Der Nachtbaumkirsche Dämmerungsruf. Reportage

3,80 Stern(e) 4 Bewertungen

Scal

Mitglied
quetschtaumelnd presste das uugetön
welkte auf dräuenden farnen

sumpfwirkgezweige verschmauchte
pilzschwüläugig bei knietiefem tanz

zuckende zitzen krähten zur flut
schmolzen zu fahlmundgegisch

schlunddunkel tränte
ernstdunkel robbend
gähnte im steinwundgewicht

fliehflügel schäumten
eilrufendweit
wellten mit nickendem pfauchen

schabende wiesen
riefen zuhauf
ooföhnig umrundet

nachtkirschenrufe
tropften hervor

blindlings erdichtet
vom äugen
 

Tula

Mitglied
Hallo Scal
du hast den Trend moderner Lyrik gut erfasst :p

Nein, ganz ehrlich, die Idee ist sehr gut. Es wirkt auf mich selbst experiementell vielleicht etwas überfrachtet (auch wenn gerade das dem Konzept entspricht). Jedenfalls erlese ich mir insgesamt ein herbei-phantasiertes Stelldichein, die Laute und Szenen der Natur bei Dämmerlicht oder innerer Benebelung des Lyrich, unerheblich. Dieser Intepretation entsprechend gefällt mir vor allem das Ende ganz besonders gut:

nachtkirschenrufe
tropften hervor

blindlings erdichtet
vom äugen

LG
Tula
 

L'étranger

Mitglied
Hi Scal,

ich denke dabei eher an das große Buschfeuer in Australien. Dann könnte ich für mich die Intensität durch die dicht gedrängten.Adjektive und Adverben einigermaßen nachvollziehen ;-).

Gruß Lé.
 
G

Gelöschtes Mitglied 22298

Gast
nachgeäfftes zeug
die originale sind hundert jahre alt und im surrealismusexpressionismusdadaismus nachzulesen

kümmerlinge gibt es offenbar
nicht nur an der säuferbar


gun.
 

Scal

Mitglied
Au! Du reißt mich an den Haaren! Du scal-pierst mich! Und das bei forensischem Neonlicht! Wie grell dein Mund dabei! Ich bin schon über hundert Jahre alt, verzeih!

Schmerz und Scherz beiseite, Hut ab, auch wenn nicht zeitgemäß, mein blutend Haupt.
Ehrlich gesagt wars so: Ich habe mich gestern abends hingesetzt und tastete mich, mich meinem verfügbaren Sprachempfinden gewissermaßen "dämmrig" anvertrauend, diesem unerwartet aufglimmenden Motiv (Nachwesenmurmelvorgänge vor dem Morgengrauen) entlang, ohne gedankliche Seitenblicke auf Expressionismus, Surrealismus oder Dadaismus. Was entstand, hab ich gepostet.

Solcherlei "experimentelle Äußerungen" werden natürlich in einem Forum Lesender unterschiedlichste Gedanken- und Empfindungsrichtungen anregen und in Bewegung bringen. In manchen Fällen eben auch "Gunnerartige", weil offensichtlich sogleich ein zackig-teutsch-ironischer, rasch zusammenfassender, schnoddrig-klarer Zu- und Einordnungsreflex losgaloppiert, eine Art unwillkürliche Stempellust, die freilich irgendwie nach Schlechtlaunigkeit schmeckt, weil sie sich wie in einem empathiefreien Raum zu vollziehen scheint.
Aber an einer Kostprobe dieser Art zu knabbern schadet nicht, denn du erkennst: auch wenn du derlei ursprünglich nicht erwartet hattest: das gibts, öfter als gedacht, auch unter "Lyrikern".
Anderen wiederum glaubst du, wenn sie sagen, sie lieben Poesie, Nachsicht und Nachtsicht.

Kümmerliche Grüße
Scal
 

Scal

Mitglied
An Tula

Trendigem allgemein nur skeptisch hold, schlendere ich, mit einigen öfter nur stotterhaft hingekritzelten Textversuchergebniszetteln im Rucksack durch Leseluplyrien. Und halte dort meine Notatbedürfnisdokumente, mitunter auch unverfroren, weil zu häufig und zu zeitdiebisch hingereckt, anderen Wandergesellen unter die Lupe.

Leseluplyrien ist ein herrliches, vielschichtig tönendes, oft in Erstaunlichkeitszustände emporhebendes Land; besonders gerne mag ich dort aber auch die ganz einfachen, bescheidenen Blättlein, einer Genossin oder einem Gesellen entfallen, nur weil darauf eine Zeile so schön glitzert. Kleine, belegte Brötchen schmecken mir mitunter besser als ein brutzelnder Braten im Restaurant zur Hochglanzarchitektur.

Ich bin Mitglied im Freigeistverein, deshalb denke ich mich manchmal in die Figuren der Bücher von Ernst Kreuder hinein: den Mann im Bahnwärterhaus, die Gesellschaft vom Dachboden, die Gemeinschaft der Unauffindbaren. Bin ja schon alt und ertappe mich gelegentlich tatsächlich bei dem Gedanken, ungefähr darum zu wissen, wie beschränkt ich ..... Ein Bahnwärter eben, wackelig, mit haltbarem Schuhwerk, erstanden in einem tschechischen Lädchen, vielleicht 1983.

Natürlich ist das alles auch ein befragungswürdiges, narzisstisches, staubiges Selfie, aber, wenn ich mich selbst nicht allzu sehr strapaziere, problematisiere und zerkaue, erweist es sich als hilfreich, das Selfiebildnis; es zeigt sich nickend, wenn ich aufbreche zu Streifzügen durch Leseluplyrien, suhrkampsche Trendgebiete mit der Aufschrift "Dorthin, Freunde und Feinde!" inklusive.

Nach diesem Tubendruck - hausgemachter Senf - zum eigentlichen Anlass, lieber Tula. Ich habe mich über Deinen Kommentar gefreut, weil er einen feinen, stimmig-kritischen Aufspürsinn und zugleich eine Hinfühloffenheit offenbart. Ein erfahrener Wandergeselle eben. Danke dafür!

Schrullige Grüße
Scal


*

Hallo Lè,

danke Dir, der weitreichende Brückengedanke bis zu den australischen Buschfeuern ... hm, interessant. Das "dichte Gedränge" ergibt sich durch den
"Report-Blick".
Ich hab diesen Text wenig, vermutlich zu wenig durchreflektiert, mir war, als wäre es in diesem Fall besser, das Messer bliebe in der Hosentasche.

Gruß
Scal
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
dick augetragen? ja! aber wenn du mir erlaubst, wertester scal, deinen text nicht ohne humor zu lesen, wird das dicke zum stilmittel. und da passt dann alles. holla - mir gefällts.

lg
patrick
 

Scal

Mitglied
mein erlauben ist ein zitzenzuckendes ermuntern, patrick,
die munkelnden trolle, die sylphistischen schmetterlingsunken,
die fahlkundigen gischelfen, alle sehnen sich danach,
eilrufendweit nickend
und die wiesen geraten vom schaben ins scharren
warum, warum, warum

weil patrick sich naht
und all das ooföhnig angerötet pfauchgeschmauche
mit einem a mit einem aa mit aaah umrundet

die kirsche liegt im moor
die rufe sind erblindet
die sonne trat hervor

merci
scal (vor hundertvierzehn jahren)
 



 
Oben Unten