Hallo Eberhard,
danke für Deine Frage.
Für mich ergibt sich daraus folgendes Problem. Ich muss mir, wenn ich Dir gescheit antworten möchte, das Thema Lyrik intensiver vertraut machen. Wenn Du als Autor nach einer Antwort auf diese Frage suchst, könnte es dir durchaus geschehen, dass Dir die Lyrik in diesem Augenblick geschieht. Ein banaler Spruch mit einem tieferen Sinn.
Wenn ich das Thema Lyrik richtig verstanden habe, so binden wir in einen Text, ob mit oder ohne Metapher, eine Botschaft ein. Diese kann deutlich ausfallen, oder bewusst so angelegt sein, dass sie beim Leser Assoziationen weckt. Wir unterlegen unsere Sprache mit einem ebenen Rhythmus und bestimmen ein angenehmes Versmass.
Diese Definition lässt dem Autor einen großen Spielraum. An dieser Stelle entsteht fürwahr die Diskussion.
Abgesehen von verschiedenen Geschmäckern, Mentalitäten, dem differenzierten Umgang mit Sprache, gibt es eben auch unterschiedliche Reaktionen auf die Worte des Autors.
Ich denke, vollmundige Kritik, gewaltige (nicht gewalttätige, die steht keinem zu) Kritik bringt jeden von uns weiter, eine Sprache zu entwickeln, die andere Menschen beeindruckt. Doch sollte es für Lyrik eben genau keine Formel geben.
Wir sollten dem Neuen Raum geben. Wir sollten es zulassen Formen aufzubrechen, um daran zu wachsen. Menschen neigen dazu sehr schnell und ängstlich auf den Wind der Veränderung zu reagieren. Deshalb sperren sie sich sehr gern gegen genau diese Dinge. Es hat auch etwas mit der eigenen Reputation zu tun.
Damit möchte ich niemanden angreifen, der das Verständnis Sprache erlernt hat und sich in diesen Sphären bewegt. Schön wenn er es kann und mich obendrein fesselt, berührt. Dafür sage ich gern danke.
Denn das ist für mich das Wichtigste bei Lyrik. Ich möchte berührt werden. Ich möchte das mit einer sehr kurzen Geschichte Bilder in meinem Kopf entstehen. Bilder, die ich verstehe und mich vielleicht zu einer Handlung bewegen.
Dafür braucht es in der Regel eine klare Sprache, womit wir wieder bei den Formeln wären. Die helfen uns selbstverständlich dabei unsere Aussage zu verdeutlichen.
Ich möchte ganz kurz aus der rein geschriebenen Form der Texte ausbrechen. Für mich gehören ebenso Songetexte zu Lyrik. Dabei müssen mir weiß Gott nicht alle gefallen. Bei Liedern ist es so, dass sie als unterstützendes Element eine Melodie unterlegen. Es gibt Menschen, die das mit ihrer bloßen Stimme können. Das ist dann noch einmal eine andere Qualität. Was will ich damit sagen?
Ich will damit ganz deutlich darauf hinweisen, das Lyrik, so ernst und eng, wie sie von einigen gesehen wird, dennoch ein sehr breites Spectrum bedient. Sie ist einer großartigen Historie entwachsen und aus ihrer Geschichte können wir die Frage nach wirklicher Lyrik beantworten.
Aber wir schreiben sie lieber, wir sind Suchende auf dem Weg zu dem einen umwerfenden Text. Wenn wir den gefunden haben, was tun wir dann?
Würdest Du dann aufhören zu schreiben?
Ich ganz sicher nicht. Jedoch ist das ein Grund, warum ich für einen Text von mir, größeren Wert auf die Botschaft, als auf die Technik lege. Das Spiel mit Worten offenbart Dir den Blick für Lyrik aus dem lebenden Aspekt. Sie darf, sie muss sich sogar verändern, um in ihre Zeit hineinzuwachsen.
Also hat auch Wilhelm Busch nach meiner bescheiden Meinung, das Anrecht im Zuge von Lyrik genannt zu werden.
Er beherrschte Sprache so gut, dass er mir, als er mir in meinen Kinderjahren begegnete, es sehr leicht machte, ihn zu verstehen. Ich bin regelrecht in den Witz seiner Texte und Botschaften eingetaucht. Ich habe mich darüber gefreut, dass ein Autor mir sagte:
"Es ist völlig in Ordnung, dass es Lausbuben gibt. Ich kann damit Seiten fühlen und die Menschen zum Lachen bringen, ich wecke bei ihnen Emotionen und rege sie zum Sprechen an. Sie erzählen mir neue Geschichten."
Ich weiß nicht, ob Dir diese Antwort hilft, oder ob sie Dir gefällt.
Wir sollten uns nicht zu ernst nehmen, bei unserem Treiben, sondern vielmehr die Gabe, die wir da haben genießen und mit ihr auf andere Menschen zugehen, um deren Emotionen zu wecken, zu beschreiben oder vielleicht sogar zu bestätigen.
Schlussendlich ist es doch so, dass alle hier in der Leselupe mit ihren Texten verstanden werden wollen. Sonst würden sie kaum den Weg in die Öffentlichkeit suchen. Dann schrieben sie in ihrem kleinen selbstgeschaffenen Refugium für sich allein und lobten sich unter Umständen ein langes Leben selbst, anstatt sich der Kurzweil einer lebendigen Diskussion auszusetzen.
Verdammt viele Worte lieber Eberhard. Danke, dass Du mir die Gelegenheit dazu gegeben hast.
Lieben Gruß vom GAP