Die Aufsätzigen

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einer Deutung zu entfliehn,
Ich frage mich, wer diese Aufsätzigen sind, James. Ich könnte das für mich deklarieren aber sonst? Ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster und sehe eine kleine Gilde von leicht vertrottelten Muppets auf der Empore, als postmoderne Scherenführer,

das man stutzte noch mit Scheren,
wenn es unanständig war.
die eifrig am Schnippeln sind, Texte verschwinden lassen oder pathologische Vergehen attestieren, die geahndet werden müssen und um dem kognitiven Jammertal die Krone aufzusetzen, noch in englischer Sprache.
Ich bin erstaunt, wie bescheiden das Echo auf dieses sehr gute gesellschaftskritische Gedicht ist, hätte es doch das Zeug dazu eine dreiste Nomenklatur zu hinterfragen. Dazu bräuchte es aber den Willen zur Erkenntnis und das geplätscherte Bächelein ist für die meisten ein angenehmes Ruhekissen mit Wattebällchenweitwurftechnik inklusive.

sollte man sie Formen lehren,
sich nicht gegen Normen wehren
Möglicherweise hab ich das aber völlig falsch interpretiert - wenn ja, entschuldige ich mich für "Schreibekleister" etc. ... Beislgrüße
 

James Blond

Mitglied
Nun, äh, nein, ja - möglicherweise ist die Zielrichtung eines Textes schwer zu deuten, wenn teilweise Ironie im Spiel ist. Aber du liegst schon ganz richtig.

So stellt sich das Gedicht in S1,S2 zunächst scheinbar auf die Seite(n) der Zensur, um dann in S3,S4 die Aussichtlosigkeit solchen Unterfanges zu konstatieren: Worte kleben nicht an Fixierungen, sie können jederzeit ihre Inhalte, ihre Bedeutungen oder Konnotationen ändern. Ein gutes Beispiel dafür sind die Sprachsteuerungen der political correctness, deren Begriffe oft in einer Euphemismus Tretmühle landen. Die Missbilligung diskriminierender Begriffe beseitigt nicht die Diskriminierung, sie verschleiert sie nur. Die Zensur wirkt - wie du zu Recht schreibst - unter dem Vorwand eines Schutzes selbst als Missbilligung.
Dem suchen die Worte, bzw. deren aufsätzige Schöpfer, stets aufs Neue zu entkommen - die Mühle dreht sich.

Hab Dank für deine klugen Gedanken.

Grüße
JB
 
unter dem Vorwand eines Schutzes selbst als Missbilligung.
Dem suchen die Worte, bzw. deren aufsätzige Schöpfer, stets aufs Neue zu entkommen - die Mühle dreht sich.
Das ändert natürlich alles James und meine Intention war ein Schuss ins Blaue.
Um es nun besser zu verstehen, ist die Rücknahme des "unanständigen Pflichtvokabulars" nicht ein fatalistisches Signal ......?

einer Deutung zu entfliehn,

so als würden wir der Resignation nachgeben und den Sinn von Lyrik einer gewissen Alltäglichkeit überlassen?
Wenn ich hier unterwegs bin, addiere ich für mich die sich immer wiederholende Symbolik, die aus einem Abreißblättchen der Gartenlaube von 1930 entstammen könnten.

werden jeden Sinn vergessen,
ohne Zeichen zu verziehn.


Die Liebe zum "Sein undWerden" ist für mich zwar nachvollziehbar aber muss es das Epizentrum derer sein, die Poesie mit fortlaufenden Begrifflichkeiten fluten?

Wellen gehen ...rauschen, leichter Wind.
vor Himmels Toren....
löse mich von Zeit und Raum...
Knospen, Blüten usw usw .....

Das ist ja alles ganz nett aber nicht die Poesie, die mit Scheren zerschnitten wird und kann nicht die Wohlgefälligkeits Alternative sein,......Oder ich bin doch wieder einem Interpretationsfehler zum Opfer gefallen. Beislgrüße
 
Zuletzt bearbeitet:

James Blond

Mitglied
Nein, lieber Hans, ganz so ins Blaue ging dein Schuss ja nicht.

Nur wird hier die Kritik an den postmoderierenden Schnippeleien ironisch gebrochen, weil Sinn und Absicht hinter den Worten sich ohnehin nicht dauerhaft fixieren lassen. Zwar bleibt das Zeichen, doch das Bezeichnete verflüchtigt oder verändert sich. Was war ironisch und was ernsthaft gemeint? Wo war das Lachen beabsichtigt und was geriet unfreiwillig komisch? Lacht man heute noch darüber - oder weint man schon?

Liebe Grüße
JB
 



 
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