Die Hinrichtung

4,50 Stern(e) 8 Bewertungen

d-m

Mitglied
Hallo @ThomasQu

Ja, hat mir gut gefallen! Was das "Show, don't tell" anbelangt, würde ich mich Heinrich direkt anschliessen:

Ein Leuteschinder, ein Sadist und, um es kurz auszudrücken, ein skrupelloses Scheusal.
Das ist eine reine Behauptung, die ich dem Erzähler einfach glauben muss, besser finde ich, wenn es so wie hier geschildert wird:

Wie es der Zufall wollte, bemerkte ich heute Morgen, wie er zusammen mit dem Schirrmeister, einem Sergeant, Teile des Soldes für die Fronteinheiten unterschlagen hatte.
Das ist ohne Wertung des Erzählers und ich kann mir als Leser meine eigenen Gedanken machen. Finde ich viel interessanter. Du musst da auch keinen ellenlangen Anfang dranklatschen, sondern nur das Wichtigste in drei, vier Sätzen bringen, das würde schon reichen. Aber klar, ist deine Story!

Aufreizend langsam kommt der Major auf mich zu, vermutlich um mich zu degradieren und mir das Todesurteil zu verkünden.
Hier bin ich mir nicht sicher, ob "aufreizend" wirklich das ist, was Du an der Stelle ausdrücken willst (bedeutet ja sowas wie lasziv, erregend, verführerisch). Zeigt der jetzt Strapse und/oder macht sich zum Mädchen vor ihm und der versammelten Mannschaft? Auf mich wirkts jedenfalls maximal unpassend und ich würde mir da einen anderen Begriff überlegen.

Ich spüre, wie die Projektile knapp an mir vorbeipfeifen, eines zersplittert knapp über meinem Kopf den Pfosten, an dem ich festgebunden bin.
Streichen, ich weiss längst, dass er an dem Pfosten festgebunden ist.

Starkes Ende. Finde übrigens gut, dass Du die Angriffsszene gekürzt hast, also dass die Soldaten ihre Waffen wegwerfen bevor sie in Deckung gehen hat mich beim ersten lesen extrem irritiert... So ist das gleich eine viel rundere Sache.

Grüsse,
d-m
 

ThomasQu

Mitglied
Hallo d-m,

interessanter Kommentar! Da könnte man diesen “Leuteschinder-Satz“ vielleicht komplett rauswerfen, darüber denk ich auf jeden Fall nach.
Mit “aufreizend“ hast du recht, möglicherweise wäre “provokant“ osä. ein besseres Adjektiv.
Auch deinen anderen Änderungsvorschlag (mit dem Pfosten) werde ich überdenken.

An der Angriffsszene hab ich aber noch nix gekürzt. Wobei man sich das aber tatsächlich überlegen könnte, diesen Satzteil mit dem “Waffen wegwerfen“ zu entsorgen. (Der Grund war: Wenn ich mich in einer solchen Situation ganz schnell verkrümeln will/muss, dann lass ich doch dieses schwere, hinderliche Gewehr erstmal liegen, das mir sowieso nix nützt.)

Vielen Dank und Gruß
Thomas

Zuletzt noch Dank an Dichter Erdling für die Sterne.
 

Hans Dotterich

Mitglied
Hallo Thomas,

Was für ein Text! Ich dachte beim Lesen an einen Film von Claude Chabrol. Da steht Belmondo alias Soldat X am Pfahl und erzählt in lapidarem Plauderton das Ungeheuerliche. Der Blickwinkel des Ich-Erzählers ist schon spektakulär! Wer kann schon von sich behaupten, sowas erlebt zu haben? Der unpassende Augenblick, um sich über die Bedingungen menschlicher Existenz noch etwas vorzumachen. Klar sind Vorgesetzte beim Militär Schweine. Ich finde es stark, wie es rüberkommt.

Dann kommt plötzlich Bert Brecht vorbei, der gerade eben schon Mackie Messer freigesprochen hat. Der fliegende Reiter des Königs reist heutzutage in Bombenflugzeugen von Krisenherd zu Krisenherd. Und unser Held ist gerettet. Herrlich!

Mir hätte noch die Zigarette im Mund gefehlt, so allein mit diesem harten Balken.

Grüße

Hans
 

ThomasQu

Mitglied
Hallo Hans,

den von dir angesprochenen Film kenne ich leider nicht, da ich so gut wie nie Filme schaue, aber zu Belmondo würde die Szenerie in der Geschichte passen, das stimmt. Hab mal gehört, dass er fast alle Stunts in seinen Filmen selber durchführte, das wäre ihm hier allerdings erspart geblieben.
(Außer dem Leuteschindersatz, an dem ich nach reiflicher Überlegung festhalten möchte, hab ich jetzt alle Änderungsvorschläge von d-m eingearbeitet.)

Vielen Dank für den Kommentar und Grüße
Thomas
 
Hallo ThomasQu!

Entschuldige, dass ich meine Bewertung nicht weiter begründet habe (normalerweise tue ich das), aber ich hatte an jenem Tag ein bisschen Stress und keine Zeit.
Im Wesentlich ist das meiste ohnehin schon gesagt. Ist einfach eine gute Geschichte, prima geschrieben.
Sie zeigt einmal mehr, dass es im Krieg das Gute kaum noch gibt, dass - im Gegenteil - Krieg stets das Schlechteste im Menschen hervorbringt und nur ein Ausdruck dafür ist, dass das Gute bereits irgendwie versagt hat.
Die Grenzen zwischen „gut“ und „böse“ verlaufen zudem äußerst fließend und können sich auch jederzeit ganz schnell umkehren. (Meine Interpretation)
Das finde ich sehr wahr.

Nur meinetwegen hättest du den Schluss nicht ändern müssen, mir hat der im Original schon gut gefallen.

Liebe Grüße,

Erdling
 

ThomasQu

Mitglied
Hallo Dichter Erdling,

kein Problem! Reichhaltigen Sternensegen nehme ich in jeder Form gerne entgegen.

Ich freue mich sehr über den vielen Zuspruch von allen Seiten. Noch mal Dank an alle Kommentatoren. Die Änderungsvorschläge waren wertvoll und haben die Geschichte verbessert.

Grüße
Thomas
 



 
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