzepte sind so beschissen wie die öffentlichen Toiletten am Bahnhof. Machen Sie keinen Fehler, Mr. King.“
„Sie sind gefeuert, das ist mein letztes Wort und jetzt raus!“
Josh musterte seinen ehemaligen Chef, dessen Blick keinen weiteren Widerspruch duldete.
„Wenn das ihr letztes Wort ist. Der Job hier ist sowieso zum Kotzen. Ich habe es nicht nötig für ein Arschloch, wie Sie es sind, weiterhin den Handlanger zu spielen. Sie können mich kreuzweise.“
Mit diesen Worten erhob Josh sich grinsend und verließ das Büro. Er rieb sich die Hände. King würde es früher oder später bereuen einen solch fähigen Mitarbeiter wie ihn entlassen zu haben. Josh hielt Morrisson für einen Loser. Ihm fehlte nicht nur das nötige Know-How, sondern auch das gewisse Etwas. Er war ein Langweiler, dessen Präsentationen man nicht länger als zehn Minuten folgen konnte, ohne in einen komatösen Tiefschlaf zu fallen.
„Finnigan, ich möchte Ihnen noch eine Weisheit mit auf den Weg geben: Hochmut kommt vor dem Fall. Und ich hoffe Sie fallen tief.“
Josh verdrehte die Augen. Ein süffisantes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht seines Nachfolgers Victor Morrisson aus, während er ihm auf die Schulter klopfte. Der schicke Designer- Anzug erinnerte Josh an jene Typen, denen er in der High- School das Butterbrot geklaut hatte, an Typen, die sich die Kleidung von ihrer Mutter herauslegen ließen. Die zurück gekämmten Haare, die von einer dicken Gelschicht überzogen glänzten und die Nickelbrille auf seiner Nase verliehen ihm das Bild eines strebsamen, wohlerzogenen Schuljungen, nicht aber eines Geschäftsmannes. Dieses Jüngelchen konnte ihm, Josh Finnigan, bei weitem nicht das Wasser reichen.
„King Slogans“ brauchte einen Exoten, wie er es war. Einer, der immer einen flotten Spruch auf den Lippen hatte, der sich ab und an mit Hawaii- Hemden und Sandalen ins Büro traute.
Josh entrang sich ein freundliches Lächeln und schob die Hand seines Gegenübers von der Schulter.
„Victor, ich will Ihnen nicht den Mut nehmen, aber Sie werden nicht viel Freude an Ihrer neuen Stellung haben.“
„Soll das eine Drohung sein, Finnigan?“
Josh wandte sich zum Gehen.
„Das ist keine Drohung, sondern eine Tatsache“, sagte er und ließ Morrisson ohne ein weiteres Wort zurück.
Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und schlenderte fröhlich pfeifend den Flur entlang. Es würde nicht lange dauern, bis er eine neue Anstellung finden würde, dessen war er sich sicher.
Josh beschleunigte seine Schritte. Am Ende des Ganges auf der rechten Seite lag sein Büro, das er schließlich, einen lauten Seufzer ausstoßend, betrat.
Es war ein kleiner, in sterilem Weiß, gehaltener Raum. Eine schlechte Kopie von Monets Seerosen zierte die Wand zu Joshs Linken. Zu seiner Rechten stand ein lang gezogener, von Papieren überfüllter Eckschreibtisch, hinter dem sich Morrisson bald abmühen würde.
Die Sonne tauchte das Büro in gleißende Helligkeit. Josh trat an das Fenster heran und blickte auf die Skyline von New York. Ein atemberaubender Anblick aus dem sechzigsten Stock.
Sollte King der Fettsack doch mit dem Grünschnabel glücklich werden. Josh feixte. Im Staub bettelnd würde der Alte angekrochen kommen und ihn anflehen wieder einzusteigen. Das war nur eine Frage der Zeit.
Apropos Zeit. Er blickte auf seine Armbanduhr. Mittag. Es klopfte an der Tür. Eine gut aussehende Frau, mit braunen, langen Locken und einem ausgesprochen schönen Körperbau kam herein.
Josh ging zur Tür hinüber und schloss sie ab.
„Hallo Mary“, sagte er dann, während die Frau die Knöpfe ihrer Bluse öffnete und ihr blanker Busen zum Vorschein kam.
Josh zog sie zu sich heran und fuhr mit der Hand über ihren durchtrainierten Hintern. Dann hob er sie hoch, um sie auf dem Schreibtisch abzusetzen.
Mary stöhnte auf, als er ihre Brüste berührte.
Josh lachte in sich hinein. Auch wenn dieser Tag der beschissenste seit Langem war. Mary Morrisson verstand es ihn abzulenken.

Sechs Monate später

„Jimmy, noch ein Bier.“
„Hast du nicht schon genug gehabt, Josh?“
„Weißt du wovon ich genug habe? Von diesem scheiß Leben.“
Jimmy schüttelte den Kopf und begann zu zapfen. Währenddessen starrte Josh auf den Fernsehbildschirm. Die Spätnachrichten liefen gerade.
„Die Werbeagentur „King Slogans“ hat ein neues Gesicht an der Spitze. Aufgrund eines Herzinfarktes den Christopher King erlitt wurde Victor Morrisson heute als neuer Geschäftsführer vorgestellt. Ob Christopher King in sein Unternehmen zurückkehrt ist noch unklar.“
Ungläubig schüttelte Josh den Kopf. Dieser verdammte Grünschnabel!
Jimmy stellte das Bierglas vor ihm ab.
„Sag mal, ist das nicht der Typ für den du abserviert wurdest?“
„Ja der Typ, dessen Frau mich unwiderstehlich fand.“
„Auch mit diesen Stoppeln?“
Josh fuhr mit der Hand über seinen Drei- Tage- Bart. Warum sollte er sich rasieren? Es gab keinen Grund dafür gepflegt auszusehen. Sämtliche seiner Affären hatten sich von ihm abgewandt, als er den Job verloren hatte und das große Geld ausblieb. Es hatte Zeiten gegeben in denen jede von ihm vernascht werden wollte, eine Trophäe in seiner Sammlung werden wollte. Diese Tage waren nun gezählt. Ein für alle Mal.
Nebenjobs mit mickrigen Bezahlungen hielten ihn über Wasser. Zurzeit übernahm er die Frühschicht in einem Supermarkt. Es war eine verfluchte Schinderei, aber besser als ein Leben auf der Straße verbringen zu müssen.
Sein Loft über den Dächern der Stadt hatte er vor vier Monaten aufgeben müssen und lebte nun in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung, die sich in einem Häuserblock mit 30 Parteien befand. Knallende Türen, Schreie und Schüsse sorgten dafür, dass man um den Schlaf gebracht wurde.
Josh verfluchte mittlerweile seine Überheblichkeit, die ihm zum Verhängnis geworden war. Wie ein Lauffeuer hatte sich herumgesprochen, dass der große Josh Finnigan nicht länger Teil von „King Slogans“ war. Jede seiner Bewerbungen, bei renommierten Werbeagenturen wurden abgeschmettert.
Von einem Tag auf den nächsten war er zu einem Loser geworden.
Mit einem Zug trank Josh sein Bier leer und legte einen 20 Dollar Schein auf den Tresen.
„Mach’s gut, Jimmy. Bis morgen.“
Der Barkeeper nickte brummend.
Josh trat hinaus. Die kühle Nachtluft schlug ihm entgegen. Das Geräusch von Polizeisirenen wurde über die Häuserschluchten zu ihm herüber getragen. New York war ein gefährliches Pflaster und er musste sich wie so oft eingestehen, dass er seinen Chauffeur vermisste, der ihn sicher durch das Nachtleben der Stadt brachte. In dieser Nacht waren nur noch wenige Menschen auf den Straßen unterwegs. Wankend schlug Josh den Weg Richtung Central Park ein, eine Abkürzung, die ihm zehn Minuten einsparte.
Nachdem er zwei Häuserblocks hinter sich gelassen hatte, stellte sich ihm ein Mann mit Bulldoggengesicht in den Weg. Mit seinen breiten Schultern, den Muskel bepackten Oberarmen und seinem bulligen Körper, der in einem verblichenen Anzug steckte, erweckte er den Eindruck der Türsteher einer Diskothek zu sein. Die Glatze ließ ihn noch gefährlicher wirken, als er es ohnehin zu sein schien.
„Ist was?“, blaffte Josh ihn an. Er fürchtete sich nicht vor diesen Straßenbanditen, die jede Sekunde eine Waffe hervorziehen konnten. Der Tod konnte nicht schlimmer sein, als dieser ereignislose Alltagstrott, den er Tag für Tag erlebte.
„Ich glaub es nicht. Sie sind Josh Finnigan“, rief die Bulldogge mit Reibeisenstimme aus.
„Danke für die Info“, entgegnete Josh. Genervt umrundete er seinen unerwünschten Gesprächspartner und stapfte schnell, aber torkelnd, weiter und erreichte außer Atem den Park.
„Warten Sie, Sir.“
„Nein. Suchen Sie sich jemand anderes für einen Plausch. Es wird Zeit, dass ich nach Hause komme. Ich muss morgen früh raus.“
Die Bulldogge holte ihn ein.
„Mr. Finnigan, es ist still um Sie geworden.“
Josh blieb stehen.
„Was wollen Sie von mir?“
„Gehen wir ein Stück zusammen?“
Josh zögerte, nickte dann aber stumm. Gemeinsam spazierten die beiden Männer schweigend durch den Central Park, bis das Bulldoggengesicht sich auf eine Bank setzte.
Josh tat es seinem Begleiter nach.
„Entschuldigen Sie, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe, Mr. Finnigan. Mein Name ist Vincent Farrel. Ich bin Geschäftsmann, genau wie Sie. Nur in einer, sagen wir mal, zwiespältigeren Branche. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie nach Ihrer Entlassung bei „King Slogans“ keinen Fuß mehr fassen konnten. Deshalb habe ich Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen.“
Josh hob überrascht die Augenbrauen.
Woher wusste der Typ nur so viel? Hatte er es etwa mit einem durchgeknallten Stalker zu tun?
„Und was für ein Geschäft soll das sein?“
Für einen kurzen Augenblick glaubte er ein rotes Glühen in Farrels Augen zu sehen. Er schüttelte sich. Die Sinne spielten ihm wohl einen Streich. Scheiß Alkohol!
Vincent Farrel lächelte freundlich.
„Sie können Ruhm und Reichtum erlangen. Es gibt allerdings etwas, was Sie dafür tun müssen.“
Josh lachte bitter auf.
„Ja, ich muss einen lukrativen Job finden. Soll ich Ihnen etwa meine Bewerbungsunterlagen zusenden?“
Ein Kichern entrang sich Farrels Kehle und schwoll zu einem Furcht erregenden Gelächter an. Unruhig rutschte Josh auf der Bank hin und her. Hilfe suchend blickte er sich um. Doch er war allein im Central Park. Allein mit einem armen Irren.
„Gib mir die Frau deines Lebens und du wirst morgen einen Anruf von Victor Morrisson erhalten. Er wird dich anflehen zurückzukommen und dir das doppelte Gehalt anbieten.“
Die Reibeisenstimme von Farrel klang nun verzerrt und dunkel.
Das sollte alles sein? Josh lächelte. Die Frau seines Lebens hergeben? Die würde nie existieren. Frauen waren für ihn eine nette Abwechslung und so würde es immer sein.
Mit dem Teufel persönlich hätte er verhandelt, um wieder sein altes Leben führen zu können.
Nach einer kurzen Bedenkpause streckte er Vincent Farrel seine Hand entgegen.
„Wir sind im Geschäft, Mr. Farrel.“
Farrel schlug ein. Für einen kurzen Moment durchzuckte Josh ein undefinierbarer Schmerz. Es fühlte sich an, als hätte er seine Hand zu lange über eine Flamme gehalten. Als Farrel seine Hand losließ begutachtete Josh die Innenfläche. Sie war vollkommen unversehrt. Sein Gesprächspartner stand auf.
„Vergessen Sie unseren Vertrag niemals.“
Josh begann breit zu grinsen. Es gab keinerlei Zeugen für diese Unterredung. Also konnte er den Abschluss des Geschäftes im Ernstfall, zu dem es ohnehin nie kommen würde, abstreiten.
„Das werde ich nicht. Darauf können Sie sich verlassen.“

Sechs Jahre später

Josh gähnte herzhaft. Dieser elendige Empfang langweilte ihn. Doch um neue Kontakte innerhalb der Werbebranche zu knüpfen war er unumgänglich. Farrel hatte Wort gehalten. Am Tag nach dem Deal mit dem dubiosen Bulldoggengesicht hatte Morrisson ihn darum gebeten den alten Job aufzunehmen.
Seitdem verband die beiden Männer eine gute Freundschaft, was Josh davon abhielt die Affäre mit Mary wieder aufleben zu lassen. Stattdessen versüßte ihm seine äußerst attraktive Privatsekretärin die Mittagspausen.
Josh beobachtete wie Victor sich den Weg, durch die geladenen Gäste bahnte.
„Finnigan, ich muss dir unbedingt jemanden vorstellen. Eine absolute Ikone.“
„Mir ist gerade nicht danach, Victor.“
„Komm schon“, sagte Morrisson und fügte leise hinzu, „sie hat obendrein auch noch ein heißes Fahrgestell. Genau das Richtige für dich.“
Victor wandte sich ab und ging den Weg, den er gekommen war zurück, während Josh ihm folgte.
Eine blonde Schönheit rückte in ihr Blickfeld. Sie trug ein dunkelblaues Trägerkleid aus Satin und geizte auch nicht gerade mit ihren Reizen. Jeder Mann hätte davon geträumt ihre große Oberweite eingehend zu inspizieren. Joshs Blick huschte über ihre schlanke Taille und die langen Beine. Dann wanderten seine Augen wieder hinauf zu ihrem Gesicht. Sie hatte grüne katzenhafte Augen. Ihre Lippen waren betörend voll und in zartes Rosé getüncht. Das lange blonde Haar lag in Wellen um ihre Schultern. Sie lächelte. Es war ein Lächeln, das jedem Mann den Verstand geraubt hätte.
„Darf ich vorstellen Josh? Das ist Jenny Cole. Ihre Werbekonzepte sind einfach fantastisch. Das hier ist meine rechte Hand Josh Finnigan.“
„Guten Abend, Mrs. Cole. Es ist mir eine Freude Sie kennen zu lernen.“
Der Duft von Rosenblüten stieg Josh in die Nase. Am liebsten hätte er diese Frau sogleich verführt. Aber er wollte den nötigen Anstand bewahren, um sie nicht in Verlegenheit zu bringen. Als er Jennys Hand berührte traf es ihn wie ein Blitz. Es vergingen einige Sekunden in denen sie sich nur ansahen, ohne ein weiteres Wort zu sprechen.
„Die Freude ist ganz meinerseits“, unterbrach Jenny das Schweigen, „nennen Sie mich doch bitte Jenny.“
„Gern.“
Victor blickte auf seine Uhr.
„Ach herrje, es ist schon so spät? Entschuldigt mich, ich habe morgen in aller Frühe einen wichtigen Termin.“
„Du kannst doch jetzt nicht einfach gehen“, brachte Josh zwischen den Zähnen hervor, nachdem er Morrisson unsanft ein Stück zur Seite gezerrt hatte.
„Warum nicht?“
„Worüber soll ich denn mit ihr reden?“
Victor klopfte ihm auf die Schulter.
„Du wirst schon alles richtig machen. Genieß den Abend.“ sagte er und zwinkerte.
Josh stellte sich wieder neben Jenny. Er starrte sie für eine Weile an.
„Was ist, Josh?“, fragte sie schließlich.
„Möchten Sie einen Sekt?“
„Sehr gerne“, antwortete sie.

Sechs Wochen später

Zufrieden lächelnd stieg Josh in die Limousine ein. Die letzte Nacht würde ihm noch lange im Gedächtnis bleiben. Jenny Cole war nämlich nicht nur in der Werbebranche eine Ikone sondern auch im Bereich der Verführungskunst. Sie und Josh waren aus gewesen und mit heißen Küssen hatte sie ihm ihre wahre Absicht unmissverständlich deutlich gemacht. In ihrem Appartement hatten sie anschließend, nach einem guten Essen in einem Nobelrestaurant, noch einige Gläser Rotwein getrunken, um am Ende eine leidenschaftliche Nacht zu verbringen.
Josh musste sich eingestehen, dass er das erste Mal seit vielen Jahren nervös gewesen war. Er blickte aus dem Fenster des Wagens, beobachtete wie die Häuser der Stadt vorübersausten und hing seinen Gedanken nach. Diese Frau! Sie verdrehte ihm so dermaßen den Kopf, wie es noch keine zuvor getan hatte. Es verging keine Sekunde, in der er nicht an sie dachte, in der sie ihm nicht fehlte. Ein Leben ohne sie war für ihn nicht mehr vorstellbar. Nie hätte er es für möglich gehalten, sich eines Tages zu verlieben und von seiner Rolle als Verführer Abschied zu nehmen. Jenny hatte das Unmögliche möglich gemacht. Die Beziehung mit ihr machte ihn so glücklich, dass er das Gefühl hatte sie würde ihm Flügel verleihen.
Es dauerte eine Weile, bis die Häuserblocks sich lichteten und pompösen Villen wichen. Der Chauffeur folgte dem Straßenverlauf, um schließlich vor einem schwarzen Tor Halt zu machen. Er stieg aus und gab einen Zahlencode ein. Das Tor schwang auf. Der Fahrer setzte sich wieder in die Limousine und lenkte den Wagen auf das Anwesen. Der gepflasterte, breite Weg führte bis zur Haustür der riesigen Villa. Doch Josh war danach sich noch ein wenig die Beine in der kleinen Parkanlage zu vertreten.
„Halten Sie hier, Richard, den Rest des Weges möchte ich zu Fuß gehen.“
„Sehr wohl, Mr. Finnigan.“
Richard hielt an, stieg aus und öffnete Josh die Tür.
„Vielen Dank.“
Josh griff in die Hosentasche und nahm eine Geldbörse hervor, aus der er eine hundert Dollar Note zog. Er drückte sie seinem Fahrer in die Hand und zwinkerte.
„Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Sonntag. Richten Sie ihrer Frau schöne Grüße aus.“
Richard nickte und lächelte selig, als er sich wieder in den Wagen setzte und davon fuhr.
Josh trat auf den Kiesweg der durch den Park führte. Seine Gärtner hatten gute Arbeit geleistet. Die bunten Blüten, der liebevoll angelegten Beete ließen einem das Herz aufgehen und verbreiteten ein sommerliches Flair.
Vor einigen Tagen hatte Josh Jenny zu einem kleinen Picknick eingeladen. Ihr fröhliches Lachen und Wortfetzen der guten Gespräche hallten ihm jetzt noch im Ohr wider.
Zufrieden sog er die frische Morgenluft ein.
Es verstrichen zwanzig Minuten, bis er die Haustür erreichte. Er schloss sie auf und schon schlug ihm die Kühle in dem Haus entgegen. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihm breit. Hier stimmte etwas ganz gewaltig nicht. Das spürte er.
Langsam tappte er durch die Eingangshalle, zum Salon hinüber. Als er hinein trat zuckte er unwillkürlich zusammen. Ein altbekanntes Gesicht erwartete ihn. Es war Vincent Farrel, der sein Gegenüber süffisant lächelnd musterte.
„Hat es dich also doch erwischt.“
„Was hat mich erwischt? Wovon reden Sie?“
„Von der blonden Schönheit, die du umgarnst. Hat dich wohl um den Verstand gebracht.“
„Was wollen Sie?“
„Was ich will?“ Farrel brach in das Selbe schallende Gelächter aus wie sechs Jahre zuvor auf der Parkbank. „Die eigentliche Frage sollte wohl eher lauten was du willst. Willst du den Vertrag brechen oder hältst du dich an unsere Vereinbarung?“
Josh grinste. Nun traf also doch der Ernstfall ein.
„Ich weiß nichts von einem Vertrag.“
„Glaubst du tatsächlich mich zum Narren halten zu können?“
Farrel hob seine linke Hand, so dass die Innenfläche zu Josh zeigte. Dieser spürte denselben sengenden Schmerz, den er schon bei ihrem damaligen Treffen gespürt hatte. Ein feuriges Emblem erschien in Farrels Hand und als Josh hinab in seine Hand schaute erkannte er das gleiche Emblem. Erschrocken wich er vor seinem Gegenüber zurück, stolperte durch die Tür des Salons hinaus in die Eingangshalle, die ihm nun dunkel und bedrohlich vorkam.
Farrels Gesicht wurde von einem diabolischen Grinsen verzerrt.
„Nun wirst du einsehen müssen, dass es keinen Ausweg mehr gibt.“ sagte er.
„Ich werde den Vertrag nicht erfüllen. Ich bin das erste Mal seit vielen Jahren wieder glücklich.“
„Es tut mir leid, dass ich dein Glück zerstören muss.“
Josh schluckte und hob beschwichtigend die Hände.
„Okay, okay. Mach was du willst mit mir, aber lass Jenny aus dem Spiel.“
Farrel lachte erneut. Danach schwieg er für einige Minuten. Anscheinend schien er Gefallen an dem Vorschlag seines Vertragspartners zu finden.
„Nun gut. Die Frau soll leben.“
Ein Meer aus Flammen erstrahlte in der Eingangshalle. Es kreiste Josh und Farrel ein. Josh schmerzten die Augen von dem hellen Schein des Feuers und von der Hitze die es ausstrahlte.
„Was geschieht hier?“
Farrell grinste breit.
„Ich rufe meinen Herrn herbei. Wir werden uns beraten, was wir mit dir anstellen.“
Und kaum hatte er den Satz beendet trat ein gehörnter Kerl mit rötlicher Haut aus den Flammen.
„Vincent, weshalb rufst du mich? Ich habe zu tun.“
„Nun, unser Freund hier möchte nicht, dass seiner Liebsten etwas zustößt, dafür dürfen wir mit ihm anstellen was immer wir wollen. Ich möchte Euch die Entscheidung überlassen, Meister.“
„Du tust gut daran“, entgegnete der Gehörnte zufrieden, „dann lass uns doch mal überlegen.“
Er musterte Josh von oben bis unten. Es verging eine Weile, bis er schließlich nickte und ein Lächeln über seine schwarzen Lippen huschte.
Er wandte sich seinem Handlanger zu und begann mit ihm zu flüstern.
Jetzt oder nie.
Josh nahm die Beine in die Hand.
Vincent machte Anstalten ihm zu folgen, doch sein Meister hielt ihn zurück.
„Lass ihn laufen. Seine gerechte Strafe wird er ohnehin erhalten.“



Josh stellte seinen Wagen auf dem Firmenparkplatz ab. Die Nacht hatte er in dem alten Chevrolet verbracht. Ein unbequemes Vergnügen, wie er feststellen musste.
Der Teufelsdiener und dessen Herr hatten ihn glücklicherweise nicht mehr behelligt. Womöglich waren sie so überrascht von seiner plötzlichen Flucht gewesen, dass sie es aufgegeben hatten ihm etwas anzutun. Zumindest hoffte er das. Pfeifend betrat Josh die Eingangshalle von dem Bürogebäude und stieg in den Fahrstuhl, mit dem er in die sechzigste Etage fuhr. Dort angekommen steuerte er sogleich das Büro von Victor an. Er musste ihm unbedingt von seinem ungebetenen Besuch erzählen. Als er eintrat sah sein Geschäftspartner ihn eindringlich an.
„Ich habe schon auf dich gewartet, Finnigan“, sagte er und verschränkte seine Arme vor der Brust.
„Was ist denn los? Ist etwas passiert?“, fragte Josh überrascht.
Victor sprang auf.
„Was los ist möchtest du wissen? Ich frage mich was das hier zu bedeuten hat.“
Er zeigte Josh ein Foto, auf dem er in eindeutiger Pose mit Mary zu sehen war.
„Wo hast du das her?“
„Das lag heute Morgen auf meinem Schreibtisch. Sag mir eins, wie lange treibst du es schon mit meiner Frau?“
„Ich… ich…“, Josh schluckte, „ich habe schon langer nicht mehr mit ihr…“
„Und das soll ich dir glauben?“
„Ich schwöre es. Zwischen mir und Mary ist nichts mehr. Seit Jahren nicht mehr.“
„Seit Jahren nicht mehr, wie beruhigend.“
„Bitte, sag Jenny nichts davon“, brachte Josh kleinlaut hervor.
Victor feixte.
„Das werde ich wohl nicht mehr machen müssen. Jemand hat ihr einen hübschen Abzug unter der Tür her geschoben.“
„Was? Das kann doch nicht wahr sein.“
„Darüber hättest du früher nachdenken sollen, alter Freund. Ich müsste dich eigentlich feuern, wenn ich schlau wäre, aber das werde ich nicht tun. Dafür wirst du allerdings nicht länger in der Führungsspitze dieses Unternehmens tätig sein. Ich habe dich versetzt. Du wirst dich in Zukunft mit unseren kleineren Kunden herumschlagen müssen.“
„Ist das dein letztes Wort?“, fragte Josh.
„Das ist es und jetzt geh mir aus den Augen“, zischte Victor.
Geknickt verließ Josh das Büro von Morrisson. Er trottete den Gang entlang. Als er sein Büro betrat, erwartete Jenny ihn bereits.
„Schatz, ich kann dir das erklären.“
„Du brauchst mir nichts mehr zu erklären. Wie konntest du das nur tun?“
„Es ist doch schon so lange her.“
„Spar dir deine fadenscheinigen Ausreden“, schrie Jenny außer sich und ehe Josh sich versah verpasste sie ihm eine saftige Backpfeife.
„Lass dir eines gesagt sein. Ich will dich nie wieder sehen, du Schwein.“
Dann stürmte sie aus dem Raum und schmiss die Tür hinter sich zu.
Josh fuhr sich durch sein schwarzes, schulterlanges Haar. Er begann zu applaudieren.
„Gute Arbeit, Teufelsbrut. Ihr habt es geschafft“, sagte er.
Dann setzte er sich auf seinen Chefsessel und legte seinen Kopf auf die Tischplatte.
In diesem Moment schwor er sich nie wieder ein Geschäft mit einem dubiosen Typen abzuschließen, selbst wenn ihm das Wasser bis zum Hals stand.
 



 
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