Der rote Hund
Der Hund war ganz rot. Wir standen vor dem Zelt und Mutter zog mich am Arm. Aber ich konnte mich nicht rühren. Ich hatte bisher keinen roten Hund gesehen. Meines Wissens durfte es so etwas gar nicht geben, denn Hunde waren braun, weiß oder schwarz. Ich war mir sicher, man hatte ihn angemalt. Dem Zirkusvolk war alles zuzutrauen.
Als wir ins Zelt kamen und uns auf unsere Plätze setzten, sagte Mutter, ich solle endlich aufhören, mir Geschichten auszudenken. Ich fragte, wann Papa endlich zurückkommen würde. Ob dieser Auftrag in Südamerika, der Bau irgendeines Hochhauses, ob das nicht irgendwann zuende war. Sie sah mich lange an. Für einen Moment glaubte ich, sie sei wütend. Ich fing wieder von dem roten Hund an. An seinen Beinen war die Farbe noch nicht getrocknet gewesen, das erzählte ich ihr. Sie sei in kleinen Perlen hinabgelaufen. Sie schüttelte nur den Kopf. Alles gute zum Geburtstag, sagte sie, wandte sich von mir ab und starrte jetzt ganz komisch nach vorne. Ich sah sie von der Seite an und wollte mit meiner Hand einen ihrer Ohrringe berühren, weil sie so riesig waren, und mit so vielen Etagen. Aber ich traute mich nicht. Mutter war manchmal so komisch wie jetzt. Und da wollte sie nicht, dass ich sie anlangte.
Die Sitzreihen füllten sich, die Vorstellung begann, aber ich dachte an den roten Hund. Warum hatte man ihn angemalt? Hatte er eine hässliche Eigenfarbe gehabt? Oder war er Teil irgendeiner Zirkusnummer? Einmal hatte Mutter mir gesagt, ich soll nicht mehr nach Papa fragen, also dachte ich an den roten Hund. Während eine Frau mit drei Ponys die Menage betrat und diese im Kreis liefen, sinnierte ich, welche Nummer es wohl sein mochte, für die man den Hund so präpariert hatte. Sollte er wohl als ein Teufelshund auftreten? Oder würde ein Zauberer ihn in einen weißen Hund zurückverwandeln? Ich hatte gehört, dass viele der Zauberstücke von Zauberern nicht wirklich Zauberei beinhalteten.
Die Leute begannen zu klatschen und ich klatschte mit. Dann kamen fünf sehr kleine Menschen ins Zelt gerannt und stellten sich aufeinander, sodass ein Kartenhäuschen entstand. Ich warf einen Blick zu meiner Mutter, und sah, dass sie Tränen in den Augen hatte. Aber sie weinte nicht wirklich, es war nur so, dass ihr eben Tränen in den Augen standen, sonst nichts. Was wäre, wenn der rot angemalte Hund weinen würde, fragte ich mich. Würde ihm dann die rote Farbe zerlaufen und das darunter liegende Weiß oder Schwarz enthüllen, da wo die Tränen sich ihren Weg gesucht hatten?
Die Frau mit den Ponys kam zurück, und nun liefen die Ponys im Slalom unter den Bögen hindurch, die das Kartenhäuschen aus kleinen Menschen bildete. Wieder klatschten die Leute. Meine Mutter drehte sich zu mir um, nahm meine Hand und lächelte mich an. Ihre Augen glänzten jetzt richtig, sie schniefte, lächelte wieder. Ich lächelte zurück. In diesem Moment liebte ich meine Mutter sehr. Ich wollte es ihr sagen, aber ich tat es nicht. Ich sagte stattdessen, vielleicht trete der rot angemalte Hund heute noch auf. Ich war jetzt sehr aufgeregt. Sie nickte, strich mir über den Kopf und lächelte wieder. Es war komisch. Sie weinte und sie lächelte gleichzeitig. Alles gute zum Geburtstag, sagte sie nochmals. Dann schaute sie wieder nach vorne.
Sie glaubte nicht, dass ich den rot angemalten Hund gesehen hatte. Aber ich hatte ihn gesehen. Und ich fragte mich, warum man ihn rot angemalt hatte.
Der Hund war ganz rot. Wir standen vor dem Zelt und Mutter zog mich am Arm. Aber ich konnte mich nicht rühren. Ich hatte bisher keinen roten Hund gesehen. Meines Wissens durfte es so etwas gar nicht geben, denn Hunde waren braun, weiß oder schwarz. Ich war mir sicher, man hatte ihn angemalt. Dem Zirkusvolk war alles zuzutrauen.
Als wir ins Zelt kamen und uns auf unsere Plätze setzten, sagte Mutter, ich solle endlich aufhören, mir Geschichten auszudenken. Ich fragte, wann Papa endlich zurückkommen würde. Ob dieser Auftrag in Südamerika, der Bau irgendeines Hochhauses, ob das nicht irgendwann zuende war. Sie sah mich lange an. Für einen Moment glaubte ich, sie sei wütend. Ich fing wieder von dem roten Hund an. An seinen Beinen war die Farbe noch nicht getrocknet gewesen, das erzählte ich ihr. Sie sei in kleinen Perlen hinabgelaufen. Sie schüttelte nur den Kopf. Alles gute zum Geburtstag, sagte sie, wandte sich von mir ab und starrte jetzt ganz komisch nach vorne. Ich sah sie von der Seite an und wollte mit meiner Hand einen ihrer Ohrringe berühren, weil sie so riesig waren, und mit so vielen Etagen. Aber ich traute mich nicht. Mutter war manchmal so komisch wie jetzt. Und da wollte sie nicht, dass ich sie anlangte.
Die Sitzreihen füllten sich, die Vorstellung begann, aber ich dachte an den roten Hund. Warum hatte man ihn angemalt? Hatte er eine hässliche Eigenfarbe gehabt? Oder war er Teil irgendeiner Zirkusnummer? Einmal hatte Mutter mir gesagt, ich soll nicht mehr nach Papa fragen, also dachte ich an den roten Hund. Während eine Frau mit drei Ponys die Menage betrat und diese im Kreis liefen, sinnierte ich, welche Nummer es wohl sein mochte, für die man den Hund so präpariert hatte. Sollte er wohl als ein Teufelshund auftreten? Oder würde ein Zauberer ihn in einen weißen Hund zurückverwandeln? Ich hatte gehört, dass viele der Zauberstücke von Zauberern nicht wirklich Zauberei beinhalteten.
Die Leute begannen zu klatschen und ich klatschte mit. Dann kamen fünf sehr kleine Menschen ins Zelt gerannt und stellten sich aufeinander, sodass ein Kartenhäuschen entstand. Ich warf einen Blick zu meiner Mutter, und sah, dass sie Tränen in den Augen hatte. Aber sie weinte nicht wirklich, es war nur so, dass ihr eben Tränen in den Augen standen, sonst nichts. Was wäre, wenn der rot angemalte Hund weinen würde, fragte ich mich. Würde ihm dann die rote Farbe zerlaufen und das darunter liegende Weiß oder Schwarz enthüllen, da wo die Tränen sich ihren Weg gesucht hatten?
Die Frau mit den Ponys kam zurück, und nun liefen die Ponys im Slalom unter den Bögen hindurch, die das Kartenhäuschen aus kleinen Menschen bildete. Wieder klatschten die Leute. Meine Mutter drehte sich zu mir um, nahm meine Hand und lächelte mich an. Ihre Augen glänzten jetzt richtig, sie schniefte, lächelte wieder. Ich lächelte zurück. In diesem Moment liebte ich meine Mutter sehr. Ich wollte es ihr sagen, aber ich tat es nicht. Ich sagte stattdessen, vielleicht trete der rot angemalte Hund heute noch auf. Ich war jetzt sehr aufgeregt. Sie nickte, strich mir über den Kopf und lächelte wieder. Es war komisch. Sie weinte und sie lächelte gleichzeitig. Alles gute zum Geburtstag, sagte sie nochmals. Dann schaute sie wieder nach vorne.
Sie glaubte nicht, dass ich den rot angemalten Hund gesehen hatte. Aber ich hatte ihn gesehen. Und ich fragte mich, warum man ihn rot angemalt hatte.