Der Zocker

Languedoc

Mitglied
Der Zocker

(nach einer wahren Begebenheit)

"Hochverehrte Tante Hilde,
erweise Dich doch bitte milde,
schick' mir viele Euro-Scheine,
damit ich komme auf die Beine."

So ähnlich schreibt der blanke Erich
seinen Brief – ach, wie beschwerlich! -
an die ferne reiche Tante,
die retten soll, was niederbrannte
bei der Börsenzockerei,
die Erich treibt, so nebenbei,
still und heimlich im Verborg'nen,
um abzulenken von den Sorgen,
die ihn beim Geldverdienen plagen,
sowie auch bei Familienfragen.

Erich glaubt, er müsse nur,
dem heil'gen Gral sein auf der Spur,
den er in Börsenwetten sieht,
wo's Geld in Hüll' und Fülle gibt
wie fette Sahne, leicht zu schöpfen
aus prall gefüllten Einsatztöpfen.

Erichs Einsätz' sind verschwunden,
der Gral ist auch noch nicht gefunden,
wofür er bräuchte neues Geld.
Das denkt der Mann, und so bestellt
er Euro-Scheine bei der Tante,
die Aktien seit Kindheit kannte.

Ihr schreibt der Neffe eloquent,
dass er sich're Weisen kennt
zu reüssier'n mit Call-Optionen,
die noch dazu den Einsatz schonen.

Tante Hilde leise schmunzelt,
ein bisschen auch die Stirne runzelt.
"Lieber Neffe", schreibt sie dann,
"Lass das Zocken, werd ein Mann."
 



 
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