Der Stau

Ein Geschäftsmann landete am Flughafen von Madrid. Er nahm sich ein Taxi und sagte zu dem Taxifahrer, wo er hinfahren solle. Auf dem Weg zu seinem Ziel gerieten sie in einen Stau. Mit gerunzelter Stirn schaute der Geschäftsmann angestrengt aus dem Auto. Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie der Taxifahrer anfing zu lächeln. Sichtlich irritiert und gereizt, dachte er sich, was das für ein Idiot sei, der nicht einmal seine Schadenfreude verbergen könne, nur weil er jetzt mehr verdiene, durch das warten im Stau. Nach einem kurzen Moment löste sich der Stau.

Auf der weiteren Strecke gerieten sie erneut in einen Stau. Der Geschäftsmann fühlte sich provoziert, als er wieder bemerkte, dass das Grinsen des Taxifahrers jetzt noch breiter geworden war, und die anderen Autofahrer dabei kopfnickend freundlich anlächelte. In seiner Gereiztheit, was er wohl sich dabei denke, wollte er am liebsten aussteigen. Aber da er vom Taxifahrer abhängig war, schluckte er seine mittlerweile vorhandene Wut herunter. Als er zwei Minuten später bereit war, ihm ein paar Dinge an dem Kopf zu werfen, bemerkte er, dass sich der Stau schon wieder aufgelöst hatte.

Nach weiteren 10 Minuten gerieten sie endgültig in einem Stau, der sich nicht zu bewegen schien. Der Taxifahrer vollen Glückes winkte sogar den Menschen zu und der Geschäftsmann konnte seine Wut nicht mehr für sich behalten. Er legte sich ein paar Argumente zu Recht und fragt den Taxifahrer, mit wütender Stimme, warum er sich so freue. Glaubend der Antwort wissend, bereitete er sich seelisch auf einen Streit vor.

Der Taxifahrer fragte ihm, mit einer freundlichen Stimme, aber für ihn provozierende Stimme, ob er die humorvolle Seite seiner Antwort hören wolle oder die philosophische.
Fast am Höhepunkt seiner Wut, dass er auch noch auf dem Arm genommen werde, antwortete er mit knirschender Stimme: ,,Beide."

„Dann fange ich mal mit der Humorvollen an. Wissen sie, es war nicht immer so, dass ich einem Stau mein Lächeln schenken konnte. Auch ich habe mich früher aufgeregt, wenn ich in einen Stau reingefahren bin. Ich dachte, dass das typisch für mich sei. Und so haderte ich mit mir selbst, war neidisch auf andere, und glaubte, mich auf dem Weg zu befinden, das Pech zu meinem Leben gehörte. Bis ich mich eines Tages fragte, wie es wohl den anderen gehen muss, die ebenfalls im Stau stehen. Denken sie genauso wie ich, sich auf dem gleichen Weg zu befinden. Das konnte nicht sein, weil viele meiner Freunde ebenfalls im Stau gestanden sind. Und sie sind alles andere als Pechvögel. Darauf hin wurde mir klar, dass im Stau zu stehen nichts mit Pech zu tun hat. Sondern, dass es zum Leben jedes Einzelnen gehört. Und das wurde zu meinem "kleinen Glück". Weil ich erkannte, dass egal, wie teuer oder schnell ein Auto auch sein möge, welches ich mir nie leisten werde, welchen Beruf die Menschen erlernt hätten, welches ich nie erlernen konnte, wie viel Geld sie auch hätten, was ich wohl nie haben werde oder welcher sozialen Schicht man angehört, wir, in einem Stau alle gleich sind, und somit sind alle so schnell wie ich." Beide lachen!

Jetzt wollte der Geschäftsmann den zweiten Teil der Antwort ebenfalls wissen. Und sagte zu ihm, dass er bitte fortfahren solle.

„Aus dem Schlechten - der Stau - etwas Gutes für mich zu machen - meine Sichtweise - verhalf mir, den Neid und das Pechvogeldasein zu besiegen. Erst danach fand ich den Platz, damit sich der gesunde Gedanke in mir entfalten konnte.
Denn wissen sie, obwohl ich das Gefühl habe, in einer Zeit zu leben, die mir schnelllebig vorkommt und wir aneinander vorbeirasen, besonders ich als Taxifahrer, fühle ich mich in der Zeit gefangen, in der ich feststecke. Der Stau ist für mich, der Moment, in dem meine Welt in Bewegung gerät. Während dieser Zeit fühle ich mich lebendig. Alles ist klar, und die Welt wirkt einfach in meinen Augen, weil ich mich als einen von denen sehe. Ich kann in der Zeit Dinge erschaffen, habe Platz für meine Träume, und wenn ich will, ist das der Ort, wo ich alles sagen und fühlen kann, als während der ganzen anderen Zeit. Es ist der Moment, in dem wir uns alle im gleichen Rhythmus bewegen, obwohl wir stehen. Ich habe nicht das Gefühl, fremd auf dieser Welt zu sein, sondern dazuzugehören. Diese harmonische Verbindung führt zu meinem Lächeln. Und mit diesem Lächeln, lässt sich nicht nur der Stau leichter aushalten, sondern ich bekommen das Lächeln zurück. Sie brauchen nur in deren Gesichter zu schauen. Für mich ist es der Moment, in der die Ruhe eintritt, bevor wir uns alle wieder auf dem Weg der Wanderung machen, die ich die Gewohnheit des Lebens nenne. Und, wo meine Kampf von neuen beginnt.

Der Geschäftsmann bedankte sich, schwieg und dachte nach für die restliche Fahrt, während er lächelnd aus dem Fenster schaute. Als sie ankamen, gab der Geschäftsmann den Taxifahrer ein großes Trinkgeld. Er sagte zu ihm, dass das für seine Weisheit sei, von den er jetzt hat kosten dürfen. Und vielleicht würde er sich heute, auf seine Kosten, etwas mehr Zeit für sich nehmen können.
 



 
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