Der Philosoph

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Der Philosoph

Rolf-Peter Wille


Schau, wie die Frühlingswiese strahlt,
so duftig elegant!
Ein Bild, wie von Monet gemalt
mit leichter, freier Hand.

Dort wandelt unser Philosoph
versenkt in seine Lehre.
Die Leichtigkeit erscheint ihm doof.
Er lechzt ja nur nach Schwere.

Sein Ohr ertaubt, sein Auge schief,
sein Blick erstarrt ins Leere.
Er siehet nur im Konjunktiv,
was könnte, sollte, wäre.

Die Sonne strahlt so frank und frei,
sie will sich uns verschenken.
Ihm scheint das alles einerlei.
Er denkt doch nur ans Denken.

Die Liebste schreibt ihm einen Brief
hat Küsse auch gesandt.
Den kategor’schen Imp’rativ
den liest er nur bei Kant.

So denkt er nach und hat gedacht
weshalb, warum und wie.
Ist er denn jemals aufgewacht?
Ich glaube, leider nie.

Er wandelt noch in tiefer Nacht
als schlummerndes Genie.
Im Hintergrund erklingt ganz sacht
ein Walzer von Satie.






 
K

Klopfstock

Gast
Sein Ohr ertaubt, sein Auge schief,
sein Blick erstarrt ins Leere.
Er siehet nur im Konjunktiv,
was könnte, sollte, wäre.


Einfach herrlich!!!:D:D

Ja, und so kommt er vor lauter "Denken" nicht zum Leben;)
Lieber Rolf-Peter, es gelingt Dir immer die Sachen
mit solch einer Leichtigkeit, gewürzt mit heiterer
Weisheit rüberzubringen, daß es ein wahres Vergnügen
ist Deine Verse zu lesen;)
Allein wie die erste Strophe klingt - wie ein echtes
Bild von Monet, so duftig....so zart....so hingehaucht...

Dir einen heiteren Tag
und liebe Grüße

Klopfstock:)
 
Danke, liebe Klopfstock!

...dieser "Rainman" Philosoph haette auch "Rolf-Peter Wille" heissen koennen - so vor 30 Jahren ungefaehr...

Es freut mich, dass Dir die Monet Strophe gefaellt, denn die habe ich erst nachtraeglich hinzugefuegt (...mit grosser Schwierigkeit, ironischerweise...)

Ich wuensche einen verzauberten (...was ist eigentlich heute?),
Rolf-Peter
 
O, vielen Dank, Herr Mueller!

Vielleicht erwacht er jetzt doch, wenn ihm sein "o" wiedergegeben ist.

Dank und liebe Gruesse,
Rolf-Peter

PS: Ich lachte mich heute (fast) zu Tode ueber den Schornsteinfeger auf Deiner Homepage!
 

Herr Müller

Mitglied
Hallo Rolf-Peter

ach ja meine Homepage, die müßte ich auch mal wieder pflegen. Der Schornsteinfeger soll eigentlich auch Glück bringen und nicht zum Totlachen sein ;)

Herr Müller
 
S

Sandra

Gast
Lieber Rolf-Peter

Also mir gefällt dieser Absatz hier am Besten (obwohl er sechs starke Konkurrenten hat :) )

Er wandelt noch in tiefer Nacht.
Kein Hahn kräht Kikriki.
Im Hintergrund erklingt ganz sacht
ein Walzer von Satie.

Dieses Bild rundet perfekt ab und führt dem Leser noch ein letztes Mal die denkerische Pose und die dazu passende Musik des - doch sehr gebeutelten Philosophen ;) - vor Augen.

Sehr gelungen. Wunderbar!

LG
Sandra
 
Liebe Sandra,

vielen Dank fuer's Lesen! Und es freut mich besonders, dass Dir die Satie Strophe gefaellt. Da hatte ich naemlich noch eine Alternative mit "Genie", die viel sarkastischer aber weniger subtil gewesen waere. Aber Satie ist ja nicht so bekannt...

Dank und liebe Gruesse,
Rolf-Peter
 
S

Sandra

Gast
Lieber Rolf-Peter

Den Walzer von Satie kenne ich leider auch nicht. Ich meine zu wissen, dass er als Komponist für seine sehr humorvollen Titel seiner Stücke bekannt war, was bei diesem Walzer wohl auch der Fall ist. Und ich glaube, er verabscheute tiefschürfende, hochkomplizierte Gedankenergüsse. Darauf beschränkt sich mein Halbwissen auch schon. Ich stelle mir den Philosophen mit seinen tiefschürfenden Gedanken vor, wie er nun in seiner dunklen Stube oder immer noch auf der Wiese hin und her läuft, denkt und denkt und versucht in solchen Titeln wie: "Epoche in Birnenform" einen Sinn zu erhören. Vielleicht liege ich falsch, aber mir gefiel diese Vorstellung sehr und passte für mich auch ins Bild.
Ach - ich liege bestimmt falsch - dann verzeih mir ;)
LG
Sandra
 
Liebe Sandra,

Du liegst schon ganz richtig, aber der Philosoph hoert den Satie wahrscheinlich gar nicht einmal. Ich weiss uebrigens gar nicht einmal, ob's ueberhaupt einen Walzer gibt, aber im Gedicht musste es einfach einer sein. Aber es gibt ja diese "Vexations", ein Werk, das achthundert-so-und-sovielmal wiederholt werden soll. Die Zuhoerer duerfen aber selbstverstaendlich auch herumgehen dabei. Die Musik soll eigentlich nicht gehoert werden, sondern nur so wie ein Moebelstueck im Raum stehen. Eine verrueckte Idee. Es wird hauptsaechlich in Deutschland aufgefuehrt, wo es auch tatsaechlich Zuhoerer gibt,die - mit Traenen in den Augen - das Werk achthundert-so-und-sovielmal geniessen. (Obwohl ich doch befuerchte, dass dieser Schalk das da nur aus Schabernack hingeschrieben hat). Ich weiss gar nicht, ob's schon auf CD (vielleicht zehn Alben?) erschienen ist.

LG,
RP
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo Rolf-Peter,

wundervoll anmutig,dein Gedicht.:) Man sieht diesen Menschen weiter und weiter wandern, und er scheint mit seinem Schicksal ganz glücklich zu sein. Es sind wieder einmal nur die anderen, die, da sie ihn nicht verstehen, sich über ihn lustig machen. Für eine Weile ist er eben mit dem Konjunktiv verheiratet, warum nicht? Er wird schon wissen, was ihm das bringt, und irgendwann wird er auch aufwachen, das hört man einfach aus dem Rhythmus heraus, dass er doch aufwachen wird. Ein ganz und gar verspieltes Gedicht.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 
M

Minds Eye

Gast
Hallo R.P. Wille,
danke schön. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Ich neige auch zu dem Verhalten Deiner Karikatur. Jetzt bin ich erstmal wieder wach. Ich finde gerade, dass "Satie" ein Volltreffer ist. Ich kenne zwar nur die "Gymnopedies and other piano works", aber der Gedanke an diese Musik, die wunderbarerweise zwischen Schwermut und Leichtigkeit (fast immer im 3/4 Takt) schwebt, rundet das Bild für mich perfekt ab.
Mich stört eher das "Kikriki". Gegen "Satie" kommt es nicht an und wirkt deshalb ein bisschen geklebt.
Wer "Satie nicht kennt... Die erste Gymnopedie wurde von der Versicherungsgesellschaft DBV Winterthur für ihre Fernsehwerbung benutzt.
Fil Grus,
Mustafa.
 
Hallo Vera Lena und Minds Eye,

mein schlummernder Philosoph dankt fuer die Sympathie.

Ja, vielleicht wacht er noch auf, wenn jetzt Stephen Hawkings sagt, dass sogar "black holes" aufwachen... (...paar Milliarden Jaehrchen???)

Ach ja, "kikriki"... Eine Alternative waere vielleicht:

Er wandelt noch in tiefer Nacht
als schlummerndes Genie.
Im Hintergrund erklingt ganz sacht
ein Walzer von Satie
.

Besser?

LG an alle (ich bin ab heut wieder verreist und "incommunicado"),
RP
 
M

Minds Eye

Gast
Noch ´ne Kleinigkeit:

So denkt er nach und hat gedacht
weshalb, warum und wie.
Ist er denn [strike]niemals[/strike] jemals aufgewacht?
Ich glaube, leider nie.


So ließe sich diese unnötige Wiederholung vermeiden.
Viele Grüße,
ME.
 



 
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