Der Seelenräuber

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DarkWriter

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Der Seelenräuber

Kyra de Mornay, Kriegerin der Krone und Führerin der 3ten Kohorte, stand hoch oben auf dem Felsplateau und schaute hinab in die Schlucht von Eschkaron. Karger Fels, ein wenig Gestrüpp sowie ein ausgetrocknetes Flussbett erstreckten sich dort im roten Schein der untergehenden Sonne. Aber dies war es nicht, was Kyra einen Schauer über den Rücken jagte. Vielmehr waren es die Leichen gefallener Soldaten, welche dort in der Abenddämmerung lagen – als Zeugnis der Barbarei des Krieges.
Es war ein Krieg gewesen, der Schlimmeres hatte verhindern sollen. Ein Krieg gegen die Aggressorin jenseits der Schicksalsberge. Bevor diese mit ihrem Heer über den Schädelpass kommen, den Fluss Co’hen überqueren und somit das Reich angreifen konnte. Ein Erstschlag, wie es die Generäle nannten, um die Bevölkerung zu schützen. Aber war es wirklich allein darum gegangen? Inzwischen hegte Kyra de Mornay ernsthafte Zweifel. War es nicht vielmehr um die Bodenvorräte gegangen, um das Gold und den schwarzen Saft, der die Lampen im gesamten Reich am Brennen hielt? Viele benötigten diesen Saft, der aus dem Boden geholt wurde. So viele, dass die Vorräte im Reich langsam schmolzen. Was also lag näher, als sich jenen Saft zu holen, der im land der Aggressorin auf seine Entdeckung wartete?
Kyra musste zugeben, dass es ein schlauer Schachzug der Generäle und des Königs in der Reichhauptstadt Na’hol gewesen war. Ein Blitzkrieg. Jenseits der Schicksalsberge geführt, das Ende der Aggressorin fordernd und am Ende würde der schwarze Saft ihm, dem König, gehören.
Aber es war anders gekommen. Die Truppen hatten nicht siegen können, denn das Heer der Aggressorin leistete erbitterten Widerstand. Sie wussten, für was sie eintraten. Die Soldaten des Königs hingegen wussten es nicht. So verlagerten sich die Gefechte, über den Schädelpass und hierher in die Schlucht von Eschkaron.
Ein Jahr war es her, dass Kyra de Mornay das Kommando über die Truppen übernahm und sie zu diesem letzten und entscheidenden Kampf führte.
Sie hatten diese Schlacht gewonnen. Das Heer der Aggressorin musste sich zurückziehen, es wurde eilig ein Ende des Krieges proklamiert und am Ende, als sich der Qualm der Kanonen und der von tausenden und abertausenden Soldatenfüßen aufgewirbelte Staub legte, gab es keine Sieger. Nur Verlierer. So, wie in jedem Krieg. Die Aggressorin behielt ihren schwarzen Saft und ihre Macht, ihr Heer war dezimiert und das gesamte Reich hatte unter den Jahren des Krieges gelitten. Kunst und Kultur waren teils in Schutt und Asche gelegt worden, es gab Hungernöte und ein jeder zahlte den Preis für all das. Abgesehen natürlich vom König und seinen Generälen, die mit Sicherheit keine einige Sekunde darben mussten.
Kyra starrte noch immer auf die Gefallenen. Noch einmal erlebte sie im Geiste diese schrecklichen Minuten und Stunden des Kampfes, hörte das Klirren der Waffen und die Schreie der Verwundeten, die auch nach den Kämpfen anhielten.
Die Heiler hatten ihr Bestes gegeben, die Verwundeten ohne Ansehen der Truppenzugehörigkeit versorgt. Es war in diesem Moment nicht mehr wichtig gewesen, ob jemand im Heer der Aggressorin gekämpft hatte, oder den Truppen des Königs diente. Die Menschen, die im Staub der Schlucht lagen, waren jenseits dessen und bedurften einfach nur noch der Hilfe der Heiler.
Dennoch waren viele, viel zu viele gestorben. Nun lagen die Leiber dort in der Schlucht, da sie keiner hatte bergen können, und verdorrten. Aasfresser suchten die Kadaver heim, es stank und wer durch die Schlucht wollte, wurde vom Grauen erfasst. Wer waren in diesem Krieg die Aggressoren gewesen?
Hatte nicht sie selbst, Kyra de Mornay, ganz erhebliche Schuld auf sich geladen? Gewiss, sie galt als Heldin des Reiches, als ruhmreiche Kriegsherrin und es ging sogar das Gerücht um, dass man sie in den Adelsstand erheben und zur Generalin der Krone machen wollte. Eine Ehre, auf die Kyra gut und gerne verzichten konnte. Seit sie die Dinge durchschaut hatte, fühlte sie eine tiefe Scham in sich und den Wunsch, begangenes Unrecht zu sühnen. Darum hatte sie auch nicht den Heimweg angetreten, ließ sich nicht feiern. Stattdessen zog sie durch das vom Krieg gebeutelte Land und versuchte, Dinge zu richten die sie als Kommandantin mitzuverantworten glaubte.
Noch einmal schaute Kyra hinunter in die Schlucht, schickte ein Gebet zur Großen Göttin, in dem sie um Gnade für die Seelen der Verstorbenen bat und gab erst dann ihrem Pferd die Sporen. Eine neue Aufgabe lag vor ihr, und nun – am Abend – konnte sie diese erfüllen.
Es war schon einige Tage her, dass man sie bat, in einem alten Köhlerhaus ganz in der Nähe nach dem Rechten zu schauen. Ein Shi’toma würde dort hausen, ein Seelenräuber. Kyra schauerte bei dem Gedanken. Jeder im Reich kannte die Geschichten um Seelenräuber. Wesen, die sich vom Blute und von den Seelen der Menschen ernährten, sie anfielen und in die Hälse bissen. Übersinnliche Geschöpfe, ausgestattet mit großer Kraft und Intelligenz, reich um das Wissen und die Erfahrung eines jeden Opfers. Ein solches Wesen konnte ganze Dörfer aufzehren, und entsprechend groß die Angst der Bauern, die ganz in der Nähe des alten Köhlerhauses wohnten.
Kyra wusste, was zu tun war. Sie erreichte das Haus pünktlich bei Einsetzen der Dunkelheit und band ihr Pferd an einen dürren Baum. Anschließend näherte sie sich so leise als möglich dem Haus, in dem der Shi’toma vermutet wurde. Durch ein kleines Fenster schimmerte Licht, und die Kriegerin glaubte, Geräusche aus der Hütte zu hören. Schritte, etwas klapperte.
Vorsichtig suchte sie unter diesem einen Fenster Schutz und spähte durch die Ritzen des Klapp-Ladens hinein in eine kleine Küche. Ein Mann hielt sich im Inneren des Hauses auf. Er saß im Schein einer Lampe und verfasste einen Brief. Die Regale waren leer, die Feuerstelle aus und die Töpfe schienen seit langem unbenutzt. Dies waren untrügliche Zeichen – dieser Mann war ein Shi’toma.
Kyra kroch weiter, um eine Ecke und hin zur Tür. Dort griff sie nach ihrem Schwert und warf sich mit Wucht gegen den Eingang, sodass die Tür ins Innere der Hütte geschleudert wurde.
Der Shi’toma sprang auf, ein unseliges Leuchten in seinen Augen. Ein tiefes Knurren entfloh seiner Kehle, als er die Schwertspitze der Kriegerin auf sich gerichtet sah. Nadelspitze Hauer wuchsen aus den oberen Zahnreihen hervor, und für Kyra gab es nun keinen Zweifel mehr. Dies war ein Seelenräuber.
Sie wusste, wie man einen Shi’toma töten musste. Ein einziger, gezielter Hieb. Kopf vom Rumpf trennen, keine Diskussion und kein Gespräch. Vor allem aber keine Berührung. Der Seelenräuber war schlau, er war gewieft und er vermochte es, durch eine einfache, kleine Berührung den Willen seines Opfers zu brechen. Ließ sie dies zu, war sie verloren.
„Ihr habt mich, Kriegerin.“
Eine einfache Feststellung. Fast schon lapidar. Kyra nickte darum knapp, während sich die Hauer zurückbildeten und das Leuchten aus den Augen des Mannes verschwand.
„Und nun – tötet mich. Dies ist der Grund für Euer kommen. Schlagt mir den Kopf ab, denn dies ist der Weg.“
Abermals nickte Kyra. Keine Unterhaltung mit einem Shi’toma. Und doch schaffte sie es nicht, kalt und gefühllos zu agieren. Vor ihr stand ein denkendes, fühlendes Wesen.
„Tötet mich, und tötet dann all die wilden Tiere, welche einem Menschen gefährlich werden können. Tötet die großen Katzen, die Greifs am Himmel und auch die wilden Fische, die sich auf Schwimmende stürzen. Denn sie alle töten Menschen, um sich von ihnen zu ernähren. Genau wie ich.“
Kyra stutzte. War es eine so einfache, so leichte Gleichung? War er nicht mehr, als ein Tier? Tat er nur, was ihm die Natur zu tun befohlen hatte? So wie die großen Katzen in den Wäldern?
„Tötet mich, Kyra de Mornay. Denn so will es das Gesetz. Oder verschont mein Leben, da ihr erkannt habt, dass ich nichts weiter bin als ein Tier. Meine Nahrung sind Menschen – gewiss. Doch dies teile ich mit den wilden Bestien in den Wäldern, am Himmel und im Wasser. Sind sie alle verdammt, gejagt und getötet zu werden?“
Waren die Gesetze falsch? Oder versuchte der Shi’toma, sie zu verwirren? Wollte er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen?
Sie suchte nach einer Antwort, nach einer Lösung aus dem Dilemma, welches bis vor kurzem nicht einmal existiert hatte. Sie sah sich erneut mit einem Konflikt konfrontiert, der ihre Prinzipien, ihr Wissen und ihren Glauben über Bord warf. Konnte sie dieses Wesen ziehen lassen?
Die Entscheidung wurde ihr abgenommen.
Plötzlich griff der Seelenräuber an. Ein Knurren, eine rasche Bewegung und er war da. Aber noch schneller reagierte Kyra. Sie drehte sich, ihr Schwert beschrieb einen Bogen – das Ende des Shi’toma.
Nachdenklich starrte sie auf die Leiche, die allmählich verging. Wie hätte sie sich entschieden, wenn er nicht angegriffen hätte? War es nur eine Ablenkung, oder war seine Gier zu groß gewesen? War dies der Punkt, der einen Seelenräuber von den Katzen unterschied? Sie wusste es nicht. Aber sie wusste mit Sicherheit, dass sie eines Tages erneut vor dieser Entscheidung stehen würde. Ein denkendes, fühlendes Wesen töten, oder sich auf die Natur berufen und damit das Leben anderer Menschen gefährden? Die Zwickmühle, wenn man selbst vor solchen Entscheidungen stand und sich nicht auf Befehle berufen konnte.

Ende
 

Auron

Mitglied
Hi^^
Interessante Vorgeschichte, erinnert mich an aktuell bezogene Themen. Das mit dem Seelenräuber ist auch nicht schlecht. Aber einige grobe Mängel, besonders im Ausdruck sind da noch zu beheben, damit sie sich besser lesen lässt.

Wenn du schreibst:
"War es nicht darum gegangen?"
Das klingt irgendwie seltsam. Ich weiß nicht ob das grammatikalisch richtig ist, aber es klingt einfach seltsam, finde ich.

Dann ist mir noch aufgefallen, dass du deine Sätze sehr oft in der gleichen Bauweise wiederholst.
"Dies war der Grund"
"Dies war so und so."
Davon gibts in deiner Geschichte viele Sätze.
Der Spaß am Lesen bildet sich besser raus, wenn du deine Sätze unteschiedlich und bunter gestaltest. Ich hatte auch zu wenig emotionale Gefühle, obwohl die Gedankengänge von Kyra recht überlegt erscheinen. Es fehlt einfach das Gefühl, ihr Charakter bleibt größtenteils ein Rätsel und sehr widersprüchlich.
 



 
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