Der Sturm

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Nostoc

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Der Sturm

„Der Sachverhalt ist völlig klar. Der Sturm hat diese rhabetianische Weide entwurzelt und den Premierminister erschlagen.“ Nolan zuckte mit den Achseln. „Sowas passiert. Der Wetterdienst hat seit Tagen vor starken Stürmen gewarnt. Alle Bewohner sollten mit ihren Hintern gefälligst drin bleiben.“
Der Sekretär verzog das Gesicht, als wäre er mit dem Fuß auf einen Nagel getreten. „Ja Commander Nolan, das wussten wir natürlich“ jammerte er. „Aber Sie kannten Premierminister G´Dhorm nicht. Wenn er einen Termin hatte, nahm er ihn auf jeden Fall wahr. Schließlich ging es um die Einweihung der neuen Mine im 3. Quadranten.“ Nolan sah ihn an und zog eine Augenbraue nach oben, was den Sekretär dazu veranlasste, noch fester auf den imaginären Nagel zu treten. Zumindest sah sein Gesicht so aus.
„Okay“ sagte Nolan, „das hat ja dann prima geklappt.“ Die Schultern des Sekretärs, die dieser vor Anspannung bis zu den Ohren hochgezogen hatte, fielen resigniert herab.
„Also denken Sie, dass es ein Unfall war?“
„Nein“ sagte Nolan. „Ich denke, ein gezielter Laserstrahl vom Mond hat die Weide gefällt, zuvor Ihren Premier geblendet. So konnte er, vor Schmerz unfähig zu einer Reaktion, der Weide nicht ausweichen, die ihn dann erschlug.“ Der Sekretär schaute ihn völlig verständnislos an mit einem Gesichtsausdruck, als hätte er einen Geist gesehen.
Nolan seufzte. „Natürlich war es ein Unfall! Überall auf dem Planeten waren in den letzten Tagen starke Winde verzeichnet worden, die stärksten seit Jahren. Durch die dabei entstehenden Kräfte waren die Wurzeln vieler Bäume schon geschwächt, einige hat es schon umgehauen. Und als der Premierminister heute auf dem Weg zur Einweihung war, ist die Weide leider genau im falschen Moment umgekippt. Es tut mir sehr leid.“
Der Sekretär und die anderen Regierungsmitglieder, die Commander Nolan zur Unfallstelle gerufen hatten, blickten betreten zu Boden.
Der Sekretär hielt den Kopf weiter gesenkt, als er wieder leise zu sprechen begann. „Premierminister G´Dhorm hatte einige Feinde.“ Er hob den Kopf und sah Nolan fest an. „Können Sie garantieren, dass das hier ein Unfall war und kein Anschlag?“
Nolan schnaubte verächtlich durch die Nase.
„Ist das Ihr Ernst?“, sagte er. „Eindeutiger geht es doch nicht. Starke Winde über mehrere Tage. Baum entwurzelt. Premierminister drunter. Tot. Ende von Geschichte.“ Er hob beim Sprechen die Hände mit den Handflächen nach oben. „Wo soll da ein Anschlag passiert sein?“ Diesmal war es am Sekretär, die Augenbrauen zu heben.
„Das, Commander Nolan, sollen Sie herausfinden.“
„Wie stellen Sie sich das vor?“ protestierte Nolan. „Ich bin Arzt bei der ISECU und kein Kriminalist. Ich habe weder die Ausrüstung noch die kriminologische Ausbildung, um so einen Fall zu untersuchen.“ Er zögerte. „Wenn es überhaupt einen Fall gibt!“
Der Sekretär hob einen seiner feingliedrigen Finger. „Ich habe bereits mit der Interstellar Emergency Care Unit Kontakt aufgenommen. Ihre Dienste werden momentan nicht übermäßig dringend benötigt. Sie können hier bleiben und ermitteln. Ihre medizinische Expertise ist hierbei sicher von großem Wert für uns.“
Nolan gab auf. „In Ordnung, Herr Sekretär. Aber ich werde einiges an Ausrüstung benötigen, um Erstens die Leiche zu obduzieren und Zweitens die Weide und das Umfeld untersuchen zu können.“
„Sie werden alles bekommen“ sagte der Sekretär mit einer angedeuteten Verbeugung.

Commander Nolan war einer der besten Ärzte der „Interstellar Emergency Care Unit“, einer von den Vereinten Planeten ins Leben gerufenen Organisation zur Versorgung medizinischer Notfälle. Die Vereinten Planeten zahlten, je nach Größe ihres Wirtschaftssystems, einen Beitrag zur Finanzierung von Ausstattung, Personal und medizinischer Forschung. Wollte eine Zivilisation der ISECU beitreten, musste sie zunächst eine Art Anzahlung leisten, damit die Vereinten Planeten die Zahlungskraft beurteilen konnten. Im Anschluss war es erforderlich, möglichst detailierte Daten über die jeweiligen Spezies zu liefern, die im Falle des Falles versorgt werden sollten. Welche das sein sollten, regelte die jeweilige Zivilisation eigenständig. Die ISECU verpflichtete sich im Gegenzug dazu, innerhalb von zwei Tagen mindestens einen speziell ausgebildeten Mediziner zu schicken, um das jeweilige erkrankte oder verletzte Mitglied der Bevölkerung zu versorgen. Auf den bewohnten Planeten wurden anschließend Landepunkte eingerichtet, zu denen der Patient möglichst gebracht werden sollte. Diese Landepunkte wurden von den Raumschiffen der ISECU angeflogen, um möglichst nah an den Patienten herankommen zu können. Mithilfe dieser Maßnahmen konnte die Sterblichkeit der jeweiligen Planeten im Durchschnitt um 36% reduziert werden. Sollte der Patient vor Ort nicht umfassend therapiert werden können, standen, möglichst geschickt im Gebiet der Vereinten Planeten verteilt, 12 Krankenhäuser im All zur Verfügung, die eine weitergehende Versorgung durchführen und den Patienten anschließend wieder auf seinen Planeten schicken konnten.

Nolan war fertig. Er hatte eine Liste in sein Kommunikations-Tablet getippt mit dem Material, das er für seine Untersuchungen benötigte. Er schickte es mit einem Tastendruck an den Sekretär von Premierminister G´Dhorm, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schloss die Augen. Er atmete zweimal tief ein und aus und öffnete die Augen wieder. Er hatte zwar Bedenken, ob er es leisten konnte, plötzlich eine völlig neue Aufgabe wahrnehmen zu müssen. Aber andererseits – er grinste. Wenn es jemand schaffen konnte, dann doch wohl er. Commander Nick Nolan hatte eine umfassende ärztliche Ausbildung auf der Erde genossen und sich, als die ISECU gegründet wurde, sofort freiwillig gemeldet. Eine mehrjährige Zusatzausbildung schloss sich an. Es ging nicht nur um die astronautische Ausbildung, die er nun wie alle anderen auch absolvieren musste, die ins All fliegen wollten. Es war natürlich auch erforderlich, die verschiedenen Spezies zu studieren, denen er würde begegnen können. Alle hatten spezifische Eigenschaften, die sich im Laufe der Jahrhunderte in ihren jeweiligen Heimatsphären ausgebildet hatten. All das waren große Herausforderungen – und Nolan liebte Herausforderungen.
„Also dann!“ sagte er leise zu sich selbst. Die Regierung hatte ihn in einem Seitenteil des Regierungspalastes untergebracht. Er hatte eine Art Hotelsuite bekommen, die er sehr geschmackvoll eingerichtet fand. Es gab ein Arbeitszimmer mit einem großen Schreibtisch, der nach massivem Holz aussah, dunkelbraun und schwer. Auf dem Schreibtisch stand ein großer Computermonitor und eine Tastatur, die man extra für den irdischen Gast ausgewählt und bereitgestellt hatte. Daneben lag ein ca. 12cm langer Stift, mit dem man den Computer bedienen konnte. An der Wand des Arbeitszimmers hing noch ein deutlich größerer Bildschirm. Offenbar kannten die Rhabetianer auch so etwas wie Fernsehen oder zumindest die Fernübertragung von Bildern. Der Schreibtischstuhl war mit einem weißen, netzartigen Stoff überzogen, hatte seitliche Armlehnen und sah extrem bequem aus. Hier würde Nolan seine Erkenntnisse gut zusammentragen können. Daneben lag ein großes Schlafzimmer mit einem unanständig großen Bett, schräg gegenüber an der Wand stand ein geräumiger Schrank mit drei Türen, in denen der Gast seine mitgebrachten Kleider einsortieren lassen konnte. Da hier Gäste der Regierung wohnten, gab es selbstverständlich Personal, das diese Arbeiten übernahm. Neben diesen beiden Räumen gab es ein drittes großes Zimmer mit einer Glasfront über die gesamte Länge. Aufgrund der Lage des Palastes, die natürlich absichtlich hervorragend gewählt war, konnte man durch das Panoramafenster die rhabetianische Natur bewundern. Der Palast lag auf einem Hügel, so daß man unter sich auf Wald schaute, der zu beiden Seiten eines kleinen Flusses stand. Dieser wand sich, bescheiden gluckernd, durch einige Biegungen eines Tals, das er selbst geschaffen hatte. Man sah einige Vögel, über die Nolan nichts wusste. Tiermedizin gehörte nicht zu seinem Aufgabengebiet. Hierfür waren ausschließlich die Einheimischen verantwortlich, eine Einrichtung zur medizinischen Versorgung gab es nur für die nach Ansicht der jeweiligen Planetenregierungen höherentwickelten Spezies. Nolan hörte die Vögel zwitschern, was angesichts des geschlossenen Panoramafensters eigentlich unmöglich sein sollte. Doch die Rhabetianer lebten im Einklang mit den Tieren des Planeten und hatten daher Mikrofone an den Außenfassaden ihrer Häuser angebracht, deren Aufnahmen ohne Zeitverzögerung ins Innere auf unsichtbar angebrachte Lautsprecher übertragen wurden. Nolan genoß das Singen der Vögel. Es klang nach Lebensfreude und Frieden. Er schaute sich um. In der Mitte des Raumes stand ein großes Sofa, mit einem dunkelgrünen Stoff, der wie Samt glänzte. An der Wand stand ein Sekretär, damit der Gast auch Schreibarbeiten durchführen konnte, während er mit einem Seitenblick das wunderbare Panorama genoss.
Er streckte sich und gähnte. Für heute sollte es erstmal genug sein. Er wusch sich in dem ebenso luxuriös ausgestatteten Bad Gesicht und Hände, zog den vorbereiteten Pyjama an, der sich angenehm weich und seidig auf der Haut anfühlte und legte sich in das Kingsize-Bett. Er war eingeschlafen, bevor sein Kopf vollständig auf dem Kissen lag.

Am nächsten Morgen fühlte Nolan sich angenehm erfrischt. Er stieg aus dem Bett, genoss eine ausgiebige Dusche und holte sich frische Kleidung aus dem Schrank. Als er die Tür seines Schlafzimmers öffnete, strömte ihm sofort der Duft frischen Gebäcks in die Nase. Auf dem Schreibtisch des Arbeitszimmers fand er ein großes Tablett, auf dem sich alles befand, was sein Herz in diesem Moment begehrte. Ein herrlich duftendes Croissant, Marmelade und dampfend heißer Kaffee in einer weißen Keramikkanne mit kunstvoll geschwungenem Henkel. Er zog unbewusst eine Augenbraue nach oben und fragte sich, woher die Rhabetianer wohl wussten, was er zum Frühstück mochte. Er grinste. „Egal“ sagte er halblaut in den Raum, mehr zu sich selbst, setzte sich an den Tisch und begann zu essen.
„Haben Sie schon eine Strategie, wie Sie die Ermittlungen durchführen wollen, Commander Nolan?“ Der Sekretär hatte den Arzt der ISECU mit einem Fahrzeug abholen lassen, das einem irdischen Auto durchaus ähnlich war. Allerdings bewegte es sich führerlos und schwebte dicht über dem Boden. Das Gefährt hatte ihn vor dem Seiteneingang des Präsidentenpalasts erwartet, nachdem er sein Frühstück beendet hatte. Zügig und sicher brachte es Nolan an die Stelle, an der am Tag zuvor das Leben des Premierministers von Rhabetian ein jähes Ende gefunden hatte. Der Bereich war abgesperrt und von rhabetianischen Soldaten bewacht.
„Nun, Sekretär L´Khren, konnten Sie meine Ausrüstung organisieren, um die ich gebeten hatte?“
„Selbstverständlich haben wir Ihnen alles bereitgestellt, Commander.“ Wieder die angedeutete Verbeugung. Sekretär L´Khren hätte es nicht im Geringsten nötig gehabt, sich vor dem Erdbewohner Nolan zu verbeugen. Nolan wusste jedoch, dass es von einer gewissen Größe zeugte, dem vermeintlich niedriger gestellten gegenüber Bescheidenheit zu zeigen.
„Also dann“ sagte Nolan und rieb seine Hände aneinander, „finden wir heraus, was passiert ist!“
Die nächsten Stunden verbrachte er damit, systematisch Fotos von der Stelle zu machen, an der Premmierminister D´Ghorm so unvermittelt sein Leben lassen musste. Er inspizierte den herabgestürzten Baum, nahm Proben der Wurzeln und sprach alle Erkenntnisse als Notizen in seinen Tablet-Computer, den er an seinen Unterarm geschnallt hatte. Der Wind hatte sich fast vollständig beruhigt, so dass Nolan davon ausgehen konnte, dass kaum Spuren verwischt worden waren. Eine Stelle neben dem Stamm des Baumes, der den Premier in den Tod gerissen hatte, erregte seine Aufmerksamkeit. Er griff nach etwas, inspizierte es genau mit der mitgebrachten elektronischen Lupe, die das Bild 10-fach vergrößerte und tat seinen Fund in ein kleines Plastiktütchen, von denen er unnötig viele in der Tasche hatte, die L´Khren im bereitgestellt hatte. Als er am Nachmittag die Stelle mit dem umgestürzten Baum, den Schleifspuren auf dem Boden und dem kleinen Blutfleck an einem Ast des Baumes verließ, wusste er, dass Premierminister D´Ghorm ermordet worden war!

Commander Nolan hatte den Sekretär noch nicht darüber informiert, was er herausgefunden hatte, als er am nächsten Morgen wieder in seinem Büro stand. Er war schockiert wieder in seiner Suite angekommen, hatte nur wenig zu Abend gegessen und war aufgewühlt zu Bett gegangen. Die Nacht hatte ihm nur wenig Schlaf beschert.
„Guten Morgen, Commander Nolan“, wurde er vom Sekretär überschwänglich begrüßt. Vielleicht zu überschwänglich? Nolan kniff kaum merklich die Augen zusammen, wie um sich besser auf sein Gegenüber fokussieren zu können, bevor er L´Khren die Hand schüttelte.
„Guten Morgen, Herr Sekretär.“ Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Hatte der Sekretär vielleicht ein leichtes Zittern in der Stimme des Arztes bemerkt? Nolan konnte keine Reaktion erkennen.
„Konnten Sie schon herausfinden, was unserem geliebten Premierminister zugestoßen ist?“ fragte der Sekretär nun, und Nolan glaubte, einen lauernden Unterton in seiner Stimme zu erkennen.
„Ja, Exzellenz“, entgegnete Nolan. Nun blickten der Sekretär L´Khren und seine Mitarbeiter intensiv zu ihm herüber. „Premierminister D´Ghorm“- Nolan machte eine gewichtige Pause - „wurde ermordet!“
Einige Mitarbeiter um den Sekretär schlugen die Hände vors Gesicht. Manche starrten Nolan mit offenem Mund an. Eine junge Rhabetianierin fiel gar in Ohnmacht ob dieser Nachricht.
„Und ich kann es beweisen!“ legte Nolan nach.
„Wissen Sie schon, wer es gewesen sein könnte?“ Wieder dieser lauernde Uunterton in der Stimme des Sekretärs.
„Das kann ich noch nicht mit ausreichender Sicherheit sagen“ erwiderte Nolan. „Aber ich werde es bald herausgefunden haben.“
„Wieviel Zeit benötigen Sie? Der Mörder muss schnellstmöglich gefunden und bestraft werden“ rief L´Khren aufgeregt.
„Natürlich, Herr Sekretär, doch bedenken Sie – ich bin Arzt und kein Ermittler.“
„Jajaja“ wedelte der Angesprochene seinen Einwand mit einer Handbewegung beiseite. „Beeilen Sie sich einfach“ knurrte er und ging davon.
Abends, nach einem hervorragenden Menü, das er in seinem Refugium im Regierungspalast genießen durfte, saß Nolan auf dem großen, bequemen Sofa und war eingenickt. Das Essen war zwar fantastisch, aber auch schwer gewesen. Er hätte sich einen Schnaps von der Erde zur Verdauung gewünscht, doch Alkohol gab es auf Rhabetian nicht. Er träumte sogar. Sekretär L´Khren riss darin einen Baum mit bloßen Händen aus dem Boden und drosch damit auf die umstehenden ein, die wiederum mit den Füßen im Boden festgewachsen waren und versuchten, den Schlägen auszuweichen. Dabei bewegten sie ihre Arme wie die Äste einer Weide, die im Sturm umhergeweht wurden.
Nolan schreckte in seinem Stuhl hoch. Warum war er plötzlich wach geworden? Er lauschte. Kein Geräusch.
Der Commander stand auf und ging langsam durch das Wohnzimmer seiner Suite. „Sie können sich zeigen, Botschafterin K´Brikh!“ rief er in den halbdunklen Raum. Er nahm eine Bewegung hinter sich wahr und fuhr herum. Eine zierliche Gestalt in schwarzer Hose und schwarzem Oberteil stand vor ihm. Über dem Gesicht trug die Gestalt eine schwarze Maske und in der Hand hielt sie hoch erhoben ein langes Messer.
„Sie haben ihn geliebt, nicht wahr?“ sagte Nolan leise.
Etwas geschah mit de Gestalt. Sie ließ das Messer sinken, die Schultern sanken herab. Der ganze Körper schien in sich zusammenzusacken und Nolan glaubte ein leises Schluchzen zu hören. Die Gestalt zog sich die Maske vom Kopf.
„Wir haben uns geliebt!“ rief die junge Frau voller Wut und Verzweiflung. Sie war kleiner als Nolan, hatte lange, schwarze Haare und dunkle Augen, die Nolan voller Hass anblitzten. Ihr ganzer Körper zitterte. „Doch als ich ihm sagte, dass ich von ihm ein Kind bekomme, wollte er davon nichts wissen!“
„Am Tag, als ich hier eintraf, blieb mir die leichte Vorwölbung ihres Oberteils nicht verborgen. Als sie in Ohnmacht gefallen sind, als ich meine Einschätzung zur Ermordung des Premierministers preisgab, keimte in mir ein Verdacht auf.“
Die Botschafterin senkte den Kopf.
„Er war kein guter Mann“, sprach sie leise, wie zu sich selbst. „Als er erfahren hat, dass ich schwanger bin, schaute er mich an und sagte: Du hättest umsichtiger sein müssen. Du weißt, dass der Premierminister von Rhabetian immer alleinstehend ist, um die Amtsgeschäfte führen zu können. Lass es wegmachen!“ Als sie den letzten Satz sprach, wurde ihr schönes Gesicht zu einer wutverzerrten Fratze.
Nolan schwieg. Er konnte den Schmerz und die Verzweiflung ImmGesicht der Botschafterin erkennen. Sie hatte eine Liaison mit dem mächtigsten Mann des Planeten begonnen, war von ihm schwanger geworden und dann – eiskalt abserviert. Da konnte man schon mal wütend werden, dachte sich Nolan.
„Wie haben Sie’s gemacht?“ fragte er.
„Wie können Sie es überhaupt wagen, mich zu beschuldigen?“ rief die Junge Frau aufgebracht.
„Als ich den Unfallort untersuchte, fand ich das hier.“ Nolan hielt das Tütchen hoch, in dem sich das Ding befand, das für ihn den Fall aufgeklärt hatte.
„Was soll das sein?“ fragte Botschafterin K´Brikh barsch.
„Es ist ein Stück Stoff, das genau so aussieht wie das kleine Loch am Unterrand des Kleides, das Sie damals trugen. Das Loch war mir aufgefallen, als Sie in Ohnmacht gefallen waren und ich Ihnen aufhalf.
Die Botschafterin gab auf.
„Als es in den vergangenen Tagen so stürmisch war, kam mir die Idee, ihn umzubringen und es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Ich wusste natürlich, dass er an jenem Tag die neue Mine eröffnen wollte und plante die Route mit einem kleinen Fußmarsch an den rhabetianischen Weiden vorbei. Eine davon sägte ich in der Nacht vor unserem Termin an. Als DˋGhorm daran vorbei ging, ließ ich mich unauffällig zurückfallen. Ich musste der Weide nur noch einen kräftigen Stoß in die richtige Richtung geben und es war getan.“
Bei den letzten Worten richtete sich die Botschafterin zu ihrer ganzen Größe auf und ein Lächeln umspielte sogar ihre Lippen.
„Es scheint, als würden Sie sogar eine gewisse Genugtuung empfinden“, sagte Nolan, wobei er wieder eine Augenbraue hochzog.
„Er hatte es verdient!“ erwiderte K´Brikh im Brustton der Überzeugung. „Sie können mich jetzt verhaften lassen, Commander Nolan.“
 



 
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