Der Mann aus der Zeitung

Seine grauen Augen schauen abenteuerlustig und wenn er es nicht muss, lässt er das Ritual des morgenlichen Rasierens ausfallen, doch in letzter Zeit schaut er öfter in den Spiegel. Seine leicht, ergrauten Schläfen und dunklen Haare lagen früher in Locken auf den Schultern, doch für die Reise legte er sich einen Kurzhaarschnitt zu, ohne sie kämmen zu müssen. Um seine schmalen Lippen legten sich Gott sei dank noch keine Fältchen. Auch hatte er kein markantes Nasenprofil. Die gerade Nase passte zum Gesamtbild. Seine kleinen Ohren waren unauffällig und das leicht spitze Kinn passt zu den flachen Wangenknochen. Duch die Augenbrauen ziehen sich auch schon bereits wenige Silberfäden. Eine Augenbraue zieht er gerne nach oben, wenn er erstaunt ist. Die flache Stirn legt er oft in Falten, da er ein nachdenklicher Typ ist und nicht gerne redet. So lange hat er schon von der Reise geträumt. Endlich vereint mit der Natur zu sein, durch zuatmen und seine Grenzen testen. Er hat genug durchgemacht. Sein Vater litt seit einigen Jahren an Krebs und war vor einer Woche friedlich eingeschlafen und Mutter. Seine Mutter war vor Jahren mit einem Versicherungsvertreter durchgebrannt. Briefe die er von seiner Mutter bekam verliefen langsam im Sande, so dass er schon lange nichts mehr von ihr gehört hat. Da sein Familienleben nun begraben ist, ist es am besten neu zu starten, vielleicht bekommt er einen klaren Kopf auf der Reise.
 
L

loona

Gast
Hi Lady Darkover.

Ich hab wenig Zeitung gelesen in letzter Zeit ;-)

Einige fürchterlich technische Anmerkungen, weil im Präsens zu schreiben so schwer ist (ich hab mal eine Geschichte im Futur geschrieben und als ich sie am nächsten Tag las war ich entsetzt, aber das nur zwinkernd am Rande)

Um seine schmalen Lippen legten sich Gott sei dank noch keine Fältchen. Auch hatte er kein markantes Nasenprofil. Die gerade Nase passte zum Gesamtbild. Seine kleinen Ohren waren unauffällig und das leicht spitze Kinn passt zu den flachen Wangenknochen.
>...legen...hat...passt...sind (oder hat sich seine Physionomie gerade verändert?)

Sein Vater litt seit einigen Jahren an Krebs und war vor einer Woche friedlich eingeschlafen
>...hatte seit einigen Jahren an Krebs gelitten... (denn nun leidet er nicht mehr dran - klingt makaber, es geht aber nur um die gewählte Zeit)

und Mutter. Seine Mutter war vor Jahren mit einem Versicherungsvertreter durchgebrannt.
>Der Punkt nach dem ersten "Mutter" - eher ein Fragezeichen? oder ein seufzendes Auslaufenlassen des Gedankens? (dann drei Punkte) Vielleicht reicht auch einfach ein Komma für eine kurze Pause.

Briefe die er von seiner Mutter bekam verliefen langsam im Sande
>Briefe verlaufen sich nicht im Sande. Wohl aber ein ein Briefwechsel?

Da sein Familienleben nun begraben ist, ist es am besten neu zu starten, vielleicht bekommt er einen klaren Kopf auf der Reise.
>...war, war...bekäme(?)... (wird er bekommen?)


Durch die vielen technischen Dinge, die mir beim Lesen so auffielen, ist mir die Athmosphäre der Momentaufnahme leider zersprungen. So ganz schlüssig bin ich mir nicht: Aufbruchsstimmung? Wehmütiger Rückblick? Einsamkeit? Freiheit? Die Signale, die Du durch die Gedankenwelt des Mannes vor dem Spiegel sendest, sind uneindeutig, in sich vielleicht sogar widersprüchlich (natürlich ist das Leben sehr widersprüchlich!), aber eben (IMO) zu verwaschen, zu wenig bewußt gesetzt und betont.

Es grüßt

loona
 

Frank Zimmermann

Junior Mitglied
Aufbruch

Nun, da schon so gute Vorarbeit geleistet wurde, bezüglich einer technischen Analyse, bleibt mir zu sagen, daß mir eine Geste in diesem Text sehr vertraut ist: das Abschneiden der Haare vor einer Reise. Für mich ein eindeutiges Zeichen für die Aufbruchstimmung des Beschriebenen. Aber auch die hochgezogene Augenbraue machte mir die Mimik des Mannes sehr gut nachvollziehbar, sehr plastisch.
Aufgrund der Beschreibung drängte sich mir ziemlich schnell und ziemlich endgültig ein Klischee auf: der Mann hat seine Wurzeln auf dem Balkan oder in Griechenland!?

Danke für Deinen Beitrag!

PS: Einen Zusammenhang zwischen dem Text und der Überschrift hat sich mir übrigens nicht erschlossen.
 
Hallo loona, hallo Frank

Danke für den Kommentar. Ich muss dich enttäuschen, weder Balkan noch Griechenland. Einfach ein Gesicht aus der Zeitung, darum die Überschrift "Der Mann aus der Zeitung". Es war eine Übung. Ich schaue mir öfter mal Gesichter in Zeitschriften an, die mir etwas sagen und versuche ein Charakterportrait zu erstellen. Das übt!
Das Buch das solche Aufgaben vorgibt ist "Kreativ schreiben - Handwerk und Techniken des Erzählens. War ein alter Text und ein Versuch.

Liebe Grüße Lady Darkover
 



 
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