Die Geliebte des Teepflückers

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Zarathustra

Mitglied
Direkt aus der Schreibwerkstatt..
herzlichen Dank allen, die mir geholfen haben!


Die Geliebte des Teepflückers

Einen Windhauch von Stunden
legtest du mir um die Schultern
beim Abschied.

Wortlos,
wie von Scherben zerschnitten,
war meine Kehle.

Du spartest den Kuss,
wolltest aber deine Nachtsterne
an meine Augen heften
um dir das zurückschauen zu ersparen;
wenn du mit deinem Flusskahn
stromaufwärts in deine Heimat fährst.

Unter den Regenwolken,
hoch in den Bergen,
- am Shi Fong
an der Grenze zwischen Himmel und Regen
pflückst du dann grünen Tee.

Dort sammelst du die Drachenblumenblüten
für die Porzellanurne der Prinzessin.

Geliebter,
tausche den Tee ein
gegen Dein Herz,
das sie in der Urne gefangen hält.

© Hans Feil, 24.11.2005

Loong Tseng "Dragon Well"
("Drachenbrunnen")
Vielleicht Chinas berühmtester Grüntee: der sagenhafte "Drachen-brunnen". Seine Wiege stand nahe Hanzhou, der Hauptstadt Zheji-angs, wo noch heute am Berg "Shi Fong" die "Drachenquelle" sprudelt, die dem Tee ihren Namen gab

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Zarathustra

Mitglied
fremde Welten

Danke dir Elisabeth,

diese fremden Welten liebe ich sehr.
Sollte Lyrik nicht fremde Welten möglich machen?
Vergangenes heraufholen, oder das Unmögliche möglich machen.

Vor vielen Jahren habe ich diesen Dragon Well das erste Mal in einem vornehmen Teehaus in Taipeh (Taiwan) getrunken. Für eine Kanne Tee zahlten wir 25 US$.

Gerne würde ich die Berge, die über den Regenwälder thronen einmal sehen. Doch leider bauen die Chinesen ihren 3- Schluchten Staudamm.

Vielleicht für immer versinken die Prinzessin, die Geliebte und der Teepflücker im Schlick der Stauseen.

Ich finde, das Vergessen ist auch eine Kulturrevolution.

Jedenfalls danke ich dir für dein Interesse zu diesem Gedicht.

Schönen Advent noch
Liebe Grüsse aus München
Hans
 

Antilope

Mitglied
Du kannst das Vergessen nicht verhindern. Es ist der Lauf der Geschichte. Wie ungeheuer viel schon vergessen wurde bzw. wird, wird einem immer wieder bewußt, wenn man sich mit Archäologie beschäftigt.

Es ist so viel, daß man , wenn man eine fiktive Handlung in einem historischen Kontext entwirft, eigentlich immer sicher sein kann, daß das schon mal passiert ist.

Wobei es auch historische Romane gibt, die doof sind. Bei Lyrik kann man in der Hinsicht nicht so viel falsch machen, denke ich.

Es sollten mehr Fachleute wie Historiker sich damit beschäftigen. Umberto Eco ist so einer. (Obwohl ich ihn nie gelesen habe.) Aber manche sind so furchtbar festgefahren. Kennen nichts außer ihrer herkömmlichen Arbeitsweise.

lg
Antilope
 

Zarathustra

Mitglied
Umberto Eco, ach!

Alles habe ich von ihm gelesen (jedenfalls fast!)
Und was das Vergessen betrifft:

Jedes Gedicht - so meine ich - das gelesen wird, fügt unserer Welt etwas Neues/Altes hinzu.

Und dafür lohnt es sich zu lesen und zu schreiben.

Liebe Grüsse
Hans
 



 
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