Der Krautsalat

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Frabel

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Der Krautsalat (Ein Emmerich-Gedicht)

Bevor er gleich zur Arbeit fährt,
ist Emmerich noch unbeschwert.
Die Fleischertheke, dort wo man
sich auch Salate kaufen kann,
ist grade sein erklärtes Ziel.
Geht sicher schnell, er braucht nicht viel.
Und er sieht gleich, als er vor Ort:
Es steht nur eine Dame dort.
Dies findet Emmerich erfreulich,
denn er hat es etwas eilig.
Er möchte eine kleine Schale
vom Krautsalat, der fast schon alle.
Drum stellt er sich auch wartend hin,
da kommt schon die Verkäuferin.
Sie fragt und lächelt dabei fein:
"Frau Heidenreich, was darf es sein?"
Doch diese zieht die Stirne kraus
und sieht recht unentschlossen aus.
"Von der Leberwurst ein Stück,
die grobe da ... doch nicht so dick!
Schneiden sie es bitte kleiner.
War die Wurst nicht früher feiner?
Oh je, da kommt mir in den Sinn:
Ist da etwa Knoblauch drin?
Nein, Knoblauch den vertrag ich nicht,
da krieg ich Pickel im Gesicht.
Dann nehme ich die Teewurst eben ...
nicht die da, sondern die daneben!
Wieso ist das ne Zwiebelwurst?
Die bläht so stark und macht so Durst.
Dann lassen wir die Streichwurst sein,
nur ein Stück Speck noch, aber klein!
Was bin ich Ihnen also schuldig?"
Emmerich wird ungeduldig!
"Da fällt mir ein, ich brauche doch
ein paar Scheiben Schinken noch.
Ich nehme drei ... ach lieber vier ...
nein, nein, doch drei. Na. Das Papier,
Das wiegen Sie ja wohl nicht mit?
Die Hähnchenschnitzel sind der Hit!
Sind die heut im Angebot?
Au weia, Fleischsalat fürs Brot!
Mein Mann, der könnt den täglich essen ...
den hätt ich beinah jetzt vergessen.
Und hundertzwanzig Gramm von dem
Sülzfleisch wären angenehm.
Ich denk, das war es jetzt für mich!"
Emmerich kocht innerlich.
"Doch halt, du meine liebe Güte,
Da fehlt noch Käse in der Tüte.
Ist Gouda da? Was für ein Glück,
dort ganz weit hinten liegt ein Stück.
Dann machen sie mal ein, zwei Schnitte
und entrinden sie ihn bitte.
Ziegenkäse brauch ich auch,
aber bloß nicht den mit Lauch.
Den ohne Lauch ham sie nicht mehr?
Dann nehm ich etwas Camembert.
Der geht mal als Ersatz zur Not."
Emmerich ist puterrot.
"War's das?", sinniert Frau Heidenreich
und die Erleuchtung folgt sogleich:
"Ach Frollein, Mensch, ich seh dort grad
den Rest von Ihrem Krautsalat!
Zwar hätt ich davon gerne mehr,
denn der schmeckt wirklich legendär,
doch packen sie das Bisschen ein,
dieser Krautsalat sei mein!"
Frau Heidenreich schaut aufgebracht,
als Emmerich hysterisch lacht.
Er presst die Hand vor seinen Mund
und kichert scheinbar ohne Grund.
Dann wendet er sich ab und geht,
zur Arbeit kommt er jetzt zu spät.
 

SánchezP

Mitglied
Hallo Frabel,

erstmal herzlich willkommen in der Leselupe:).

Dein Gedicht beschreibt gekonnt in gewollter Langwierigkeit auf unterhaltsame Weise eine Alltagssituation, die die meisten von uns bestimmt schon einmal in ähnlicher Form erlebt haben – finde ich klasse.

Erinnert mich etwas an ein Gedicht von mir über ein ähnliches Thema.

Viele Grüße

Sánchez
 

Frabel

Mitglied
Erinnert mich etwas an ein Gedicht von mir über ein ähnliches Thema.

Hallo Sánchez,
Vielen Dank für Deine nette Antwort :)
Du hast Recht. Die Gedichte ähneln sich. Aber Du wirst lachen: Zum Thema Kassenschlange gibt es natürlich auch noch eins aus dem "Emmerich-Zyklus". Allerdings noch nicht hier ;)
Alles Gute
Frabel
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöschtes Mitglied 13736

Gast
Hallo Frabel,
Auch von mir ein herzliches Willkommen in der Leselupe. Nun, ein flottes Werk. Gefällig gereimt. Vielleicht etwas lang. Eine Einteilung in Strophen hätte der Übersicht nicht geschadet.
Lieben Gruß
Oscarchen
 

Frabel

Mitglied
Hallo Oscarchen,
auch Dir vielen Dank für's Willkommen :). Vor Dir habe ich ja heute hier schon Einiges gelesen.
Danke auch für den Tipp mit den Strophen. Das mach ich normalerweise ... meistens ... auch so. Hier hatte ich es durchgängig gelassen, um das Gefühl der Warterei irgendwie "sichtbarer" zu machen.
Alles Gute
Frabel
 

Frabel

Mitglied
Hallo Dirk,

tja ... es gibt so Augenblicke, da braucht man länger, als man denkt ;)

Liebe Grüße

Frabel
 



 
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