Die Intensive

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Nead Moro

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Erst recht ruhig, dann plötzlich Hast, stressige Eile und am Ende Stille. Mein Tag gleicht einer Achterbahnfahrt.

Wir klingeln und sind zu spät. Eine Art nervöse Energie erfasst mich. Das Krankenhaus nehme ich kaum wahr.
Die Tür öffnet sich. Ein älterer Herr mit schütterem Haar und tiefen, traurigen Augen kommt heraus.
Seine Schultern hängen, er geht leicht gebückt, so als trüge er die Last der Welt. Vemutlich tut er das auch.
Ich grüße und mit einem Mal scheint er seine Umgebung wieder bewusster wahrzunehmen. Ein schlichtes Lächeln lässt seine Gesichtszüge aufleben.
Er nickt mir kurz zu. Dann ist er weg.
Mit einem Mal wünsche ich mir, dass mich auch jemand grüßt, wenn ich dann gehe.

Auf einem kleinen Tisch liegen Flyer: "Seelsorge", "Mitgefühl", "Begleitung". Mir wird flau ums Herz und leicht übel.
Abrupt dringt der Ort an dem ich bin mit aller Macht zu mir hindurch.
Endlich öffnet sich die Tür erneut und wir dürfen rein. Ein schlichter Gang, der nach Desinfektionsmittel riecht, trennt die "normalen" Kranken von der Intensivstation.
Alles wird plötzlich blau. Ein Gurgeln, Zischen und Summen erfüllt die Luft. Man hat das Gefühl durch die Zeit zu fallen.
Hier herrscht eine rasende Ruhe. Effektivität, Expertise, Erkämpfen. Alles ist auf Rufbereitschaft.
Die Türen zu den einzelnen Zimmern sind offen - für Privatsphäre ist das Tempo zu schnell. Mein Blick folgt einfach dem Pfleger und meine Beine gehorchen. Irgendwie.
Es ist kein leichter Gang.

"Dasselbe Zimmer", sagt der Pfleger und bleibt noch ein Weilchen. In kurzen Abständen kommen Ärzte, alle mit der selben Antwort.
"Für das was sie durchgemacht hat, geht es ihr gut!" Arzt zu sein ist keine einfache Profession, denke ich bei mir.
Den vor Hoffnung lächelnden Familien mit den verzweifelten Augen sagen zu müssen, man sei Arzt, kein Wunderheiler. Man tue was man kann.
Oma ist wach. Wie viel sie von dem, was gesprochen wird, versteht und bewusst miterlebt, kann ich nicht sagen.
In Momenten der Klarheit hat sie ihren starken Händedruck und den Sarkasmus noch nicht verloren. Und mein Lachen, was fremd an diesem Ort klingt,
zaubert auch ihr ein Lächeln auf die Mundwinkel. Sie redet viel, ununterbrochen. Ich glaube sie erkennt uns, aber wie viel ist der Verstand in der Lage zu ertragen.
Sie hat viel erlebt, die alte Dame. Ich wünsche ihr, dass sie nach Hause kommen kann - in Würde.

Die Zeit ist rum. Oma ist erschöpft. Wir müssen gehen. Ihr Blick zum Abschied schneidet mir ins Herz. Ich möchte nicht gehen.
Oma sagt noch, dass wir Opa grüßen sollen. Ich nicke ihr zuversichtlich zu. "Das mache ich.", versichere ich ihr.
Dann müssen wir die Station verlassen. War der Gang hinein schon schwer, ist er hinaus fast unerträglich. Ein bisschen wie in Trance.
Wir kommen an der Kapelle vorbei. In Gedanken bin ich bei Opa und als wir durch die Drehtür Richtung Parkplatz gehen, pflücke ich eine Pusteblume und stiebe sie dem Himmel zu.
Stille.
 
Zuletzt bearbeitet:

Rachel

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Hallo Nead Moro. Willkommen in der Leselupe!

Diese Kürzestgeschichte, sag ich mal, ist rund erzählt, glaubhaft, direkt aus dem knallharten Leben gegriffen, bis zum Ende flüssig zu lesen und zudem einfühlsam zwischen Herz und Vernunft.

Anmerkungen:

"Ein schlichter Gang, der nach Desinfektionsmitte..." --> Desinfektionsmittel

"War der Gang hinein schon schwer, ist er hinaus zu fast unerträglich." ---> "zu" kann weg.

"Mein Tag ist eigenartig". Ob eigenartig der richtig Ausdruck ist? Der Tag war doch eher eine Achterbahnfahrt.

"Mit einem Mal wünsche ich mir, dass mich auch jemand grüßt, wenn ich dann gehe." Ganz toll "weitergefühlt" !!!

"Mit einem Mal (doppelter Ausdruck s. o.) dringt der Ort an dem ich bin mit aller Macht zu mir hindurch." Feiner, stimmiger Plot, gefällt mir sehr, denn nun erscheint der Erzählerin Ort, Umgebung so langsam eben doch. Sie nimmt das KH "wahr".

"Hier herrscht eine rasende Ruhe." Das trifft es! Super.

Nach den Abstand nehmenden Sätzen zum Arztberuf, kam die "Oma" irgendwie naiv klingend. Ist vielleicht beabsichtigt? Ich hätte wohl "Großmutter" geschrieben.

"... den Sarkasmus, der selbst im Delirium beißend ist, hat sie nicht verloren". Das glaube ich nicht. Ich denke, Sarkasmus setzt ein urteilendes Bewusstsein voraus, das im geistigen Zustand "Delirium" nicht erreicht werden kann.

Hei! :) Sehr gerne gelesen! Grüße, Rachel.
 

Bo-ehd

Mitglied
Wer's im Alter schon mal erlebt hat, fühlt sich schnell mittendrin in deiner Geschichte. Die ist auf den Punkt realistisch und nimmt den Leser sofort mit. Gut erzählt. Mit der Orthographie hat du noch ein paar Probleme. Daran solltest du arbeiten, denn dieser Mangel schadet dem Text. Die anderen Kleinigkeiten hat Rachel ja schon angemerkt.
 

Nead Moro

Mitglied
Hallo Rachel,
super. Freut mich sehr, dass ich dabei bin und dass du die Geschichte gerne gelesen hast.. Und vielen Dank für das tolle feedback. Deine Hinweise baue ich definitiv ein.

Viele Grüße,
Nead Moro
 



 
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