Die Brücke, über die man alleine gehen muss

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kellerkurz

Mitglied
das Gedicht

hallo, Erbsenrot,
Dein Gedicht bewegt mich sehr. Vor ein paar Jahren hatte ich eine ganze Nacht über meinem kranken Mann gewacht. Die Pflegerin hat mich am frühen Morgen eingenickt im Stuhl neben seinem Bett gefunden. Sie sagte mir, ich soll doch rasch einen Kaffee trinken gehen. Ich wusch auch mein Gesicht und putzte meine Zähne. Nur 10 Minuten, sicher nicht mehr. Als ich zurück ins Zimmer kam, atmete er nicht mehr. Ich fühlte mich immer so schuldig, weil er in diesen letzten zehn Minuten allein war. Aber über die Brücke hätte ich ihn ja doch nicht begleiten können, nicht wahr? Dein Gedicht hat die Erinnerung an jenen Tag wieder aufgeweckt. Aber es hat mich auch getröstet. Vielen Dank.
Liebe Grüsse kellerkurz
 
N

no-name

Gast
ach erbsenrot,

was für ein wundervoller text, zu dem eigentlich schon alles von meinen vorkommentatoren geschrieben wurde.

ich habe deinen text mit nassen augen gelesen und fühlte mich an den spruch: "wer wirklich liebt, muss auch loslassen können." erinnert.

herzliche grüße von no-name.
 

namaqool

Mitglied
hallo erbesenrot,

ein sehr leises gedicht. ein sehr leiser tod.

die brücke ist ein stiller ort,
womöglich etwas gesang im hintergrund.

genau so stelle ich sie mir vor. toll.

grüsse, namaqool.
 

erbsenrot

Mitglied
Die Brücke

Hallo liebe Mitautoren,

es tut mir leid, dass meine Antwort so lange gedauert hat, aber ich war lange Zeit verreist... aber jetzt:



Liebe Kellerkurz
ich kann mir vorstellen, dass du dich schuldig gefühlt hast, du wolltest doch gerne dabei sein. Um so mehr freue ich mich, dass ich dich mit meinen Zeilen etwas Trost spenden konnte und du auch besser verstehen kannst, dass dein Mann irgendwann allein weitergehen MUSSTE und loslassen musste. Du konntest nicht mit über die Brücke gehen, auch wenn du dabei gewesen wärst... und es ist alles gut, so wie es ist...
Danke dir ganz herzlich und liebe Grüsse
erbsenrot


Liebe Heike
vielen lieben Dank nochmal und deine lieben Wünsche haben mich auf meiner Reise begleitet...
Alles Liebe
erbschen



Liebe no-name
du hast ja so recht... wer liebt muss loslassen können...
Ich danke dir sehr für deine einfühlsame Worte.
Viele Grüsse
erbsenrot



Lieber namaqool
ja, ein leises Gedicht... ein leiser Tod... und ein leiser, sehr liebevoller Kommentar von dir... danke!
Alles Liebe
erbsenrot



Ich danke euch allen von Herzen für die wundervolle Benotung und kann es fast nicht glauben *zwinker* DANKE!
 

Pola Lilith

Mitglied
Nachklang zum Takt der Zeit

Hallo Erbsenrot,

ich bin deinem Link gefolgt (und sehe jetzt auch, daß es unter "Tagebuch" erscheint).

Doch ehrlich spricht mich dieses nicht so an.

Von der Form her (in deiner lyr. Form schwingt nur wenig lyrische Stimmung zu mir herüber, wäre vielleicht besser in Prosa gewesen) wie auch vom Inhalt. Es erscheint mir wie zu schnell geschrieben, irgendwie fehlt mir hier die Tiefe.... oder die ganz knappen (konkreten) und sich doch überstürzenden Worte, die aufmerken lassen.

Lieben Gruß, Pola
 

erbsenrot

Mitglied
Hallo Pola,

Dieser Text entstand unmittelbar am Sterbebett und ich habe einfach meine Gefühle und Gedanken aufgeschrieben.
Deshalb steht sie auch unter "Tagebuch" ;)

Trotzdem herzlichen Dank für deine Kritik ... jedoch diesen Text kann ich nicht anders schreiben, auch wenn ich wollte ...

Liebe Grüße
erbsenrot
 

erbsenrot

Mitglied
Text verändert

Liebe Pola,

beim Durchschauen meiner Werke, fiel mir noch eine Kritik von dir auf:

Von der Form her (in deiner lyr. Form schwingt nur wenig lyrische Stimmung zu mir herüber, wäre vielleicht besser in Prosa gewesen) wie auch vom Inhalt. Es erscheint mir wie zu schnell geschrieben, irgendwie fehlt mir hier die Tiefe.... oder die ganz knappen (konkreten) und sich doch überstürzenden Worte, die aufmerken lassen.

Lieben Gruß, Pola

Es hat mir dann doch keine Ruhe gelassen, als du meintest, ich müsste es können! ;)
Deshalb habe ich den Text jetzt mal neu in Prosa versucht und leicht verändert:



Alte Frau, liebe alte Frau,

ich sitze hier an deinem Sterbebett und halte deine Hand.
Deine blauen Augen sind weit aufgerissen. Sie blicken weit, unendlich weit, in eine andere Dimension.
Du atmest heftig, kurz, mit geöffnetem Mund, und deine Nägel werden schon blau.
Manchmal spürst du, dass ich deine Hand streichle. Du suchst mich ... mit den Augen.

Die Brücke, zwischen dort und hier, ist lang ... so lang …

Nun ist es halb drei in der Nacht. Die Nachtwache war da. Sie erzählte – mit Begeisterung – von ihrem Enkelkind. Wir lachten leise …

Dein Puls wird immer schwächer. Die Atmung kürzer. Deine Augen schauen nur noch zur Decke hin. Sie sind weit geöffnet – ohne zu blinzeln - schon seit Stunden.
Wohin schaust du nur? Was siehst du?

Der Motor deiner Matratze brummt, pumpt Luft hinein - gegen Dekubitus.
Dein Atmen wird sehr flach und ich singe leise:
„Bewahre uns Gott - behüte uns Gott“
Dieses Lied liebst du doch so, hast du mir gestern noch erzählt.
Ich singe es gern für dich.

Mir scheint, als gehen wir jetzt zusammen über die Brücke.
Du hältst meine Hand fest und ich - bin ein kleines Schrittchen hinter dir.
Wir gehen zusammen, aber Du gibst das Tempo an, und dann … lässt du meine Hand los und gehst alleine weiter - auf deine letzte Reise.

Und ich ... ich gehe wieder zurück.
Zurück ins Leben.

Viele Grüße
erbsenrot
 
Hallo erbsenrot,

ob als Tagebuch-Diary oder Prosa, dein Werk ist erschütternd. Vielleicht kommt es bei mir besonders intensiv an, weil ich gerade genau das miterlebe...

Dankbaren Gruß,
Estrella
 

Josi

Mitglied
Ich hatte Gänshaut!
Du bist mit einem schwierigen Thema sehr lyrisch umgegangen.

Liebe Grüße
von Josi
 
R

Rose

Gast
Hallo erbsenrot,

traurig ... Deine Zeilen haben mich sehr berührt.

Noch immer trösten wollende Grüße
Rose
 

erbsenrot

Mitglied
Liebe Estrella,

danke für deinen einfühlsamen Kommentar. Sicherlich bist du jetzt empfänglicher für solche Gedanken und Texte. Sie berühren da, wo man ganz offen und auch verletzlich ist.

Ich wünsche dir viel Kraft und alles Liebe.

Erbsenrot
 

erbsenrot

Mitglied
Liebe Josi, liebe Rose,

auch an euch ein herzliches Dankeschön!

Über das Sterben lyrisch zu schreiben, ist meiner Meinung nach immer nur bei eigener Betroffenheit möglich. Um so mehr erfreut es mich, dass es immer wieder Leselupenmitglieder gibt, die diese Zeilen, nach so langer Zeit, finden, lesen und kommentieren.

Gerade jetzt, nach dem gestrigen Urteil des Bundesgerichtshofs zur Abschaltung der künstlichen Ernährung, wieder ein wichtiger Schritt zur menschenwürdigen Sterbebegleitung.

Alles Liebe und ein wunderschönes Wochenende
erbsenrot
 



 
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