Der traurige Maler

Der traurige Maler

Eine große Träne kullerte dem traurigen Maler über die Wange und landete mit einem Platsch auf seinem Bild das er neben sich auf den Bordstein gelegt hatte. Sie ließ die Farben an der Stelle ihres Aufpralls verwischen und stimmte den Maler deshalb noch trauriger über sein Werk, das eine Landschaft mit einem See und einem Wald zeigte.
Er saß in einer Seitengasse auf dem Bordstein und hatte die Knie angewinkelt, so dass er hin und wieder sein Gesicht in die Arme vergraben konnte, wenn ihm eben gerade danach war. Hierher zog der traurige Maler sich meistens zurück, wenn es ihm nicht so gut ging, so wie jetzt, denn heute ging es ihm nicht gut.
Schluchzend warf er einen Blick auf sein Bild. Es wollte und wollte ihm einfach nicht gelingen ein Bild für den König zu zeichnen, der ihm doch 100 Goldstücke für ein Meisterwerk bezahlen wollte. Sollte der Maler es jedoch nicht schaffen, drohte er ihm damit, seinen Kopf abschlagen zu lassen, was wahrscheinlich der Fall sein würde bei so einem Bild, nein, bei so einer Kritzelei wie sie neben ihm lag, dachte der traurige Maler. Nun hing es also ab von seinen Pinseln, von seiner Farbe und einem Stück Papier ab, ob sein Leben bald ein Ende nahm. Bei diesem Gedanken schauderte es den Maler, die Angst lief ihm kalt den Rücken hoch und stellte ihm die Haare zu berge. Der einzige Ausweg, den es für ihn gab, war ein Bild zu malen das dem König gefiel, ein Bild, das vom König als Meiserwerk bezeichnet werden würde.
Der traurige Maler glaubte schon fast nicht mehr daran, ja er zweifelte schon fast an seinem Verstand, als er sich mit der rechten Hand ein paar Tränen aus dem Gesicht wischte.-- Doch was war das? Zwischen seinen Füßen, unten am Bordstein entlang, huschte etwas herum. Es riss den Maler völlig aus seinen Gedanken. Um es genauer zu betrachten, musste er sich die Augen trocknen. Da, da war es wieder. Der Maler war neugierig geworden und wollte nun unbedingt wissen, was ihm da zwischen den Beinen herum huschte, ja regelrecht herumflitzte. Konzentriert hob er seine Hände an, um in einem passenden Augenblick geschickt zuzuschlagen und dieses etwas gräulich glänzende, flitzende Ding zu fangen. Nach zwei Fehlversuchen musste der traurige Maler sich etwas anstrengen um es zu schaffen, es zu fangen und endlich gelang es ihm. Um so länger hielt er es in seinen beiden geschlossenen Händen triumphierend in die Höhe.
Doch was war nun das schon wieder? Sollte nun eine Überraschung auf die andere folgen? Plötzlich begann es zu funken. Der traurige Maler ließ das Ding in seinen Händen sofort vor Schreck fallen. Es blitzte und funkte wie der Maler es noch nie gesehen hatte. Rote, Gelbe, Grüne, Violette Funken und Blitze in allen Farben sprühten aus dem eben noch so unscheinbaren Ding und verblüfften den Maler immer wieder aufs neue. Die Vorstellung, die eine ganze Weile andauerte, endete genauso plötzlich wie sie begann mit einem riesigen Knall auf den Rauch und Qualm folgte. Schützend hielt der traurige Maler seine beiden Hände vors Gesicht um den immer dichter werdenden Qualm nicht einzuatmen, da er wirklich scheußlich schmeckte. Als der traurige Maler sein Gesicht wieder frei machte, konnte er fast seinen Augen nicht trauen, denn was er nun sah, war noch viel unglaublicher, als das kleine graue unscheinbare Ding, das eben zu einem riesigen Feuerwerk wurde, was der Maler bisher nur aus dem fernen China kannte. Er sah ein Wesen, ein Wesen dessen Aussehen so klar und wunderschön war, das es den Maler fast blendete. Es stockte ihm der Atem bei so viel Schönheit und Eleganz. Sie trug ein wunderschönes rosafarbenes Kleid, das überall kostbare silberne Stickereien hatte. Genauso kostbar war der Umhang den sie trug, der jedoch statt silberne goldene Stickereien hatte, welche außerordentlich gut zu ihrem blond schillerndem Haar passten, das etwas gelockt war und sie zu einer Hochsteckfrisur zusammen gebunden hatte. Außerdem zierten ihren schlanken Hals viele wertvolle ketten, die teils aus Perlen, aber auch aus Gold und Silber bestanden. Das musste eine Prinzessin sein oder wenigstens eine Adlige, aber ehe er sich verneigen konnte, was so üblich war, begann sie zu sprechen.
,,Fürchte dich nicht! Ich will dir doch nichts tun.“
Der traurige Maler dachte er würde träumen und rieb sich vor Verwunderung die Augen. Etwas ungewiss, ob er nun doch Angst haben solle, begann er dann doch, wenn auch etwas unsicher, zu antworten.
,,Wer bist du und was willst du von mir?“
,,Hab keine Angst! Ich bin eine gute Fee und will dir bloß helfen.“ ,erwiderte sie.
,,Aber wie willst du mir denn helfen? Ich muss ja bis morgen schon das Bild für den König fertig kriegen. Und wenn nicht, dann nimmt mein Leben ein Ende wegen eines Bildes.“ ,winselte der Maler völlig verzweifelt.
Die Fee lächelte fast ein wenig.
,,Du musste nur an dich glauben dann schaffst du das schon.“
,,Das ist leichter gesagt als getan, schließlich musst du ja nicht das Bild malen.“ ,entgegnete der Maler.
Wieder lächelte die Fee den traurigen Maler an. Doch plötzlich machte sie ein seltsame Handbewegung und wieder stieg dieser scheußliche Qualm auf. Der Maler wusste nicht was nun noch mal geschah, denn er musste sich wieder die Augen reiben, die inzwischen schon richtig rot von der ständigen Reiberei sein müssten. Sehr beeindruckend holte die Fee dann ein kleines Säckchen unter ihrem Mantel hervor.
,,Was ist das?“ ,fragte der traurige Maler sogleich ziemlich neugierig.
,,Das ist ein Zaubersäckchen, das dir beim Malen helfen soll. Du musst es einfach in deine Westentasche stecken und wenn dir wiedermal etwas nicht gelingen will reibst du einfach daran.“ ,erklärte ihm die Fee. Anschließend nahm sie das Zaubersäckchen und reichte es dem traurigen Maler, der es dankend annahm.
,,Danke, vielen Dank, aber das kann ich doch gar nicht annehmen.“
,,Bitte, bitte nimm das Säckchen! Es wird dir bestimmt bei deiner Arbeit helfen.“ ,sprach die Fee dem Maler zu.
,,Nochmals herzlichen Dank dafür. Aber was ist denn in dem Zauberding eigentlich drin? Darf ich da mal rein schauen? ,informierte sich der Maler.
Doch darauf wurde die Fee fast ein bisschen zornig.
,,Ihr Menschen wollt immer alles wissen! – Es ist ein Geheimnis, was in dem Säckchen ist und du darfst es niemals öffnen sonst verliert es seine Wirkung und seine ganze Zauberkraft.“
,,Ich verspreche dir ich werde es nicht öffnen. Nun muss ich jedoch gehen und mein Gemälde anfertigen. Hab noch mal vielen Dank. Auf Wiedersehen.“ ,erwiderte der Maler, der sich dann sofort auf den Weg zu seinen Malsachen, zu seinen Farben, Pinseln und zu einem Blatt Papier machte.
,,Viel Glück und auf wiedersehen.“ ,rief die Fee dem traurigen Maler noch nach, bevor sie dann wieder mit mächtig viel Rauch und Qualm zu dem kleinen grauen unscheinbaren Ding wurde, das sie am Anfang war.
Die meiste Strecke des Wegs rannte der Maler, um so schnell wie möglich mit dem Malen zu beginnen. Glücklicherweise war der Weg auch nicht besonders lang, so das er nicht besonders außer Puste war als er endlich ankam. Um den Gedanken an den geheimnisvollen Inhalt seines Zaubersäckchens zu verdrängen, versuchte sich der traurige Maler über sein Motiv im klaren zu werden. Schließlich sollte es jetzt, wo es nicht mehr an ihm lag auch nicht der ausbleibende Kuss der Muse, wie man in Künstlerkreisen eine Idee nannte am scheitern Schuld sein. Und so kam ihm auch nach einiger Überlegung eine ganz gute Idee, eine super Idee wie sich später heraus stellen sollte. Er würde den König mit seinen eigenen Waffen schlagen und einfach ein Portrait des Königs malen. So musste der sein Abbild als Meisterwerk bezeichnen, denn er hielt sich ja selbst für ein Meisterwerk Gottes, wie der König seinen Untertanen immer wieder versuchte einzureden.
Um rechtzeitig fertig zu werden malte und zeichnete der traurige Maler die ganze Nacht durch. Der Maler mischte seine Farben, wie er sie noch nie mischte, wodurch er besonders schöne Effekte erzielte und auch seine zeichnerische Fähigkeit überraschte ihn sehr. Das Bild musste dem König einfach gefallen, es zeigte schließlich ihn selbst auf eine besonders schöne Weise. Der traurige Maler war stolz auf sich, denn er hatte sich bei diesem Bild selbst übertroffen. Nun musste er sich aber beeilen um es dem König auch rechtzeitig präsentieren zu können, bevor der den Henker rief, was ihm auch gelang. Dazu sollte er in den prächtigen Thronsaal kommen, in dem es vor Gold und Silber nur so blitzte, was ihn an seine Fee erinnerte. Am Ende des Saals saß der König schon ungeduldig wartend da. Mit kritischem Blick beugte er sich mit der schweren Krone auf dem Kopf über das Bild. Nach einigen Sekunden der Betrachtung stieß er einen Schrei aus.
,,Ein Meisterwerk, wahrlich ein Meisterwerk! Diener belohne diesen Künstler mit den versprochenen 100 Goldstücken.“
Der traurige Maler war nun nicht mehr traurig. Er war glücklich, denn er war nun reich, hatte sein Leben gerettet und hat einem Menschen mit seiner Kunst Freude gemacht. Beim hinaus gehen aus dem Schloss fiel dem glücklichen Maler wieder sein Zaubersäckchen ein. Es hatte ja nun seine Dienste getan und der Maler ist reich geworden. Deshalb entschloss er sich es zu öffnen. Aber der Maler war sehr erstaunt darüber, was ihm da beim Malen geholfen hatte, denn in dem Säckchen war nichts als Kieselsteine.
,,Es lag also gar nicht an dem Zaubersäckchen, dass ich plötzlich malen konnte.“ ,dachte sich der Maler, ,,Es ist wie die Fee gesagt hatte, wenn man an sich glaubt, schafft man alles.“
 



 
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