Der Held

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anbas

Mitglied
Der Held

Hans Niemand hatte einen Traum,
in dem ging's nicht ums große Geld.
Er wollte was Besond'res sein
und wünschte sich, er wär' ein Held.

Doch war sein Leben öd und leer,
ihm fehlte jeder Heldenmut.
Auch war er gleich der Ohnmacht nah,
sah er nur einen Tropfen Blut.

Hans hatte aber ein Talent
(für ihn war das schon ziemlich viel).
Er sang begeistert Arien,
was andren auch sehr gut gefiel.

Und dies Talent sprach sich bald rum.
Allmählich wurde er bekannt.
Bis irgendwann sein Name dann
ganz groß auf den Plakaten stand.

Hans kam es wie ein Märchen vor,
sein Traum wurd' wahr, denn als Tenor
gab mit Erfolg, gottlob er,
den Helden in der Oper.
 

molly

Mitglied
Hallo Andreas,

wieder eine nette Geschichte! Wer möchte nicht mal ein Held sein? Aber bei diesem Vers komme ich ins stolpern (blau):

Hans hatte aber ein Talent
(für ihn war das schon ziemlich viel).
Er sang begeistert Arien,
[blue]was andren auch sehr gut gefiel[/blue].

Für mich liest es sich ohne "auch" flüssiger.

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag
molly
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Märchen

Da ich Hans heiße, probiere ich natürlich diese Rolle aus (wie ein Kleidungsstück), und dann merkt man gleich, wo's schlecht geschneidert ist.
Hans hatte aber ein Talent
(für ihn war das schon ziemlich viel).
Er sang begeistert Arien,
was andren auch sehr gut gefiel.
Es ist für jeden "viel", ein Talent zu haben; wenn es für den Hans "schon ziemlich viel" ist, dann scheint er ein sehr normaler Mensch zu sein, warum auch nicht?
Der Reim von "gefiel" auf "viel" ist mißtönend, man nennt es einen "rührenden Reim", was andren auch sehr schlecht gefällt.
Hans kam es wie ein Märchen vor,
sein Traum wurd' wahr, denn als Tenor
gab mit Erfolg, gottlob er,
den Helden in der Oper.
Ausgerechnet in der Schlußklausel, in der Pointe, ein so grauenhafter Mißklang wie dieser Reim - schweigen wir davon.

Es ist ein hartes Stück Arbeit, solche eine Ausbildung durchzustehen, sein Talent mit unermüdlicher Übung auszubauen und als Sänger an einer Oper angestellt zu werden. Und dann geht's erst los: Hast Du eine Vorstellung davon, wie ein Tenor sich eine größere Rolle erarbeitet, vom verstehenden Notenlesen übers Auswendiglernen hin zum lampenfieberpeinlichen Seiltanz vor dem kritischen Publikum? Vor den Ohren und Augen der Kritiker und der "Kenner", ganz zu schweigen von den Witzen, denen Bratscher und Tenöre unter den Musikern so ausgesetzt sind, wie Blondinen und Ostfriesen im außermusikalischen Leben?
Ich glaube kaum, daß irgendein Tenor diesen Beruf ergriffen hat, weil er damit seinen Wunsch nach "Helden"-Anerkennung kompensieren will.

grusz, hansz
 

anbas

Mitglied
Hallo Monika,

wenn ich das "auch" wegnehmen würde, müsste ich schreiben
was and[red]e[/red]ren sehr gut gefiel.
damit die Metrik wieder passt. Auf das "auch" will ich hier aber nicht verzichten.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Hallo Hansz,

der erste Entwurf für diese Zeilen stammt aus dem Jahr 2009 - also einer Zeit, in der Du noch nicht in der Leselupe aktiv warst. Ich erwähne das nur, um klarzustellen, dass ich hier niemandem ans Bein ... Aber ich muss zugeben, dass ich - während ich den Text jetzt überarbeitet habe - schon überlegt habe, ob ich den Namen ändern soll, um niemandem auf die Füße zu treten oder überhaupt den Eindruck zu erwecken, dass ich das tun will ;). Doch dann müsste ich irgendwann anfangen, alle Texte mit Namensnennungen umzuschreiben :D.

Was Deine Kritikpunkte betrifft, so scheinen wir einen unterschiedlichen Humor zu haben - zumindest an dieser Stelle. Deine Kritik am handwerklichen Teil wirkt auf mich von sehr weit hergeholt. Mag ja sein, dass Du mit ihr Recht hast, doch dieser Text soll unterhalten - zumindest diejenigen, die diese Art von Humor mögen. Mir ist schon klar, dass das hier kein Meisterwerk ist, doch den Anspruch habe ich an dieser Stelle auch nicht.

Trotz allem danke ich Dir für Deine Rückmeldung. Vor allem über die Anmerkung bezüglich des "rührenden Reimes" werde ich mir noch mal meine Gedanken machen.

Schöne Grüße

Andreas
 
Hallo anbas,
nicht wie Hansz, der mit sz.,
fand ich`s Gedicht doch sehr, sehr nett.

Auch der Werdegang eines Tenors muss nicht immer so sein, wie er schrieb.

Paul Pott sagt dazu:

„Veni, cantabam, vici!“

Viele Grüße,
Marie-Luise
 

anbas

Mitglied
Hallo Marie-Luise,

ich danke Dir - die Geschmäcker sind eben verschieden.

Liebe Grüße

Andreas
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Lieber Andreas,

ich würde die letzten beiden Verse etwas aus dem Ernst des Lebens herausnehmen und schreiben:

gab mit Erfolg er hier und da
den Helden in der Opera.

So klingt der Reim sicher besser und man kann lächeln.

Liebe Grüße

Helmut
 

anbas

Mitglied
Hallo Helmut,

vielen Dank für Deinen Vorschlag. Ich werde noch 'ne Runde drüber nachdenken, aber im Moment gefällt er mir recht gut. Ich hänge noch etwas an der momentanen Lösung, da ich solche Art von Reimen hin und wieder ganz gerne hab. Doch mit Blick auf das Gesamtbild ist Deine Lösung wahrscheinlich die Bessere.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Hallo Marie-Luise,

je länger ich drüber nachdenke, um so mehr schwanke ich (wie so oft). Erst mal werde ich es so stehen lassen. Danke für Deine Rückmeldung.


Hi Label,

klar doch: Paul Potts - ich stand auf dem Schlauch :confused: .
Danke für den Hinweis!


Liebe Grüße an Euch beide!

Andreas
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo anbas,

der jetztige Schluss ist um Welten besser. Die Katalexe um 1 Silbe betont die Pointe und der Reim ist lustig. Passt.

Gruß

J.
 

anbas

Mitglied
Die selbstgesetzte Bedenkzeit ist abgelaufen. Das Ende bleibt, wie es ist.

Danke Jürgen und Marie-Luise für Euren Zuspruch!

Liebe Grüße

Andreas
 
O

orlando

Gast
Hallo anbas,
Helmuts Vorschlag klingt bei Weitem "ordentlicher", gleichwohl ist die jetzige Fassung in meinen Augen die Bessere. - Gerade im letzten Reimpaar liegt ein ganz eigener Witz.
Gesprochen könnte es hier auch au pair heißen (nur gegen Unterkunft und Verpflegung, doch ohne Bezahlung), was die heldnische Erfolgsstory (ebenfalls) auf den Punkt treffen könnte ... :D;)

Brotlose Grüße
orlando
 

anbas

Mitglied
Hallo orlando,

vielen Dank für Deine Rückmeldung und die Bestärkung, den Text zu lassen, wie er ist.

Die Geschichte mit dem Au Pair und dem Helden ist aber eine andere :D.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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