die drei Reiter (Sonett)

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Tula

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die drei Reiter


Es reiten drei Reiter durch trostlose Weiten.
Ihr Los ist dem Wappen die Treue zu halten,
zu lang schon... sogar ihren Rappen erkalten
die Glut und der Drang, die die Tüchtigen leiten.

Verflucht sei der Fluch für den König zu streiten!
Die Treue erfreut nur den scheußlichen Alten;
der sträubt sich und leugnet die Macht der Gewalten,
nun endlich ins Dunkel der Weite zu gleiten.

Doch gilt es, heut' nacht einen Dienst zu erweisen;
so geben die Reiter den Pferden die Sporen
und eilen zum Hofe des elenden Greisen,
denn noch ist auf Erden nicht alles verloren.

Des Königs Gemahlin und Zofen erwarten
die Schwerter der selbstlosen Ritter im Garten.
 

wüstenrose

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Hallo Tula,
wäre es so nicht inhaltlich stimmiger bzw. eindeutiger:

Verflucht sei der [blue]Eid[/blue] für den König zu streiten!
Die Treue erfreut nur den scheußlichen Alten;
der sträubt sich und leugnet die Macht der Gewalten,
nun endlich ins [blue]ewige[/blue] Dunkel zu gleiten.


Oder verstehe ich möglicherweise nicht, was zum Ausdruck gebracht werden soll?

Dein Sonett könnte ich mir gut in ein Drama / in ein szenisches Spiel eingebettet vorstellen. Oder soll es ausdrücklich isoliert und für sich stehen?

lg wüstenrose
 

Tula

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die drei Reiter


Es reiten drei Reiter durch trostlose Weiten.
Ihr Los ist dem Wappen die Treue zu halten,
zu lang schon... sogar ihren Rappen erkalten
die Glut und der Drang, die die Tüchtigen leiten.

Verflucht sei der Eid für den König zu streiten!
Die Treue erfreut nur den scheußlichen Alten;
der sträubt sich und leugnet die Macht der Gewalten,
nun endlich ins ewige Dunkel zu gleiten.

Doch gilt es, heut' nacht einen Dienst zu erweisen;
so geben die Reiter den Pferden die Sporen
und eilen zum Hofe des elenden Greisen,
denn noch ist auf Erden nicht alles verloren.

Des Königs Gemahlin und Zofen erwarten
die Schwerter der selbstlosen Ritter im Garten.
 

Tula

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Hallo wüstenrose

Vielen Dank für die Hinweise; habe beide übernommen.

Natürlich hast du alles richtig gelesen; die Tragik des Alten, der einfach nicht gehen will und alle Welt macht ihm was vor und hintergeht ihn wo nur möglich.

Ich baute auf die Wiederholungen der Laute; gerade deshalb passt ja der Eid auch wunderbar!
Beim ewigen Dunkel war ich vorher auch, entschied mich dann doch für die Weite. Aber vielleicht ist diese ja schon zu viel des Guten und das ewige Dunkel etwas eindeutiger.

Sonntagsgrüße

Tula
 

James Blond

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Ein schönes Sonett

Ein schönes Sonett, an dem ich allerdings auch einiges auszusetzen habe. Was mir gut gefällt, ist die Stringenz, mit welcher das Thema voran getrieben wird. Sauber aufgeteilt zu drei Quartetten bringt jedes einen neuen Aspekt ins Spiel, um in dem Schlussverspaar einen Ausblick auf Künftiges anzudeuten.

Mir gefällt auch, dass du dich für die anspruchsvollere abba-abba Variante entschieden hast, wobei die Reime -eiten und -alten genügend Möglichkeiten eröffnen, klanglich allerdings nur wenig Kontrast bieten.

Inhaltlich habe ich größere Verständnisprobleme. Woraus motiviert sich hier der Wunsch zum Aufruhr gegen den König? Weil der scheußliche Alte nicht freiwillig ins Grab geht? Das ist in meinen Augen für einen Treuebruch von Rittern etwas wenig, ich vermisse hierzu einen Hinweis auf die Untaten des Tyrannen.

Sprachlich sehe ich allerdings einige Ungereimtheiten, wenn du schreibst,
der sträubt sich und leugnet die Macht der Gewalten,
nun endlich ins ewige Dunkel zu gleiten.
dann liegt die Macht der Gewalten darin, selbst in das ewige Dunkel zu gleiten, gemeint ist hier aber wohl eher "jemanden gleiten zu lassen" oder "ihn zu geleiten". Ebenso missverständlich ist die Formulierung,
Des Königs Gemahlin und Zofen erwarten
denn es wären demnach des Königs Zofen und nicht die seiner Gemahlin. Auch besitzt die Formulierung,
erwarten
die Schwerter der selbstlosen Ritter im Garten.
den herben Charme einer Stilblüte. Gemeint ist hier wohl, dass man die bewaffneten Ritter erwartet, aber es hört sich an, als ob die Damen selbst zur Hinrichtung geladen sind.

Daneben gibt es viele kleinere Fehler, wenn du schreibst,
Ihr Los ist, dem Wappen die Treue zu halten
dann entspricht dies nicht dem geleisteten Treueeid des Ritters, der eben kein Zufallslos des Schicksals war und wenn du schreibst,
sogar ihren Rappen erkalten
die Glut und der Drang, die die Tüchtigen leiten.
solltest du wissen, dass der Reiter gewöhnlich sein Pferd leitet und nicht umgekehrt.

Und was soll es nun werden?

Vermutlich eine Ballade. Dann fehlt aber noch das meiste, denn zum Tyrannenmord gehören neben dem Plan auch noch die Ausführung und das Resultat - es sei denn, man orientiert sich an der moderneren Form der Concept Art, wo alles in der Planung beibt, das Scheitern inbegriffen.
;)
JB
 

Tula

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Hallo James

Danke für die ausführliche Antwort. Werde mir die einzelnen Punkte noch genauer ansehen.
Doch die letzte Zeile muss ich jetzt doch sofort mit Anführungsstrichen versehen. Der Dienst an der Königin .... nein, es geht nicht zum Meuchelmord, sondern zur nächtlichen Orgie im Schlossgarten! Ich dachte, das käme auch so durch.
Nun, Humor ist, wenn man trotzdem lacht, auch der Autor über seine schlecht formulierte Pointe :)

LG
Tula
 

Tula

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die drei Reiter


Es reiten drei Reiter durch trostlose Weiten.
Ihr Los ist dem Wappen die Treue zu halten,
zu lang schon... sogar ihren Rappen erkalten
die Glut und der Drang, die die Tüchtigen leiten.

Verflucht sei der Eid für den König zu streiten!
Die Treue erfreut nur den scheußlichen Alten;
der sträubt sich und leugnet die Macht der Gewalten,
nun endlich ins ewige Dunkel zu gleiten.

Doch gilt es, heut' nacht einen Dienst zu erweisen;
so geben die Reiter den Pferden die Sporen
und eilen zum Hofe des elenden Greisen,
denn noch ist auf Erden nicht alles verloren.

Des Königs Gemahlin und Zofen erwarten
die "Schwerter" der selbstlosen Ritter im Garten.
 

Tula

Mitglied
Hallo anonym
Vielen Dank für den moralistischen Zeigefinger! - Du musst mich jetzt durchschaut haben. Mir ging es lediglich um eine billige, pornographische Pointe. Gut, dass es aufmerksame Leser gibt.

Hier gibt es natürlich überhaupt keinen neuzeitlichen Bezug, keine groteske Übertreibung der Wirklichkeit, kein Bezug auf den moralischen Verfall in einer Welt, in der jede Art von Schwur und Eid keinerlei Bedeutung mehr haben. Der alte König eben nur ein bemitleidenswerter alter Herr, dem der frivole Autor die Hörner aufsetzt.

Wahrhaftig unter Niveau, zumindest für einen Kleingeist.

Grüße in den Garten
Tula
 

Tula

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Hallo James

jetzt also mit dem notwendigen Ernst der Sache ans Detail und voran nochmal mein Dank für deine eingehende Textarbeit!

Man möchte meinen: “Pointe hin, alles hin...” und überhaupt, wie leicht ein Werk in seiner Absicht doch missverstanden werden kann, vor allem wenn es darum geht, auch zwischen den Zeilen und Bildern zu lesen.

Die Obszönität der Pointe verdirbt vielleicht mehr als erhofft. Ich dachte auch an Stelldichein und Rendevous (viel zu harmlos) und Orgie (viel zu direkt); außerdem sollte es ja ironisch (oder eben sarkastisch) bleiben, die 'selbstlosen' gehören zur letzten Zeile wie das Ereignis an sich.

Nun habe ich die Absicht inzwischen einigermaßen erklärt. Es geht eben nicht um irgendeine banale, frivole Schadenfreude, sondern um ein 'lyrisches Sittenbild', eine satirische Parabel usw. Dass von 'drei Reitern' nichts Gutes zu erwarten ist, kann dem Leser schwanen oder nicht, es fängt ja mit einem romantischen Ritt durch die Landschaft an. Doch diese ist in der ersten Zeile bereits trostlos (also keine blühenden Wiesen und Felder der königlichen Ländereien); vielleicht meinte ich damit auch die seelische Leere der Protagonisten?

Inhaltlich wird klar, dass sich die drei Reiter nur noch augenscheinlich an den einst gegebenen Eid halten, dieser wurde schon vor langer Zeit zur Farce, wie das Ende auf recht eindeutige Weise darstellt. Auch wenn die dritte Strophe vorschlägt, dass die drei auf dem Weg zu einem dienstlichen Auftrag sind (wenn auch wider Willen), die letzten zwei Zeilen bringen die drastische Wende und offenbaren die schnöde und häßliche Realität der Dinge. Es wird nicht nur vorgespielt, der Eid wird gebrochen, der alte König wird in jeder Hinsicht hintergangen, gerade dort, wo es am meisten schmerzt – im Unterleib der Gemahlin.

Ohne das Gedicht tiefsinner machen zu wollen als es ist, hier geht es um den üblichen moralischen Verfall, Heuchelei und Untreue, damals wie heute. Das Bild der edlen Musketiere (auch erst drei, dann aber vier) ist absichtlich gewählt, die alte Romantik von Treue und Ergebenheit, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat.

Der Eid mag hier auch weitergreifend für Dinge wie Rechtschaffenheit, (gute) Prinzipien und Ähnliches stehen, der alte König für die 'alte Ordnung', die Gesetze, welche man täglich umgeht usw. Das Gedicht soll daher zeitgemäß bleiben, der Inhalt ist insgesamt als eine Metapher zu verstehen.

Also eine Tragikomödie ohne happy end, weil es eben keins gibt und auch nichts zu verharmlosen. Ist die Pointe da wirklich so unpassend?

Zu weiteren Details:

[red]der sträubt sich und leugnet die Macht der Gewalten...[/red]

ok, das hat einen grammatikalischen Knacks. Ich ändere das ab auf:
[blue]
der leugnet und sträubt sich der Macht der Gewalten...[/blue]

dann bezieht sich die darauffolgende Zeile auf den König.

[red]Des Königs Gemahlin und Zofen erwarten...[/red]

Ich verstehe was du meinst, denke dennoch, dass hier kein lyrisches Verständnisproblem vorliegt. Es geht um (ihre) Zofen, um wen sonst. Ich dachte nochmal über eine andere Variante nach, z.B.
die Königin und ihre Zofen erwarten...

Ich finde aber 'Gemahlin' irgendwie passender, sprachlich abgehobener und dem Inhalt und Bildern entsprechend.

[red](Ihr Los ist, dem Wappen die Treue zu halten...)
dann entspricht dies nicht dem geleisteten Treueeid des Ritters, der eben kein Zufallslos des Schicksals war[/red]

Hier muss ich dir widersprechen. Der Eid wird überhaupt nur noch getragen (nach außen), weil er als Pflicht angesehen wird (siehe oben die dazugehörenden Sinnbilder der Rechtschaffenheit usw.). Gerade darin besteht ja die Farce! - wie bei den Religionen zu denen sich die Menschen scheinheilig bekennen, obwohl sie keine ihrer Richtlinien folgen.

[red]… dass der Reiter gewöhnlich sein Pferd leitet und nicht umgekehrt[/red]

Dieses lyrische Bild solltest du mir verzeihen. Auch die Pferde waren einst 'voll bei der Sache' und haben mittlerweile den Elan (und auch die Kraft der Jahre) verloren, müssen jetzt angetrieben werden. Warum denn nicht?

Schwerter oder Lanzen … hhmmm – gute Frage. Muss ich mal erotische Literatur zu Rate ziehen :)

LG
Tula
 

Tula

Mitglied
die drei Reiter


Es reiten drei Reiter durch trostlose Weiten.
Ihr Los ist dem Wappen die Treue zu halten,
zu lang schon... sogar ihren Rappen erkalten
die Glut und der Drang, die die Tüchtigen leiten.

Verflucht sei der Eid für den König zu streiten!
Die Treue erfreut nur den scheußlichen Alten;
der leugnet und sträubt sich der Macht der Gewalten,
nun endlich ins ewige Dunkel zu gleiten.

Doch gilt es, heut' nacht einen Dienst zu erweisen;
so geben die Reiter den Pferden die Sporen
und eilen zum Hofe des elenden Greisen,
denn noch ist auf Erden nicht alles verloren.

Des Königs Gemahlin und Zofen erwarten
die "Schwerter" der selbstlosen Ritter im Garten.
 

James Blond

Mitglied
Hallo Tula, was machen deine erotischen Studien?
Bist du schon beim Ritter "Lanzelott" angekommen?
;)
Ich habe mir das Gedicht nach der dritten Überarbeitung noch einmal angeschaut: Ich finde es - trotz vieler guter Ansätze - immer noch nicht so recht gelungen. Die Pointe zündet auch mit "" nicht richtig, sie sollte mit einigen Anspielungen besser vorbereitet werden.

Sprachlich bekomme ich nach wie vor Bauchschmerzen mit der Formulierung "[red]der leugnet und sträubt sich der Macht der Gewalten[/red],": man kann sich zwar jemandem verweigern oder widersetzen, nicht aber sich jemandem sträuben.

Da ich dich inzwischen als jemanden kennengelernt habe, der nicht gleich wutschnaubend aus der Tür stürzt, weil ich durch seinen Vorgarten gelatscht komme, habe ich meine Ideen zu einem kleinen Vorschlag verdichtet:


Es reiten drei Reiter durch endlose Weiten,
ihr Los ist's, dem Wappen die Treue zu halten,
so lang schon, dass selbst ihre Lenden erkalten
die Glut und der Drang, in die Schlachten zu reiten.

Verflucht sei der Eid, für den König zu streiten!
Die Treue verdirbt nur den scheußlichen Alten,
der sich widersetzt jener Macht der Gewalten,
nun endlich ins ewige Dunkel zu gleiten.

Ihm gilt es, heut' nacht einen Dienst zu erweisen,
denn ohne ihr Zutun wär's Reich wohl verloren;
so geben die Reiter den Pferden die Sporen
und eilen zum Hofe des elenden Greisen,

wo Zofen und Königsgemahlin schon warten
auf tapfere Ritter samt Lanzen im Garten.


Grüße
JB
 

Tula

Mitglied
die drei Reiter


Es reiten drei Reiter durch trostlose Weiten.
Ihr Los ist's, dem Wappen die Treue zu halten,
so lang schon... sogar ihren Rappen erkalten
die Glut und der Drang, die die Tüchtigen leiten.

Verflucht sei der Eid für den König zu streiten!
Die Treue erfreut nur den scheußlichen Alten,
der weigert sich, gegen die Macht der Gewalten,
nun endlich ins ewige Dunkel zu gleiten.

Doch gilt es, heut' nacht einen Dienst zu erweisen;
so geben die Reiter den Pferden die Sporen
und eilen zum Hofe des elenden Greisen,
denn noch ist auf Erden nicht alles verloren:

die 'Lanzen' der selbstlosen Ritter erwarten
des Königs Gemahlin, mit Zofen, im Garten.
 

Tula

Mitglied
Hallo James

mit dem Sträuben hast du ja recht, da fehlt 'gegen', deshalb hatte ich es auch in der ersten Version am Zeilenanfang und kam des Lautes wegen auf 'leugnen'.

Ich bin das jetzt nochmal durch und hoffe, eine brauchbare und grammatikalisch richtige Variante gefunden zu haben, kleine Korrekturen in der ersten und die Umstellung in der letzten Strophe mit eingeschlossen. Kommasetzung hilft ebenfalls, um grammatikalische Mehrdeutigkeiten zu vermeiden, stören allerdings auch den Lesefluss.

Heute kam mir der Gedanke, mit dem Sonett hier nicht unbedingt die beste Form gewählt zu haben. Da schon der Inhalt an eine Ballade erinnert, wie auch von anderen Lesern bemerkt, sollte man das Thema vielleicht besser mit einer etwas längeren Form angehen, dann bleibt auch mehr Raum für inhaltlichen Aufbau und mehr sprachliche Komik.
Werde darüber eingehender nachdenken, lasse dieses dennoch so erstmal hier stehen.

LG
Tula
 

Tula

Mitglied
die drei Reiter


Es reiten drei Reiter durch trostlose Weiten.
Ihr Los ist's, dem Wappen die Treue zu halten,
so lang schon... sogar ihren Rappen erkalten
die Glut und der Drang, die die Tüchtigen leiten.

Verflucht sei der Eid für den König zu streiten!
Die Treue erfreut nur den scheußlichen Alten,
der weigert sich, gegen die Macht der Gewalten,
nun endlich ins ewige Dunkel zu gleiten.

Doch gilt es, heut' nacht einen Dienst zu erweisen;
so geben die Reiter den Pferden die Sporen
und eilen zum Hofe des elenden Greisen,
denn noch ist auf Erden nicht alles verloren:

die 'Lanzen' der selbstlosen Ritter erwarten
des Königs Gemahlin und Zofen im Garten.
 



 
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