Arcos
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Der letzte Atem*
Der alte Mönch saß regungslos im Schneidersitz. Draußen klangen die Glocken des Morgens, doch in seiner Zelle herrschte eine Stille, die tiefer war als jedes Schweigen. Er hatte den Tod nicht gefürchtet. Er hatte ihn gesehen, Tag für Tag – in den fallenden Blättern, im Vergehen der Gedanken, in der Stille zwischen zwei Atemzügen.
Als sein Herz zu schlagen aufhörte, bewegte sich niemand. Die jungen Mönche wussten: Dies war nicht das Ende, sondern der Beginn seiner letzten Meditation.
Drei Tage vergingen. Dann vier. Sein Körper blieb unverändert – warm, aufrecht, unversehrt, als würde er noch immer lauschen, als hielte er den Raum zwischen den Welten offen. Manche sagten, der Geist sei noch da, in tiefer Versenkung, im klaren Licht des Geistes, das jenseits von Ich und Welt liegt.
Er meditierte nicht mehr. Er wurde zur Meditation. Ein reiner Geist, der sein irdisches Leben erträumt.
Am siebten Tag geschah etwas Unsichtbares. Kein Laut, kein Licht, kein Zeichen. Und doch wussten sie es: Er war gegangen. Erst da begann der Körper sich zu verändern, wie ein Blatt, das nun dem Wind überlassen war.
Doch wer ihn gesehen hatte, vergaß es nie – diese Stille, die sprach.
Diese Ruhe, die blieb.
*)
Thukdam bezeichnet in der tibetisch-buddhistischen Tradition einen Zustand tiefer meditativer Versenkung, in den hochverwirklichte Praktizierende unmittelbar nach dem klinischen Tod eintreten können. Obwohl Herzschlag und Atmung aussetzen, bleibt der Körper oft über mehrere Tage unverwest, weich und warm – ein Zeichen dafür, dass das Bewusstsein noch nicht vollständig den Körper verlassen hat. In dieser Phase verweilt der Geist im sogenannten „klaren Licht“ – dem subtilsten und ursprünglichsten Zustand des Geistes, wie ihn der Vajrayana-Buddhismus beschreibt. Erst wenn dieser Zustand endet, beginnt die körperliche Auflösung. Der Thukdam gilt nicht als Wunder, sondern als Resultat jahrzehntelanger geistiger Schulung. Wissenschaftler haben begonnen, diesen Zustand zu untersuchen, doch er bleibt bislang weitgehend unerklärlich.
Der alte Mönch saß regungslos im Schneidersitz. Draußen klangen die Glocken des Morgens, doch in seiner Zelle herrschte eine Stille, die tiefer war als jedes Schweigen. Er hatte den Tod nicht gefürchtet. Er hatte ihn gesehen, Tag für Tag – in den fallenden Blättern, im Vergehen der Gedanken, in der Stille zwischen zwei Atemzügen.
Als sein Herz zu schlagen aufhörte, bewegte sich niemand. Die jungen Mönche wussten: Dies war nicht das Ende, sondern der Beginn seiner letzten Meditation.
Drei Tage vergingen. Dann vier. Sein Körper blieb unverändert – warm, aufrecht, unversehrt, als würde er noch immer lauschen, als hielte er den Raum zwischen den Welten offen. Manche sagten, der Geist sei noch da, in tiefer Versenkung, im klaren Licht des Geistes, das jenseits von Ich und Welt liegt.
Er meditierte nicht mehr. Er wurde zur Meditation. Ein reiner Geist, der sein irdisches Leben erträumt.
Am siebten Tag geschah etwas Unsichtbares. Kein Laut, kein Licht, kein Zeichen. Und doch wussten sie es: Er war gegangen. Erst da begann der Körper sich zu verändern, wie ein Blatt, das nun dem Wind überlassen war.
Doch wer ihn gesehen hatte, vergaß es nie – diese Stille, die sprach.
Diese Ruhe, die blieb.
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Thukdam bezeichnet in der tibetisch-buddhistischen Tradition einen Zustand tiefer meditativer Versenkung, in den hochverwirklichte Praktizierende unmittelbar nach dem klinischen Tod eintreten können. Obwohl Herzschlag und Atmung aussetzen, bleibt der Körper oft über mehrere Tage unverwest, weich und warm – ein Zeichen dafür, dass das Bewusstsein noch nicht vollständig den Körper verlassen hat. In dieser Phase verweilt der Geist im sogenannten „klaren Licht“ – dem subtilsten und ursprünglichsten Zustand des Geistes, wie ihn der Vajrayana-Buddhismus beschreibt. Erst wenn dieser Zustand endet, beginnt die körperliche Auflösung. Der Thukdam gilt nicht als Wunder, sondern als Resultat jahrzehntelanger geistiger Schulung. Wissenschaftler haben begonnen, diesen Zustand zu untersuchen, doch er bleibt bislang weitgehend unerklärlich.
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