Der listige Hobbit - als Kurzgeschichte !

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Pennywise

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DER LISTIGE HOBBIT




Eren Baumtal hatte wunde Füße. Den halben Vormittag war er nun schon unterwegs und das alles nur wegen dieses dämlichen Geburtstages. Sicherlich, Grom feierte den dreiunddreißigsten, wurde also mündig, aber dennoch war dies noch lange kein Grund für Eren die weite Strecke bis nach Krauthügel zu laufen. Er war ja nichteinmal verwandt mit Grom. Und wenn, dann nur über hunderttausend Ecken.
Das hatte er auch seiner Mutter gesagt. Diese aber meinte, dass er trotzdem gehen müsse.
"Man wird nur einmal mündig im Leben! Grom ist der Neffe einer Tante vom Bruder deines Vaters. Somit sind wir mit ihm verwandt und du gehst!" hatte sie gesagt.
Und seine Mutter ist die Vorsitzende der Näherinnenvereinigung, in die du seit langem eintreten willst! hatte Eren gedacht. Von wegen Verwandschaftsbesuch. Aber letztendlich hatte er getan, was sie verlangt hatte. Schließlich widersprach man seiner Mutter nicht.

Schon nach wenigen Kilometern fingen seine Füße an zu schmerzen. Überall auf dem Weg lagen kleine Steine, die sich in seine Fußsohlen bohrten. Außerdem hasste er es lange Strecken zu laufen. Hobbitfüße waren dafür nicht geeignet, davon war Eren fest überzeugt.
Was überhaupt sollte er mit Grom reden? Er kannte ihn doch überhaupt nicht. Ein oder zweimal hatte er ihn bei einer der ganz großen Familienfeiern gesehen.
Damals, als der Herr Krautsack seinen einundelfzigsten Geburtstag feierte zum Beispiel.
Er mochte Grom nicht einmal richtig. Nicht seine etwas herablassende Art und schon gar nicht dessen Angeberei. Und je weiter Eren lief, desto weniger mochte er Grom und desto mehr taten ihm die Füße weh.
Mißmutig trat er einen hühnereigrossen Stein zur Seite und verletzte sich dabei den rechten, großen Zeh.
"Au verflixt!" rief er laut und schaute den Stein böse an. In seinem Kopf wurde dieser zu Grom.
"Alles nur wegen dir! Ich könnte gemütlich zu Hause bei einem Pfeifchen Kraut sitzen und den Tag genießen. Aber nein, du mußt ja heute mündig werden!"
Er nahm den Stein und warf ihn an eine der herumstehenden Birken. Allerdings verfehlte er den Baum, was ihn noch wütender machte. Eren setzte sich auf den Boden und rieb sich den schmerzenden Fuß.

Genau in diesem Augenblick näherte sich ein Troll. Er schlenderte an Eren vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Hobbits existierten für ihn gar nicht. Kleine Wichte, die nicht beachtenswert waren. Zwar verprügelte er manchmal welche, wenn er sie denn erwischte, aber so richtig Spaß machte das auch nicht. Schließlich konnte man von ihnen kaum als Gegner reden. Und heute hatte er auch gar keine Lust dazu. Er hatte die ganze letzte Nacht gesoffen und hatte nun einen schrecklichen Kater.
Eren schaute dem großen Troll nach. Er mochte sie noch weniger, als er im Augenblick Grom mochte.
Dumme, große Blödmänner, alle miteinander. dachte er bei sich. Sie haben keine Manieren und in ihren Köpfen befand sich nichteinmal Stroh. Schreckliche Kerle.
Und grüßen können sie auch nicht! fuhr es ihm durch den Kopf.
Es lag wohl daran, dass Eren immer noch wütend auf Grom war. Auch der schmerzende Fuß trug sicher dazu bei, dass er sich zu etwas hinreißen liess, was er lieber nicht hätte tun sollen.


"Ein Wort zum Gruß könntest du ruhig übrig haben, du blöder Fleischberg!" hörte er sich selber sagen. Nur Sekunden später zuckte er zusammen, als er erkannte, was er da von sich gegeben hatte.
Der Troll blieb stehen.
Hatte der Wicht eben ihn gemeint? Langsam drehte er sich um und blickte umher. Da er niemanden sonst ausfindig machen konnte, musste es wirklich so sein! An einem anderen Tag hätte er es vielleicht überhört. Schließlich konnte man sich nichts beweisen, wenn man einen Hobbit vertrimmte. Aber heute störte es ihn gewaltig. Er hatte Kopfschmerzen und die Wirkung des Wurzelbräus hatte auch noch nicht ganz nachgelassen.
Was bildete sich der kleine Wicht eigentlich ein? Der Troll schaute Eren von oben bis unten an. Am meisten störte ihn, dass dieser nicht einmal daran dachte wegzulaufen.
Doch Eren war viel zu erschrocken über seine Frechheit um dies zu tun. Mit großen Augen sah er, wie der Troll nun langsam auf ihn zu ging. Als er sich endlich wieder gefasst hatte, war es zu spät. Der Troll langte mit seinen langen Armen nach ihm und bekam Eren an dessen grüner Jacke zu fassen. Seine kräftigen Muskeln hoben den kleinen Hobbit ohne Mühe in die Luft, so dass dieser einen halben Meter über dem Boden zappelte.
"Was du da sagen?" fragte der Troll wütend.
"Wer sein blöde?" Dabei schüttelte er den armen Eren hin und her, dass diesem Hören und Sehen verging.
"Laß mich runter, hörst du?" rief dieser. "Und hör auf mich zu schütteln!"
Der Troll lachte.
"Dir nicht gefallen? Das gut! Das sehr gut!" Und er begann ihn noch heftiger zu beuteln.
"Hör doch auf! Du tust mir weh!"
Aber der Troll dachte gar nicht daran. Immer stärker rüttelte er an Eren, der es mittlerweile mit der Angst zu tun bekam. Und wenn Eren Angst hatte, dann ließ er sich zu noch dümmeren Dingen hinreißen, als wenn er nur wütend war.
Mit dem linken Fuß holte er aus und trat damit dem Troll in den Bauch. Eren hatte gehofft, dass dieser ihn durch den Schmerz vielleicht fallen lassen könnte und er dadurch die Möglichkeit zur Flucht bekam. Statt dessen wurde der Troll nur noch wütender.
"Du kleine, freche Wicht du! Jetzt ich dir zeigen, was deine Strafe!"

Er schmiss den Hobbit zu Boden um ihn gleich darauf wieder zu packen. Diesmal jedoch an der Kehle. Seine starken Händen packten fest zu und hoben Eren erneut nach oben. Dicht vor dem Gesicht des Trolls hing er nun in der Luft und er spürte, wie der langsam zudrückte.
Der Gestank des Ungetüms ließ Eren fast ohnmächtig werden. Nur mit größter Mühe konnte er es verhindern. In seinem Kopf klangen Alarmglocken. Die Situation geriet aus der Kontrolle. War der Troll am Anfang nur wütend, so hatte Eren nun Angst um sein Leben.
Es musste ihm dringend etwas einfallen. Eine List brauchte er. Trolle waren dumm, das wusste jeder. Er dachte angestrengt nach, während der Troll immer fester zudrückte.

"Verschone mich! Dann erzähle ich dir ein Geheimnis!" brachte Eren krächzend hervor.
Freudig bemerkte er, dass der Griff des Trolls sich lockerte.
"Du nur wollen mich reinlegen!" antwortete der Troll.
"Nein, bestimmt nicht! Ich ..., ich bin auf einer geheimen Mission unterwegs, wirklich!"
"Was für Mission?"
"Laß mich erst runter, dann erzähle ich es dir!"
Der Troll schaute Eren an und ließ ihn schließlich auf den Boden. Japsend rang dieser nach Luft.
"Was für Mission?" fragte der Troll grollend.
Eren dachte blitzschnell nach. Er sah sich nach allen Seiten um, konnte aber keine vielversprechende Fluchtmöglichkeit entdecken. Hinter ihm standen Bäume, die ihn behindern würden. Er wusste, dass Trolle trotz ihrer Größe sehr schnell sein konnten.
Vor ihm aber erhob sich dieses Ungetüm. Da kam er auch nicht vorbei.
Der Troll bemerkte, dass Eren sich umsah und schon hatte er ihn wieder gepackt.

"Wenn du denken du flieh'n, dann ich dich gleich machen tot!" sagte er böse.
"Nein, ich will doch nicht fliehen! Immerhin hast du mein Leben verschont!"
Der Troll legte den Kopf schief und sah Eren an.
"Jawohl, du haben Recht. Du in meiner Schuld! Nun reden!"
"Es ist aber streng geheim! Niemand sonst darf es wissen!"
"Niemand sein hier und ich niemandem sagen!"
Eren zog eine Augenbraue hoch.
"Kann ich dir das glauben? Immerhin sprechen wir hier von etwas sehr wertvollem!"
"Ja ja, du glauben. Was deine Mission?"
Eren glaubte den Ausdruck von Gier im Gesicht des Trolls gesehen zu haben. Die Falle hatte also zugeschnappt. Er trat nahe an den Troll heran und sprach sehr leise.
"Ich muß ein Geheimnis bewahren!" Dabei sah er sich geheimnisvoll nach allen Seiten um.
Der Troll blickte ebenfalls umher und antwortete flüsternd.
"Was ist Geheimnis?"
"Ohhh, ein sehr großes Geheimnis, das viel Gold in sich birgt!"
"Gold gut! Gold sehr gut!"
"Aber ich kann es dir nicht einfach erzählen, sonst vergisst du es wieder!"
"Ich nicht vergessen! Ich schlauer Troll!"
Eren musste sich sehr zusammenreissen, dass er nicht anfing zu lachen. Schlauer Troll, von wegen. Das würde sich bald herausstellen.
"Das ist richtig. Trotzdem kann ich es nicht einfach so erzählen. es ist ein magisches Geheimnis!"
Staunend betrachtete der Troll Eren.
"Du kennen Magie? Du wichtiger Mann bei Hobbits!"
"Ja genau. Darum habe ich ja auch die Mission!"
"Du nun sagen! Ich nicht wollen warten länger!"
"Also gut. Zuerst mußt du deine Augen schließen! Ganz fest. Kannst du das?" fragte Eren hinterlistig.
"Ich können!" Und der Troll schloss seine Augen ganz fest.
"Und jetzt noch die Hände an die Ohren legen. Aber auf beiden Seiten!"

Auch dies tat der Troll. Eren lachte in sich hinein. Das klappte ja prima.
Vorsichtig machte er zwei Schritte zurück. Der Troll rührte sich nicht. Wunderbar! Schon wollte er abhauen, da fiel ihm noch etwas ein. Wenn er schon zu einer Geburtstagsfeier musste, zu der er keine Lust hatte, sollte der Troll auch noch etwas von diesem Tag haben.
Schnell ging er auf ihn zu und nahm eine Hand von dessen Ohr.
"Eines noch! Du musst Geduld haben. Solltest du blinzeln, oder gar die Hände von den Ohren nehmen, dann funktioniert es nicht. Niemals wirst du dann das Geheimnis erfahren! Hast du das verstanden?"
Der Troll nickte und nahm schnell wieder die Hand zurück an das Ohr.
Eren konnte sich fast nicht mehr halten vor Lachen und machte, dass er weg kam.

Da er dem Troll entwischt war, hatte er auf dem Fest gute Laune und feierte die ganze Nacht ausgelassen. Nur sehr selten hat man ihn später einmal wieder so prächtig aufgelegt gesehen.
Erst zwei Tage nach der Feier war er wieder zu Hause. er hatte diesmal einen anderen Weg genommen, denn er wollte nicht Gefahr laufen, dem Troll nocheinmal zu begegnen.
Etwa eine Woche später traf er Bono Dompfaff. Dieser wollte eigentlich nach Krauthügel, um Pfeifenkraut zu kaufen. Seines war ausgegangen und auch der Vorrat von Eren war zur Neige gegangen. Daher hatte er Bono gebeten ihm etwas mit zu bringen. Doch schon am Nachmittag kehrte der zurück, ohne Kraut.
"Was ist denn los? Warst du nicht in Krauthügel?" fragte Eren neugierig.
Schnell erfuhr er dann, dass Bono den ganzen Tag umsonst gegangen war.
"Als ich die Hälfte der Strecke zurück gelegt hatte, da sah ich am Wegesrand einen Troll stehen. Der hat sich so merkwürdig benommen, dass ich mich nicht getraut habe an ihm vorbei zu gehen."
"Was hat er denn gemacht?" wollte Eren wissen.
"Er stand nur da, hatte die Hände an den Ohren und die Augen geschlossen. Und er rief immer nur: "Bald kommen Geheimnis. Bald ich sein reich!" Da habe ich es mit der Angst zu tun bekommen und bin wieder umgedreht."
Eren bekam einen Lachanfall, ließ den verdutzten Bono stehen und ging nach Hause.



© 2002 by Matthias Laske
 

ex-mact

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Moin,

eine schöne Fan-Fiction hast Du hier geschrieben, der Rhythmus und die Sprache lehnen sich - in vereinfachter Form - an Carroux' Tolkien-Übersetzung an.

Ein paar Kleinigkeiten hätte ich handwerklich zu bekritteln:

Du hast einen Fous-Wechsel in der Szene, in der der Troll auftritt - warum? Wenn der Troll den Hobbit nicht bemerkt, braucht der Fokus nicht auf den Troll zu gehen sondern sollte beim Hobbit verbleiben, der den Troll ja durchaus bemerkt. Generell würde ich in einer Kurzgeschichte Fokus-Wechsel vermeiden, Du könntest durchaus den ganzen Text aus der Sicht des Hobbits erzählen (das würde die Spannung an der Stelle steigern, an der der Troll sich umdreht und den Hobbit drohend ansieht).

An einigen Stellen würde ich Erens Namen statt seiner Rassenbezeichnung einsetzen (,,er schmiss den Hobbit zu Boden'' - warum? Der Hobbit ist uns namentlich bekannt :) )

Die Überlistung des Trolls finde ich eher enttäuschend. Denn so dumm kann dieser nicht sein, er hat ja zuvor schon bemerkt, daß Eren sich nach einer Fluchtmöglichkeit umsah ... auch, wenn Du die Szene am Schluss wieder aufgreifst, hättest Du vielleicht dem Troll eine etwas wiztigere Aufgabe geben können (z.B. er soll versuchen, die Zahl der Äste an einem Baum zu zählen, der hinter ihm steht, ohne sich dabei umzudrehen - oder ähnliches).
 

Pennywise

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Moin Moin Mact !

Erstmal Danke, daß du geantwortet hast. Passiert eher selten hier im Forum.
Ich höre nun zum zweiten Mal, daß der Text an Tolkien erinnert, und nicht nur wegen des Hobbits. Das lag echt nicht in meiner Absicht. Aber wenn man über Hobbits schreibt, dann passiert das wohl ...

Der Fokuswechsel ist mir zuerst selber gar nicht aufgefallen. Erst als die Geschichte fertig war, htte ich es gemerkt. Aber ich wollte dann nichts mehr ändern und ehrlich gesagt stört es micht nicht sonderlich.

Die Rassenbezeichnung habe ich gewählt, um Wortdoppelungen zu vermeiden.

Mir persönlich gefällt die Überlistung des Trolls.
Glaube mir, die sind wirklich so dämlich !! :)

Obwohl ich mehr oder weniger deiner Meinung widersprochen habe, denke ich daß viel Wahres an der Kritik ist. Vielleicht schreibe ich sie auch noch um, aber momentan entseteht gerade eine neue Geschichte. Kann also dauern.

Nochmal Danke,

Penny
 

ex-mact

Mitglied
Moin,

> Erst als die Geschichte fertig war, htte ich es gemerkt.
> Aber ich wollte dann nichts mehr ändern

Hmmm ... wenn es Dir auch aufgefallen ist, dann war die Geschichte ja noch nicht fertig (denn die Überarbeitung fehlte). Erst durch kritische Überarbeitung kann ein Text (auch eine Kurzgeschichte) ,,gut'' werden.

> ehrlich gesagt stört es micht nicht sonderlich.

Das mag sein :) Mich - als Leser - stört es sehr.

> Die Rassenbezeichnung habe ich gewählt, um Wortdoppelungen zu
> vermeiden.

Das ist schon klar. Wenn dadurch aber der (vorher sehr gute) Lesefluss gestört wird, ist die Notlösung unglücklich. Schau' Dir die Stellen nochmal an, oft kannst Du wirklich den Namen oder ein Pronomen verwenden.
 

Pennywise

Mitglied
Du hast schon Recht, Mact. Kritische Überarbeitung ist notwendig. Aus diesem Grund habe ich die Geschichte ja auch in die Lupe gestellt. Einen eigenen Text kritisch betrachten fällt (jedenfalls mir) schwer.

Aber es ist ebenso schwer, wenn man nur eine einzelne Kritik bekommt. Gefällt der Fokuswechsel nur DIR nicht, oder eher allgemein?
Gefällt nur DIR die Überlistung nicht, oder allgemein?

Ich habe den Text auch in anderen Foren ausgestellt und sehr unterschiedliche Kritiken bekommen. Von "gefällt mir überhaupt nicht" bis hin zu "das Beste, was hier seit langem ausgestellt wurde".

Das mit dem Lesefluß stimmt. Das sind auch Änderungen, die ich schon bei einer Kritik vornehme. Danke nochmal für den Hinweis.

So richtig fertige Geschichten (also gute) finde ich hier sehr selten. Ich denke auch, daß es eher eine Plattform zum Lernen ist. Es gibt viele (na ja, einige) gute Lektoren und Kritiker hier. Da ich noch relativ am Anfang meiner "Karriere" stehe, bin ich für konstruktive Kritik immer dankbar.

Aber wie gesagt, das mit den Änderungen kann noch ein wenig dauern. Ich schreibe gerade etwas neues und muß auch noch andere Texte korrigieren. Bitte Geduld !! :)

Penny
 



 
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