Der Kackvogel

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Anonym

Gast
Ich kam an und siegte. Es war mein erster Sieg. Und Richard schaute ziemlich blöd aus der Wäsche. Aber was kann ich dafür, wenn Richard keinen Plan hat, ob er lieber Mädchen oder Jungs vögeln will. Stattdessen schreibt er Gedichte und weiß sich nicht zu entscheiden, wer der Adressant sein soll. Irgendwo hieß es mal: Wer zu spät kommt, den bestraft diese Einbildung, die man Leben nennt. Oder man dreht den Spieß um und sagt: Der frühe Vogel fängt den Wurm. In dieser Angelegenheit war ich der Vogel, der zeitig genug aufgestanden war und sich auf einem Ast niedergesetzt hatte, um das fröhliche Liedlein anzustimmen, das in den Ohren von S. wie das melodische Rauschen eines Liebesmeeres geklungen haben musste, denn mit einem Mal wollte S. mich.

Das sollte tragische Folgen haben.


Ich fürchte den Vorwurf, denn mein Geist ist schwach. Vielleicht ist dies ein Versuch, das Monster, das ich bin, in irgendeiner Form zu demontieren. Lange habe ich die Menschen dafür verachtet, denn sie trugen die Schuld für das, was ich heute bin. Ich habe keinen Therapeuten gebraucht, nur Monatstickets für den Bus und die Fremde. Das alles ist keine Beichte, denn gebeichtet habe ich tausende Male. Meine Geschichte liegt in den Händen eines toten Gottes und trotzdem ist er Gott. Ein toter Gott. Zumindest in der Nacht, wenn auch ich tot bin.

Ich habe meine Geschichte durch die Fensterscheiben der Busse hinausgestiert. Ich habe sie entlassen. Aber ein entscheidender Schritt fehlt. Es braucht die Worte, denn ich bin nicht Gott, sondern ein blasser Mensch, der einst schön und funkelnd über dem Rest der Menschheit stand. Heute bewege ich mich in Höhe des Bodens. Dort, wo ich einst hinspuckte. Ich schlafe in Höhe des Bodens und ich krauche in Höhe des Bodens. Ich lebe gewissermaßen in Höhe der Toten. Ich habe von ihnen gelernt und ich überlasse Touristen gerne den Platz an der Sonne, wenn sich die Dächer von Cabriobussen öffnen.

Ich werde mich entblößen, um es ein einziges Mal richtig zu durchstehen, um es schließlich ganz zu überstehen. Es gibt keinen anderen Weg für mich. Es wird die Menschheit auf den Grund meiner Seele tauchen. Ich warte auf den ultimativen Schmerz, denn meine Schonzeit ist nun endgültig vorüber.

Der Kackvogel sitzt auf dem Ast und scheißt seine eigene Geschichte in die Öffentlichkeit.

Heute war ein Tag wie jeder andere. Ich fahre den ganzen Tag im Bus herum, ansonsten hätte ich das Gefühl, meine Monatskarte nicht auszunutzen. Also sitze ich im Bus und fahre von Nord nach Süd und von West nach Ost und schaue aus dem Fenster. Es gibt auch eine Touristenmeile und wenn das Wetter gut ist, dann fahre ich sogar im Kreis mit einem sogenannten Touri-Doppel-Locker. So lerne ich nicht nur die Stadt kennen, in die ich vor einem halben Jahr zog, sondern ebenso fremde Menschen, die eigens an diesen Ort kommen, um in einem Bus ohne Dach Geschichten durch das Mikrofon zu hören.

Eigentlich bräuchte ich keine Monatskarte für den Bus. Es würde genügen, wenn ich in meiner Wohnung aus dem Fenster sähe. Obwohl Wohnung das falsche Wort für ein Loch wie das meine ist. Ich hause in einem Kellerobdach, dessen zwei Fenster knapp über dem Erdboden liegen. Ich sehe die Katzen vorbeilaufen oder Coladosen rollen. Als ich vor einem halben Jahr in die Stadt zog, verkaufte ich alles, was ich mitgenommen hatte, um mir die Miete bis zum Ende dieses Sommers leisten zu können. Ich hatte alles ausgerechnet und nun fielen sogar drei Monatskarten für den Bus ab. Es ist eine Erleichterung für mich, tagsüber dieses Loch, in dem nichts außer einem Karton mit Klamotten und einer Matratze ist, zu verlassen.

Nachts trinke ich schweren Rotwein vom Ersparten. Ich verzichte auf Brot und anderes Essbares. Nur ab und zu nehme ich einen von den vegetarischen Dönern. Denn wer einmal diesen zur Hälfte aus Fettschwarten bestehenden Fleischspieß im rohen Zustand hat sehen dürfen, ist für den Rest seines Fleischfresserdaseins bedient. Ich muss vergessen, was gewesen ist und dazu sind die Nächte da. Am Tage sitze ich im Bus und markiere die fremde Person. Ich schäme mich für meine Vergangenheit und dieses Fahren im Bus mit seinen andauernd neuen Stationen nach wenigen hundert Metern erzeugen in mir dieses Vergessen und das Entfernen von dem, was war. Mit all den Haltestellen vergesse ich eine Sekunde mehr meiner Vergangenheit. Vielleicht wäre ein Jahresticket für den Bus die alternative Lösung für mich.
 

ANaKOnDA

Mitglied
lieber A.
vielleicht verstehe ich deine Geschichte einfach nicht, aber der Vogel hat doch noch gar nichts geschissen, oder täusche ich mich?
Man erwartet eine tolle Geschichte aber irgendwie erfährt man letztendlich nur, wie ein Kackvogel durch die Gegend fährt...

liebe grüße
 

Anonym

Gast
Nun, Anakonda, ich finde es hochbrisant, einem durch die Gegend fahrenden Kackvogel zuzusehen. So verschieden können die Erwartungen sein. Danke fürs Lesen und Kommentieren.
 
G

Gelöschtes Mitglied 4259

Gast
Hallo A.,

das ist ein merkwürdiger Text, der mir - trotz des überlaxen, um nicht zu sagen: schnoddrig-vulgären Titels - ein bißchen zu denken gibt. (Wird leider immer seltener hier in der LL...)


Erstaunliche Reflexionen, für meine Begriffe:Meine Geschichte liegt in den Händen eines toten Gottes und trotzdem ist er Gott.
Oder: Ich habe meine Geschichte durch die Fensterscheiben der Busse hinausgestiert.

Ich bin angetan.

Überarbeiten würde ich folende Sätze:

Es braucht die Worte, denn ich bin nicht Gott, sondern ein blasser Mensch, der einst schön und funkelnd über dem Rest der Menschheit stand.: Hier könnte man noch den "Stern" einfügen, also: "...schön und funkelnd wie ein..."

Ich schäme mich für meine Vergangenheit und dieses Fahren im Bus mit seinen andauernd neuen Stationen nach wenigen hundert Metern erzeugen in mir dieses Vergessen und das Entfernen von dem, was war. Hier fehlt ein Komma, der Sinn verändert sich bis hin zur Unverständlichkeit. (Ein oder zwei Kommas könnte man auch an anderen Stellen ergänzen, bei Konjunktionen hat man nach neuer Regel die Wahl.)

LG

P.
 
B

bonanza

Gast
eine geschichte über einsamkeit und armut.
nicht schlecht. die innenschau könnte besser sein.
nicht ausführlicher. um gottes willen! einfach besser.

bon.
 

Anonym

Gast
Danke Euch beiden.

Penelopeia: Deine Anmerkungen untersuche ich unbedingt. Sehr gut, dass du mich darauf hinweist. Danke.

bonanza: Inwiefern stellst Du Dir die Innenschau besser vor? Ich kann mit dem Wort irgendwie gerade nichts anfangen, möchte aber gern verstehen, was Du explizit vermisst. Oder könnte es einfach nur deutlicher herausgearbeitet sein? Wäre mir angenehm, wenn Du Dich dazu nochmal äußern magst.
 
B

bonanza

Gast
wahrscheinlich meine ich: besser - packender - fesselnder
geschrieben. bunter im kontext mit der umwelt.
drastischer, konturvoller, ärmer und reicher zugleich.
dafür gibts keine tipps auf die schnelle.

bon.
 

Anonym

Gast
Ich möchte ja auch weniger Tipps erhalten, als dass ich um eine nähere Umschreibung Deines gebrauchten Wortes "besser" bat. Deine Antwort genügt mir jetzt auch.
 

Inu

Mitglied
Hallo A

Ich las atemlos und dachte, ich hätte den sehr gut geschriebenen Anfang einer interessanten Geschichte vor mir und fing gerade an, mich richtig auf diesen literarischen Leckerbissen zu freuen, da wars ........... aus.

Du schürst falsche Erwartungen, indem Du mehrmals die ( besondere ? ) Vergangenheit Deines Prot. erwähnst. Die Spannung steigt und dann ... NICHTS

Enttäuschend



LG
Inu
 



 
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