Der Kapuzenjunge

van Geoffrey

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Der Kapuzenjunge

Eine Frau zerrt ihren trödelnden Jungen an der Kapuze hinter sich her. Die U-Bahn ist eben in die Station eingefahren und sie beeilt sich, diese nicht zu verpassen.
Ich denke: "Wie praktisch, wenn ein Kind, ohne solchen geboren, durch den textilen Windschutz einen Haltegriff bekommt, um sich mütterlich oder väterlich leiten zu lassen."
Der Kleine träumt und trödelt gerne. Die Welt erscheint ihm voller zauberhafter Abenteuer und will mit den Mitteln der Verführung seine Aufmerksamkeit fesseln. Doch die mütterliche Hand an seiner Kapuze ist unbarmherzig und drängt ihn voran. Gezwungen, den Blick der mütterlicherseits energisch
vorgegebenen Laufrichtung folgen zu lassen, versperrt ihm, dem mühsam Gehorchenden, auch noch der
umgeschlagene Mantelsaum seiner Mutter die Sicht. Halb der Sicht beraubt muss er blind der Führung seiner Mutter vertrauen, die freilich in der Eile ihr Versehen (der Kindersichtbeschränkung) nicht bemerkt.
Im Gesicht des Jungen spiegeln sich Unsicherheit und Erstaunen über diese Vorgehensweise, doch nicht
der leiseste Protest. Ein Schatten der großen Kinderträume, die er eben noch geträumt hat, liegt noch in seinem Blick. Ein Schritt folgt dem anderen. Der Junge fügt sich blindlinks der
mütterlichen Führung. So fest also ist das Vertrauen der Kinder in ihre Mütter, wenn sie gute Mütter
haben.
Dabei lobe ich den praktischen Verstand der Mutter, die einer Kapuze einen neuen, vom Erfinder nicht
gewollten Gebrauchswert verleiht, nicht weniger als das blinde und getroste Vertrauen des Jungen.
 



 
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