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Franz Wiesenkamp platzte fast vor Stolz, als er nach vorne gerufen wurde. Er hatte extra den guten dunklen Anzug angezogen mit Hemd und Krawatte.
Aus dem Augenwinkel versuchte er seine Eltern zu fixieren, der Vater saß stolz und kerzengerade, die Enden seines Schnäuzers reckten sich nach oben, wie sie es immer taten, wenn er hocherfreut lächelte. Seine Mutter lächelte etwas verstohlener und verlegener, da es sich für eine Frau nicht gehörte ihre Gefühle so offen zur Schau zu stellen. Auch sie hatten extra den Sonntagsstaat angelegt für diese Feierstunde, in der ihr Sohn sein Diplom als Lokführer erhalten sollte.
Franz spürte den kräftigen Händedruck des Prüfbeamten, der in beglückwünschte und noch einmal herausstellte, dass er der Beste des Lehrganges war.
Mit dem Diplom in der Hand setzte er sich wieder in die Reihe seiner Kameraden, die ebenfalls ihr Diplom erhalten hatten.
Schon am nächsten Tag fand er sich eine Stunde zu früh in der Lokleitzentrale ein, um den Fahrbefehl für den P 3874 entgegenzunehmen. Die zugeteilte Lok war eine Dampflokomotive der Baureihe 38. Langsam ging er über das Gelände des Betriebswerkes. Schon von weitem sah er sie stehen, schwarz glänzend in der Sonne strahlend mit roten Rädern und weißem Qualm über dem Schlot.
Er begegnete ihr von vorne, streichelte über den Umlauf, bewunderte ihre hohen Treibräder. Dann erreichte er den Aufstieg zum Führerhaus und erschrak. Ein großer breitschultriger Kerl lehnte sich aus der Türöffnung und grinste in mit breitem Mund und weißen Zähnen aus einem rußverschmierten Gesicht an.
"Hallo, Franz", begrüßte er ihn, "ich bin dein Heizer". An den Heizer hatte er gar nicht mehr gedacht. Dabei war er doch jahrelang selbst als Heizer gefahren, hatte sich da seine Sporen verdient, bevor er die Ausbildung zum Lokführer begann.
"Sei nicht allzu vertraulich mit den Heizern, du gerätst sonst schnell unter die Räder", hatte sein Ausbilder ihn ermahnt.
"Hallo", grüßte er knapp zurück und schwang sich dann so elegant wie möglich auf den Führerstand. Er wollte vor dem Heizer eine möglichst gute Figur machen. "Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung". Der Heizer wischte sich die Hand an einem Lappen ab und steckte sie Franz entgegen. "Ich bin der Rudolf, kannst Rudi zu mir sagen". "Wiesenkamp", stellte Franz sich knapp vor. "Haben Sie auch einen Nachnamen?" Franz betonte das "Sie", erschrak darüber selbst und spürte wie seine Ohren rot wurden und anfingen heiß zu werden. Augenblicklich wich das breite Dauergrinsen aus dem Gesicht des Heizers. "Ah, so ist das, der Herr ist ja jetzt was Besseres. Aber Sie können trotzdem Rudi zu mir sagen - bin ich so gewöhnt, Herr Wiesenkamp."
Franz spürte, dass er jetzt pluderrot wurde und schob sich wortlos an dem Heizer vorbei zu seinem Platz am Regler. Es war seine erste Alleinfahrt und er war jetzt so nervös, dass er nicht mehr wusste, wie er die Lok in Gang setzen sollte. Er legte zuerst die Steuerung aus, löste die Bremsen und betätigte langsam den Regler. Langsam und knarrend setzte sich die Maschine in Bewegung. Franz bemerkte sofort seinen Fehler, die Lok fuhr vorwärts, statt rückwärts.
"Hallo, Meister zum Bahnhof geht's hier lang". Der Daumen des Heizers zeigte nach rückwärts. Wortlos schloss Franz den Regler, legte rasch die Steuerung aus und öffnete den Regler erneut. Die Lok reagierte und zog kräftig zurück. Franz schaffte es gerade noch vor dem Wartezeichen zum Stehen gekommen. So hatte er sich seine erste Fahrt nicht vorgestellt. Irgendwie hatte er an alles mögliche gedacht, nur nicht daran, dass ja ein zweiter Mann auf der Lok mitfuhr, mit dem er jetzt auf Gedeih und Verderb bei jeder Fahrt zusammenarbeiten musste.
Das Licht am Wartezeichen leuchtete auf und Franz setzte die Lok langsam auf Gleis 1 gegen den Zug. Der Heizer sprang kurz vor Erreichen des ersten Wagens ab, lief zu dem Wagen, hielt den Kupplungshaken hoch und hängte in an der Lok ein, als Franz sanft gegen die Puffer stieß. Er betätigte die Lokbremse und als Rudi die Schläuche verbunden hatte, auch die Zugbremse. Unter dem Zug zischte es und die Lok spie Dampf in den Himmel. Rudi schwang sich mit einer Hand in den Führerstand und warf einen Blick über die verschiedenen Manometer und Füllungsanzeiger. Er vermied es Franz anzusehen und beobachtete statt dessen gespannt das Ausfahrsignal. Der Aufsichtsbeamte kam und reichte Franz den Bremszettel. Dann hob sich der Signalflügel und Franz öffnete den Regler. Er hatte das Gewicht des Zuges unterschätzt und die Räder schleuderten leicht, bis er den Regler zurücknahm und der Zug gleichmäßig zu rollen begann. Die Fuhre rumpelte über die Ausfahrweichen. Jetzt konnte Franz den Regler aufmachen und Fahrt aufnehmen. Die Fahrt verlief in leicht angespannter Atmosphäre. Aber Franz wurde immer sicherer und bewegte den Zug vorschriftsmäßig, so wie er es gelernt hatte.
Den Heizer der eifrig schaufelte und die Instrumente beobachtete, hie und da an den Handrädern drehte, die Strecke beobachtete und ihm die Signalzustände zurief, ohne ihn dabei anzusehen, sondern den Blick eisern geradeaus auf das Signal hielt. Schließlich erreichten sie planmäßig wieder den Heimatbahnhof und Franz fuhr die Lok noch ins Betriebswerk. Er stellte die Lokbremse fest, murmelte ein „bis morgen denn…“ und schickte sich an die Leiter nach unten zu steigen. „Wer fährt die Lok den in den Schuppen, wenn ich hier fertig bin?“ hörte er den Heizer knurren. „Ich denke Sie haben eine Reglerberechtigung?!“ gab Franz erstaunt zurück.
„Ja, so; das darf ich dann wohl machen, schönen Feierabend wünsche ich.“
Rudi dreht sich missmutig um, und begann die Lok abzurüsten.
Am nächsten Morgen musste Franz schon um 05.00 Uhr den Frühzug übernehmen und stolperte mit seiner Aktentasche über das Bahngelände in Richtung Drehscheibe, wo er die Lok übernehmen wollte. Allerdings war von der Lok die im Schuppen stehen sollte nichts zu sehen. Vom Bahnsteig her ertönte ein kurzer Pfiff und als Franz sich umsah erblickte er den kompletten Zug, der bereits am Bahnsteig fertig zur Ausfahrt bereit stand. Erstaunt ging er auf den Zug zu. Rudi putzte eifrig mit einem Wolllappen an den Instrumenten und Gestängen herum. „Wir können früher los – ist bloß ein gemischter Zug – alles schon mit dem Fahrdienstleiter geklärt – fährt eh kein Mensch mit,“ erklärte Rudi im Telegrammstil.
„Wer hat den Zug fertig gestellt? fragte Franz.
„Na, ich“ kam es achselzuckend zurück.
„Das ist aber nicht Ihre Aufgabe………..“
"Nun, ja, wenn ich im Betriebswerk rangieren darf, kann ich das doch auch im Bahnhof. -- Ist ja nicht schwer", tönte Rudi mit breitem Grinsen und begann eilfertig an den Instrumenten zu putzen, so dass Franz nichts mehr erwidern konnte.
"Stellt hier kurz mal seine Tätigkeit höher als meine", dachte Franz wütend. Irgendwann hatte er genug von solchen Eigenmächtigkeiten, dann würde er eine Beschwerde schreiben. Scheppernd ging das Formsignal auf „Fahrt frei“.
„Fahrt frei“, rief Rudi, „auf geht’s.“
Franz lehnte sich aus seinem Fenster blickt nach vorne und zurück den Zug entlang. Die Lok zog etwas ruckartig an, was an Franz Ärger lag. Sie waren jetzt fünf Minuten vor Plan und es passte Franz keineswegs vor Plan zu fahren, da Fahrgäste, die auf die Minute pünktlich waren, den Zug nicht mehr erreichten.
Rudi zeigte sich fleißig wie immer, schaufelte, putzte, beobachtete die Strecke, bei einem Halt sprang er von der Lok, prüfte die Bremsen und ölte die Lager.
In Heppingen musste Franz kurz die Toiletten aufsuchen und sprang von der Lok. Als er wiederkam hatte Rudi den Zug bis zum Signal vorgezogen. Wütend erklomm er die Lok und stellte Rudi zur Rede.
„Der Zugführer Herr Huber meinte, ich solle vorziehen bis zum Signal“, verteidigte er sich.
„Der Zug wird nur vom Lokführer geführt, Sie haben nur eine Reglerberechtigung für das BW und nur dort dürfen Sie die Lok bewegen!“
Franz fühlte wieder wie er pluderrot wurde und verfluchte sich innerlich dafür.
„Bitte unterlassen Sie künftig solche Eigenmächtigkeiten, wie auch heute morgen!“
„Is’ ja schon gut, hab nur gemacht, was der Huber gesagt hat!“
Das Signal ging schon auf Fahrt und Franz musste anfahren, nahm sich aber vor mit dem Zugführer zu reden.
Huber lachte nur kurz, als Franz in auf das Verhalten des Heizers ansprach. Er war ein älterer gemütlicher Mensch mit vollem grauem Haar. „Junge reg’ dich nicht auf, sei froh dass du so einen Heizer hast, der Rudi ist ein feiner Kerl, der kann was und er arbeitet dir doch zu, na und wenn was passiert wäre, ginge das auf meine Kappe. Schließlich habe ich die Verantwortung für den ganzen Zug.“ Er klopfte Franz wohlwollend auf die Schulter und schwang sich in einen der wenigen Personenwagen hinter der Lok.
Als Franz wieder auf dem Führerstand war umspielte ein leichtes Grinsen das Gesicht des Heizers und er fragte doch tatsächlich, ob er nicht die Steigung hochfahren solle, da dies ein schwieriges Stück sei und Franz noch unerfahren. Franz fühlte nur wie sein Blut kochte und war unfähig auf solch eine Frage zu antworten. Wortlos drehte er das Steuerrad und öffnete den Regler. Rudi sah in nur an. Er wartete offenbar noch immer auf eine Antwort. Als diese nicht kam, wandte er sich kopfschüttelnd seiner Arbeit zu.
Franz ging die Steigung schwungvoll an. Gefühlvoll nahm er den Regler zurück und freute sich insgeheim, dass die Räder griffen und die Fuhre ruhig und gleichmäßig den Berg hinauf rollte. Aber er hatte sich zu früh gefreut, denn jetzt kam eine enge Rechtskurve, in der er Fahrt wegnehmen musste und in der die Räder hie und da zum Schlupfen neigten.
Und dann stockte ihm der Atem; die Strecke wurde noch steiler und das Vorsignal am Ende der Kurve zeigte „Halt erwarten“ an.
„Auch das noch,“ dachte Franz, „so ein Mist, hoffentlich ging das Hauptsignal rechtzeitig auf“. Aber Franz hatte sich verrechnet. Obwohl er sich so langsam als möglich herantastete, blieb das Hauptsignal auf „Halt“ , bis er schließlich zum Stillstand kam , um dann wie zum Hohn auf „Fahrt frei“ zu gehen.
Jetzt schleuderten die Räder und Franz betätigte den Sandstreuer, worauf die Lok einen Ruck nach vorne machte, um gleich wieder mit durchdrehenden Rädern stehen zu bleiben.
„Sachte, nicht soviel Sand – Regler zurücknehmen – nicht so hastig – Steuerung enger auslegen.“ Franz hörte die Anweisungen des Heizers und fühlt sich in die Ausbildung zurückversetzt. Am meisten regte ihn die ruhige, monotone, sichere Stimme auf, als wäre der ein altgedienter Ausbilder und er ein absoluter Anfänger. Das schlimmste aber war, dass er recht hatte und nur so der Zug wieder flott gemacht werden konnte. Langsam griffen die Räder wieder und knirschend fassten sie Fuß auf dem Gleis. Da Franz so handelte wie der Heizer sagte, sah es so aus, als handle er nach dessen Anweisung, was noch durch die Bemerkung „Na, also, geht doch“ desselben verschärft wurde. Franz hatte bislang eine gewisse Furcht vor diesem Heizer und vermied es sich mit ihm zu streiten.
„Danke, aber ich weiß selbst was ich zu tun habe“, zischte er und schob langsam den Regler an, damit der Zug wieder an Fahrt gewann.
„Hauptsache, die Fuhre rollt wieder, alles andere ist doch egal,“ grinste Rudi. Endlich waren sie wieder zu Hause und Franz verließ den Führerstand mit knappen Gruß.
Rudi musste jetzt noch ausschlacken und Wasser und Kohle bunkern. Man sah ihm an, dass er es als ungerecht empfand, länger als der Lokführer arbeiten zu müssen.
Franz ging nach Hause und spülte seinen Ärger mit einer Flasche Bier hinunter.
„Heizer“ , dachte er „ja, er ist derjenige der länger und mehr arbeiten muss als der Lokführer“, aber er war auch Heizer gewesen und hatte immer zum Lokführer aufgesehen und ihn bewundert. Ohne Murren hat er alles erledigt, was von ihm verlangt wurde und dass er die Lokführerprüfung bestanden hat ist eben auch eine Leistung, für die er jetzt eben Privilegien hat und da kann er ja wohl etwas Respekt erwarten und nicht die Einmischung in seine Arbeit, so als wären zwei Lokführer auf der Maschine.
Am nächsten Tag ging er mit leichtem Widerwillen zum Dienst. Der Ärger mit dem Heizer vergällt ihm die ganze Freude an der Arbeit. Wenn er heute wieder abfahrbereit am Bahnsteig steht, schmeiße ich ihn von der Lok schwor er sich. In der Lokleitzentrale nahm er seinen Fahrauftrag entgegen. Leicht gereizt ging er zum Lokschuppen. Die BR 38 stand dampfend vor der Drehscheibe und Rudi war mit letzten Handgriffen beschäftigt.
„Morgen, Meister“, begrüßt er ihn artig, aber Franz meinte einen gewissen ironischen Unterton ausmachen zu können.
Er kletterte auf den Führerstand und bewegte die Lok feinfühlig auf die Drehscheibe. Langsam setzte er rückwärts an den Zug und Rudi kuppelte an.
Das Ausfahrsignal ging auf „Fahrt frei“ und die Lok zog an. Franz öffnete den Regler, legte die Steuerung aus und schloss die Zylinderhähne. Die Lok rollte gemächlich mit ihren siebenPersone- und zwei Güterwagen über das Gleis. Die heutige Strecke war ohne Steigung, so dass eigentlich nichts mehr schief gehen konnte. Das Wetter war klar, die Sonne schien und es war warm. Aus den Wiesen stieg Dunst auf, der rasch an Höhe gewann und allmählich die Sonne verwässerte. Langsam bildete sich Nebel und Franz musste genau auf die Strecke achten, damit er kein Signal übersah. Auch Rudi spähte angestrengt durch die dichter werdende Waschküche, die sich gebildet hatte. Franz warf einen Blick auf den Buchungsfahrplan und nahm den Regler etwas zurück.
„Signal auf Halt“ schrie Rudi plötzlich. Franz erschrak, er hatte weder ein Vorsignal noch ein Hauptsignal gesehen, dass „Halt“ zeigte.
„Brems, Mann, brems!“ Franz war wie erstarrt. Sollte er hier auf freier Strecke ein Vollbremsung riskieren wegen eines Heizers, der sich als Chef aufspielt? Er fühlte sich zur Seite gestoßen, sah nur noch den breiten rußgeschwärzten Rücken von Rudi vor sich, der riss den Regler zurück, zog sämtliche Bremshebel an, legte die Steuerung auf Rückwärtsfahrt, sandete die Gleise, gab Volldampf und löste gleichzeitig die Lokbremse. Mit schrillem Kreischen schleuderten die Räder rückwärts, griffen in den Sand, während der ganze Zug nach vorne schlidderte. Gleichzeitig kreischten die fest angezogenen Räder der Waggongs über das Gleis. Franz wollte Rudi zurückreißen, konnte aber nur wie gelähmt hinter ihm stehen, während er mit Entsetzen über die Schulter von Rudi sehen musste, wie sich vor ihm langsam und immer deutlicher die Konturen eines Waggons aus dem Nebel schälte. Er trug die Zugschlussscheiben auf dem Dach und war das Ende eines vor ihm stehenden Zuges. Mit ohrenbetäubendem Knall krachten die vorderen Puffer der Lok gegen die letzten des Waggons des vor ihnen stehenden Zuges. Der vor ihnen stehende Waggon sprang aus den Schienen, drückte sich in den vorletzten Wagen und kippte leicht zur Seite. Dann endlich standen beide Züge. Rudi zog den Regler auf Null und betätigte die Lokbremse. Dann sprang er von der Lok und lief nach vorne zu dem touchierten Zug. Franz war unfähig zu reagieren, dann stieg er langsam von der Lok und ging nach hinten zu seinen Waggongs, um nach den Reisenden zu sehen. Der Zugführer Huber kam ihm entgegen und hielt sich den rechten Arm, an dem er sich offensichtlich verletzt hatte. „Jemand verletzt“, fragte Franz beklommen und seine Kehle fühlte sich trocken wie ein Reibeisen an. Einige Passagiere verließen mit fragenden Gesichtern den Zug und stolperten auf der Böschung Richtung Zugspitze. Franz saß mit leerem Blick am Fuße der Böschung, als die Sanitäter ihn auffanden und auf einer Trage zum Krankenwagen brachten.
Franz wirkte immer noch leicht lethargisch, als er im Gerichtssaal saß und der Gutachter berichtete, dass man bei dem Nebel das haltzeigende Hauptsignal kaum sehen konnte. Das Vorsignal fehlte, denn dieses war durch die verrutschte und nach außen ragende Ladung eines vorausfahrenden Güterzuges abgeknickt worden. Der Zugführer dieses Zuges hatte das bemerkt und am Hauptsignal anhalten lassen, um über den Streckenfernsprecher Meldung zu machen. Franz Wiesenkamp konnte also wegen des fehlenden Vorsignals nicht erkennen, dass das Hauptsignal „Halt“ gebot.
Nur durch das reaktionsschnellem Handeln von Franz Wiesenkamp wurde verhindert, dass nicht noch mehr passiert sei.
Franz Wiesenkamp erhielt nur wenige Tage nach seinem Freispruch eine Medaille und eine Urkunde für vorbildliches Verhalten bei Gefahr.
Von Rudi, dem Heizer, hörte man nichts mehr. Auch Huber wusste nur, dass er Rudi hieß und in der Personalabteilung kannte man zwar eine Menge Rudis, die Heizer waren, aber von denen war es keiner gewesen.
Franz Wiesenkamp platzte fast vor Stolz, als er nach vorne gerufen wurde. Er hatte extra den guten dunklen Anzug angezogen mit Hemd und Krawatte.
Aus dem Augenwinkel versuchte er seine Eltern zu fixieren, der Vater saß stolz und kerzengerade, die Enden seines Schnäuzers reckten sich nach oben, wie sie es immer taten, wenn er hocherfreut lächelte. Seine Mutter lächelte etwas verstohlener und verlegener, da es sich für eine Frau nicht gehörte ihre Gefühle so offen zur Schau zu stellen. Auch sie hatten extra den Sonntagsstaat angelegt für diese Feierstunde, in der ihr Sohn sein Diplom als Lokführer erhalten sollte.
Franz spürte den kräftigen Händedruck des Prüfbeamten, der in beglückwünschte und noch einmal herausstellte, dass er der Beste des Lehrganges war.
Mit dem Diplom in der Hand setzte er sich wieder in die Reihe seiner Kameraden, die ebenfalls ihr Diplom erhalten hatten.
Schon am nächsten Tag fand er sich eine Stunde zu früh in der Lokleitzentrale ein, um den Fahrbefehl für den P 3874 entgegenzunehmen. Die zugeteilte Lok war eine Dampflokomotive der Baureihe 38. Langsam ging er über das Gelände des Betriebswerkes. Schon von weitem sah er sie stehen, schwarz glänzend in der Sonne strahlend mit roten Rädern und weißem Qualm über dem Schlot.
Er begegnete ihr von vorne, streichelte über den Umlauf, bewunderte ihre hohen Treibräder. Dann erreichte er den Aufstieg zum Führerhaus und erschrak. Ein großer breitschultriger Kerl lehnte sich aus der Türöffnung und grinste in mit breitem Mund und weißen Zähnen aus einem rußverschmierten Gesicht an.
"Hallo, Franz", begrüßte er ihn, "ich bin dein Heizer". An den Heizer hatte er gar nicht mehr gedacht. Dabei war er doch jahrelang selbst als Heizer gefahren, hatte sich da seine Sporen verdient, bevor er die Ausbildung zum Lokführer begann.
"Sei nicht allzu vertraulich mit den Heizern, du gerätst sonst schnell unter die Räder", hatte sein Ausbilder ihn ermahnt.
"Hallo", grüßte er knapp zurück und schwang sich dann so elegant wie möglich auf den Führerstand. Er wollte vor dem Heizer eine möglichst gute Figur machen. "Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung". Der Heizer wischte sich die Hand an einem Lappen ab und steckte sie Franz entgegen. "Ich bin der Rudolf, kannst Rudi zu mir sagen". "Wiesenkamp", stellte Franz sich knapp vor. "Haben Sie auch einen Nachnamen?" Franz betonte das "Sie", erschrak darüber selbst und spürte wie seine Ohren rot wurden und anfingen heiß zu werden. Augenblicklich wich das breite Dauergrinsen aus dem Gesicht des Heizers. "Ah, so ist das, der Herr ist ja jetzt was Besseres. Aber Sie können trotzdem Rudi zu mir sagen - bin ich so gewöhnt, Herr Wiesenkamp."
Franz spürte, dass er jetzt pluderrot wurde und schob sich wortlos an dem Heizer vorbei zu seinem Platz am Regler. Es war seine erste Alleinfahrt und er war jetzt so nervös, dass er nicht mehr wusste, wie er die Lok in Gang setzen sollte. Er legte zuerst die Steuerung aus, löste die Bremsen und betätigte langsam den Regler. Langsam und knarrend setzte sich die Maschine in Bewegung. Franz bemerkte sofort seinen Fehler, die Lok fuhr vorwärts, statt rückwärts.
"Hallo, Meister zum Bahnhof geht's hier lang". Der Daumen des Heizers zeigte nach rückwärts. Wortlos schloss Franz den Regler, legte rasch die Steuerung aus und öffnete den Regler erneut. Die Lok reagierte und zog kräftig zurück. Franz schaffte es gerade noch vor dem Wartezeichen zum Stehen gekommen. So hatte er sich seine erste Fahrt nicht vorgestellt. Irgendwie hatte er an alles mögliche gedacht, nur nicht daran, dass ja ein zweiter Mann auf der Lok mitfuhr, mit dem er jetzt auf Gedeih und Verderb bei jeder Fahrt zusammenarbeiten musste.
Das Licht am Wartezeichen leuchtete auf und Franz setzte die Lok langsam auf Gleis 1 gegen den Zug. Der Heizer sprang kurz vor Erreichen des ersten Wagens ab, lief zu dem Wagen, hielt den Kupplungshaken hoch und hängte in an der Lok ein, als Franz sanft gegen die Puffer stieß. Er betätigte die Lokbremse und als Rudi die Schläuche verbunden hatte, auch die Zugbremse. Unter dem Zug zischte es und die Lok spie Dampf in den Himmel. Rudi schwang sich mit einer Hand in den Führerstand und warf einen Blick über die verschiedenen Manometer und Füllungsanzeiger. Er vermied es Franz anzusehen und beobachtete statt dessen gespannt das Ausfahrsignal. Der Aufsichtsbeamte kam und reichte Franz den Bremszettel. Dann hob sich der Signalflügel und Franz öffnete den Regler. Er hatte das Gewicht des Zuges unterschätzt und die Räder schleuderten leicht, bis er den Regler zurücknahm und der Zug gleichmäßig zu rollen begann. Die Fuhre rumpelte über die Ausfahrweichen. Jetzt konnte Franz den Regler aufmachen und Fahrt aufnehmen. Die Fahrt verlief in leicht angespannter Atmosphäre. Aber Franz wurde immer sicherer und bewegte den Zug vorschriftsmäßig, so wie er es gelernt hatte.
Den Heizer der eifrig schaufelte und die Instrumente beobachtete, hie und da an den Handrädern drehte, die Strecke beobachtete und ihm die Signalzustände zurief, ohne ihn dabei anzusehen, sondern den Blick eisern geradeaus auf das Signal hielt. Schließlich erreichten sie planmäßig wieder den Heimatbahnhof und Franz fuhr die Lok noch ins Betriebswerk. Er stellte die Lokbremse fest, murmelte ein „bis morgen denn…“ und schickte sich an die Leiter nach unten zu steigen. „Wer fährt die Lok den in den Schuppen, wenn ich hier fertig bin?“ hörte er den Heizer knurren. „Ich denke Sie haben eine Reglerberechtigung?!“ gab Franz erstaunt zurück.
„Ja, so; das darf ich dann wohl machen, schönen Feierabend wünsche ich.“
Rudi dreht sich missmutig um, und begann die Lok abzurüsten.
Am nächsten Morgen musste Franz schon um 05.00 Uhr den Frühzug übernehmen und stolperte mit seiner Aktentasche über das Bahngelände in Richtung Drehscheibe, wo er die Lok übernehmen wollte. Allerdings war von der Lok die im Schuppen stehen sollte nichts zu sehen. Vom Bahnsteig her ertönte ein kurzer Pfiff und als Franz sich umsah erblickte er den kompletten Zug, der bereits am Bahnsteig fertig zur Ausfahrt bereit stand. Erstaunt ging er auf den Zug zu. Rudi putzte eifrig mit einem Wolllappen an den Instrumenten und Gestängen herum. „Wir können früher los – ist bloß ein gemischter Zug – alles schon mit dem Fahrdienstleiter geklärt – fährt eh kein Mensch mit,“ erklärte Rudi im Telegrammstil.
„Wer hat den Zug fertig gestellt? fragte Franz.
„Na, ich“ kam es achselzuckend zurück.
„Das ist aber nicht Ihre Aufgabe………..“
"Nun, ja, wenn ich im Betriebswerk rangieren darf, kann ich das doch auch im Bahnhof. -- Ist ja nicht schwer", tönte Rudi mit breitem Grinsen und begann eilfertig an den Instrumenten zu putzen, so dass Franz nichts mehr erwidern konnte.
"Stellt hier kurz mal seine Tätigkeit höher als meine", dachte Franz wütend. Irgendwann hatte er genug von solchen Eigenmächtigkeiten, dann würde er eine Beschwerde schreiben. Scheppernd ging das Formsignal auf „Fahrt frei“.
„Fahrt frei“, rief Rudi, „auf geht’s.“
Franz lehnte sich aus seinem Fenster blickt nach vorne und zurück den Zug entlang. Die Lok zog etwas ruckartig an, was an Franz Ärger lag. Sie waren jetzt fünf Minuten vor Plan und es passte Franz keineswegs vor Plan zu fahren, da Fahrgäste, die auf die Minute pünktlich waren, den Zug nicht mehr erreichten.
Rudi zeigte sich fleißig wie immer, schaufelte, putzte, beobachtete die Strecke, bei einem Halt sprang er von der Lok, prüfte die Bremsen und ölte die Lager.
In Heppingen musste Franz kurz die Toiletten aufsuchen und sprang von der Lok. Als er wiederkam hatte Rudi den Zug bis zum Signal vorgezogen. Wütend erklomm er die Lok und stellte Rudi zur Rede.
„Der Zugführer Herr Huber meinte, ich solle vorziehen bis zum Signal“, verteidigte er sich.
„Der Zug wird nur vom Lokführer geführt, Sie haben nur eine Reglerberechtigung für das BW und nur dort dürfen Sie die Lok bewegen!“
Franz fühlte wieder wie er pluderrot wurde und verfluchte sich innerlich dafür.
„Bitte unterlassen Sie künftig solche Eigenmächtigkeiten, wie auch heute morgen!“
„Is’ ja schon gut, hab nur gemacht, was der Huber gesagt hat!“
Das Signal ging schon auf Fahrt und Franz musste anfahren, nahm sich aber vor mit dem Zugführer zu reden.
Huber lachte nur kurz, als Franz in auf das Verhalten des Heizers ansprach. Er war ein älterer gemütlicher Mensch mit vollem grauem Haar. „Junge reg’ dich nicht auf, sei froh dass du so einen Heizer hast, der Rudi ist ein feiner Kerl, der kann was und er arbeitet dir doch zu, na und wenn was passiert wäre, ginge das auf meine Kappe. Schließlich habe ich die Verantwortung für den ganzen Zug.“ Er klopfte Franz wohlwollend auf die Schulter und schwang sich in einen der wenigen Personenwagen hinter der Lok.
Als Franz wieder auf dem Führerstand war umspielte ein leichtes Grinsen das Gesicht des Heizers und er fragte doch tatsächlich, ob er nicht die Steigung hochfahren solle, da dies ein schwieriges Stück sei und Franz noch unerfahren. Franz fühlte nur wie sein Blut kochte und war unfähig auf solch eine Frage zu antworten. Wortlos drehte er das Steuerrad und öffnete den Regler. Rudi sah in nur an. Er wartete offenbar noch immer auf eine Antwort. Als diese nicht kam, wandte er sich kopfschüttelnd seiner Arbeit zu.
Franz ging die Steigung schwungvoll an. Gefühlvoll nahm er den Regler zurück und freute sich insgeheim, dass die Räder griffen und die Fuhre ruhig und gleichmäßig den Berg hinauf rollte. Aber er hatte sich zu früh gefreut, denn jetzt kam eine enge Rechtskurve, in der er Fahrt wegnehmen musste und in der die Räder hie und da zum Schlupfen neigten.
Und dann stockte ihm der Atem; die Strecke wurde noch steiler und das Vorsignal am Ende der Kurve zeigte „Halt erwarten“ an.
„Auch das noch,“ dachte Franz, „so ein Mist, hoffentlich ging das Hauptsignal rechtzeitig auf“. Aber Franz hatte sich verrechnet. Obwohl er sich so langsam als möglich herantastete, blieb das Hauptsignal auf „Halt“ , bis er schließlich zum Stillstand kam , um dann wie zum Hohn auf „Fahrt frei“ zu gehen.
Jetzt schleuderten die Räder und Franz betätigte den Sandstreuer, worauf die Lok einen Ruck nach vorne machte, um gleich wieder mit durchdrehenden Rädern stehen zu bleiben.
„Sachte, nicht soviel Sand – Regler zurücknehmen – nicht so hastig – Steuerung enger auslegen.“ Franz hörte die Anweisungen des Heizers und fühlt sich in die Ausbildung zurückversetzt. Am meisten regte ihn die ruhige, monotone, sichere Stimme auf, als wäre der ein altgedienter Ausbilder und er ein absoluter Anfänger. Das schlimmste aber war, dass er recht hatte und nur so der Zug wieder flott gemacht werden konnte. Langsam griffen die Räder wieder und knirschend fassten sie Fuß auf dem Gleis. Da Franz so handelte wie der Heizer sagte, sah es so aus, als handle er nach dessen Anweisung, was noch durch die Bemerkung „Na, also, geht doch“ desselben verschärft wurde. Franz hatte bislang eine gewisse Furcht vor diesem Heizer und vermied es sich mit ihm zu streiten.
„Danke, aber ich weiß selbst was ich zu tun habe“, zischte er und schob langsam den Regler an, damit der Zug wieder an Fahrt gewann.
„Hauptsache, die Fuhre rollt wieder, alles andere ist doch egal,“ grinste Rudi. Endlich waren sie wieder zu Hause und Franz verließ den Führerstand mit knappen Gruß.
Rudi musste jetzt noch ausschlacken und Wasser und Kohle bunkern. Man sah ihm an, dass er es als ungerecht empfand, länger als der Lokführer arbeiten zu müssen.
Franz ging nach Hause und spülte seinen Ärger mit einer Flasche Bier hinunter.
„Heizer“ , dachte er „ja, er ist derjenige der länger und mehr arbeiten muss als der Lokführer“, aber er war auch Heizer gewesen und hatte immer zum Lokführer aufgesehen und ihn bewundert. Ohne Murren hat er alles erledigt, was von ihm verlangt wurde und dass er die Lokführerprüfung bestanden hat ist eben auch eine Leistung, für die er jetzt eben Privilegien hat und da kann er ja wohl etwas Respekt erwarten und nicht die Einmischung in seine Arbeit, so als wären zwei Lokführer auf der Maschine.
Am nächsten Tag ging er mit leichtem Widerwillen zum Dienst. Der Ärger mit dem Heizer vergällt ihm die ganze Freude an der Arbeit. Wenn er heute wieder abfahrbereit am Bahnsteig steht, schmeiße ich ihn von der Lok schwor er sich. In der Lokleitzentrale nahm er seinen Fahrauftrag entgegen. Leicht gereizt ging er zum Lokschuppen. Die BR 38 stand dampfend vor der Drehscheibe und Rudi war mit letzten Handgriffen beschäftigt.
„Morgen, Meister“, begrüßt er ihn artig, aber Franz meinte einen gewissen ironischen Unterton ausmachen zu können.
Er kletterte auf den Führerstand und bewegte die Lok feinfühlig auf die Drehscheibe. Langsam setzte er rückwärts an den Zug und Rudi kuppelte an.
Das Ausfahrsignal ging auf „Fahrt frei“ und die Lok zog an. Franz öffnete den Regler, legte die Steuerung aus und schloss die Zylinderhähne. Die Lok rollte gemächlich mit ihren siebenPersone- und zwei Güterwagen über das Gleis. Die heutige Strecke war ohne Steigung, so dass eigentlich nichts mehr schief gehen konnte. Das Wetter war klar, die Sonne schien und es war warm. Aus den Wiesen stieg Dunst auf, der rasch an Höhe gewann und allmählich die Sonne verwässerte. Langsam bildete sich Nebel und Franz musste genau auf die Strecke achten, damit er kein Signal übersah. Auch Rudi spähte angestrengt durch die dichter werdende Waschküche, die sich gebildet hatte. Franz warf einen Blick auf den Buchungsfahrplan und nahm den Regler etwas zurück.
„Signal auf Halt“ schrie Rudi plötzlich. Franz erschrak, er hatte weder ein Vorsignal noch ein Hauptsignal gesehen, dass „Halt“ zeigte.
„Brems, Mann, brems!“ Franz war wie erstarrt. Sollte er hier auf freier Strecke ein Vollbremsung riskieren wegen eines Heizers, der sich als Chef aufspielt? Er fühlte sich zur Seite gestoßen, sah nur noch den breiten rußgeschwärzten Rücken von Rudi vor sich, der riss den Regler zurück, zog sämtliche Bremshebel an, legte die Steuerung auf Rückwärtsfahrt, sandete die Gleise, gab Volldampf und löste gleichzeitig die Lokbremse. Mit schrillem Kreischen schleuderten die Räder rückwärts, griffen in den Sand, während der ganze Zug nach vorne schlidderte. Gleichzeitig kreischten die fest angezogenen Räder der Waggongs über das Gleis. Franz wollte Rudi zurückreißen, konnte aber nur wie gelähmt hinter ihm stehen, während er mit Entsetzen über die Schulter von Rudi sehen musste, wie sich vor ihm langsam und immer deutlicher die Konturen eines Waggons aus dem Nebel schälte. Er trug die Zugschlussscheiben auf dem Dach und war das Ende eines vor ihm stehenden Zuges. Mit ohrenbetäubendem Knall krachten die vorderen Puffer der Lok gegen die letzten des Waggons des vor ihnen stehenden Zuges. Der vor ihnen stehende Waggon sprang aus den Schienen, drückte sich in den vorletzten Wagen und kippte leicht zur Seite. Dann endlich standen beide Züge. Rudi zog den Regler auf Null und betätigte die Lokbremse. Dann sprang er von der Lok und lief nach vorne zu dem touchierten Zug. Franz war unfähig zu reagieren, dann stieg er langsam von der Lok und ging nach hinten zu seinen Waggongs, um nach den Reisenden zu sehen. Der Zugführer Huber kam ihm entgegen und hielt sich den rechten Arm, an dem er sich offensichtlich verletzt hatte. „Jemand verletzt“, fragte Franz beklommen und seine Kehle fühlte sich trocken wie ein Reibeisen an. Einige Passagiere verließen mit fragenden Gesichtern den Zug und stolperten auf der Böschung Richtung Zugspitze. Franz saß mit leerem Blick am Fuße der Böschung, als die Sanitäter ihn auffanden und auf einer Trage zum Krankenwagen brachten.
Franz wirkte immer noch leicht lethargisch, als er im Gerichtssaal saß und der Gutachter berichtete, dass man bei dem Nebel das haltzeigende Hauptsignal kaum sehen konnte. Das Vorsignal fehlte, denn dieses war durch die verrutschte und nach außen ragende Ladung eines vorausfahrenden Güterzuges abgeknickt worden. Der Zugführer dieses Zuges hatte das bemerkt und am Hauptsignal anhalten lassen, um über den Streckenfernsprecher Meldung zu machen. Franz Wiesenkamp konnte also wegen des fehlenden Vorsignals nicht erkennen, dass das Hauptsignal „Halt“ gebot.
Nur durch das reaktionsschnellem Handeln von Franz Wiesenkamp wurde verhindert, dass nicht noch mehr passiert sei.
Franz Wiesenkamp erhielt nur wenige Tage nach seinem Freispruch eine Medaille und eine Urkunde für vorbildliches Verhalten bei Gefahr.
Von Rudi, dem Heizer, hörte man nichts mehr. Auch Huber wusste nur, dass er Rudi hieß und in der Personalabteilung kannte man zwar eine Menge Rudis, die Heizer waren, aber von denen war es keiner gewesen.
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