Der Stuhl

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AmorFogo

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Der Stuhl

Es ist ein lauer Sommerabend, als der Besitzer eines Restaurants mir auf einen kleinen Tisch deutet. Der Innenhof eingefriedet mit einem geschmiedeten Zaun und der Eingang gesäumt von kleinen Olivenbäumen in tönernen Töpfen. Die Tür steht einladend offen.

Der Besitzer geleitet mich nach einem kurzen Wortgeplänkel zu meinem Platz. Plötzlich nehme ich von hinten deine Präsenz wahr. Ich weiß, du folgst mir schweigend auf jedem meiner Schritte.

Ich setze mich. Du mir gegenüber. Im Hintergrund läuft melodische Musik, nur wenig lauter als das Stimmengewirr der anderen Gäste und vorbeilaufender Passanten. Dennoch deutlich vernehmbar.

Wir schauen uns lange an, bis sich unsere Blicke ineinander verlieren. Dabei umspielen deine spitzbübischen Lippen ein geheimnisvolles Lächeln. Beide sind wir sichtlich gelöst und voll überschäumender Freude, gemeinsam hier zu sein. Es steht nichts zwischen uns.

Ich bestelle beim Kellner ein Teller Taboulé. Dazu ein Glas Rosé. Währenddessen lehnst du dich zurück und atmest meine Anwesenheit in vollen Zügen genüsslich ein. Dein Körper beginnt, sachte zu vibrieren. Deine Augen glänzen verklärt, als seien sie nicht von dieser Welt.

Ich werfe dir verstohlen einen vielsagenden Blick zu. Diesen beantwortest du gefestigt mit einem wissenden Nicken. Ganz vorsichtig lege ich meine Hand auf die Mitte des Tisches. Du betrachtest sie andächtig und nimmst sie schließlich liebevoll in die deine.

Mit geschlossenen Augen erfasst uns eine leichte Sommerbrise, die auf ihre ganz eigentümliche Art und Weise zugleich befriedet und beschwingt. Berauscht wiegen wir uns leise zu den Klängen von Led Zeppelins "Stairway to Heavan". Ich kenne dich und du kennst mich. Es ist keine Frage offen.

Nachdem ich mich umblicke und bezahlen will, ist der mir gegenüberliegende Stuhl leer. Beim Verlassen des Restaurants fällt mein Blick auf eine Tafel mit der Inschrift: „The truth ist much deeper than where most people care to swim. – Jack“


by AmorFogo (www.amorfogo.com)
 

Blue Sky

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Hallo AmorFogo!

Noch keine Antwort bis jetzt ...:(
Deswegen erst einmal von mir ein herzliches Willkommen in der Leselupe!

Ein Tunnel aus schönen Gedanken, in den mich dein kleiner Text geführt hat. Ich meine, ich werde auch noch länger was davon haben!

Als erstes holperte ich aber über das kleine Wörtchen "mir" im Anfangssatz.
als der Besitzer eines Restaurants mir auf einen kleinen Tisch deutet.
Bin kein Experte, aber meine, der könnte auch ohne das mir auskommen?

Ansonsten hätte ich mir in den Sätzen hier und da nicht nur das reine Erzählen gewünscht.

Nur ein, zwei Vorschläger, die mir am Herzen lägen:

Plötzlich nehme ich von hinten deine Präsenz wahr. Ich weiß, du folgst mir schweigend auf jedem meiner Schritte.
Deine Präsenz, sie folg mir bei jedem meiner Schritte, doch plötzlich ist sie mir so nah wie lange nicht mehr ...

Im Hintergrund läuft melodische Musik, nur wenig lauter als das Stimmengewirr der anderen Gäste und vorbeilaufender Passanten. Dennoch deutlich vernehmbar.
Süße Klänge einer leisen Musik verbannen das Stimmengewirr anderer Gäste und Passanten in den Hintergrund ...

Weiterhin gutes Gelingen und viel Spaß beim Schreiben!

LG
BS
 

AmorFogo

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Hallo Blue Sky,

ich freue mich, dass die mein Text gefallen hat. Vielen lieben Dank auch für deine Anmerkungen. Punkt 1 und 2 finde ich sehr gut und werde ich übernehmen. "Süße Klänge" ist mir ein wenig zu viel, jedenfalls für den Stil des Gesamttextes.

Liebe Grüße
AF
 



 
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