Der Radiobastler

Stell dir eine Universitätsstadt vor, deren Fußballverein gerade mal gewonnen hat. Es ist Nacht, die Kneipen im Studentenviertel rappelvoll, es wird gesungen und gesoffen, was das Zeug hält, du schleichst an ihnen vorbei und kommst in den Bereich, den die Einheimischen meiden. Plastikfolien hängen vor den Eingängen, aus denen rotes Licht fällt, eine Frauenstimme ruft: „Komm rein, Chérie, du hast ja keinen Schimmer, was wir hier zu bieten haben!“ Ich renne weiter bis zum Stadttor, kehre um, höre dieselbe Stimme: „Ik wer ma hier noch befriedjen dürfen.“ Bin plötzlich drinnen, ein Glas wird mir in die Hand gedrückt, eine üble Mischung aus Wodka und Red Bull, ich fliehe nach draußen, kriege einen übergebraten, stürze, komme aber wieder hoch. Ein tätowierter Typ stößt mich vor sich her. Was hat der mit mir vor? Reden tut er nicht. Ich entweiche in eine Einfahrt, gelange in einen hohen, loftartigen Raum, in dem ein Mann mit gepflegtem grauem Bart in gleißendem Licht auf einem Haufen Möbel sitzt. „Das ist der Radiobastler!“, raunst du mir ins Ohr, man kann nur bewundernd zu ihm aufblicken. Er klettert herab, nimmt mich beim Ärmel und führt mich in den Innenhof. Dem tätowierten Quälgeist winkt er zu, er soll sich entfernen, das tut der, wenn auch mit einer Flunsch. Auf einem Steintisch liegen lange stählerne Gewindestangen, die bewegt der Radiobastler ein bisschen, dann klingen sie ganz fein an einander. Oben von einem Balkon ruft jemand: „Ich höre es! Sehr schön! Der Empfang ist toll!“ Der Radiobastler strahlt: „Ich hab’s geschafft!“
 



 
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