Der Schrei nach Gerechtigkeit (ein ketzerisches Gedicht)

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Hera Klit

Mitglied
Der Schrei nach Gerechtigkeit (ein ketzerisches Gedicht)

Der eine hält einen Grand mit Vieren
und gewinnen ist alternativlos.
Der andere verzweifelt über einer
Handvoll Luschen und versinkt
erwartungsgemäß im Dreck.

Und die Gerechtigkeit lungert
in den hohlen Gassen und
macht sich unsichtbar.

Gute, gerechtigkeitstrunkene
Männer sahen sich zum Handeln
gezwungen.

Man musste doch was tun!

Jesus war ein seelenvoller Mann.
Die Kirche verdarb sein Erbe
aus Niedertracht und
dem Streben nach Macht.
Sie erfand Scheiterhaufen und das
Zölibat, mit ungeahnten Folgen.
Nächstenliebe falsch interpretiert.

Danton befreite das Volk
aus dem Würgegriff der Monarchie.
Die Guillotine trennte zwanzigtausend
Köpfe ab, im Blutrausch
der Gleichheit und Brüderlichkeit.
Republik, erbaut auf Knochen.

Gandhi hungerte sich für den Frieden
auf fünfundvierzig Kilo
und gebar die Spaltung Indiens.
Die Befreiung von der Fessel der
Unterdrücker brachte den
millionenfachen Brudermord.

Marx schrieb das Kapital zur
Linderung von proletarischem Leiden.
Allein in China wurden Millionen
Uneinsichtige dahin gemeuchelt
für die gerechte Idee des
träumenden Rauschebartes.

Geschrieben steht doch:
„An ihren Früchten sollt
ihr sie erkennen“.
 

cecil

Mitglied
Hallo, Hera,

ich mag Deine Arbeiten, bin immer gespannt darauf, was Du uns anbietest. Dieser Text ist (für mich) bestenfalls ein "Lehr-Gedicht". Ich kann eigentlich alles abnicken, was Du aufzählst, habe aber auf eine Erkenntnis daraus gewartet, die Du mir (bewusst?) vorenthältst; bin etwas frustriert als Leser.
LG, Cecil
 

Hera Klit

Mitglied
Hallo, Hera,

ich mag Deine Arbeiten, bin immer gespannt darauf, was Du uns anbietest. Dieser Text ist (für mich) bestenfalls ein "Lehr-Gedicht". Ich kann eigentlich alles abnicken, was Du aufzählst, habe aber auf eine Erkenntnis daraus gewartet, die Du mir (bewusst?) vorenthältst; bin etwas frustriert als Leser.
LG, Cecil
Vielen Dank Cecil.

Die Erkenntnis ist für mich der letzte Satz.

Liebe Grüße
Hera
 

Mimi

Mitglied
Hallo HeraKlit,
den Ausführungen von cecil kann ich (wenn auch nicht frustriert) als Leserin insoweit zustimmen.

Mich hätten hier die Reflexionen oder Gedanken des Autors zu diesen philosophischen und gesellschaftlichen Themen, die der Text aufgreift, wesentlich mehr interessiert.

Welche neue Erkenntnisse erfahre ich als Leserin Deines Textes, die ich ohnehin nicht bereits erkannt und hinterfragt habe?
Abgesehen davon, dass Scheiterhaufen keine christliche Erfindung sind und es im Hinduismus ( wenn auch in Phasen) oder im Theravada-Buddhismus auch so etwas wie ein Zölibat gibt...
Nun, aus meiner Sicht bleibt der Text leider, wie bereits ähnlich angemerkt wurde, eher eine Belehrung, als eine neue tiefere oder erweiterte Ausleuchtung seiner Thematik.

Ketzerisch finde ich den Text nicht ... was ich eigentlich bedauerlich finde, da hatte ich etwas anderes erwartet.
Vielleicht nicht gleich "Die satanischen Verse" eines Salman Rushdie in Form eines Gedichts, aber mindestens einen Text, der die Erwartungshaltung beim Lesen des Titels annähernd erfüllt.


Geschrieben steht doch:
„An ihren Früchten sollt
ihr sie erkennen“.


... du zitierst Matthäus, Kapitel 7 ... aber wo bleibt Deine eigentliche Erkenntnis daraus, die Deine Leser wirklich interessieren könnte?

Gruß
Mimi
 

Hera Klit

Mitglied
Hallo HeraKlit,
den Ausführungen von cecil kann ich (wenn auch nicht frustriert) als Leserin insoweit zustimmen.

Mich hätten hier die Reflexionen oder Gedanken des Autors zu diesen philosophischen und gesellschaftlichen Themen, die der Text aufgreift, wesentlich mehr interessiert.

Welche neue Erkenntnisse erfahre ich als Leserin Deines Textes, die ich ohnehin nicht bereits erkannt und hinterfragt habe?
Abgesehen davon, dass Scheiterhaufen keine christliche Erfindung sind und es im Hinduismus ( wenn auch in Phasen) oder im Theravada-Buddhismus auch so etwas wie ein Zölibat gibt...
Nun, aus meiner Sicht bleibt der Text leider, wie bereits ähnlich angemerkt wurde, eher eine Belehrung, als eine neue tiefere oder erweiterte Ausleuchtung seiner Thematik.

Ketzerisch finde ich den Text nicht ... was ich eigentlich bedauerlich finde, da hatte ich etwas anderes erwartet.
Vielleicht nicht gleich "Die satanischen Verse" eines Salman Rushdie in Form eines Gedichts, aber mindestens einen Text, der die Erwartungshaltung beim Lesen des Titels annähernd erfüllt.






... du zitierst Matthäus, Kapitel 7 ... aber wo bleibt Deine eigentliche Erkenntnis daraus, die Deine Leser wirklich interessieren könnte?

Gruß
Mimi
Mit dem letzten Satz will ich doch sagen, dass ich all diesen Männern die Schuld für das gebe, was dann geschah und das ist zumindest bei Jesus schon für eingefleischte Christen ketzerisch, glaube es mir. Gandhi gilt ja auch fast als Heiliger.
 

Mimi

Mitglied
Ich erkenne durchaus, was Dein Text andeuten möchte...
Die "großen Männer" der Weltgeschichte und die Folgen ihrer "Taten".
Tja, was wäre die Welt ohne Jesus?
Gäbe es dann die Kirche, wie wir sie heute kennen? Höchstwahrscheinlich nicht.
Oder wie sähe das Leben in Indien ohne
Mahatma Gandhis Einflüsse aus?
Was wäre für die Menschen dort besser gewesen, was wäre schlechter?
Oder wie hätte sich die Geschichte ohne Danton entwickelt?
Fragen über Fragen.
Aber eine klare Antwort gibt es darauf nicht.
 

Hera Klit

Mitglied
Ich erkenne durchaus, was Dein Text andeuten möchte...
Die "großen Männer" der Weltgeschichte und die Folgen ihrer "Taten".
Tja, was wäre die Welt ohne Jesus?
Gäbe es dann die Kirche, wie wir sie heute kennen? Höchstwahrscheinlich nicht.
Oder wie sähe das Leben in Indien ohne
Mahatma Gandhis Einflüsse aus?
Was wäre für die Menschen dort besser gewesen, was wäre schlechter?
Oder wie hätte sich die Geschichte ohne Danton entwickelt?
Fragen über Fragen.
Aber eine klare Antwort gibt es darauf nicht.
Natürlich wissen wir das alles nicht genau, aber das ketzerische an dem Text ist halt, dass er da einen direkten Bezug herstellt.
Klare Antworten gibt es auf dem Feld der Geschichte nie. Oft gibt es aber Quasi-Denkverbote, davor schreckt das Gedicht nicht zurück.
Aber ein Gedicht muss ja auch nicht politisch korrekt sein.
 

Tula

Mitglied
Hallo
Bei diesem Thema möchte ich darauf hinweisen, dass die "Idee" an ihrem Missbrauch genauso wenig Schuld hat, wie ein unschuldiges Mädchen an seiner Vergewaltigung. Die Bösewichter sind stets dieselben, Fanatiker ohne jede Menschlichkeit.

LG
Tula
 

Hera Klit

Mitglied
Hallo
Bei diesem Thema möchte ich darauf hinweisen, dass die "Idee" an ihrem Missbrauch genauso wenig Schuld hat, wie ein unschuldiges Mädchen an seiner Vergewaltigung. Die Bösewichter sind stets dieselben, Fanatiker ohne jede Menschlichkeit.

LG
Tula
So einfach kann man es sich meines Erachtens hier nicht machen,
man muss immer die Unvollkommenheit der Menschen mit einrechnen,
wenn man irgendwelche Utopien vom Zaun bricht.
Das haben die genannten Herren nicht in ausreichendem Maße getan.


Liebe Grüße
Hera
 

Tula

Mitglied
Hallo Hera
Diskutierbar. Aber ich denke durchaus, dass der Mensch Utopien und Ideale braucht. Das Ende einer Monarchie ist auch der Wunsch der Unterdrückten nach einer neuen gerechteren Ordnung. Schon treten die Schlächter auf den Plan, denen es NICHT um Gerechtigkeit geht. Am Ende sind die Nutznießer ganz andere, die nur auf neue Weise ausbeuten.
Karl Marx jedenfalls hat nicht zum Massenmord aufgerufen, während keine Religion der Welt seine Gläubigen dazu aufruft, Frauen zu knechten, Andersdenkende zu verfolgen oder gar abzuschlachten usw.

Anders verhält es sich, und da gebe ich dir recht, mit gewissen Propagandisten der Moderne, deren "neue Ideen" von vornherein nicht viel mehr als eine Form der Verschleierung anderer Absichten sind.

Aber ja, ein weites Thema ... diskutierbar.

LG
Tula
 

Hera Klit

Mitglied
Hallo Hera
Diskutierbar. Aber ich denke durchaus, dass der Mensch Utopien und Ideale braucht. Das Ende einer Monarchie ist auch der Wunsch der Unterdrückten nach einer neuen gerechteren Ordnung. Schon treten die Schlächter auf den Plan, denen es NICHT um Gerechtigkeit geht. Am Ende sind die Nutznießer ganz andere, die nur auf neue Weise ausbeuten.
Karl Marx jedenfalls hat nicht zum Massenmord aufgerufen, während keine Religion der Welt seine Gläubigen dazu aufruft, Frauen zu knechten, Andersdenkende zu verfolgen oder gar abzuschlachten usw.

Anders verhält es sich, und da gebe ich dir recht, mit gewissen Propagandisten der Moderne, deren "neue Ideen" von vornherein nicht viel mehr als eine Form der Verschleierung anderer Absichten sind.

Aber ja, ein weites Thema ... diskutierbar.

LG
Tula
Also, ich denke mal, wir werden da, in dieser fortgeschrittenen Stunde, zu keiner abschließenden Lösung kommen.

Zitat:
"während keine Religion der Welt seine Gläubigen dazu aufruft, Frauen zu knechten, Andersdenkende zu verfolgen oder gar abzuschlachten usw."

Hiermit liegst du leider falsch, das tuen einige sehr wohl.

Liebe Grüße
Hera
 

Tula

Mitglied
Alles eine Frage der Interpretation. Ist die Bibel unschuldiger als der Koran? Ich glaube es nicht. Und wir hatten ja die Inquisition, so lange ist das in historischer Hinsicht nun auch wieder nicht her. Die Bösewichter danach haben sich die wahrscheinlich sogar als Vorbild genommen ....

Aber zurück zum Thema: der Mensch braucht Utopien und Ideale. Wozu der Mangel an diesen führt, wird in der Gegenwart ziemlich deutlich. Wo selbst die Demokratie als erstrebenswertes Ideal an Interesse verliert, wächst nichts Gutes nach.
An unrealistischen Ideen ist an sich nicht sehr viel verkehrt. Das Problem sind die Fanatiker (und nicht nur diese), von den Wölfen ganz abgesehen.

LG
Tula
 

Mimi

Mitglied
"Jeder sündigt für sich und keiner für alle" ‐
ich glaube, dass sollte nicht vergessen werden, wenn man die Religion zum Südenbock oder Aggressor der Menschheitsgeschichte ernennt.
 
Hallo
Bei diesem Thema möchte ich darauf hinweisen, dass die "Idee" an ihrem Missbrauch genauso wenig Schuld hat, wie ein unschuldiges Mädchen an seiner Vergewaltigung. Die Bösewichter sind stets dieselben, Fanatiker ohne jede Menschlichkeit.

LG
Tula
Hallo Tula,

da stimme ich zu.

Hallo Hera,

ich finde das Gedicht leider ziemlich plakativ und die Verhältnisse viel zu vereinfachend dargestellt. Aber ketzerisch finde ich es nicht. Oder doch? Zumindest denkt man darüber nach.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
 
Zuletzt bearbeitet:

Hera Klit

Mitglied
Hallo Tula,

da stimme ich zu.

Hallo Hera,

ich finde das Gedicht leider ziemlich plakativ und die Verhältnisse viel zu vereinfachend dargestellt. Aber ketzerisch finde ich es nicht. Oder doch? Zumindest denkt man darüber nach.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
Vielen Dank für deinen Kommentar SilberneDelfine.

Die Wahrheit ist oft einfach und ganz nahe, dass sie leicht übersehen werden kann.

Ich versuche es mal mit einem Gleichnis:

Ein kletterkundiger Vater hat plötzlich die Idee, am Samstag,
mit seinen 5 unmündigen, kletterunkundigen Kindern
eine Klettertour an einer Steilwand zu machen.
Dabei kommen alle 5 Kinder um.
Wem wird man die Verantwortung dafür geben?


oder noch ein Gleichnis:

Ein Waffennarr kauft seinem Dreijährigen
eine Pistole.
Er kommt Abends heim und seine Frau und seine
zwei Töchter liegen erschossen im Haus.
Wem würden wir wohl die Schuld geben?


Die von mir in meinem Gedicht genannten "großen" Männer
haben nicht bedacht, dass die Menschen in der Mehrzahl
nichts anderes als unmündige Kinder sind.
Sie hätten es ahnen müssen, denn sie waren "weise".

Liebe Grüße
Hera
 
Ich finde nicht, dass man diese Beispiele mit den berühmten Personen im Gedicht und dem, was sie leisteten, vergleichen kann. In deinen Beispielen mit dem Kletterkundigen und dem Waffennarr will niemand jemand anderes etwas lehren. Was sie machen - eine Klettertour mit Kindern, die Klettern nie gelernt haben und einem Dreijährigen eine Waffe zu geben - ist einfach nur unüberlegt und verantwortungslos und niemand wollte die Welt damit verbessern.

Aber sei es drum, es bringt eh nichts, über Religion, Gerechtigkeit oder Philosophie zu diskutieren. Mach ich normalerweise sowieso nie.
 
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