Die große Liebe

Die große Liebe

Sie saßen auf dem Holm eines Pferdegatters und baumelten mit den Beinen. „Was wirst du tun?“, fragte sie zögernd. Er antwortete mit der Stiefelspitze: „Da steht mein Auto. Ich fahre weg.“ „Aber wohin?“, beharrte sie. „Hör auf mich danach zu fragen“, sagte er tonlos. Wütend raffte sie ihr Kleid und sprang herunter: „Aber ich möchte nicht, dass du irgendwo hin fährst, ohne zu wissen wohin.“ Der Wind schob ihr das Textil freigiebig bis an die Schenkel. Bilder zogen durch seinen Kopf, Filmszenen. Die Geschichte ihrer Liebe schien sich zu als Kurzfilm mit Unhappy End zu enden: der Abschied von der großen Liebe auf immer!

Er entschied sich für die Alain Delon-Methode: den Coolen spielen. Das hatte zwar etwas Unauthentisches, wirkte aber zumindest dramatisch. Sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als er federnd aufgekommen, nun grinsend vor ihr stand. Dieser Dummkopf! Merkte er nicht, wie tief er ihr unter die Haut ging?

Seine Erinnerungen strömten auf ihn ein mit narkotisierenden Bildern. Die Sommernacht im Park mit ihr, als die Magnolien aphrodisierende Pheromone verströmten, und das Glitzern ihrer Augen hundertfach reflektiert wurde vom magischen Neon der Glühwürmchen, die in der schützenden Dunkelheit phosphoreszierten. „Wollen wir diese Bank nehmen?“. Halb schob sie ihn, halb sank er hin. Seine Hände liebkosten ihr Gesicht und er küsste zart ihre Mundwinkel. Alte Geheimnisse, die er so lange in sich verborgen hatte, stiegen in ihm auf und flüsternd gab er sie preis. Die warme Luft umhüllte sie, und berauscht atmete er ihren Liebreiz ein. Seine Hände streiften die seidigen Träger ihrer duftigen Kleides, und während er ihren Hals mit den Lippen erkundete, erschloss sich ihm eine um die andere Süßigkeit, die jedem Sterblichen verboten war - außer ihrem Verlobten. Die lockende Frucht jedoch hatte er noch nicht berührt. Es war wohl das längste Vorspiel der Welt, das die beiden unter auffordernden Gesten und feinen Zurückweisungen zelebrierten.

Als sie genug eingesogen hatte von seiner überquellenden Hingabe und begeisterten Entdeckungsreise, unterbrach sie mit Fragen, die ihm unbequem waren: ‘Was hast du vor? Was ist der Sinn hinter deiner Art zu leben?’ Der besorgt bohrende Tonfall ihrer liebevollen Rüge ließ ihn die Provokation, die darin lauerte, besser ertragen. Er war nahe daran sich abzuwenden, doch als er in ihren Augen nur fragende Liebe wahrnahm, milderte sich sein Unwille. Er wehrte ihre Einwände halbwegs smart ab, stillte ihre Bedenken und zog sie wieder in seine Zärtlichkeiten. „Ich hab eine Überraschung für dich“, strahlte sie. Hoffnung stieg in ihm hoch, sie würde ihm gestehen, dass sie ihre Verlobung lösen würde, doch lösen wollte sie für ihn nur ihr hochgestecktes Haar. „Du bist heute so verspielt“, lachte sie, und nestelte an ihrem Haarband, „da wollte ich es dir anbieten“.

Unter dem Damoklesschwert des Entdecktwerdens war verstohlenes Händchenhalten eine erotische Erfahrung. Im Umfeld von misstrauischen Bekannten und wachsamen Eltern genoss er es, neben ihr zu sitzen und sie wie zufällig am Arm zu berühren. Und wenn er dann ihre Hand nach seiner tasten fühlte, fiel er in Trance, Liebestrance. „Hey, was denkst du gerade?“ Er gab sich einen Ruck: „In deinem Haar wühlen....“ Etwas in ihm zog sich zusammen, er durfte sich nichts anmerken lassen. Er streichelte automatisch ihr Haar, doch sie schaute fragend in die Tiefen seiner Seele.

„Was ist los? Du wirkst so abwesend“ „Nun, ich dachte schon, du sagst....“ Er stockte..... Es gab so etwas wie eine innere Verabredung zwischen ihnen: keiner sollte dem anderen reinreden. Dieser Kern war von Anfang an in der Frucht ihrer Liebe. Warum sprang er jetzt nicht auf und schrie: Ich will aber nicht, dass du heiratest, höchstens mich! Mit seiner halbherzigen Zärtlichkeit sah er sie nur verunsichert. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht sagte deutlich: Unsere Liebe hat keine Zukunft! Er ahnte, dass die Liebe eine Gaukelei der Seele ist.

Er tauchte aus den düsteren Zukunftsahnungen auf und zog sie an sich, fester jetzt, bestimmter. Noch saßen sie auf jener Bank, in der mythologischen Atmosphäre der ersten Liebe - die dazu eine verbotene war - und tauchten erneut in lippensanfte Beteuerungen und überquellende Zärtlichkeiten. Süß flossen Säfte unterm samtenen Septemberhimmel.

Aber der Tag rückte näher, an dem die endgültige Entscheidung fiel: sie sollte den anderen heiraten. Die Eltern von beiden hatten sich darauf geeinigt. Das Ganze kam ihm wie ein abgekartetes Spiel vor, eine Art Verkuppelung. Nach ihren Gefühlen wurde nicht gefragt. Er wurde natürlich auch eingeladen zu ihrer Hochzeit, er war ja ein gemeinsamer Bekannter. Man bat ihn, er solle ein Trompetenstück vortragen. Wie vereist fühlte er sich an diesem Trauungstag. Und klang auch seine Trompete strahlend im Kirchenschiff, so war es eine innerliche Beerdigung auf der er spielte. Es war der Abgesang ihrer Liebe. Er hätte jetzt immer wieder ihren Namen von der Empore brüllen müssen und sie aus dem Aufruhr ihrer Verwandtschaft entführen, wie Dustin Hoffmann in Die Reifeprüfung. Nur: er kannte den Film noch nicht.

*

Sie ging ihm nicht aus dem Sinn und nach sieben Jahren entschied er sich, sie zu besuchen. Er spürte sofort die Anziehungskraft ihrer Person. Sie hatte inzwischen zwei Kinder mit seinem damaligen Nebenbuhler. Als die Kinder im Bett waren, servierte man ihm als „Gast“ Pizza. Danach wurden Fotoalben herausgekramt und Anekdoten zum Besten gegeben. Ihr Mann zupfte sich ständig am Kragen. Er wusste ja um ihre alte heimliche Liebe, und konnte ein dumpfes eifersüchteliges Unwohlsein den ganzen Abend nicht abschütteln. Nachdem die Gemeinsamkeiten sich erschöpft hatten, und er zusehen musste, wie seine Frau sich zunehmend heiterer mit dem „Gast“ unterhielt, unterbrach er gattig : „Ich muss morgen früh raus. Entschuldige bitte...“ Dann legte er schwer seine Hand auf ihren Arm: „Kommst du auch gleich, Schatz?“

„Tja, so ist das“, zuckte sie mit der Schulter. „Komm, ich zeig dir dein Bett!“ Als er sie auf das Bett zog, entwand sie sich seinen liebeshungrigen Armen, hauchte ihm noch ein Kuss zu und machte das Licht aus.

Sie frühstückten zusammen. Ihr Mann war schon zur Arbeit. Sie führte ihn durch die geräumige Wohnung. Die Heimorgel auf der Galerie begeisterte ihn für eine Weile, bis sie genervt fragte: „Kommst du mal?“ Er spürte ihren fordernden Blick, als er die Wendeltreppe herunterkam. Hatte er es nicht auch gewollt, die Nähe zu ihr, die alte vertraute kribbelnde Nähe? „Was denkst du gerade?“ fragte sie. Er hasste diese Frage.. Irgendwann einmal müsste er vielleicht mit einer Lüge antworten. Den Genuss über seine Reaktion las er offen in ihren spitzbübisch süßen Mundwinkeln. „Ich denke, ich möchte etwas näher zu dir heran rücken.“

Er sog ihre Wärme auf und spürte die immer noch vibrierende Liebe. Sie schmolz in ihn hinein und ein mittelalterlicher Satz entfuhr ihr: „Steche er einen festen Stich.“

Das Liebesspiel war aufregend aber kurz. Er war verwirrt. Alles fühlte sich so mechanisch an. Es schien ihm nur etwas Körperliches zu sein. Die dazugehörigen Gefühle fehlten. Er erwachte wie aus einem Traum. Er erlebte, wie sein Begehren über den Grat der Illusion geklettert war und in das Land der Realität geschaut hatte: „So etwas macht die Zeit also!“, empfand er. Ernüchtert trat er den Heimweg an.

*


Sie trafen sich ein weiteres Mal, wieder sieben Jahre später. Jetzt war der Nebenbuhler weg und er trat in eine entspannte Familienszenerie. Die Kinder waren inzwischen groß, die Tochter fast so hübsch wie sie damals. Er spielte mit dem Sohn Tischtennis, man plauderte, spielte Karten, schaute einen Film an. Als die Kids ins Bett gegangen waren, saßen sie endlich allein auf dem Sofa. Sie kramte nach Fotos und zog dann Videos aus den Regalen.


„Was war denn eigentlich der Kasus knaxus bei euch?“, fragte er. Ein Lächeln stahl sich aus ihrem Gesicht. „Er hat mich belogen, jahrelang. Er hat Geldspekulationen in Millionenhöhe betrieben - und war irgendwann bankrott, und als der Gerichtsvollzieher ins Haus stand, hat er sich mit seiner Geliebten ins Ausland abgesetzt.“ Bilder von Humphrey Bogard in Casablanca zogen durch seinen Kopf . Traurigkeit hatte ihn beschlichen bei ihren Worten. Oh, Geliebte meiner Jugendtage! Hätte ich Dir das ersparen können?

Als ob sie Gedanken lesen konnte, sagte sie: „Ich stelle mir manchmal vor, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich es mit dir verbracht hätte.“ Er lachte bitter und warnte: „Du kennst mich wenig. Ich befürchte, ich hätte dich auch verletzt.“ Er traute sich nun zu ihr zu reden wie ein Bruder. „Ich glaube, das wäre nicht gut gegangen“ Sie schüttelte den Kopf: „Unser beider Leben wäre anders verlaufen. Manchmal tagträume ich davon.“ Er spürte eine Wärme in sich aufsteigen und beugte sich vor, um sie zu küssen. Sie umschlang lachend seinen Hals und fühlte noch einmal in die geheimnisvolle Beziehung zu ihm.

„Willst du einen Cappuccino?“ Er glättete seine Hose und nickte eilig. Sie schaltete das grelle Licht in der Küche an und kam mit einer dampfenden Tasse zurück. „Aber wie ist eine Partnerschaft möglich, wenn der eine ständig mehr nimmt als er gibt?“, fragte er in den Kaffee hinein. „Gar nicht. Es muss schon Vertrauen herrschen.“ „Aber woher nehmen, ich habe nie Vertrauen erfahren.“ Er empfand ihren anteilnehmenden Blick wie eine Rüge: „Hast du denn eine feste Beziehung?“ „Ja, davor“, gestand er, „ wie du weißt, gebranntes Kind sucht das Feuer.“ Er lachte hohl und suchte in ihren Augen nach der alten Vertrautheit. Sie signalisierte mit einem schelmischen Funkeln, dass sie ihn willkommen hieß. „Ja, rede weiter“.

„Weißt Du“, schlürfte er zu ihr rüber, „mit dem Glück, ein Mädchen zu finden, das zu mir passt, keimt die Sorge, sie wieder zu verlieren“ Er verschluckte sich fast an dem Nachsatz, „...an andere oder an mich selbst.“ „Tja, geliebt wird zusammen, gelitten meist allein.“ Sagte sie in sein Husten hinein. Pathetisch deklamierte er: „Die Seele ist ein Troubadour, der heftig geliebt werden will.“

„Ich möchte einmal jemand finden, der dieselbe inneren Tiefe hat wie ich“, schwärmte sie . Er war sich nicht sicher, ob sie Julia war, aber Romeo konnte er nicht sein. Er hatte sich nicht getraut, sie zu entführen. Sie summte das Lied von den Königskindern, und er sah vor sich die unterschiedlichen Wege ihres Lebens. Sie spürte seine innere Gänsehaut und wollte ihn aufmuntern: „Manche Festung wird eingenommen, nur um danach zu entdecken, dass es keinen Spaß macht, mit vereingenommenen Menschen zu leben, weil diese dann so voreingenommen dir gegenüber werden können.“ Er lachte: „Ja, warum eine Burg stürmen, wenn es eine Zugbrücke gibt, die von innen freiwillig heruntergelassen werden kann?“ Sie umarmten sich, ratlos auf ihr Schicksal blickend.

„Wie läuft es denn bei Dir“, bohrte sie. „Na ja, ich bin jetzt sechs Jahre mit einer Partnerin zusammen, aber weißt Du, mit den Jahren kann der Appetit auf den andern leicht in eine Magenverstimmung umschlagen.“ „Kommt mir bekannt vor, lachte sie bitter. „ Zuerst las ich ihr jeden Wunsch von den Lippen - und später jede Sorge von der eingemeißelten Stirnfalte. Wir reden kaum noch, sie wird zum roten Tuch für mich.“ Ihre Neugier wich einem besorgten Interesse: „Und wie hälst du das aus?“ „Ich weiß auch nicht, ich saufe vielleicht zu viel. In meinen Hinterhirnlappen herrscht wüster Aufruhr“. Er beugte sich geheimnisvoller redend zu ihr, „und in den Hinterzimmern meiner Psyche werden dunkle Pläne geschmiedet.“ Sie winkte ab. „Red keinen Quatsch. Ich frag mich, ob du überhaupt einer Frau treu bleiben könntest.“

Den Schuss Pfeffer konnte er gebrauchen. Endlich durfte er seine Zerrissenheit in das Strohfeuer einer amüsanten Plauderei werfen. Er ging hinter sie und legte ihr seine Hände auf die Schultern. „Der Eroberer wird bewundert, während er im Himmelbett seiner Erfüllung liegend darüber sinnt, was er als Nächstes erobern kann.“

Während sie angespannt auf seine Worte wartete, massierte er in ihren Weltschmerz hinein: „Es ist doch so: Eine Widerspenstige trifft auf einen Zähmer“, er drückte fester zu, „und eine selbstbewusste Karrierefrau verlässt ihre Eroberung nach Abgrasen seiner Pfründe.“ „Das ist gut“, gluckste sie. „Das klingt so, als sei die Liebe eine Lotterie“. „In der es manchmal Bingo macht“ ergänzte er knetend, jetzt sanfter auf die Halspartie zugleitend. Er küsste ihre Haar und sie sagte: „Nicht abweichen, rede weiter.“

„Der Partner bietet für eine schöne Zeit lang eine Leinwand, auf die man fleißig seine Filme projizieren kann.“ „Aber nur so lange, bis die Inhalte der Filme dem Partner zu sehr gegen den Strich bürsten“, rief sie dazwischen. „Richtig! Und das könnte dann der Schlußstrich sein“. Seine Finger hatten jetzt ihren Kopf umfangen, und er berührte sanft ihre Schläfenpartie. „Aber besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende, wo der Dolch genüsslich in der Wunde des anderen immer mal wieder umgedreht wird. Diese kaschierte SM-Technik kann sich jahrzehntelang auf dem Weg durch die Institution Ehe austoben.“

Sie hörte jetzt weniger auf das Gesagte, als nur noch auf den Klang seiner Stimme, und ließ sich unter seinen einfühlsamen Händen in Trance sinken. „Wenn auch noch Rachegelüste angestachelt werden, dreht sich die Qualspirale, bis es beiden schlecht wird. Die gesuchte Genugtuung hat sich längst aus dem aufgewirbelten Staub gemacht und ihre Vertretung geschickt: die Zerknirschtheit.“ Und während er seine Stimme ihrem Ohr näherte, tasteten sich seine Finger die Vorderseite ihres Körpers mit zärtlich bestimmten Bewegungen. Er spürte ihre wohlwollende Aufnahme und die Sprache der Massage ihres Körpers verwandelte sich in die Zeichensprache der Liebe.

„Er erschrak, als er die Farbe ihres BH´s erkannte legte ihr eine Hand auf die Stirn und die andere zwischen ihre Brüste. Sie stöhnte. „Wenn es im Beziehungsgetriebe ständig knirscht, verliert man die Lust am Umschalten, und so holpert der Wagen in immer dem selben Gang über eine schlaglochreiche Strecke.“ Jetzt zeichneten seine Hände ihre Brüste nach und schienen nach einer Möglichkeit zu suchen, unter die Verpackung zu kommen. Seine Stimme säuselte weiter auf sie ein: „Unter Zuhilfenahme der besten Freundin der Frau können die Fronten zwischen dem Paar noch weiter verhärtet werden, bis die Sollbruchstellen spröde werden und seufzend nachgeben.“ Seine Finger arbeiteten jetzt unabhängig vom Sprechen. „Zum Abschuss Freigegebene warten auf den Hinrichtungstermin. Höhnisch blickende Buchhalter tragen Minuspunkte auf das Konto des Feindes in deinem Bett ein.“

Er beugte ihren Kopf sanft nach hinten und küsste sie mit einem innigen, liebeswarm erwiderten, erst aufsaugenden und dann gieriger werdenden Kuss.

„Oh, war das schön.“ Sie kam aus einer anderen Sphäre zurück. Seine Gegenwart berauschte sie, doch jetzt war sie schläfrig. Sie senkte ihre Stimme. „Du kannst aber nicht in mein Zimmer.“ „Warum?“ „Ich möchte nicht, dass die Kinder mitbekommen, dass Mama mit einem Wildfremden ins Bett geht!“ Es war immer noch wie früher: sie mussten ihre Liebe verstecken, diesmal vor den Kindern. Er glitt vorsichtig die Treppe hinunter, und erst nach einem Sicherheitsabstand von zehn Minuten stahl er sich in ihr Zimmer. Als er in ihr Bett schlüpfte, war alles schon viel leichter.
Sie streichelte ihn und er überdeckte sie mit Küssen. Doch irgendwie suchten beide das alte Bild vom andern. Sie: „Deine Ohren sind so groß, ich erinnere das gar nicht“. Und er: „Du hattest doch früher immer so viele Haare hier oben“. Sie, „ich gebe zu, ich hatte da etwas nachgeholfen. Heute macht man das ja mit angeflochtenen Haaren. Damals hab ich mir einen Dutt unter die Haare gesteckt.“ Seine aufkeimende Enttäuschung verwischte sich durch eine Streicheleinheit der besonderen Art: Sie berührte ihn jetzt überall mit langen warmen Fingern. Er schmolz einerseits dahin, wurde aber andererseits auch hart. Er wollte sie nicht bedrängen, aber sein Verlangen konnte und wollte er nicht mehr verbergen. In ihm fieberte wieder dieses Sehnen, in sie überzugehen. Egal wie viel Jahre dazwischenplapperten. Er liebte sie mit dem Abschiedsschmerz der alten Liebe, und fühlte sich beschenkt von ihrem hingebendem Liebesspiel im Herbst ihrer Zuneigung.


Irgendwann ließen sie voneinander und er gähnte wohlig. Sie sagte: „Du musst aber im Gästebett schlafen, o.k.?“ Ernüchtert nahm er den zugehauchten Gutenachtkuss wahr, und als er leise in das Gästezimmer ging, spürte er ein Frösteln auf der Seele.

Am nächsten Morgen kam sie in sein Zimmer und beugte ihre Sympathie über ihn. Es gab ein leckeres Frühstück, und dann war es wieder einmal soweit: Abfahrt! „Dann mach´s gut!“ sagte sie liebevoll. Er umarmte noch einmal die Verkörperung seiner großen Liebe und sagte: „Bis in sieben Jahren!“.

doktordigitalis - 2001
 

Antaris

Mitglied
Ganz große Liebe

Hallo Doktor,

ist das eine hinreißende Geschichte *schnief* und bemerkenswert gut geschrieben :cool:! Willkommen in der LL!

LG

Anteris
 
Hallo DD,

das ist eine interessante und sehr eigenwillige Liebesgeschichte im Siebenmeilenstiefel!
[ 7]Ein kleines Korinthchen:
Die Geschichte ihrer Liebe schien sich zu als Kurzfilm mit Unhappy End zu enden:
Hier scheint bei der Korrektur "sich zu" stehengeblieben zu sein.
[ 7]Ich freue mich auf die Fortsetzung der Erzaehlung in sieben Jahren! Dies ist ja eigentlich nur eine kurze Zeit im Vergleich zu Gerstaeckers "Germelshausen", wo das Dorf mit der Geliebten erst in hundert Jahren wieder auftaucht...:)

Viele Gruesse,
RP
 

Zefira

Mitglied
Hallo Doktor,
ich stimme meinen Vorrednern zu.
Besonders deser geschwollene Monolog über die Ehe hat es mir angetan ;) . "Die Qualspirale dreht sich", so was hat zu mir noch nie einer gesagt. Mache ich was verkehrt?

Zwei kleine Tips: Das "Textil" am Anfang hat mich etwas gestört - weiter unten würde es mir vermutlich nicht mehr auffallen, aber am Anfang, wo Du noch nicht ganz in den ironischen Ton des Hauptteils gefunden hast, wirkt es zu technisch. Auch das Wort "Kids" für ihre Kinder fand ich ein bißchen unpassend für die Perspektive eines wesentlich Älteren.

Grüßle
Zefira
 



 
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