Josef Knecht
Mitglied
Eigentlich mache ich mir nicht viel aus Männern, aber manchmal sind sie ganz nützlich, besonders wenn ich Geld brauche.
Tommy saß mit dem Rücken zu mir in der Bar Pink-Corner und nippte an einer Cola. Man hätte die Luft mit einer Motorsäge bearbeiten können. Ich zog einen freien Barhocker heran, setzte mich und bestellte mir einen Gimlet. Unwillkürlich wich er ein Stückchen zurück, so als stellte ich für ihn eine Bedrohung dar.
„Hallo, ich bin Bernd. Manche Abende können lang sein, ohne Gesellschaft!“
Tommy sah mich an, sein Kopf zeigte ein vages Nicken. Er erinnerte mich an eine griechische Statue, die ich einmal auf einem Bild gesehen hatte, so gut proportioniert war sein Körper, so ebenmäßig das Gesicht. Nur seine traurigen Augen trübten den Eindruck von Perfektion. Der Anzug glänzte, als sei er aus reiner Seide. In Erwartung eines guten Geschäftes begann ich das Gespräch.
Ich erfuhr, dass er Psychologie studierte und sein Vater Arzt sei und ihn finanziell großzügig unterstützte. Er habe hier in der Stadt eine kleine Wohnung. Eine größere wollte er sich nicht leisten, da er es hasste ein Schmarotzer zu sein. Im Verlauf des Gesprächs änderte ich meinen ursprünglichen Plan. Warum nur eine Nacht? Sein Vater hatte genug Geld für zwei Menschen.
Tommy, der am Anfang fast nichts gesagt hatte wurde immer mitteilsamer. Der traurige Ausdruck in seinen Augen verwandelte sich zusehens in Zuversicht und Hoffnung.
Schließlich begann Tommy sich für mein Leben zu interessieren. Dieser Augenblick war kritisch. Ich konnte ihm schlecht sagen, dass ich hauptsächlich als Stricher arbeitete.
„Ich orientiere mich zu Zeit um. Vielleicht etwas bei dem ich meine Kreativität entfalten kann, Maler oder Bildhauer.“ Eine künstlerische Ader kommt bei Schwulen immer an. Tommy lächelte und fragte nicht weiter.
So etwa gegen 2 Uhr traten wir eng umschlungen in die laue Sommernacht hinaus.
Eine Woche später packte ich einen großen Rucksack und meine Reisetasche, wuchtete alles in meinen VW Golf, Baujahr 95 und zog zu Tommy.
Bei Tommy hatte ich es gut. Er bezahlte für alles, was stets freundlich und höflich zu mir. Nur die Wohnung war für meinen Geschmack viel zu klein, hatte keinen Garten und einen mickrigen Balkon.
Tommy war jeden Tag bis 18 Uhr an der Uni Ich hatte mir eine Staffelei besorgt und Farben und begann zu malen. Die Kunst mit Farbe und Papier Bilder zu erzeugen hat mich nie interessiert. Ich wollte aber um jeden Preis meine Lüge aufrecht erhalten.
Im Herbst, die Dunkelheit hatte bereits eingesetzt stand ich an der Staffelei und versuchte eine Landschaft mit einem Wald zu malen. Plötzlich stand Tommy hinter mir, hielt meine Arme fest und küsste mich in den Nacken.
„Ich habe in meinem Referat eine eins bekommen und außerdem hätte ich Lust auf dich.“
„Ich bin gerade beschäftigt. Später vielleicht!“
Doch Tommys Hände strichen schon sanft über meinen Körper und begannen mich auszuziehen.
„Warum hängen wir eigentlich immer noch in diesem Loch fest. Dein alter Herr soll noch etwas mehr Geld springen lassen, dann könnten wir uns eine größere Wohnung leisten.“
Tommy löste sich von mir. Seine sonst sanfte Stimme nahm einen leicht metallischen Klang an.
„Mein Vater unterstützt uns schon genug. Ich will nicht, dass er noch mehr Geld ausgibt.“
„Wenn ich gehen würde, dann würde er noch weniger Geld brauchen. Das ist es doch, was du willst. Habe ich recht?“
„Nein, nein,“ Tommys Körper presste sich an mich. Seine Stimme schwankte, wurde undeutlich, verwaschen, in seinen Augen schimmerten Tränen. „Ich will nicht, das du gehst. Ich liebe dich.“ Und leiser, fast gehaucht fügte er hinzu: „Ich brauche dich. Mein Vater bezahlt uns sicherlich eine größere Wohnung.“
Doch daraus sollte nichts werden.
Ein paar Tage später stapelten sich im Erdgeschoss Kisten mit Kleidungsstücke, Bilder und Geschirr. Offensichtlich wurde eine freie Wohnung gerade neu bezogen. Ich wollte eben das Haus verlassen um ein paar Runden zu joggen.
„Hallo, ich bin Marion. Könntest du mir vielleicht bei einer dieser Kisten kurz helfen?“ Ich blickte in kastanienbraune Augen, die von einem kupferfarbenen Haarkranz umrandet wurden.
Ich half Marion die Kisten in die Wohnung zu tragen. Nach getaner Arbeit setzten wir uns zwischen halb ausgepackten Kartons und teilweise aufgestellten Möbelstücken und tranken gemeinsam einen Latte Macchiato.
Von diesen Tag an sahen wir uns täglich. Tommy ahnte davon nichts.
Ich benötigte 5 Tage, bis ich Marion das erste Mal küsste und weitere vier, als wir das erste Mal miteinander schliefen. Als Verführer war ich immer noch gut.
Etwa 14 Tage später fuhr Tommy mit einigen Kommilitonen zu einem Wochenendseminar. Mich reizte der Gedanke, mit Marion in unserer Wohnung zu schlafen, in dem selben Bett, in dem ich am Abend zuvor noch mit Tommy gelegen hatte.
Marion und ich hatten uns gerade gegenseitig ausgezogen als ich ein Geräusch draußen auf dem Flur hörte. Es war ein Schlüssel, der ins Schloss gesteckt und umgedreht wurde. Tommy! Es blieb keine Zeit für uns zu reagieren, keine Zeit, nach einen Ausweg zu suchen, denn 2 Sekunden später stand Tommy mit geöffneten Mund im Schlafzimmer und starrte uns an. Niemals werde ich seinen Blick vergessen, aus dem gleichzeitig Unglauben und Entsetzen sprach.
Tommy sagte nichts. Er stand nur da wie festgewurzelt. Wir schlüpften in unsere Kleider und verließen die Wohnung.
Der Abend war für uns beendet. Tommys plötzliche Rückkehr hatte Marion so verwirrt, dass sie lieber alleine sein wollte.
Ich war wütend auf Tommy, weil er mir meinen Abend verdorben hatte. Ich trieb mich mehrere Stunden in irgendwelchen Kneipen herum. Danach ging ich ins Lido, gab einer Prostituierten 50 Euro, die sich nicht lohnten, denn mechanischen Sex habe ich seit jeher verabscheut.
In den frühen Morgenstunden kam ich nach Hause und hatte beschlossen, meine Beziehung zu Tommy wieder in Ordnung zu bringen. Ein warmes Bett war allemal besser als immerfort auf der Suche zu sein.
Als ich die Wohnung betrat, überkam mich das eigenartige Gefühl, das etwas nicht stimmte. Es war merkwürdig ruhig, denn normalerweise frühstückte Tommy um diese Zeit. Ich rief nach ihm, doch es kam keine Antwort. Ich sah mich um, fand Tommy aber nicht. Ich ging zum Schlafzimmer, öffnete vorsichtig die Tür, um ihn nicht zu wecken, falls er doch noch schlief. Hier war Tommy. Ich sah zuerst seine Beine die 20 Centimeter über seinen runden Eichenholztisch baumelten. Sein Körper hing wie ein Pendel vom Lampenschirm herab. Der Kopf war merkwürdig nach hinten gedreht und das Seil um seinen Hals hatte rote Striemen zurückgelassen, die aber durch die einsetzende Totenstarre langsam verblassten. Seine Augen blickten friedlich und entspannt zur Decke empor, als könnten sie hier das finden, nachdem sie sich so sehnten.
Tommy saß mit dem Rücken zu mir in der Bar Pink-Corner und nippte an einer Cola. Man hätte die Luft mit einer Motorsäge bearbeiten können. Ich zog einen freien Barhocker heran, setzte mich und bestellte mir einen Gimlet. Unwillkürlich wich er ein Stückchen zurück, so als stellte ich für ihn eine Bedrohung dar.
„Hallo, ich bin Bernd. Manche Abende können lang sein, ohne Gesellschaft!“
Tommy sah mich an, sein Kopf zeigte ein vages Nicken. Er erinnerte mich an eine griechische Statue, die ich einmal auf einem Bild gesehen hatte, so gut proportioniert war sein Körper, so ebenmäßig das Gesicht. Nur seine traurigen Augen trübten den Eindruck von Perfektion. Der Anzug glänzte, als sei er aus reiner Seide. In Erwartung eines guten Geschäftes begann ich das Gespräch.
Ich erfuhr, dass er Psychologie studierte und sein Vater Arzt sei und ihn finanziell großzügig unterstützte. Er habe hier in der Stadt eine kleine Wohnung. Eine größere wollte er sich nicht leisten, da er es hasste ein Schmarotzer zu sein. Im Verlauf des Gesprächs änderte ich meinen ursprünglichen Plan. Warum nur eine Nacht? Sein Vater hatte genug Geld für zwei Menschen.
Tommy, der am Anfang fast nichts gesagt hatte wurde immer mitteilsamer. Der traurige Ausdruck in seinen Augen verwandelte sich zusehens in Zuversicht und Hoffnung.
Schließlich begann Tommy sich für mein Leben zu interessieren. Dieser Augenblick war kritisch. Ich konnte ihm schlecht sagen, dass ich hauptsächlich als Stricher arbeitete.
„Ich orientiere mich zu Zeit um. Vielleicht etwas bei dem ich meine Kreativität entfalten kann, Maler oder Bildhauer.“ Eine künstlerische Ader kommt bei Schwulen immer an. Tommy lächelte und fragte nicht weiter.
So etwa gegen 2 Uhr traten wir eng umschlungen in die laue Sommernacht hinaus.
Eine Woche später packte ich einen großen Rucksack und meine Reisetasche, wuchtete alles in meinen VW Golf, Baujahr 95 und zog zu Tommy.
Bei Tommy hatte ich es gut. Er bezahlte für alles, was stets freundlich und höflich zu mir. Nur die Wohnung war für meinen Geschmack viel zu klein, hatte keinen Garten und einen mickrigen Balkon.
Tommy war jeden Tag bis 18 Uhr an der Uni Ich hatte mir eine Staffelei besorgt und Farben und begann zu malen. Die Kunst mit Farbe und Papier Bilder zu erzeugen hat mich nie interessiert. Ich wollte aber um jeden Preis meine Lüge aufrecht erhalten.
Im Herbst, die Dunkelheit hatte bereits eingesetzt stand ich an der Staffelei und versuchte eine Landschaft mit einem Wald zu malen. Plötzlich stand Tommy hinter mir, hielt meine Arme fest und küsste mich in den Nacken.
„Ich habe in meinem Referat eine eins bekommen und außerdem hätte ich Lust auf dich.“
„Ich bin gerade beschäftigt. Später vielleicht!“
Doch Tommys Hände strichen schon sanft über meinen Körper und begannen mich auszuziehen.
„Warum hängen wir eigentlich immer noch in diesem Loch fest. Dein alter Herr soll noch etwas mehr Geld springen lassen, dann könnten wir uns eine größere Wohnung leisten.“
Tommy löste sich von mir. Seine sonst sanfte Stimme nahm einen leicht metallischen Klang an.
„Mein Vater unterstützt uns schon genug. Ich will nicht, dass er noch mehr Geld ausgibt.“
„Wenn ich gehen würde, dann würde er noch weniger Geld brauchen. Das ist es doch, was du willst. Habe ich recht?“
„Nein, nein,“ Tommys Körper presste sich an mich. Seine Stimme schwankte, wurde undeutlich, verwaschen, in seinen Augen schimmerten Tränen. „Ich will nicht, das du gehst. Ich liebe dich.“ Und leiser, fast gehaucht fügte er hinzu: „Ich brauche dich. Mein Vater bezahlt uns sicherlich eine größere Wohnung.“
Doch daraus sollte nichts werden.
Ein paar Tage später stapelten sich im Erdgeschoss Kisten mit Kleidungsstücke, Bilder und Geschirr. Offensichtlich wurde eine freie Wohnung gerade neu bezogen. Ich wollte eben das Haus verlassen um ein paar Runden zu joggen.
„Hallo, ich bin Marion. Könntest du mir vielleicht bei einer dieser Kisten kurz helfen?“ Ich blickte in kastanienbraune Augen, die von einem kupferfarbenen Haarkranz umrandet wurden.
Ich half Marion die Kisten in die Wohnung zu tragen. Nach getaner Arbeit setzten wir uns zwischen halb ausgepackten Kartons und teilweise aufgestellten Möbelstücken und tranken gemeinsam einen Latte Macchiato.
Von diesen Tag an sahen wir uns täglich. Tommy ahnte davon nichts.
Ich benötigte 5 Tage, bis ich Marion das erste Mal küsste und weitere vier, als wir das erste Mal miteinander schliefen. Als Verführer war ich immer noch gut.
Etwa 14 Tage später fuhr Tommy mit einigen Kommilitonen zu einem Wochenendseminar. Mich reizte der Gedanke, mit Marion in unserer Wohnung zu schlafen, in dem selben Bett, in dem ich am Abend zuvor noch mit Tommy gelegen hatte.
Marion und ich hatten uns gerade gegenseitig ausgezogen als ich ein Geräusch draußen auf dem Flur hörte. Es war ein Schlüssel, der ins Schloss gesteckt und umgedreht wurde. Tommy! Es blieb keine Zeit für uns zu reagieren, keine Zeit, nach einen Ausweg zu suchen, denn 2 Sekunden später stand Tommy mit geöffneten Mund im Schlafzimmer und starrte uns an. Niemals werde ich seinen Blick vergessen, aus dem gleichzeitig Unglauben und Entsetzen sprach.
Tommy sagte nichts. Er stand nur da wie festgewurzelt. Wir schlüpften in unsere Kleider und verließen die Wohnung.
Der Abend war für uns beendet. Tommys plötzliche Rückkehr hatte Marion so verwirrt, dass sie lieber alleine sein wollte.
Ich war wütend auf Tommy, weil er mir meinen Abend verdorben hatte. Ich trieb mich mehrere Stunden in irgendwelchen Kneipen herum. Danach ging ich ins Lido, gab einer Prostituierten 50 Euro, die sich nicht lohnten, denn mechanischen Sex habe ich seit jeher verabscheut.
In den frühen Morgenstunden kam ich nach Hause und hatte beschlossen, meine Beziehung zu Tommy wieder in Ordnung zu bringen. Ein warmes Bett war allemal besser als immerfort auf der Suche zu sein.
Als ich die Wohnung betrat, überkam mich das eigenartige Gefühl, das etwas nicht stimmte. Es war merkwürdig ruhig, denn normalerweise frühstückte Tommy um diese Zeit. Ich rief nach ihm, doch es kam keine Antwort. Ich sah mich um, fand Tommy aber nicht. Ich ging zum Schlafzimmer, öffnete vorsichtig die Tür, um ihn nicht zu wecken, falls er doch noch schlief. Hier war Tommy. Ich sah zuerst seine Beine die 20 Centimeter über seinen runden Eichenholztisch baumelten. Sein Körper hing wie ein Pendel vom Lampenschirm herab. Der Kopf war merkwürdig nach hinten gedreht und das Seil um seinen Hals hatte rote Striemen zurückgelassen, die aber durch die einsetzende Totenstarre langsam verblassten. Seine Augen blickten friedlich und entspannt zur Decke empor, als könnten sie hier das finden, nachdem sie sich so sehnten.