Dickie

Mir hängt das Thema Dickie zum Hals raus.
Was Johannes nur je an ihr gefunden hat?
„Eigentlich gar nichts", versichert er mir regelmäßig, „ich war nur schüchtern, und sie nicht. Sie hat mich gekapert."
‚Ah ja', denke ich und schaue ihn zweifelnd an, während er mir zum hundertsten mal seinen Plan erläutert. Im Wesentlichen besteht der Plan darin, Dickie aus dem Weg zu räumen. Dickie hat angeblich einen Haufen Geld, und wenn er sie ganz normal verlässt, ist das Geld futsch, dafür hat Dickie bei der Hochzeit mit einem Ehevertrag gesorgt. Also will er Dickie auf anderem Weg loswerden.

Vor Johannes, auf dem Boden, liegen ca. 20 Kriminalromane, die meisten davon sind von Agatha Christie, die er bewundert. „Kein Vergleich zu dem Blödsinn, den man heute zu lesen bekommt", sagt er, und ich muss zustimmen. Alle Krimis von heute sind für mich Wegwerfbücher, meistens brutal, einfallslos und mit schlechtem Deutsch. Da lese ich auch lieber Agatha Christie. 20 Bücher sind ja noch schnell zu schaffen.
„Schaffst du die?", fragt er auch schon, und ich nicke. „Die hab ich in ein paar Wochen durch."
„Für den Fall", - er rennt weg und kommt mit einem neuen Bücherstapel wieder - „habe ich hier noch etwas." Ich lese auf einem Einband den Namen Dorothy L. Sayers und beglückwünsche ihn zu seiner Auswahl. Geschmack hat er, mein Johannes.

„So, wenn du alles gelesen hast, machst du eine Zusammenstellung", ordnet er an, „was wo wie passiert ist, also Protagonist, Motiv, Schauplatz. Am besten erstellst du eine Tabelle." Ich schaue ihn verdattert an, und er fügt hinzu: „Wolltest du nicht mal Schriftstellerin werden? Das ist doch eine gute Übung."
„Das ist Blödsinn", protestiere ich, „schriftstellern lernt man nur, wenn man schreibt." Aber ich komme damit nicht durch.
Jetzt ist es drei Uhr nachts, und ich habe das erste Buch ganz durch. Die Tabelle werde ich morgen machen. Aber nicht nur das, mir sind beim Lesen hundert Ideen für einen Roman eingefallen, den ich morgen anfangen werde.
Eigentlich, fällt mir vor dem Einschlafen ein, sollte Johannes mir mal ein Foto von Dickie zeigen. Ich habe sie noch nie gesehen, sie ist immer gerade auf der Arbeit, beim Sport, beim Klavierunterricht, wenn ich bei Johannes aufkreuze. Auch komisch, dass er gar nicht auf die Idee kommt, mich vor ihr zu verstecken.
Was soll es, bei seinem Plan (den er noch gar nicht hat), wird nichts herauskommen, so wie bei allen Plänen, die man sich lange überlegt, hin und her und zurück und sie schließlich verwirft.
Und überhaupt, das Thema Dickie hängt mir sowieso zum Hals raus.
 

petrasmiles

Mitglied
Wer weiß, wieviele Morde auf diesem Wege vereitelt (?) wurden :) Ist doch eigentlich ein tolles neues Genre!
Gerne gelesen!

Liebe Grüße
Petra
 

onivido

Mitglied
Ich weiss nicht , warum ich zu dem Schluss gekommen bin, dass Dickie gar nicht existiert.
Gruesse///Onivido
 



 
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