Die Kunst des Scheiterns

Hagen

Mitglied
Die Kunst des Scheiterns

In meinen ‘wilden Jahren‘ habe ich mal gegen den Paragrafen 218,
die Startbahn West, die Atomkraftwerke,
den Vietnamkrieg und und und demonstriert.
Ich wollte mich von meinem Sohn nicht fragen lassen,
warum ich nichts dagegen unternommen habe.
Wie ich meine Eltern gefragt habe,
warum sie nichts gegen den Krieg unternommen haben; - und die KZs.

Ich habe mal drei Tage an einem Brief an einen Mann gearbeitet.
Der Mann hieß Richard Nixen
und ich habe ihn um Frieden gebeten.
Er hat nicht geantwortet.

Ich habe meinem Chef einmal alles vor die Füße geworfen; -
und das drei Tage vor Auszahlung der Weihnachtsgratifikation!
Meine Kolleginnen und Kollegen haben den Kopf geschüttelt
über so viel Dummheit,
aber ich habe mich so frei gefühlt wie lange nicht mehr.

Ich bin auch mal gekündigt worden,
nach vielen, langen Jahren und mächtig vielen Überstunden
ging die Firma in Insolvenz.
Am nächsten Tag war meine Lebensgefährtin auch weg.
Aber ich fühlte mich wieder mal frei; - danach,
ohne Vorgesetzte und Stempelkarte
ohne „Ach, kommst du auch nochmal nach Hause?“
und habe in meiner Stammkneipe
ein Fässchen Freibier ausgegeben.

Ich habe mal für ‘Freunde‘ einen Flipperautomaten restauriert,
wochenlang; - und Ersatzteile aus Chicago bestellt.
Als diese ‘Freunde‘ einen Monat später umzogen
haben sie den Flipper einfach auf den Sperrmüll gestellt.

Ich habe mal mit einem Freund zusammen ein Schiff restauriert,
zwei Jahre lang,
die Jungfernfahrt hat er dann alleine gemacht,
weil ich mit einer Frau rummachen musste.
Er ist bei der Jungfernfahrt ertrunken
Und das Schiff ist abgesoffen…
Muss ich mich jetzt schuldig fühlen?

Ich habe mir mal Schuhe gekauft,
Two Tone Derby in Schwarz-Weiß,
Dandyschuhe in auffälligem Schwarz-Weiß-Kontrast.
Die habe ich bei einem Billardtournier getragen.
Bei diesem war ich fürchterlich erfolglos.
Trotzdem spiele ich heute noch gerne Billard,
aber die Schuhe,
Two Tone Derby in Schwarz-Weiß,
stehen im Schrank.
Vielleicht kann ich sie mal brauchen…

Ich habe schon fünfmal alleine einen Reifen gewechselt.
Einmal ist mir einer bei 150 Km/h geplatzt.
Einen Unfall habe ich nicht gebaut –
eigentlich hatte ich noch nie einen nennenswerten Unfall.

Ich bin mal mit einer Reisegruppe nach Paris gefahren.
Aber ich bin nicht auf dem Eiffelturm gewesen
und nicht im Louvre und nicht auf dem Pigalle.
und ich habe mit keiner Französin geschlafen.
Ich habe mit einer dicken Frau aus Gelsenkirchen geredet,
die ihren Mann mit einem Franzosen betrogen hat,
gleich am ersten Abend,
und nun Gewissensbisse hatte und reden musste,
drei Tage lang… und dann war der Kurzurlaub vorbei…
aber ich hatte das Gefühl, ein gutes Werk getan zu haben.

Ich hatte mal über tausend Mark auf dem Girokonto –
Aber dann habe ich mich mit meiner Frau gestritten
und mit Tellern und Tassen geworfen.
Sie auch.
Für die tausend Mark kaufte ich ein neues Service.
Als Versöhnung.
Ein richtig edles Service.
Aber das war vor meiner Scheidung.
Ein halbes Service habe ich immer noch,
die tiefen Teller.
Ich mag keine Suppe…

Ich habe meiner Freundin damals ein Buch finanziert.
Es brachte nicht den gewünschten Erfolg …
Nur für meine Werke hat es nicht mehr gereicht.
Naja, vielleicht wäre es auch ein Flopp geworden
Oder auch nicht … wer weiß das schon?

Ich war zweimal der Liebhaber einer verheirateten Frau
Aber nur einmal habe ich es gewusst …
Ich war mal in zwei Frauen gleichzeitig verliebt,
einmal in die Frau meines Freundes,
einmal habe ich zwei Nächte um eine Frau geweint,
einmal habe ich meine Frau betrogen,
bist sie mich prompt in flagrant erwischt hat; -
das alles werde ich nie wieder tun!

Ich bin mal auf einer Party gewesen,
da war eine wunderschöne Frau,
die keinen Slip unter ihrem weißen Kleid trug.
Sie hat es nur mir gezeigt.
Ich habe sie nicht angesprochen.
Warum eigentlich nicht?
Aber sowas ist mir nie wieder passiert…

Ich habe nur einmal Geschichten geschrieben

immer…
 



 
Oben Unten