Der Schreck am Nachmittag

molly

Mitglied
Der Schreck am Nachmittag

An einem Samstagmorgen standen die Pfeffermännchen früh auf. Während die anderen das Frühstück richteten und den Tisch deckten, lief Roto zum Bäcker, um, wie immer, Streußelkuchen und Brötchen zu kaufen. Dort begegnete er einer Frau. Sie hatte wunderschöne rote Haare, die mit einem Netz zusammengehalten wurden. Als die Frau merkte, dass Roto sie beobachtete, beugte sie sich zu ihm und fauchte ihn an: „Verzieh dich, du Wicht.“
„Na, na, hier ist mein Laden, niemand muss sich verziehen“, sagte der Bäcker. Er gab ihr eine Tüte und sie rauschte aus der Bäckerei. Roto fragte: „Wer ist diese Frau?“ „Eine Fremde“, sagte der Bäcker und packte die Sachen in Rotos Korb. „Sie ist bestimmt auf der Durchreise und wir sehen sie nicht wieder“, meinte Roto. Aber da irrte er sich gewaltig.
Samstags, wenn die Pfeffermännchen nicht bei Bauer Merten arbeiteten, putzten sie ihr Häuschen und gleich nach dem Frühstück begannen sie damit. Zuerst machte jedes Pfeffermännchen sein Bett. Danach wischte Roto den Boden in der Schlafkammer und im Stübchen. Azuro und Gelbert wuschen die Wäsche und putzten das Bad. Grünter goss die Blumen und fegte die Treppe vor dem Haus. Nachdem sie die Wäsche auf die Leine gehängt hatten, schnappte sich jeder einen Liegestuhl, klappte ihn im Garten auf und legte sich darauf. Der Wind rauschte sanft durch die Zweige der Tanne und die Pfeffermännchen hielten Mittagsschlaf. Grünter wachte als erster auf. Er betrachtete seine schlafenden Freunde und dachte, wie gut es war, bei ihnen zu leben. Leise stand er auf, deckte den Tisch in der Küche und kochte Kaffee. Zum Schluss stellte er den Kuchen auf den Tisch, den Roto aus der Bäckerei mitgebracht hatte. Frischer Kaffeeduft zog an den schlafenden Pfeffermännchen vorbei und sie wachten auf. "Danke, dass du uns auf so liebe Art geweckt hast", sagte Roto und setzte sich mit Azuro gleich an den Tisch. Gelbert wollte noch eine Weile im Liegestuhl bleiben. "Hier draußen bekommst du keinen Kuchen", sagte Azuro. Im Nu saß nun auch Gelbert bei den anderen am Tisch. "Streuselkuchen ist doch mein Leibgericht“, sagte er.
Grünter fragte: „Wir sind jetzt vier Pfeffermännchen, gibt es denn noch mehr?" Roto holte aus dem Schrank ein dickes Buch und schlug die erste Seite auf. Laut las er:
„Fünf Pfeffermännchen leben, einer mag rote Sache, ein anderer gelbe, einer trägt blau, einer grün und einer besitzt schwarze Kleider.“ „Was steht da noch, es ist doch ein dickes Buch?" fragte Gelberrt. Roto antwortete: „Die anderen Seiten sind leer, da müssen wir unsere Geschichten hineinschreiben. Azuro stellte fest: " Nur der schwarze Zwerg fehlt jetzt noch.“ Doch Roto bat: „Lasst uns endlich Kuchen essen.“
Gerade, als er ein Stück abschneiden wollte, klopfte jemand heftig an die Haustüre. „Das ist sicher das Schwarze Pfeffermännchen“, lachte Azuro,. Schnell lief er zur Haustüre und öffnete sie weit. Vor ihm stand ein großer Mann mit einem leuchtend roten Schnurrbart. Der sah gar nicht wie ein Pfeffermännchen aus.
Der Räuber Kunibert stand auf der Treppe. Der schob Azuro zur Seite, streckte seinen langen Arm zum Tisch aus und nahm den leckeren Kuchen weg. Die Pfeffermännchen rissen die Augen auf und starrten auf den fremden Mann. Kunibert blickte sie böse an und sagte mit seiner tiefen Räuberstimme: „Ich bin der große und starke Räuber Kunibert und erlaube nicht, dass jemand in meinem See badet. Wenn ihr noch einmal kommt, geht es euch schlecht!" Er schmetterte die Türe zu und verschwand im Garten.
Azuro schloss zitternd die Haustür ab, die anderen stürzten ans Fenster und blickten dem Räuber nach. Kunibert aber ging nicht weit, er marschierte zu den Liegestühlen, schob den roten und blauen zusammen und ließ sich hineinplumpsen. Dann rief er: "Kunigunde, wir können essen!“ Sie hatte vor dem Haus aufgepasst, damit der Räuber in Ruhe den Kuchen stehlen konnte. Nun schlenderte sie gemütlich in den Garten, schob die beiden anderen Liegestühle zusammen und setzte sich neben Kunibert. Roto schlug die Hände über dem Kopf zusammen und rief: „Diese Frau habe ich heute Morgen beim Bäcker gesehen!“ Grünter meinte:„Eine Räuberin!“

Kunigunde sagte: "Hier sind wir sicher, weit und breit ist kein Mensch zu sehen!“ Sie teilten den Kuchen und begannen voll Wonne zu schmatzen. Traurig sahen die Pfeffermännchen wie ihr feiner Streuselkuchen Stück für Stück im Mund der Räuber verschwand. "Schlimm genug, dass sie unseren Kuchen essen", schimpfte Gelbert, „aber müssen wir auch noch zusehen, wie sie in unseren Liegestühlen hocken?" „Ja, wir jagen sie fort“, sagte Roto und öffnete das Fenster. „Verschwindet, aber sofort, sonst rufen wir die Polizei!“ rief er. Der Räuber klatschte sich vergnügt auf die Schenkel. "Ihr habt ja gar kein Telefon.“ „Woher willst du das wissen?" fragte Azuro. Kunigunde antwortete: „Das hat mir am Morgen der Bäcker verraten und er hat mir auch erzählt, wo jeden Samstag am Nachmittag ein leckerer Streuselkuchen auf dem Tisch steht.“

Sie lachten und kicherten und dabei verschluckte sich der Räuber ein wenig. Kunigunde klopfte ihm kräftig auf den Rücken. Die Pfeffermännchen schlossen das Fenster. Sie setzten sich an Tisch und überlegten, wie sie den Räuber und seine Frau loswurden. Azuro schlug vor, dass alle zusammen laut aus dem Fenster schreien sollten, vielleicht hörte der Bauer den Hilferuf. Aber kaum hatten die Pfeffermännchen das Fenster geöffnet, stand schon Kunibert davor und zischte: „Keinen Laut, sonst schleppe ich euch in unsere Höhle.“ Sofort schlossen sie das Fenster. Gelbert meinte: „Ich könnte ihn einmal mit der Taschenlampe blenden, vielleicht mag er das Licht nicht und verzieht sich wieder". Die anderen nickten zustimmend. Aber als Gelbert den Räuber anleuchtete,. lachte dieser laut auf und schloss nur die Augen. Nun holte Roto aus der Schrankschublade einen roten, einen gelben, einen grünen und einen blauen Luftballon. "Die füllen wir mit Wasser und werfen sie den beiden vor die Füße.“ Das taten die vier und sie verknoteten die gefüllten Luftballons sorgfältig. Das Blaue Pfeffermännchen warf zuerst. Der Ballon platzte mit einem Knall, das Wasser spritzte die beiden Räuber voll, aber sie freuten sich darüber. "Nur weiter so", grinste Kunibert. „Es ist so heiß und wir sind dankbar für jede Erfrischung!" Die Pfeffermännchen zogen sich zurück. Grünter sagte: „Ich steige aus dem Kellerfenster und hole Bauer Merten zu Hilfe!" Doch leider klappte das auch nicht. Kunigunde hatte Holz und Bretter vor das Fenster gelegt. Ratlos saßen sie auf ihren Stühlen. Jedes überlegte still, wie sie den Räuber und seine Frau vertreiben könnten. Da hörten sie ganz leise: "SSSS". Was war das?" fragte Azuro „Ich war das!" fipste ein feines Stimmchen aus der Zimmerecke. "Hilfe, eine Maus! Wie kommst du denn hier her" rief Gelbert und sprang auf den Tisch. Die kleine weiße Maus tänzelte auf zwei Beinen hin und her und verbeugte sich leicht: „ Das war nicht schwer. Die Haustür stand heute Morgen offen. Ich bin Waldemar, der Mäuserich. Vielleicht kann ich euch helfen!" Roto sagte: „Das wäre wunderbar. Wir haben schon allerlei probiert. Aber Kunibert und Kunigunde sitzen noch immer in unseren Liegestühlen und lachen uns aus." Grünter hielt Waldemar die Hand hin. Er sprang hinein und sagte: "So, wie der Wicht auf dem Tisch, fürchten sich viele Menschen vor uns Mäusen. Vielleicht gehören die beiden Räuber auch dazu!" Grünter schüttelte den Kopf und sagte: „Wie sollen wir sie denn erschrecken? Wir können dich doch nicht vor ihre Füße werfen! Kunibert zerquetscht dich ja mit seinen großen Turnschuhen!" Waldemar piepste vergnügt: "Keine Sorge, mir wird nichts geschehen. Ihr müsst mir nur die Haustür öffnen!"

Roto schlug vor, erst einmal nachzuschauen, was die beiden trieben. Kunibert und. Kunigunde hatten die Augen geschlossen und der Räuber schnarchte leise. Grünter öffnete lautlos die Tür und. Waldemar huschte hinaus. Flink kletterte er den Liegestuhl hinauf und setzte sich auf die Lehne. Aazuro öffneten das Fenster und Roto rief: "Kunigunde, rate doch einmal, wer neben dir sitzt!" "Lass mich in Ruhe“, schimpfte sie. "Meinst du, ich weiß nicht, dass neben mir der Kunibert ist?" "Ich sehe aber eine Maus“, antwortete Azuro. Kunigunde öffnete die Augen und Waldemar hopste auf ihren Schoß. Die Räuberfrau schrie entsetzt und sprang auf. Sie packte ihren Räubermann am Ärmel, riss ihn hoch und stürmte mit ihm aus dem Garten. Die Pfeffermännchen jubelten laut und klatschten in die Hände. Sie bedankten sich bei Waldemar und er fragte: "Darf ich bei euch im Garten wohnen?" Damit waren alle einverstanden und Grünter warnte noch: "Hüte dich vor Bauer Mertens Katzen. Die fangen den halben Tag und die ganze Nacht Mäuse" "Wenn ich mich fürchte, komme ich zu euch ins Häuschen“, wisperte Waldemar und huschte davon. Die Pfeffermännchen legten sich in ihre Liegestühle und aßen die letzten Brötchen. Sie blieben draußen, bis die Sonne unterging und am dunklen Nachthimmel die Sterne aufblitzten.
Als sie zu Bett gingen sagte Roto: „Was für ein Tag!“ Azuro murmelte: „ ja, ein Räubertag. Gelbert flüsterte: „Seid bitte leise, Grünter schläft schon!“ Sie knuddelten sich ihre Kissen zurecht, streckten sich aus und bald war es still im Schlafstübchen.
©Monika Rieger
________________________________________________________
Raten:
Wer half den Zwergen die Räuber zu vertreiben
und durfte im Zwergengarten bleiben?
Lösung:
Mɐlpǝɯɐɹ' pǝɹ Wänsǝɹᴉɔɥ
 



 
Oben Unten