Immer wieder blickte ich auf die Tasche von Fr. Schniedel. Schuld war mein Hund. Ich war in meinem Atelier und gab mich wie jeden Freitagabend meines kreativen Schaffens hin. Vor mir entstand eine seltsame Situation, ich wusste nicht so recht, auf was ich eigentlich hinaus wollte. Eine Brücke und dort dieses Rot, wo kam es her? Mein Hund Richard stupste abermals mit der Schnauze an diese vermaledeite, rote - ah, von dort – Geschenktasche. Wie überaus geschickt er sich des Inhalts bemächtigen wollte! Es ist schon faszinierend, was diese Tiere mithilfe ihres Riechorgans erreichen können, verglichen mit uns Menschen.
Klirr! Mein Hund war erfolgreich, die Flasche aus der Tasche auf dem Boden gelandet und der Likör ergoss sich in Zeitlupe über die Holzdielen. Richard begann sich das Dankeschön von Fr. Schniedel einzuverleiben. Zuerst musste ich lachen, aber auf jeden Fall musste ich ihm Einhalt gebieten.
„Richard, git! Otur!“
Nicht wundern, mein Hund versteht nur türkisch. Wir haben ihn über eine Bekannte aus einem Tierasyl von drüben hergeholt. Er saß schon in der Todeszelle, wie all die von der Bekannten vermittelten Hunde übrigens. Ist ne gute Sache. Aber aus irgendeinem Grund hat er sich nicht mit dem Deutschen anfreunden wollen. Und so musste sich sein Herrchen sprachlich weiterbilden, damit er auch Herrchen bleibt. Sein eigentlicher Name ist natürlich auch nicht Richard. Aber er scheint kein Problem damit zu haben.
Wo war blos wieder die Kehrschaufel? In der Not tat‘ s auch mein alter Kittel, der da am Haken hing. Richard war nicht sehr begeistert, denn das süße Zeug schien ihm zu munden.
„Git, git, blöder Hund!“
Mit einem Kniestups in die Flanke beförderte ich Richard aus der Gefahrenzone. Er schleckte sich das Maul, zog die Lefzen hoch und schien kurz seine Chancen abzuwägen. Doch dann warf er mir nur einen beleidigten Blick zu und ließ sich in seiner Ecke nieder. Mit dem berühmten, demonstrativen Abschlussschnauber.
Eine viertel Stunde später saß Richard neben mir auf dem Beifahrersitz und blickte verträumt in die Nacht. Meine kreative Phase war durch das Geschehene irreparabel beschädigt worden und ich wollte nur noch auf die Couch. Es sind nur 15 Minuten über die Landstraße bis nach Hause. Wir durchquerten gerade das Stückchen Wald, als es wieder passierte.
Ich dachte: „Wenn der Hund bei der nächsten Rechtskurve das dritte Mal umfällt, ist es amtlich, dass er besoffen ist.“ Ich bin ja eher ein gemütlicher Autofahrer und Richard hatte es immer vermocht, durch geschicktes Sich-in-die-Kurve-Legen der Fliehkraft entgegenwirken zu können. Und das ohne Physikunterricht. Die Biegung vor der Bachbrücke gab mir endgültige Gewissheit: Er war dicht.
Nun wäre dies nichts sonderlich Aufregendes gewesen, wenn nicht ausgerechnet heute eine Verkehrskontrolle am Ortseingang stattgefunden hätte. Ein Beamter winkte mich freundlich aber bestimmt in die Bushaltestelle.
„Schönen guten Abend, Verkehrskontrolle! Könnt ich mal den Führerschein und die Fahrzeugpapiere sehen?“, begrüßte mich ein Freund in Blau, während sein Helfershelfer nervös mit der Taschenlampe den Innenraum meines nicht sonderlich aufgeräumten Fahrzeugs absuchte. Richards Beschützerinstinkte wurden durch diese Vorkommnisse keineswegs aktiviert. Er glotze treudoof schielend ins Licht.
„Au ja, Moment“, sagte ich in meinem Handschuhfach wühlend.
Der Beamte schnüffelte zweimal. „Sagen Sie mal, haben sie Alkohol getrunken?“
„Ich nicht, aber der Hund“, antwortete ich prompt.
Die nächsten fünf Minuten wurde ich ausgiebig und erfolglos auf illegalen Alkoholgenuss im Straßenverkehr hin überprüft. Ich klärte währenddessen über Richards Missgeschick mit dem Likör auf. Danach rückte Beamte Schulze sich die Mütze zurecht, räusperte sich und sagte: „Sie müssen entschuldigen, dass ich Ihnen nicht geglaubt habe, aber man bekommt in dem Beruf schon einiges zu hören.“
„Was meinen Sie, was ich heut noch von meiner Frau zu hören bekomme“, fügte ich hinzu. „Noch dazu ist der Hund Moslem.“
„Naja, dann wünsch ich Ihnen noch einen ruhigen …“ Weiter kam er nicht, denn was jetzt geschah, hatte der Schutzmann in seinen 35 Dienstjahren noch nicht gesehen:
Richard hängte Kopfüber aus dem immer noch geöffneten Autofenster und kotzte auf die Straße.
„Da haben sie aber einen gut erzogenen Hund“, sagte Schulze anerkennend.
„Ja, das hat er von mir“, stimmte ich zu.
Klirr! Mein Hund war erfolgreich, die Flasche aus der Tasche auf dem Boden gelandet und der Likör ergoss sich in Zeitlupe über die Holzdielen. Richard begann sich das Dankeschön von Fr. Schniedel einzuverleiben. Zuerst musste ich lachen, aber auf jeden Fall musste ich ihm Einhalt gebieten.
„Richard, git! Otur!“
Nicht wundern, mein Hund versteht nur türkisch. Wir haben ihn über eine Bekannte aus einem Tierasyl von drüben hergeholt. Er saß schon in der Todeszelle, wie all die von der Bekannten vermittelten Hunde übrigens. Ist ne gute Sache. Aber aus irgendeinem Grund hat er sich nicht mit dem Deutschen anfreunden wollen. Und so musste sich sein Herrchen sprachlich weiterbilden, damit er auch Herrchen bleibt. Sein eigentlicher Name ist natürlich auch nicht Richard. Aber er scheint kein Problem damit zu haben.
Wo war blos wieder die Kehrschaufel? In der Not tat‘ s auch mein alter Kittel, der da am Haken hing. Richard war nicht sehr begeistert, denn das süße Zeug schien ihm zu munden.
„Git, git, blöder Hund!“
Mit einem Kniestups in die Flanke beförderte ich Richard aus der Gefahrenzone. Er schleckte sich das Maul, zog die Lefzen hoch und schien kurz seine Chancen abzuwägen. Doch dann warf er mir nur einen beleidigten Blick zu und ließ sich in seiner Ecke nieder. Mit dem berühmten, demonstrativen Abschlussschnauber.
Eine viertel Stunde später saß Richard neben mir auf dem Beifahrersitz und blickte verträumt in die Nacht. Meine kreative Phase war durch das Geschehene irreparabel beschädigt worden und ich wollte nur noch auf die Couch. Es sind nur 15 Minuten über die Landstraße bis nach Hause. Wir durchquerten gerade das Stückchen Wald, als es wieder passierte.
Ich dachte: „Wenn der Hund bei der nächsten Rechtskurve das dritte Mal umfällt, ist es amtlich, dass er besoffen ist.“ Ich bin ja eher ein gemütlicher Autofahrer und Richard hatte es immer vermocht, durch geschicktes Sich-in-die-Kurve-Legen der Fliehkraft entgegenwirken zu können. Und das ohne Physikunterricht. Die Biegung vor der Bachbrücke gab mir endgültige Gewissheit: Er war dicht.
Nun wäre dies nichts sonderlich Aufregendes gewesen, wenn nicht ausgerechnet heute eine Verkehrskontrolle am Ortseingang stattgefunden hätte. Ein Beamter winkte mich freundlich aber bestimmt in die Bushaltestelle.
„Schönen guten Abend, Verkehrskontrolle! Könnt ich mal den Führerschein und die Fahrzeugpapiere sehen?“, begrüßte mich ein Freund in Blau, während sein Helfershelfer nervös mit der Taschenlampe den Innenraum meines nicht sonderlich aufgeräumten Fahrzeugs absuchte. Richards Beschützerinstinkte wurden durch diese Vorkommnisse keineswegs aktiviert. Er glotze treudoof schielend ins Licht.
„Au ja, Moment“, sagte ich in meinem Handschuhfach wühlend.
Der Beamte schnüffelte zweimal. „Sagen Sie mal, haben sie Alkohol getrunken?“
„Ich nicht, aber der Hund“, antwortete ich prompt.
Die nächsten fünf Minuten wurde ich ausgiebig und erfolglos auf illegalen Alkoholgenuss im Straßenverkehr hin überprüft. Ich klärte währenddessen über Richards Missgeschick mit dem Likör auf. Danach rückte Beamte Schulze sich die Mütze zurecht, räusperte sich und sagte: „Sie müssen entschuldigen, dass ich Ihnen nicht geglaubt habe, aber man bekommt in dem Beruf schon einiges zu hören.“
„Was meinen Sie, was ich heut noch von meiner Frau zu hören bekomme“, fügte ich hinzu. „Noch dazu ist der Hund Moslem.“
„Naja, dann wünsch ich Ihnen noch einen ruhigen …“ Weiter kam er nicht, denn was jetzt geschah, hatte der Schutzmann in seinen 35 Dienstjahren noch nicht gesehen:
Richard hängte Kopfüber aus dem immer noch geöffneten Autofenster und kotzte auf die Straße.
„Da haben sie aber einen gut erzogenen Hund“, sagte Schulze anerkennend.
„Ja, das hat er von mir“, stimmte ich zu.