Vitelli
Mitglied
Ich öffnete die Tür des alten Lokals, und da saß sie. Saß einfach da. Hinter der Theke. Ein Buch lesend. Über ihre Brille hinweg, sah sie zu mir – und lächelte.
Wir nickten uns zu.
Ich setzte mich an einen der hinteren Tische des spärlich besetzten Lokals. Auf dem Weg dorthin passierte ich einen älteren Herrn, der mir einen verdrießlichen Blick zuwarf; keine Ahnung warum.
An der Decke hingen Fischernetzte mit Plastikfischen, -krebsen und -seesternen, und auch sonst war alles im maritimen Stil eingerichtet
Ich nahm die laminierte DIN-A4-Speise- und Getränkekarte aus dem metallenen, von Pfeffer und Salz flankierten Ständer. Ohne einen Blick darauf zu werfen, schob ich die Karte demonstrativ ans obere Ende des Tisches und schaute in ihre Richtung.
Als sie das bemerkte, klappte sie ihr Buch zu, nahm die Brille ab und stand auf. Ich wich ihrem Blick aus, um nicht zu aufdringlich zu wirken. Ich schaute erst wieder zu ihr, als sie meinen Tisch schon fast erreicht hatte. Ich kann nicht behaupten ein Freund von Latzhosen zu sein, aber ihr stand sie gut. Ich fragte mich, ob die Latzhose ihre weiblichen Rundungen betonte oder ob ihre Figur der Latzhose trotzte. Ohne eine Antwort drauf gefunden zu haben, stand sie vor mir. Und wie sie da so vor mir stand, wurde mir schlagartig klar, warum im Duden steht, dass Lässigkeit feminin ist.
>>Wir kennen uns doch, oder?“, fiel sie mit der Tür ins Haus.
Ich nickte. „Bis vor ner Woche oder so, bist du täglich bei mir vorbeigejoggt.“
Sie schnippte erkenntnisreich mit den Fingern. „Die Hütte am See.“
Ich nickte abermals.
Sie zog sich einen Stuhl vom Nebentisch heran, hielt kurz inne, fragte ob dies okay sei, setzte sich verkehrtherum darauf, verschränkte die Arme über die Lehne und blies sich eine ihrer dunklen Locken aus dem Gesicht. „Erzähl schon“, sagte sie. „Was machst du in diesem Kaff? Urlaub ja sicher nicht.“
So fing es an. Und jetzt, drei Jahre später, sitzen wir hier. In der Stadt. Die Wohnung hat sie eingerichtet. Sieht gut aus.
Sie wickelt sich eine ihrer Locken um den Finger, während sie gedankenverloren in die von Milan Kundera geschaffene Welt eingetaucht ist. Die Leichtigkeit des Seins, die für uns nie unerträglich war, haben wir hinter uns gelassen. Ich weiß nicht wann und wo, aber sie ist nicht mehr da.
Sie legt das Buch zur Seite, gähnt, steht unvermittelt auf und küsst mich auf die Wange. „Ich geh schlafen", sagt sie. Und: „Hab dich lieb.“
Sie lächelt mich an, wuschelt mir durch die Haare und geht. Ich schaue ihr nach, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hat.
Sie hat mich also lieb, denke ich. Und ich hab sie lieb. Und den Hund, den haben wir beide lieb.
Wir nickten uns zu.
Ich setzte mich an einen der hinteren Tische des spärlich besetzten Lokals. Auf dem Weg dorthin passierte ich einen älteren Herrn, der mir einen verdrießlichen Blick zuwarf; keine Ahnung warum.
An der Decke hingen Fischernetzte mit Plastikfischen, -krebsen und -seesternen, und auch sonst war alles im maritimen Stil eingerichtet
Ich nahm die laminierte DIN-A4-Speise- und Getränkekarte aus dem metallenen, von Pfeffer und Salz flankierten Ständer. Ohne einen Blick darauf zu werfen, schob ich die Karte demonstrativ ans obere Ende des Tisches und schaute in ihre Richtung.
Als sie das bemerkte, klappte sie ihr Buch zu, nahm die Brille ab und stand auf. Ich wich ihrem Blick aus, um nicht zu aufdringlich zu wirken. Ich schaute erst wieder zu ihr, als sie meinen Tisch schon fast erreicht hatte. Ich kann nicht behaupten ein Freund von Latzhosen zu sein, aber ihr stand sie gut. Ich fragte mich, ob die Latzhose ihre weiblichen Rundungen betonte oder ob ihre Figur der Latzhose trotzte. Ohne eine Antwort drauf gefunden zu haben, stand sie vor mir. Und wie sie da so vor mir stand, wurde mir schlagartig klar, warum im Duden steht, dass Lässigkeit feminin ist.
>>Wir kennen uns doch, oder?“, fiel sie mit der Tür ins Haus.
Ich nickte. „Bis vor ner Woche oder so, bist du täglich bei mir vorbeigejoggt.“
Sie schnippte erkenntnisreich mit den Fingern. „Die Hütte am See.“
Ich nickte abermals.
Sie zog sich einen Stuhl vom Nebentisch heran, hielt kurz inne, fragte ob dies okay sei, setzte sich verkehrtherum darauf, verschränkte die Arme über die Lehne und blies sich eine ihrer dunklen Locken aus dem Gesicht. „Erzähl schon“, sagte sie. „Was machst du in diesem Kaff? Urlaub ja sicher nicht.“
So fing es an. Und jetzt, drei Jahre später, sitzen wir hier. In der Stadt. Die Wohnung hat sie eingerichtet. Sieht gut aus.
Sie wickelt sich eine ihrer Locken um den Finger, während sie gedankenverloren in die von Milan Kundera geschaffene Welt eingetaucht ist. Die Leichtigkeit des Seins, die für uns nie unerträglich war, haben wir hinter uns gelassen. Ich weiß nicht wann und wo, aber sie ist nicht mehr da.
Sie legt das Buch zur Seite, gähnt, steht unvermittelt auf und küsst mich auf die Wange. „Ich geh schlafen", sagt sie. Und: „Hab dich lieb.“
Sie lächelt mich an, wuschelt mir durch die Haare und geht. Ich schaue ihr nach, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hat.
Sie hat mich also lieb, denke ich. Und ich hab sie lieb. Und den Hund, den haben wir beide lieb.
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