unzurechnungsfähig
Hallo,
ich weiß nicht, ob der Begriff, das Wort „unzurechnungsfähig“ als Terminus Technicus in der Rechtsprechung oder in der psychiatrischen Medizin existiert.
Geläufig aber ist es in der Alltagssprache, der - oder die - ist doch „nicht ganz zurechnungsfähig".
Für mich klammert die letzte Zeile zwei mögliche Bedeutungen zusammen: einmal die Gedankenaussage dieser stumpfen und abwertenden „Meute“ gegenüber „der anderen“, die aus der Norm fällt. („Das tut man nicht.“) Der Satz, speziell „die Akte“ wäre dann lakonisch zu verstehen, stellt das Bild einer Kategorisierung dar im Hirn der anderen, eine „gedankliche Akte“ wird quasi angelegt. Für diese Buntschuhfrau mit dem Etikett: die tickt doch nicht richtig.
Zum anderen könnte gerade die Wortwahl „Akte“ auf einen Befund, eine klinische Akte deuten. Dies wäre der Hinweis, das Gedicht insgesamt unter dem Aspekt einer Person zu verstehen, die in Behandlung war/ist und eröffnet etliche interessante Aspekte und Gedankenanstöße:
wo zum Beispiel steht der Stuhl, auf dem sich die Frau kerzengerade hält? In ihrer Wohnung? Ist sie eine als gesund und lebensfähig Entlassene, die nun erste Schritte außerhalb des Klinikgeländes unternimmt? Oder befindet sie sich dort? Ambulante Beschäftigungstherapie? Danach die aufregende Busfahrt nach Hause? - Die Aufregung. Freude? Vorfreude? Oder ängstliche Aufregung? -- Auch die Andeutung, die durch „das Schneiden“ gestreut ist. Stark finde ich übrigens, wie durch die Wortwahl „Schritte“ in den Folgezeilen noch ein „Schnitte“ mitzuklingen scheint, so hab ich es jedenfalls empfunden, beim Leser also erzeugt wird, dass Schritte (weil buntbeschuht) oder Schnitte (weil frische Narben) aufgeregt leuchten auf ihrem Weg.
Das Gedicht - die Frau - haben etwas Fragiles, und das Gedicht schafft es, dass ich mir diese „Eine“ sehr gut vorstellen kann. Ein Bild ist entstanden, Gefühle.
Das Spannungsfeld: Die Eine - die anderen // freundlich (blickend) - blicklos // die Meute - das gejagte Wild, alles setzt (in mir jedenfalls) viele Assoziationen frei.
Eine Auseinandersetzung mit dem Thema kann in meinen Augen nur sensibel machen und pro Anderssein/Psychisch Kranker wirken.
Grüße
jongleur