Der Muttertag

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Nika

Mitglied
Meine Mutter hat das letzte Mal an dem Tag gebacken, an dem sich mein Bruder an einer ihrer Kokosmakronen einen bleibenden Zahn ausgebissen hat. Ob es wirklich an der Kokosmakrone lag oder nicht war egal, da meine Mutter Backen hasste.
An dem Tag war ich zehn Jahre alt und meine Aufgabe war es nun für alle Feste zu backen. Dazu gehörte auch der Muttertag. Eigentlich ist der Muttertag gar nicht wichtig, sagte meine Mutter, aber gebührend gefeiert werden sollte er ja schon.
Auch als ich selbst schon Mutter war, war es trotzdem der Tag meiner Mutter und es muss ihr Lieblingskuchen auf ihrem Tisch stehen, den ich festlich eindecke, damit die große Familie dort Platz nehmen kann.
An einem Muttertag war das anders. Meine jüngste Schwester wollte an diesem Tag ihren neuen Freund vorstellen. Damit er einen guten Eindruck, und dieser war mit meiner Anwesenheit nicht möglich, von unserer Familie bekommt, sollte ich an diesem Muttertag nicht kommen. Das war die Idee meines Vaters und die Aufgabe meiner Mutter mich auszuladen.
Am Ende war der Freund in den Augen meines Vaters nicht akzeptabel und er hätte sich gefreut, wenn er durch mich ein schlechtes Bild von der Familie bekommen hätte, aber dafür war es jetzt zu spät. Viele tränenreiche Monate später … meine Mutter tat sich sehr leid dabei, dass sie mich ausgeladen hat, durfte ich wieder für den Muttertag backen und eindecken, für alle um mich herum war die Welt wieder in Ordnung. Nun hat mein Vater selbst die Aufgabe übernommen den Freund meiner Schwester zu vergraulen und er war darin auch viel besser als ich.

ÜBERARBEITETE Version:
Kokosmakronen sind die Lieblingsplätzchen meines Bruders. Kurz vor Weihnachten beißt er sich beim Essen einer Makrone einen bleibenden Zahn aus. „Das muss an den Makronen liegen“, meint meine Mutter und beschließt nie mehr zu backen. Das ist ein Glücksfall für sie, denn sie hasst backen. Ich bin zehn Jahre alt und von nun an „die Bäckerin in der Familie“. Um an den Festen die Lieblingskuchen auf den Tisch zu stellen, lerne ich Sachertorte für meinen Bruder, Kirschkuchen für meine Mutter, Gugelhupf für meinen Vater und Schokotorte für meine Schwestern, zu backen. Ich decke den Tisch festlich ein, alle lassen es sich schmecken, und ich decke wieder ab.
Auch am Muttertag müssen Kuchen auf den Tisch, „obwohl Muttertag ja gar nicht wichtig ist“, muss er gebührend gefeiert werden.
Viele Jahre später, ich bin selbst schon Mutter, lädt meine Mutter mich aus. Unter Tränen erzählt sie, dass meine jüngste Schwester ihren neuen Freund mitbringt. Mein Vater meint, dass der Freund einen schlechten Eindruck von der Familie bekommt, wenn ich dabei bin. Und er möchte den jungen Mann ja nicht schon beim ersten Treffen, mit meiner Anwesenheit verschrecken.
Der Freund ist dann nicht so, wie mein Vater sich den künftigen Schwiegersohn vorstellt. Jetzt übernimmt er selbst die Aufgabe, ihn zu vergraulen. Sehr wahrscheinlich kann er das auch besser als ich.

Anmerkung: Er ist nicht besser geworden. Ich habe über der Konzentration auf Perspektiven und Zeitformen den Stil vernachlässigt. Daher hier eine dritte Version, die sich nur unwesentlich von der ersten unterscheidet.

2. ÜBERARBEITETE VERSION:
Meine Mutter hat das letzte Mal an dem Tag gebacken, an dem sich mein Bruder an einer ihrer Kokosmakronen einen bleibenden Zahn ausgebissen hat. Ob es wirklich an der Kokosmakrone lag oder nicht, ist egal, da meine Mutter Backen hasst.
An dem Tag ´bin ich zehn Jahre alt und meine Aufgabe ist es jetzt, für alle Feste zu backen. Ich decke den Tisch schick ein, alle lassen es sich schmecken, und ich decke wieder ab.
Auch am Muttertag muss Kuchen auf den Tisch, „obwohl Muttertag ja gar nicht wichtig ist“, muss er gebührend gefeiert werden.
An einem Muttertag ist das anders. Meine jüngste Schwester möchte an diesem Tag ihren neuen Freund vorstellen. Damit er einen guten Eindruck von unserer Familie bekommt, soll ich an diesem Muttertag nicht kommen. Man möchte den jungen Mann, ja nicht schon beim ersten Treffen, mit meiner Anwesenheit verschrecken. Das ist die Idee meines Vaters, und die Aufgabe meiner Mutter mich auszuladen.
Am Ende ist der Freund in den Augen meines Vaters nicht akzeptabel und er hätte sich gefreut, wenn er durch mich ein schlechtes Bild von der Familie bekommen hätte, aber dafür ist es jetzt zu spät. Viele tränenreiche Monate später … meine Mutter tut sich sehr leid dabei, dass sie mich ausgeladen hat, darf ich wieder für den Muttertag backen und eindecken, für alle um mich herum ist die Welt wieder in Ordnung. Nun hat mein Vater selbst die Aufgabe übernommen den Freund meiner Schwester zu vergraulen, und er ist darin auch viel besser als ich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Damit er einen guten Eindruck von unserer Familie bekommt, sollte ich an diesem Muttertag nicht kommen. Das war die Idee meines Vaters und die Aufgabe meiner Mutter mich auszuladen.
Also waren die Schwester und ihr neuer Freund wichtiger als du, obwohl du vorher schon Pflichten übernommen hattest, die man deiner Schwester ganz offensichtlich nicht erteilt hatte. Auf die Idee, dass es einen guten Eindruck macht, das eigene Kind auszuladen, muss man auch erstmal kommen.


Viele tränenreiche Monate später … meine Mutter tat sich sehr leid, dass sie mich ausgeladen hat, durfte ich wieder für den Muttertag backen und eindecken, für alle um mich herum war die Welt wieder in Ordnung
Nur für dich nicht. Aber das hat ja offensichtlich keinen gestört.

Nun hat mein Vater selbst die Aufgabe übernommen den Freund meiner Schwester zu vergraulen und er war darin auch viel besser als ich.
Sehr guter Schlusssatz.

Es ist schon unglaublich, was eine Familie sich einbilden kann: Ein Kind immer ungerecht zu behandeln und zu glauben, da würde nie etwas hängenbleiben und man würde sich nie mal gegen sie wenden.

Mit deiner kurzen unterhaltsamen Geschichte hast du bei mir eine Lawine von Gefühlen ausgelöst.

Sehr gut geschrieben.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
 
Zuletzt bearbeitet:

Bo-ehd

Mitglied
Ich kann mich SilberneDelfine nur anschließen. Das ist für mich eine erschütternde Handlung einer Mutter - und du triffst den Ton genau.
Womit ich nicht klarkomme, ist der letzte Satz: Die Prota war doch zuvor an dem Vergraulen des Freundes gar nicht beteiligt, wie kann sie dann weniger gut sein als der Vater?
 

Nika

Mitglied
Danke für den Hinweis. Dann muss ich das genauer herausarbeiten, dass sie nicht kommen soll, weil der Vater befürchtet, dass ihre Anwesenheit, ihre Person den Freund abschreckt.
Liebe Grüße
 

Bo-ehd

Mitglied
Ich denke, die Kraft und Macht des Vergraulens liegt in der Person der Prota. Warum hat sie diese Eigenschaft? Das geht aus dem Text leider nicht hervor.
 

Nika

Mitglied
Vielen Dank für Deine Kritik, ich bin für die Rückmeldungen sehr froh. Das vergraulen wird ihr nur zugeschrieben. Ich überarbeite den Text und bin gespannt, ob es dann nachvollziehbar ist.
Liebe Grüße
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Nika,
ja, so ist der Text deutlich und nachvollziehbar, wobei immer noch ungeklärt ist, warum deine Prota so ein "Schreckgespenst" ist. Aber vielleicht willst du das im Dunkeln lassen, was auch keine schlechte Lösung ist.
Gruß Bo-ehd
 

fee_reloaded

Mitglied
Hallo, @Nika !

Ich komme gerade von deinem "Eine neue Dimension von simultan" und da ich mich dort nicht durchringen konnte, zu kommentieren, habe ich mich auf die Suche nach anderen Texten von dir gemacht und bin hier als erstes fündig geworden. Und nun zeichnet sich ein durchgängiges Bild einer Protagonistin, die aus einer höchst dysfunktionalen Familie kommt, und dadurch wird auch der andere Text für mich in seiner Motivation greifbarer (wenn du verstehst, was ich meine...so für sich allein war er einfach nur eine Mega-Keule und obwohl man ja immer Autor und Protagonisten streng getrennt betrachten sollte, hat mich da das Gefühl der Authentizität umgehauen...).

Was du hier wie dort schilderst, geht durch Mark und Bein. Mir zumindest, aber ich schätze, ich bin damit nicht allein.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass dein "simultan-Text" die eine oder andere Person triggern könnte. Da geht es ja gleich mehrfach um Misshandlung und Gewalt, die der Protagonistin angetan werden. Aber zurück zu diesem Text...ich persönlich habe auch - durch seelischen Missbrauch in meiner Kindheit und Jugend durch meine Mutter - ein schwieriges Verhältnis zum Muttertag. Insofern berührt mich der Text natürlich zusätzlich noch auf einer tieferen Ebene. Aber auch unabhängig davon finde ich ihn wirklich stark geschrieben. Die nüchterne Darstellung dieses Rückblicks ist wie ein Resümee, das jemand zieht, der all das irgendwie überlebt, hinter sich gebracht hat und nun aus einer möglichen Distanz nochmals Situationen des Missbrauchs betrachtet bzw. das Versagen der Eltern als solches erkennt.

Ich weiß, manchmal müssen solche Dinge laut ausgesprochen bzw. sichtbar gemacht werden, damit man damit abschließen kann. So lese ich diese Texte.
Sie sind auch insofern gut geschrieben, weil jegliche übertriebene Gefühlsbeteiligung ausgespart bleibt - dadurch bekommt der Leser nicht dieses "unfreiwillige Voyeurs-Empfinden" und darum kann man lesen und sich berühren lassen, ohne, dass es unangenehm wird. Das lässt einen nur noch erschütterter zurück.

Starker Stoff - in jeder Hinsicht!

Liebe Grüße,
fee
 

Nika

Mitglied
Hallo Fee,
vielen Dank für Deine Antwort und die anerkennenden Worte. Mein Anliegen der Texte hast Du genau erfasst und mein Plan ist aus den Splittern, die ich hier veröffentliche, einen größeren Text zu formen. Daher ist es mir besonders wichtig solche Rückmeldungen zu erhalten.
Ich schaue gleich mal nach Deinen Texten. Wir scheinen eine ähnliche Biografie, zumindest der dysfunktionalen Bindungen in der Kindheit zu haben.
Liebe Grüße
Nika
 

fee_reloaded

Mitglied
Ich schaue gleich mal nach Deinen Texten. Wir scheinen eine ähnliche Biografie, zumindest der dysfunktionalen Bindungen in der Kindheit zu haben.
Ansatzweise vermutlich schon, liebe Nika.
Bei mir war es kein körperlicher, sondern ausschließlich seelischer Missbrauch.
Du findest am ehesten etwas über diese Themen in meinem Tagebuch-Faden "Astlöcher, Holzschiefer und Feensplitter".

mein Plan ist aus den Splittern, die ich hier veröffentliche, einen größeren Text zu formen.
Das klingt spannend. Und nach einer guten Sache!

LG,
fee
 

anbas

Mitglied
Hallo Nika,

von mir mal ein paar Worte zum "handwerklichen" Teil dieses Textes: Er enthält einige Fehler bezüglich der Zeit, in der er erzählt wird. Ein paar Sätze finde ich etwas zu lang und einige zu verschachtelt. Auch einige Wortwiederholungen lassen sich hier und da vermeiden. Hier mal ein Vorschlag mit ein paar weiteren Änderungsideen, den Du natürlich nicht übernehmen musst:

Meine Mutter hat das letzte Mal an dem Tag gebacken, an dem sich mein Bruder an einer ihrer Kokosmakronen einen bleibenden Zahn ausgebissen hatte. Ob es wirklich an der Kokosmakrone lag oder nicht war egal, da meine Mutter Backen hasste.
An dem Tag war ich zehn Jahre alt und meine Aufgabe war es nun ab da, für alle Feste zu backen. Dazu Hierzu gehörte auch der Muttertag. "Eigentlich ist der Muttertag gar nicht wichtig", sagte meine Mutter, aber gebührend gefeiert werden sollte er ja schon.
Auch als ich selbst schon Mutter war, war es trotzdem der Tag meiner Mutter und es musste ihr Lieblingskuchen auf ihrem dem Tisch stehen, den ich festlich eindeckte, damit die große Familie dort Platz nehmen kann konnte.
An einem Muttertag war das anders. Meine jüngste Schwester wollte an diesem Tag ihren neuen Freund vorstellen. Damit er einen guten Eindruck von unserer Familie bekommt - und das war angeblich mit meiner Anwesenheit nicht möglich - sollte ich an diesem Muttertag nicht kommen. Das war die Idee meines Vaters gewesen und die Aufgabe meiner Mutter mich auszuladen.
Am Ende war der Freund in den Augen meines Vaters nicht akzeptabel und er hätte sich gefreut, wenn er durch mich ein schlechtes Bild von der Familie bekommen hätte, aber dafür war es jetzt zu spät. Viele tränenreiche Monate später … meine Mutter tat sich sehr leid dabei, dass sie mich ausgeladen hatte, durfte ich wieder für den Muttertag backen und eindecken. Für alle um mich herum war die Welt wieder in Ordnung. Nun hatte mein Vater selbst die Aufgabe übernommen, (Komma) (Alternativ: Letztendlich hatte mein Vater die Aufgabe übernommen,) den Freund meiner Schwester zu vergraulen, (Komma) und er war darin auch viel besser als ich.
Hier oder da gibt es eventuell noch weitere Stellen, an denen man etwas "basteln" kann (z.B. finde ich hier das sich wiederholende "war" stilistisch nicht so schön, doch es fällt mir im Moment keine Lösung ein: "Auch als ich selbst schon Mutter war, war es trotzdem der ..."). Auch bin ich mir nicht sicxher, ob ich alle Komma-Fehler entdeckt habe. - Aber es gibt ja viele Augen in der LL - vielleicht findet jemand anderes noch welche ;).

Liebe Grüße

Andreas
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Nika,
hier sind die Augen, die Kommafehler entdecken:

Meine Mutter hat das letzte Mal an dem Tag gebacken, an dem sich mein Bruder an einer ihrer Kokosmakronen einen bleibenden Zahn ausgebissen hat. Ob es wirklich an der Kokosmakrone lag oder nicht Komma war egal, da meine Mutter Backen hasste.
An dem Tag war ich zehn Jahre alt und meine Aufgabe war es nun Komma für alle Feste zu backen. Dazu gehörte auch der Muttertag. Eigentlich ist der Muttertag gar nicht wichtig, sagte meine Mutter, aber gebührend gefeiert werden sollte er ja schon.
Auch als ich selbst schon Mutter war, war es trotzdem der Tag meiner Mutter Komma und es muss ihr Lieblingskuchen auf ihrem Tisch stehen, den ich festlich eindecke, damit die große Familie dort Platz nehmen kann.
An einem Muttertag war das anders. Meine jüngste Schwester wollte an diesem Tag ihren neuen Freund vorstellen. Damit er einen guten Eindruck, und dieser war mit meiner Anwesenheit nicht möglich, von unserer Familie bekommt, sollte ich an diesem Muttertag nicht kommen. Das war die Idee meines Vaters und die Aufgabe meiner Mutter Komma mich auszuladen.
Am Ende war der Freund in den Augen meines Vaters nicht akzeptabel Komma und er hätte sich gefreut, wenn er durch mich ein schlechtes Bild von der Familie bekommen hätte, aber dafür war es jetzt zu spät. Viele tränenreiche Monate später … meine Mutter tat sich sehr leid dabei, dass sie mich ausgeladen hat, durfte ich wieder für den Muttertag backen und eindecken, für alle um mich herum war die Welt wieder in Ordnung. Nun hat mein Vater selbst die Aufgabe übernommen Komma den Freund meiner Schwester zu vergraulen Komma und er war darin auch viel besser als ich.

Es gibt eine flexible Kommaregel (die auch deinen Text betrifft), die das Setzen oder Weglassen erlaubt. Das ist natürlich ein Unding. Sie betrifft den Fall, wenn zwei Hauptsätze durch und verbunden sind. Ich habe meine eigene Regel, die das Lesen unterstützt:
Ist der zweite Satz kurz, entfällt das Komma. etwa: Ich kam und alles war wie früher.
Ist der zweite Satz lang wie in deinem Beispiel, braucht's ein Komma:
Auch als ich selbst schon Mutter war, war es trotzdem der Tag meiner Mutter Komma und es muss ihr Lieblingskuchen auf ihrem Tisch stehen, den ich festlich eindecke, damit die große Familie dort Platz nehmen kann.

Ist der zweite Satz lang und hat er einen anderen Inhalt, setze ich ein Komma.
Ich zersägte das zähe Schnitzel auf meinem Teller, und gleichzeitig fiel in China ein Sack Reis um.

Gruß Bo-ehd
 

Nika

Mitglied
Hallo Anbas, hallo Bo-ehd,
vielen Dank, dass Ihr Euch so intensiv mit dem Text beschäftigt habt. Ich werde ihn, auch stilistisch, überarbeiten. Bin gespannt, ob er dann besser wird.
LG
 



 
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