Der Todesbote (f/M)

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Lady_Unicorn

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Der Todesbote

Der Rabe landete auf einem Schwert, das jemand in den blutgetränkten Boden gerammt hatte. Das Schlachtfeld lag jetzt still und weit. Der Kampfeslärm war verstummt, die Waffenträger geschlagen und stumm.
Der Rabe sass bewegungslos. Er öffnete seinen Schnabel, aber kein Laut drang aus seiner Kehle.
Ein Aufblitzen am Horizont durchbrach die öde, verheerte Landschaft und zog die Aufmerksamkeit des Jünglings auf sich. Er erschauerte, als das Grollen des Donners folgte, doch der Rabe blieb weiterhin regungslos. Die heranschleichende Dunkelheit schien ihn vor Blicken schützen zu wollen, doch noch waren seine Federn schwärzer als die Umgebung und auf sonderbar befremdende Weise schienen sie noch uneins mit dem Grauen, dass hier zur Wirklichkeit wurde.
Schwarze Federn, dachte der Jüngling, die schwarzen Federn eines Unglücksvogels. Die schwarzen Federn des Todesboten...
Er ist gekommen, auch ihn zu holen. Er schien sich seines Opfers sicher, er hockte noch immer unbewegt auf dem Griff des Schwertes. Der Rabe wandte dem Jüngling den Blick zu, als hätte er seine Gedanken gelesen und wolle ihm im Stillen Recht geben. In seinen dunklen kleinen Augen blitzte es wissend auf. Der Jüngling erwiderte den bohrenden Blick des Raben. Er hielt ihm nicht lange stand, aber auch er erhob sich nicht.
Der Rabe musste wissen, dass er von diesem Platz nicht weichen würde. Jedenfalls jetzt noch nicht. Das einzige Leben, das an diesem Ort verblieben war, war er und der düstere Bote.
Als hätte der Unglücksvogel ihn erneut durchschaut, breitete er eben seine schwarzen Flügel aus und glitt von dem Schwert. Er mied die beschmutzte Erde und landetet auf dem Körper eines Kriegers. Seine Krallen gruben sich in das tote Fleisch und rissen kleine Wunden in den geschundenen Leib des Gefallenen.
Der Todesbote stiess einen schrillen Schrei aus und bewegte sich unruhig auf seinem Sitz. Seine Augen stachen in die des Jünglings und schienen plötzlich fordernd.
Ein weiterer Blitz. Der Himmel begann sich zu verdunkeln und seine Pforten zu öffnen. Schwere Regentropfen netzten den Boden, als beweinen die Götter selbst, was sich hier zugetragen hatten, als versuchen sie die Verheerung, die diesen Ort heimgesucht hatte, mit ihren Tränen zu verwischen.
Der Rabe krächzte erneut.
Vielleicht tat er ihm Unrecht, dachte der Jüngling. Vielleicht sollte er dem Boten seiner Götter folgen. Vielleicht hatte er einfach nicht das Recht als Einziger am Leben zu bleiben.
Noch während er dies dachte, reifte ein Entschluss in ihm. Er wusste nicht, was es war, das ihn veranlasste, dem Todesboten der Götter und seinem Schicksal zu trotzen. Es wahr wohl simpel der irrsinnige Wunsch seines nichtigen menschlichen Verstandes weiterleben zu wollen, der in ihm den Mut weckte, gegen das Gebot der Höheren zu verstossen.
Eigentlich spielte es keine Rolle, was es war.
Der Unglücksvogel rührte sich ungeduldig und machte einen zögernden Hüpfer in seine Richtung.
Verzeih mir, Götterbote, Vogel, der du die Macht über den Tod innehast, dachte der Jüngling. Seine Finger schlossen sich um einen Stein. Er fasste ihn fester, als der Rabe weiter auf ihn zukam.
Der Vogel hielt inne und öffnete den Schnabel, wie um abermals zu klagen. Der Jüngling schmetterte ihm den Stein entgegen.
Der Rabe spannte seine Schwingen und erhob sich, ohne getroffen zu werden, in die Lüfte. Stolz, als wäre er der Herr der Welt, glitt er in die hereinbrechende Düsternis, verschmolz mit ihr und verschwand mit einem letzten anklagenden Schrei. Das Versprechen dahinter war eindeutig.
Er würde wiederkehren.
 

Thinker

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Diese Geschichte gefällt mir gut!
Ausserordentlich gut sogar!
Das du die Symboliken eingesetzt hast, ist sehr raffiniert.

Vielleicht als Tipp:
Beschreibe doch mal was das Umfeld für Gefühle beim Jüngling auslöst. So könntest du die Atmospähre sogar noch mehr verdichten.
 

Lady_Unicorn

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Hej Thinker
Ich danke für diesen Tipp, ich werde ihn mir zu Herzen nehmen. Ich werde die Fassung bei Gelegenheit wohl sowieso überarbeiten. Es ist mein jüngstes Werk und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich endgültig damit zufrieden bin.
 

cne

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Hallo,

der folgende Satz ist nicht so ganz passend finde ich:

Der Rabe saß bewegungslos. Er öffnete seinen Schnabel, aber kein Laut kam über seine Lippen.

Da Raben ja eigentlich keine Lippen haben würde ich den Satz folgendermaßen umformulieren:

Der Rabe saß bewegungslos. Er öffnete seinen Schnabel, aber kein Laut kam aus seiner Kehle.

Sonst wunderbar stimmungsvoll beschrieben.
 

Andrea

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Gehört dringend überarbeitet; nicht nur wegen der Lippen, die mir auch aufgefallen sind, sondern weil
a) ständig das Tempus wechselt (ganz abgesehen von der z.T. recht fehlerhaften Benutzung des Konjunktivs)
b) viel zu viele Tippfehler drin sind (etwa "versummt"er Lärm, "sass" oder "Es wahr wohl simpel")und
c) (was mich am meisten stört) der Fokus wankt.

Du beginnst mit dem Blickpunkt auf den Raben, aber deine eigentliche Hauptfigur ist der Jüngling. Also beschreiben den Raben von Anfang an aus seiner Sicht.

Einige Formulierungen sind sehr unglücklich, etwa:
"Der Jüngling erwiderte den Blick des Raben. Er hält ihm nicht lange stand, aber auch er erhob sich nicht." - Wie jetzt? Wendet der Rabe den Blick ab oder der Jüngling? Und wer steht nicht auf?

"Das einzige Leben, das diesen Ort noch erfüllte, war seine Anwesenheit und die des düsteren Boten." - besser vielleicht: Seine Anwesenheit und die des düsteren Boten waren das einzige verbliebene Leben an diesem Ort.

"Seine Krallen gruben sich in das tote Fleisch und rissen kleine Wunden in den geschundenen Leib." - Um Wunden zu reißen, müßte der Rabe seine Krallen wieder herausziehen, den zweiten Teil deshalb besser streichen.

"Der schwarze Todesengel in Gestalt jenes Vogels" - viel zu umständlich. Außerdem kommst du in einem kurzen Text auf eine ganz beachtliche Anzahl von Beinamen für den Raben; beschränke dich besser auf zwei oder drei Formulierungen udn überfrachte die Figur nicht.

Du arbeitest viel mit den Blicken und den Augen, etwas zu lange, wie ich finde. Das würde ich drastisch kürzen.
Ach ja, und ein Rabe kommt keinen "Schritt" näher, er hüpft höchstens ein weiteres Stück näher.

Wie gesagt, m.E. muß die Geschichte noch gründlich überarbeitet werden, aber ich glaube, daß sich das lohnen würde.
 

Lady_Unicorn

Mitglied
Hej ihr zwei
Ich danke euch fürs Lesen und die Tipps. Ich werde die Geschichte überarbeiten. Einie Aspekte, die ihr genannt habt, bzw vor allem Andrea, sind auch mir aufgefallen und ich habe sie bereits geändert. Hoffe die neue Fassung kann bald online gehen. Einige Zeit wird die Überarbeitung allerdings noch in Anspruch nehmen...
 

jon

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Teammitglied
Hier kündigt sich ein Talent für Stimmungs-Bilder an, Kompliment.
Dennoch: Überarbeitung kann nur nutzen – ich stimme Andrea in allen Punkten zu. Das Ziel sollte (neben der Korrektur der "formalen" Fehler wie Zeiten, Tippfehler und Bezüge) m.E. vor allem sein, mit etwas weniger Pathos auszukommen.
 

Lady_Unicorn

Mitglied
Ich bin mir noch nicht sicher, ob dies die endgültige Fassung sein soll, aber ich habe versucht, die ärgsten Fehler unter Beachtung eurer Ratschläge auszumerzen. Ich weiss, ich bin nicht allen gerecht geworden, dennoch hoffe ich, dass diese Version eher Anklang findet.
 

Andrea

Mitglied
Ich habe zwar die erste Fassung nicht mehr vor Augen, aber dies hier liest sich schon recht gut. Ein paar Hänger hat es aber immer noch, die z.T. aus der ersten Fassung „überlebt“ haben müssen.


Der Rabe landete auf einem Schwert, das jemand in den blutgetränkten Boden gerammt hatte. Das Schlachtfeld lag jetzt still und weit. Der Kampfeslärm war verstummt, die Waffenträger geschlagen und stumm. unschöne Dopplung
Der Rabe sa[red]ß[/red] bewegungslos. Er öffnete seinen Schnabel, aber kein Laut drang aus seiner Kehle.
Ein Aufblitzen am Horizont durchbrach die öde, verheerte Landschaft und zog die Aufmerksamkeit des Jünglings auf sich. Er erschauerte, als das Grollen des Donners folgte[blue]. Der[/blue] Rabe blieb weiterhin regungslos[blue]/reglos?[/blue]. Die heranschleichende Dunkelheit schien ihn vor Blicken schützen zu wollen, doch noch waren seine Federn schwärzer als die Umgebung und auf sonderbar befremdende Weise schienen sie noch uneins mit dem Grauen[strike], [red]das[/red] hier zur Wirklichkeit wurde[/strike].(<-- zerstör die Atmosphäre nicht, indem du sie erklärst.)
Schwarze Federn, dachte der Jüngling, die schwarzen Federn eines Unglücksvogels. Die schwarzen Federn des Todesboten...
Er ist gekommen, auch ihn zu holen. Er schien sich seines Opfers sicher, er hockte noch immer unbewegt auf dem Griff des Schwertes. Der Rabe wandte dem Jüngling den Blick zu(<-- entweder ist das der erste Vogel, der seine Blickrichtung sichtbar ändert, ohne den Kopf zu bewegen, oder hier liegt ein Widerspruch vor), als hätte er seine Gedanken gelesen und wolle ihm im Stillen Recht geben. In seinen dunklen kleinen Augen blitzte es wissend auf. Der Jüngling erwiderte den bohrenden Blick des Raben. Er hielt ihm nicht lange stand, aber auch er erhob sich nicht. Den Satz finde ich immer noch schrecklich. Umformulieren.

Bei diesem letzten Abschnitt solltest du auch die Reihenfolge ändern: den ersten Satz in den Absatz davor, danach der Blick auf den Jüngling (bis „..wissend auf.“), dann scheint er sich seines Opfers sicher, danach der Schwenk zum Jüngling.


Der Rabe musste wissen, dass er von diesem Platz nicht weichen würde. Jedenfalls jetzt noch nicht. Das einzige Leben, das an diesem Ort verblieben war, war[red]en[/red] er und der düstere Bote.
Als hätte der Unglücksvogel ihn erneut durchschaut, breitete er eben seine schwarzen Flügel aus und glitt von dem Schwert. Er mied die beschmutzte Erde und landetet auf dem Körper eines Kriegers. Seine Krallen gruben sich in das tote Fleisch und rissen kleine Wunden in den geschundenen Leib des Gefallenen. siehe erste Kritik
Der Todesbote stie[red]ß[/red] einen schrillen Schrei aus und bewegte sich unruhig auf seinem Sitz.(<-- Die Leiche ist kein „Sitz“; obwohl der Sinn klar ist, müßte das anders formuliert werden.) Seine Augen stachen in die des Jünglings und schienen plötzlich fordernd.
Ein weiterer Blitz. Der Himmel begann sich zu verdunkeln und seine Pforten zu öffnen. Schwere Regentropfen netzten den Boden, als bewein[red]t[/red]en die Götter selbst, was sich hier zugetragen hatte[red][strike]n[/strike][/red], als versuch[red]t[/red]en sie die Verheerung, die diesen Ort heimgesucht hatte, mit ihren Tränen zu verwischen.
Der Rabe krächzte erneut.
Vielleicht tat er ihm Unrecht, dachte der Jüngling. Vielleicht sollte er dem Boten seiner Götter folgen. Vielleicht hatte er einfach nicht das Recht[red],[/red] als Einziger am Leben zu bleiben.
Noch während er dies dachte, reifte ein Entschluss in ihm. Er wusste nicht, was es war, das ihn veranlasste, dem Todesboten der Götter und seinem Schicksal zu trotzen. Es wahr wohl simpel der irrsinnige Wunsch seines nichtigen menschlichen Verstandes weiterleben zu [blue]dürfen[/blue](der Wunsch zu wollen.. klingt schief), der in ihm den Mut weckte, gegen das Gebot der Höheren zu versto[red]ß[/red]en.
Eigentlich spielte es keine Rolle, was es war.
Der Unglücksvogel rührte sich ungeduldig und machte einen zögernden Hüpfer in seine Richtung.
Verzeih mir, Götterbote, Vogel, der du die Macht über den Tod innehast, dachte der Jüngling. Seine Finger schlossen sich um einen Stein. Er fasste ihn fester, als der Rabe weiter auf ihn zukam.
Der Vogel hielt inne und öffnete den Schnabel, wie um abermals zu klagen. Der Jüngling schmetterte ihm den Stein entgegen.
Der Rabe spannte seine Schwingen und erhob sich, ohne getroffen zu werden, in die Lüfte. Stolz, als wäre er der Herr der Welt, glitt er in die hereinbrechende Düsternis, verschmolz mit ihr und verschwand mit einem letzten anklagenden Schrei (schreien Raben?). Das Versprechen dahinter war eindeutig.
Er würde wiederkehren.
 



 
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