Anna Wilms1811
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An einem schönen Sommertag, wir saßen gerade am Mittagstisch und waren beim Nachtisch angelangt, kam Tante Marta über die Schwelle gestolpert: ,,Das Weltende ist gekommen! Die Außerirdischen sind da!", gab sie von sich und ließ sich auf den Stuhl nieder. Urplötzlich war die Freude über die Nachspeise, die ich den ganzen Vormittag hatte, futsch. Nachtisch gab es nämlich nur an den Wochenenden, die Süßspeise heute war eine Ausnahme und hoch von uns Kindern geschätzt. Grießbrei mit Zucker! Und wenn der Brei unten am Topf auch noch angebrannt war, und das war er- ein Gedicht.
Alle, unsere Mutter eingeschlossen, liefen nach draußen. Tatsächlich, am Himmel hing ein großer, weißer Ballon. Direkt über unserem Haus. Ein beliebtes Spionen Fahrzeug der grünen Männchen, genau wie Tante Marta behauptet hatte. Ich versuchte noch den Weltuntergang zu verzögern, indem ich mich bemühte Gründe zu finden, die gegen den Anflug von Aliens sprachen.
,,Ihh, ihh Kindchen - meinte Tante Marta(während sie den letzten Rest Grießbrei aus meinem Schälchen kratzte)- in so einen Ballon passen eine Menge Außerirdische rein, die sind ja nicht viel größer als unsere fünfjährige Kinder. Und die kleinen Kerle haben Gliedmaße aus Gummi, die kann man wie Brennholz stapeln. Die grünen Zwerge können sich, nach Lust und Laune Schwerter aus den Händen wachsen lassen, um uns zu töten. Alles per Knopfdruck. Das könnt ihr mir glauben, ich kenne mich mit sowas aus.
Ihh, ihh Kindchen, wir werden nicht gefressen, nein, uns wird das Blut ausgesaugt. Weißt du, wie viel Blut in deren Bäuche reinpasst? Jede Menge! Die Bäuche dehnen sich aus wie Luftballone. Warum die nicht jetzt schon aussteigen? Na, weil die warten bis die Nacht anbricht, dann sind die unsichtbar und wir können sie nicht entdecken. Tante Marta legte den Löffel auf den Tisch und machte sich auf den Weg, um die Botschaft unter die Menschen zu bringen. In der Tür blieb sie noch kurz stehen und setzte zum Todesschuss an:,, Übrigens, die Aliens bevorzugen Kinderblut" und weg war sie.
Unsere Mama, eine praktisch veranlagte Frau, meinte:,, Wenn wir noch bis zum Abend leben dürfen, sollte wir jetzt an die Arbeit gehen!" An mir blieb der Abwasch hängen, als ob das jetzt noch eine Rolle spielte, wo wir doch alle sterben mussten. Aber mit Mama wollte ich heute nicht streiten. Als ich den ersten Teller ins heiße Wasser tauchte, mir fast die Finger verbrühte, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Was ist jetzt mit meinen Sünden? Damit konnte ich doch nicht vor den Allmächtigen treten! Ich musste sofort beichten, solange noch Zeit dafür blieb. Als Erstes schrieb ich alle meine Vergehen auf ein Blatt, damit auch keine Sünde vergessen wurde. Nach einer Weile des Schreibens- das Blatt war fast voll- schaute ich mir meine Fehltritte genauer an.
Sünde Nr.1- Eier mitgenommen- stand auf dem Zettel. Stehlen war definitiv eine schwere Sünde. Jedenfalls bei unserer Mutter, dafür gab es Dresche. Normalerweise würde ich jetzt darüber nachdenken warum das Gesäß das ausbaden muss, was der Kopf sich ausdenkt, aber nicht heute. Heute ging es um meine Zukunft. Wie es im himmlischen Gericht gehandhabt wird, wusste ich nicht, aber höchstwahrscheinlich genau so wie bei uns. Bei Mama wurde leichtes Vergehen mit einer Unterredung und Drohung uns ins Erziehungscamp zu schicken, geahndet. Dann musste man geschickt ein paar Tränchen fließen lassen und versprechen sich zu bessern und die Sache war durch. Bei mittelschwerem Vergehen musste man Sozialstunden leisten z.B. den Schweinestall ausmisten und der war, dank meines Einsatzes, immer picobello oder bei den alten Nachbarn den Garten umgraben, jäten, Kartoffeln ernten(je nach Jahreszeiten) und bei schweren Sünden habe ich die Strafe ja schon erläutert.
Aber sollte der Herr im Himmel sich die Sache mit den Eiern mal genauer anschauen, würde der doch wohl fragen, wozu ich die Eier stibitzt hatte. Und das konnte für mich mildere Umstände bedeuten. Denn die Eier habe ich zu Geld gemacht und so konnten meine Schwester und ich ins Kino gehen. Der Film war wichtig für unsere Entwicklung, hatte die Lehrerin gesagt. Mama konnte uns dafür kein Geld geben, sie hatte keins. Und Oma hätte uns nie, auch nicht mal ein schäbiges Windei, freiwillig dafür gegeben. Omas Hühner waren gut darin Eier zu legen und als ich nachmittags das Hühnerprodukt einsammeln musste, Oma hatte Angst auf die Leiter zu steigen und griff auf ihre Leibeigenen zurück, nahm ich welche davon mit. Ja genau, mildernde Umstände.
Jetzt zu Sünde Nr.2- Fassadenwand. Die Sache war die, Frau Wlast hatte mal wieder bei Mama über uns Kinder gepetzt. Nichts davon war wahr, na gut, fast nichts davon entsprach der Wahrheit. Und darauf standen Sozialstunden. Nach dem Mittagessen, als Frau Wlast sich zum Schläfchen weggelegt hatte, bemalten wir ihre weiße Fassadenwand mit frischem Kuhmist mit schönen großen Blumen. Die Anklage wird lauten; Beschädigung fremden Eigentums. Ich fürchte da komme ich mit Sozialstunden nicht durch, aber dafür in der Hölle zu landen, wäre auch zu hart. Ich zähle fieberhaft die zehn Gebote auf und suche da nach Gnade. Dann fällt mir plötzlich der Satz ein ,,Auge um Auge, Zahn um Zahn". Na bitte. Wenn die Bibel es schon sagt.
Als ich mich mit Sünde Nummer zehn beschäftigte, kam unser Vater von der Arbeit nach Hause. Wir, die Geschwister, erzählten ihm alle durcheinander von dem nahenden Ende. Papa hörte genau zu und fing dann an zu lachen. ,,So- dachte ich- jetzt hat der einen Knall" und während ich nachdachte, ob es besser wäre mit oder ohne einen Knall zu sterben meinte er, zwischen den Lachattacken:,, Wer hat euch diese Räuberpistolen erzählt? Gewiss doch Tante Marta? Der sollte man für ihre Lügengeschichten einen Oskar geben." Vater erzählte uns, dass in der naheliegenden Stadt eine Wetterstation gebaut worden ist und der Ballon, der über uns hing, der Wetter Forschung diene.
Urplötzlich überkam mich der Heißhunger auf Süßes. Mit fiel ein, dass der Topf mit Grießbrei ja noch auf dem Herd stand. Und als der Topf sich wieder in seinem Urzustand befand, ging ich nach draußen. Der Ballon war weg. Am Himmel war nur das, was dahingehörte: die Sonne, die langsam unterging und einen roten Schleier hinterließ, ein paar Quellwolken und sonst nichts.
Das Leben ist schön, so ohne Aliens.
Alle, unsere Mutter eingeschlossen, liefen nach draußen. Tatsächlich, am Himmel hing ein großer, weißer Ballon. Direkt über unserem Haus. Ein beliebtes Spionen Fahrzeug der grünen Männchen, genau wie Tante Marta behauptet hatte. Ich versuchte noch den Weltuntergang zu verzögern, indem ich mich bemühte Gründe zu finden, die gegen den Anflug von Aliens sprachen.
,,Ihh, ihh Kindchen - meinte Tante Marta(während sie den letzten Rest Grießbrei aus meinem Schälchen kratzte)- in so einen Ballon passen eine Menge Außerirdische rein, die sind ja nicht viel größer als unsere fünfjährige Kinder. Und die kleinen Kerle haben Gliedmaße aus Gummi, die kann man wie Brennholz stapeln. Die grünen Zwerge können sich, nach Lust und Laune Schwerter aus den Händen wachsen lassen, um uns zu töten. Alles per Knopfdruck. Das könnt ihr mir glauben, ich kenne mich mit sowas aus.
Ihh, ihh Kindchen, wir werden nicht gefressen, nein, uns wird das Blut ausgesaugt. Weißt du, wie viel Blut in deren Bäuche reinpasst? Jede Menge! Die Bäuche dehnen sich aus wie Luftballone. Warum die nicht jetzt schon aussteigen? Na, weil die warten bis die Nacht anbricht, dann sind die unsichtbar und wir können sie nicht entdecken. Tante Marta legte den Löffel auf den Tisch und machte sich auf den Weg, um die Botschaft unter die Menschen zu bringen. In der Tür blieb sie noch kurz stehen und setzte zum Todesschuss an:,, Übrigens, die Aliens bevorzugen Kinderblut" und weg war sie.
Unsere Mama, eine praktisch veranlagte Frau, meinte:,, Wenn wir noch bis zum Abend leben dürfen, sollte wir jetzt an die Arbeit gehen!" An mir blieb der Abwasch hängen, als ob das jetzt noch eine Rolle spielte, wo wir doch alle sterben mussten. Aber mit Mama wollte ich heute nicht streiten. Als ich den ersten Teller ins heiße Wasser tauchte, mir fast die Finger verbrühte, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Was ist jetzt mit meinen Sünden? Damit konnte ich doch nicht vor den Allmächtigen treten! Ich musste sofort beichten, solange noch Zeit dafür blieb. Als Erstes schrieb ich alle meine Vergehen auf ein Blatt, damit auch keine Sünde vergessen wurde. Nach einer Weile des Schreibens- das Blatt war fast voll- schaute ich mir meine Fehltritte genauer an.
Sünde Nr.1- Eier mitgenommen- stand auf dem Zettel. Stehlen war definitiv eine schwere Sünde. Jedenfalls bei unserer Mutter, dafür gab es Dresche. Normalerweise würde ich jetzt darüber nachdenken warum das Gesäß das ausbaden muss, was der Kopf sich ausdenkt, aber nicht heute. Heute ging es um meine Zukunft. Wie es im himmlischen Gericht gehandhabt wird, wusste ich nicht, aber höchstwahrscheinlich genau so wie bei uns. Bei Mama wurde leichtes Vergehen mit einer Unterredung und Drohung uns ins Erziehungscamp zu schicken, geahndet. Dann musste man geschickt ein paar Tränchen fließen lassen und versprechen sich zu bessern und die Sache war durch. Bei mittelschwerem Vergehen musste man Sozialstunden leisten z.B. den Schweinestall ausmisten und der war, dank meines Einsatzes, immer picobello oder bei den alten Nachbarn den Garten umgraben, jäten, Kartoffeln ernten(je nach Jahreszeiten) und bei schweren Sünden habe ich die Strafe ja schon erläutert.
Aber sollte der Herr im Himmel sich die Sache mit den Eiern mal genauer anschauen, würde der doch wohl fragen, wozu ich die Eier stibitzt hatte. Und das konnte für mich mildere Umstände bedeuten. Denn die Eier habe ich zu Geld gemacht und so konnten meine Schwester und ich ins Kino gehen. Der Film war wichtig für unsere Entwicklung, hatte die Lehrerin gesagt. Mama konnte uns dafür kein Geld geben, sie hatte keins. Und Oma hätte uns nie, auch nicht mal ein schäbiges Windei, freiwillig dafür gegeben. Omas Hühner waren gut darin Eier zu legen und als ich nachmittags das Hühnerprodukt einsammeln musste, Oma hatte Angst auf die Leiter zu steigen und griff auf ihre Leibeigenen zurück, nahm ich welche davon mit. Ja genau, mildernde Umstände.
Jetzt zu Sünde Nr.2- Fassadenwand. Die Sache war die, Frau Wlast hatte mal wieder bei Mama über uns Kinder gepetzt. Nichts davon war wahr, na gut, fast nichts davon entsprach der Wahrheit. Und darauf standen Sozialstunden. Nach dem Mittagessen, als Frau Wlast sich zum Schläfchen weggelegt hatte, bemalten wir ihre weiße Fassadenwand mit frischem Kuhmist mit schönen großen Blumen. Die Anklage wird lauten; Beschädigung fremden Eigentums. Ich fürchte da komme ich mit Sozialstunden nicht durch, aber dafür in der Hölle zu landen, wäre auch zu hart. Ich zähle fieberhaft die zehn Gebote auf und suche da nach Gnade. Dann fällt mir plötzlich der Satz ein ,,Auge um Auge, Zahn um Zahn". Na bitte. Wenn die Bibel es schon sagt.
Als ich mich mit Sünde Nummer zehn beschäftigte, kam unser Vater von der Arbeit nach Hause. Wir, die Geschwister, erzählten ihm alle durcheinander von dem nahenden Ende. Papa hörte genau zu und fing dann an zu lachen. ,,So- dachte ich- jetzt hat der einen Knall" und während ich nachdachte, ob es besser wäre mit oder ohne einen Knall zu sterben meinte er, zwischen den Lachattacken:,, Wer hat euch diese Räuberpistolen erzählt? Gewiss doch Tante Marta? Der sollte man für ihre Lügengeschichten einen Oskar geben." Vater erzählte uns, dass in der naheliegenden Stadt eine Wetterstation gebaut worden ist und der Ballon, der über uns hing, der Wetter Forschung diene.
Urplötzlich überkam mich der Heißhunger auf Süßes. Mit fiel ein, dass der Topf mit Grießbrei ja noch auf dem Herd stand. Und als der Topf sich wieder in seinem Urzustand befand, ging ich nach draußen. Der Ballon war weg. Am Himmel war nur das, was dahingehörte: die Sonne, die langsam unterging und einen roten Schleier hinterließ, ein paar Quellwolken und sonst nichts.
Das Leben ist schön, so ohne Aliens.
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